Zeichen, die ich nicht mehr verstehe

Am Mittwoch war ich nach der Arbeit am Grindel, weil meine neue Brille bei der besten Optikerin (ganz und gar keine bezahlte Werbung) fertig war. Wir versorgen dort seit Jahrzehnten die Familie und auch etliche Freunde, es hat sich sehr bewährt, hervorragende Beratung. Während ich die neue Brille super finde, sieht niemand sonst irgendeinen Unterschied oder eine Neuerung, abgesehen vom offensichtlich spezialbegabten Sohn II, dem ich dies hoch anrechne, aber auch er sagte recht trocken: „Bleibt im Style.“ Immerhin habe ich also einen, denke ich mir, denn ich habe im Laufe der Jahre gründlich gelernt, viele Sätze positiv zu deuten.

Den allerdings immensen Preis der erneuerten Gleitsichtbrille ohne jede Kassenzuzahlung noch mühsam veratmend, bin ich dann zu Fuß nach Hause getaumelt und habe rund um die Uni kein großartiges Fotomotiv gefunden, weder durch den Nah- noch durch den Fernbereich der optimierten Gläser. Das Haus, in dem ich einmal gewohnt habe, war eingerüstet und taugte auch nicht als Bild. Es musste daher doch wieder die Alster herhalten, an der ich vorbeikam. Sie ist als Motiv brav und verlässlich, da gibt es nichts. Der sommerliche Eindruck täuscht allerdings erheblich, bescheidene 11 Grad waren es.

Blick über die Außenalster auf St. Georg, im Vordergrund Segelboote

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Am Schaufenster eines Bäckers ein Aufkleber, dass sie dort keine Insekten verarbeiten, ein durchgestrichenes Kerbtier in Signalfarben. Ich kann es nicht einschätzen, soll das eine sachliche Information sein, ist es eine Bäckerprotestbewegung gegen neue Lebensmittel, ist es ein Boomerprotest gegen alles, was neu ist, ist es womöglich sogar rechtslastig und gegen die vermeintliche Weltinsektenverschwörung gerichtet – ich habe keinen Schimmer. Zeichen, die ich nicht mehr verstehe, so wird also man abgehängt. Aber es macht vielleicht auch nichts.

Apropos Zeichen – das Internet ist voller Star-Wars-Memes und Bildchen, es liegt am Datum. Und obwohl ich keinen dieser Filme je gesehen habe und mich auch nicht einmal ansatzweise dafür interessiere, kenne ich doch nahezu alle Figuren und kann das meiste grob zuordnen. Ich finde das faszinierend, wie tief so etwas ins Allgemeinwissen geradezu drängen kann. Ähnlich bei Harry Potter, aber da verstehe ich deutlich weniger und kenne längst nicht alle Figuren.

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Am Donnerstagmorgen ohne Winterjacke zur Arbeit, man muss die Feste feiern, wie sie fallen, besonders im Jahr 2023.

Schlechte Nachrichten gibt es, danach komplizierte Nachrichten, an mehreren Fronten gleichzeitig. Auch viel Arbeit nach sich ziehende Nachrichten im weiteren Verlauf und schließlich noch Nachrichten, die erheblich Sorgen machen, sie strukturierten zusammen den Tag und bestimmen sein Ende, das jetzt thematisch einen Bruch darstellt. Aber das Obige stand hier eben schon fertig im Entwurf, so geht es manchmal zu in tagebuchartigen Veröffentlichungen,.

Wir fahren überstürzt ins Heimatdorf der Herzdame. Viele Jahre lang haben wir solche Ausflüge den Söhnen als „Wir fahren zu Oma und Opa“ angekündigt, nun fahren wir nur noch zu Oma. Ich werde über den Opa, über den Vater der Herzdame, der uns heute verlassen hat, sicher noch einen separaten Text schreiben, aber es wird vielleicht etwas dauern.

Ich sitze an seinem Schreibtisch, es fühlt sich mehr als seltsam an. Hinter mir steht seine Musiksammlung im Regal, ich greife einmal wahllos hinein, mitten in die Langspielplatten, ich nehme einen ganzen Packen heraus: Es ist das Gesamtwerk von Procol Harum. Die Sammlung eines Kenners steht da, in Rock- und Popgeschichte war er wesentlich fitter als.

Ich tippe blind auf eine Platte und einen Song, es wird dieser hier, und es wird schon passen:

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19 Kommentare

  1. Mein herzliches Beileid und viel Kraft für die nächste Zeit an die ganze Familie.

  2. (Quote) „““…..Viele Jahre lang haben wir solche Ausflüge den Söhnen als „Wir fahren zu Oma und Opa“ angekündigt, nun fahren wir nur noch zu Oma.“““““ (Unquote)

    Von Charles Pierre Peguy: **Der Tod ist Nichts; Ich bin nur in das Zimmer nebenan gegangen. Sprecht mit mir – wie ihr es immer getan habt – lacht weiter, über das worüber wir gemeinsam gelacht haben…. Ich bin nicht weit weg, ich bin nur auf der anderen Seite des Weges…***

    Meine Anteilnahme.
    Claus

  3. Mein herzliches Beileid. Habe es selbst gerade vor ein paar Monaten durchgemacht: beide Elternteile.

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