Me and the blues

Dienstag. Frühlingsluft und Rotkehlchengesang am Morgen, beides mit diesem Zug ins Liebliche, der einen irgendwie betreffen möchte, man merkt das vage in Herznähe, vielleicht ist es auch im Rückenmark, wer kennt sich innen schon aus, und man hat ja auch keine Zeit, da auch nur halbwegs ausreichend hinzufühlen.

Es ist ohnehin nur eine knappe Stunde, dann wird es doch wieder etwas kühler, etwas grauer und trotz der fortschreitenden Tageszeit auch auf einmal etwas dunkler, ein paar Tropfen fallen. Hell leuchtet mir nur der Bildschirm im Home-Office, heiß ist der Kaffee, den ich in nicht mehr feierlichem Ausmaß in mich nachfülle und auf irgendeine Wirkung warte. Bis zum Anschlag melancholisch ist die Musik aus dem privaten Notebook neben dem dienstlichen. Mildred Bailey singt für mich im Hintergrund.

Man arbeitet so vor sich hin. Es ist nicht schlimm und es ist nicht richtig gut, es ist irgendwas dazwischen und es geht auch vorbei. Ein Drittel des Monats bereits. Gleich ist es schon die Hälfte, gleich war das der Januar, kaum passt man einmal kurz nicht auf. Dann noch der Februar, auch so ein Lästling im Kalender. Ab März sicher schon wieder die vage und vor allem wetterbedingte Hofferei auf irgendwas, dann bald die allmählich Fahrt aufnehmende Vorfrühlingsumtriebigkeit. Radieschensamen nachkaufen und dergleichen.

So wird es wohl kommen. Das ist so weit halbwegs planbar, wenn schon sonst nichts.

Ich bin allein in der Wohnung, alle sind ausgeflogen und bleiben den ganzen Tag weg. Ich sehe mich um, ich höre der Stille zu, ich weiß nicht recht. Ich mache nach der Arbeit eine Stunde überhaupt nichts und gebe mich der Form nach entspannt, dann warte ich ergeben auf den Gedanken: „Was du da alles hättest machen können!“ Der kommt prompt.

Auf dem Spielplatz unten am späten Nachmittag eine Mutter mit ihrem Kind. Sie will es in die Schaukel für Kleinkinder setzen, es wehrt sich, es möchte lieber nicht. So früh fängt das nämlich an. Die Mutter hebt in dramatischer Geste die Arme zum Himmel, was fängt man an mit diesem Kind, mit diesem Tag.

„Ich weiß es auch nicht“, denke ich und sehe den beiden weiter zu, „ich weiß es auch nicht, aber es macht nichts.“

***

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4 Kommentare

  1. Es knistert aus dem Smartphone. Dazu Ihr Text, Herr Buddenbohm, übers vielleicht Vorhersehbare, Planbare, sich Wiederholende – das ist dem Gedanken ans Vergebliche schon gefährlich nah. Aber gleichzeitig so schön – me and the blues. Danke.

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