Zwischen allem

Sonntag. In Hamburg sitzt bei unserer Ankunft die Krähe schon auf dem Balkongeländer. Schwarze Bitternis um den Schnabel, sie hat seit drei Tagen keine Erdnüsse mehr von uns bekommen. Zustände! Die Wohnung ist so kalt, dass man noch heizen könnte, oder zumindest fast, es ist knapp und man könnte sich vielleicht auch einmal zusammenreißen, und dann steht man mitten im Raum und fühlt so herum, denkt über Zweitpullover nach und weiß nicht recht und merkt, man steht genau zwischen allem, sogar zwischen den Jahreszeiten. Draußen noch ein Sonnenstrahl, in dem ist es sicher warm. Auf der Straße Menschen in T-Shirts, andere aber noch in Winterjacken, es fällt alles gemischt aus. Im Wetterbericht sehe ich immerhin durchgehend mehr als 12 Grad, sogar zu den Eisheiligen. Nie kann ich mir alle Namen merken: Mamertus, Pankratius, Servatius, Bonifatius, und dann kommt die kalte Sophie und macht alles hie, so war das. Aber in diesem Jahr macht sie es bei halbwegs freundlichen 15 Grad, wenn die Vorhersage denn stimmt. Auf dem Balkon stehen noch die Tomaten und auch die Hokkaiden, die müssten allmählich in den Garten. Aber wann.

Montag. Am frühen Morgen schon einmal überlegen, wie ich heute den ÖPNV in den Tag einbauen kann, so ist das mit der Sucht. Aber ich habe es im Griff, ich brauche nur wenige Stationen am Tag. Alles unter Kontrolle. Ein Sohn hat einen Termin in einem anderen Stadtteil, ich setze ihn sicherheitshalber noch in die richtige U-Bahn. Früher hätte ich, das ist eine drollige Hamburger Besonderheit, wenn ich alles korrekt hätte machen wollen, dafür eine Bahnsteigkarte kaufen müssen. Wir werden das irgendwann rückblickend dermaßen absurd finden.

Ich sortiere Termine und Zeiten, mir scheint, es will heute nicht alles in einen Tag passen und gegen sechzehn Uhr muss ich zwingend an zwei Orten gleichzeitig sein, während am dritten Ort ein wichtiges Paket ankommen wird. Das wird doch wieder mit der Physik schwierig, ich kenne das schon. Ich verfluche den Onlinehandel, ich starre den Kalender an, ich möchte das alles lieber nicht.

Aber die Frisur sitzt, immer auch das Positive wahrnehmen. Und damit dann in den Tag, in die Woche, in den Alltag, mit allem und scharf.

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Update am Montagabend: Es war dann vehement Alltag, oder eher schon ein Alltagskonzentrat, enorm viel in wenigen Stunden. Ein Montag wie eine Fahrt durch einen Tunnel mit schlechter Beleuchtung und Staugefahr, nach einiger Zeit merkt man, dass die angespannte Konzentration einen fertig macht. Direkt danach fuhr ich vom Schreibtisch in den Garten. Ich hatte zwar keine Zeit und keine Transportmöglichkeit für die Tomaten, habe dort aber immerhin den Rasen gemäht. Es passte nur in genau diese eine Stunde und ja, ich war der Irre, der womöglich etwas overdressed gemäht hat. Danach saßen Anzug und Frisur dann nicht mehr so gut, aber der Rasen hat jetzt die Halme schön und der Punkt ist für die nächste Zeit geregelt.

Nun. Diese Woche geht auch vorbei.

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Ein Kommentar

  1. Gibt es davon Fotos?
    Also von der Buddenbohm’schen Haute Couture zur Gartenarbeit?
    Beim nächsten Mal einfach den Rasenmäher mit zum Anzug-Event nehmen. Da gibt es bestimmt auch Rasen, der gemäht werden muss.

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