Leise pfeife ich fröhlich

Da die Nachrichten in sämtlichen Medien gerade voll mit dem Wort Meiler sein, ich habe neulich erst erfahren (auf Tiktok übrigens), dass man auch mit Kompost heizen kann, es geht dann um Biomeiler. Das kannte ich nicht, da habe ich also wieder etwas gelernt, was bei mir schnell passieren kann, da ich technisch nicht interessiert bin und das Thema tendenziell vermeide. Siehe Physikunterricht, den ein gewisser Sohn auch gerne meidet, so leben die Themen und Probleme immer fort und wirken durch die Ahnenreihe, ein bunter Faden neben den anderen.

Die Meiler, die gerade in allen Nachrichten erwähnt werden, sind aber andere, und ihr Ende lässt mich seltsam kalt (ich denke aber doch über Teller zum Abschied nach, gefunden via Goncourt auf Mastodon). Es gehörte damals zu den ersten politischen Anliegen in meinem Leben, die Atomkraft grundsätzlich zu beenden. Seit ich ungefähr dreizehn Jahre alt war, gehörte das zu den Forderungen vieler Menschen in meiner Generation, und ich war noch einer von denen, die in der Schule wüste Debatten mit Lehrern (ausschließlich männlich, ist richtig so) wegen des AKW-NEE-Buttons am Parka hatten, den ich neben dem mit „Stoppt Strauß“ trug, der noch viel umstrittener war. Die Söhne und auch viele andere würden jetzt selbstverständlich „Stoppt wen?“ fragen.

Das Ende der Atomkraft wurde also tatsächlich erreicht, zumindest in diesem Land. Guck an.

Ich finde es nach wie vor vollkommen richtig, aber meine Freude ist eine enttäuschend sachliche, ein kurzes Abnicken nur, was vermuten lässt, dass der Fatalismus und Pessimismus in mir in den letzten drei Jahren recht stark geworden sind. Es ist alles zu wenig, zu spät und zu sinnlos, was von uns entschieden wird, mir fehlt mittlerweile der Glauben an einen günstigen Ausgang von was auch immer, was mir aber nur bedingt die Stimmung verdirbt. Wir haben, so denke ich, die richtige Gesellschaftsform für vernünftige Entscheidungen nie gefunden, durch die gesamte Historie nicht, vielleicht gibt es sie auch nicht. Ich müsste folgerichtig eigentlich eine Art inverse Therapie machen, nämlich zur spannenden Frage, wieso ich bei dieser Erkenntnislage denn nicht längst schwer depressiv geworden bin, warum ich morgens immer noch mit viel Schwung aufstehe und beim Kaffeekochen ein fröhliches Liedchen pfeife. Leise nur pfeife ich fröhlich, versteht sich, denn die Welt schläft dann noch, was womöglich aber auch schon eine ausreichende Erklärung ist.

Egal. Wenn man strikt fatalistisch ist, fallen die guten Nachrichten umso mehr auf, alles hat so seinen Vorteil, manchmal muss man nur etwas länger suchen. Weiter daher überraschend im stramm progressiven Bereich, denn die Schülermonatskarte von Sohn I wird billiger und gilt ab Mai auch deutschlandweit. Es kommt mir etwas unwirklich vor, dass es einfach so einmal eine gute und mir korrekt vorkommende Nachricht gibt, so sehr rechne ich längst mit Verzögerungen, Verspätungen, Verwirrungen und Verschlechterungen bei praktisch allem. Das hat mit ihren Folgen die Pandemie getan, wenn ich den ollen Heine mal kurz so passend umbiegen darf.

Ich werde mich wohl auch in Kürze zu einem 49-Euro-Ticket durchringen, selbst wenn es dann für mich monatsweise ab und zu nicht ganz hinkommen wird im Preis. Aber das ist vom jetzigen Verhalten hochgerechnet, fiel mir noch rechtzeitig ein, und vielleicht wird mein Verhalten doch signifikant anders, wenn ich erst wieder überall und jederzeit ohne Aufpreis fahren kann und es dann daher auch mache. Das mal beobachten! Und natürlich auch nachrechnen, wozu hat man Excel, wozu mag man Tabellen.

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Im Bild das Ufer der Billerhuder Insel, auf der unser Garten ist. Das Wasser ist vom Löschwasser des Großbrandes neulich kontaminiert, das Anbaden verschiebt sich, auch das Angeln und der Schiffsverkehr sind untersagt. Es sieht also nur nett aus, ist es aber nicht, und wenn man z.B.eine Ente oder ein Nutria ist, hat man jetzt ein größeres Problem.

Schiffe am Ufer der Billerhuder Insel, ergrünende Bäume am Ufer

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3 Kommentare

  1. An den „Atomkraft Nein Danke“ Buttons konnte man auf den Interrailtouren die Nationalität der Mitreisenden erkennen – es gab sie in allen Sprachen. Noch so eine nostalgische Erinnerung.
    Und Kalkar hier um die Ecke ging nie ans Netz, sondern wurde „Kernwasserwunderland“ – ein Freizeitpark seit fast einem Vierteljahrhundert. Frühe Einsicht.

  2. Nutria, aha. Neulich im Höltigbaum dachte ich noch an kleine Biber oder große Bisamratten. Bloglesen bildet 😉

  3. Moin,
    Ich halte es wie Sie, lieber Herr Buddenbohm:
    Ich gönne mir das Deutschlandticket für ein Jahr, auch wenn es sich nach jetziger Sicht nicht rechnet. Ich möchte herausfinden, was die MÖGLICHKEIT mit meinem Mobilitätsverhalten macht…. So spannend, vielleicht lernen wir alle was über uns!
    Herzlichen Dank für diesen wunderschönen Text, Esther aus dem Emsland

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