Liegende Riesen

Wie ruhig es morgens immer im Heimatdorf ist. Kein Auto fährt vorbei, jeder piepsende Vogel fällt einzeln auf. Schritte auf Treppenstufen, dann wieder nichts, und wie lange nichts. Es ist hier in den Büschen und Bäumen etwas grüner als bei uns in Hamburg, das Laub ist schon üppiger, in jedem Frühjahr fällt uns das auf. Die zwei Stunden Fahrt in den Süden machen schon etwas aus. Die langen Baumschatten auf den Feldern am Morgen, liegende Riesen. Die Katze am Feldrand hat Schichtende, ich dagegen fange gerade erst an, wir nicken uns zu, man grüßt sich in dieser Gegend.

Ich arbeite von hier aus. Das wirkt selbstverständlich, dass das geht, aber es ist gar nicht so viele Jahre her, da wäre das noch ein höchst seltsamer Gedanke gewesen. Es hat sich doch rasend schnell entwickelt und die alte Gedankenwelt, dass Büroarbeit stationär ist, dass man dort hingehen oder hinfahren muss und in vielen Fällen dabei nicht einmal zu spät kommen darf, sie wird der Generation der Söhne nicht mehr ansatzweise zu vermitteln sein. Überhaupt, dass die Firma ein Gebäude ist, eine fixe Adresse. Ich merke aber auch, dass ich bei aller Aufgeschlossenheit wirkliche Mobilität immer noch nicht recht verinnerlicht habe. Ich könnte doch jederzeit auch auf Helgoland arbeiten, hier im Heimatdorf der Herzdame, in Südtirol, auf Eiderstedt oder Gott weiß wo, es wäre kein Ding, aber der Gedanke daran kommt mir immer noch seltsam vor, eher abwegig. Vielleicht muss man erst einmal so etwas wie Workation gründlich gemacht haben, um in dieser modernen Welt wirklich anzukommen.

Die Herzdame hat im letzten Sommer manchmal in der Laube im Garten gearbeitet, wir haben es uns technisch in den Pandemiejahren ermöglicht, das Netz reicht dort. Das werde ich in diesem Jahr vielleicht auch einmal versuchen, wenn die Hitze in der Wohnung wieder zu schlimm werden sollte. Aber selbst das kommt mir schon abenteuerlich vor. Die anderen, die altmodischen Jahrzehnte haben mich deutlich geprägt.

Aber gut, dass gilt alles ohnehin nicht für alle Berufe und es gibt natürlich mehr auf der Welt als nur Büros und Schreibtische und mobiles Arbeiten. Andere gehen jeden Tag in Läden, Werkstätten, Schulen etc., ich weiß.

Ich finde jedenfalls noch am Abend unserer Ankunft in Nordostwestfalen das WLAN-Passwort, das mein Firmencomputer noch nicht kennt, ich habe ihn hier bisher nie dabeigehabt. Das war so eine der banalen Fragen gestern, ob ich das denn wohl rechtzeitig finden würde, denn er hat das WLAN eingerichtet und er ist nicht mehr da. Aber es geht alles und es ist, wenn ich das noch in all meiner Spießigkeit feststellen darf, weil ich mich gerade erheblich darin bestätigt fühle, ganz hervorragend, wenn Sachen sortiert und ordentlich aufgeräumt vorliegen.

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Am frühen Abend Sohn I vom Bahnhof abgeholt. Der ist so groß, der Sohn, der reist jetzt alleine, und die Herzdame und ich wundern uns nur leise und sind seltsam stolz.

Blick auf ein verregntes Gleis des Bahhnhofs in Minden. Ein unspektakulärer Anblick.

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Ich würde das Deutschlandticket auch hier auf dem Dorf nutzen, aber es fahren nur zwei, drei Busse am Tag. Dann lieber doch nicht. Ich bin heute, denn ich zähle natürlich mit, bei achtzehn Euro, die ich jetzt im Mai zu alten Preisen für meine Fahrten im ÖPNV ausgegeben hätte. Ich bin sicher, mein Ticket wird sich in diesem Monat lohnen. Ich werde es herstellen, dass es sich lohnt.

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Ein Kommentar

  1. Ja, es ist mitunter sehr großartig, wenn Dinge geordnet und sortiert sind. Und trotzdem… ach, ach…. Ich wünsche (unter anderem) gute Nerven für die kommende Zeit.

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