In der Sonne, am Nachmittag, in Richtung Südwest

Dienstag, der 6.6. Der Sommeranfang. Nicht kalendarisch, nicht meteorologisch, sondern de facto. Ab hier ist auf einmal etwas Neues in der Stadt, es geht als Hitze durch, als veritable Sommersituation. Noch nicht überall, auch noch nicht zu jeder Stunde, aber doch auf jeden Fall in der Sonne, am Nachmittag, in den Büros und Wohnungen mit Räumen Richtung Südwest, in den Autos im Stau, auf manchen windgeschützten Plätzen – eindeutig. Die Herzdame und ich haben einen Termin bei einer Bank in einer Straße, in der wir sonst nicht oft sind. Ein Bankmensch müht sich für uns mit der Software, er müht sich sogar sehr, es dauert und dauert, wir warten währenddessen. Vor den Fenstern, wir sitzen im Erdgeschoss, ein lange nicht mehr gesehenes Stück Stadt, das heute seltsam überzeugend südlich wirkt, es sieht nach Madrid aus, nach ganz anderer Großstadt. Dieser helle Stein der Fassaden, dieses grelle Licht, all die sommerlich gekleideten Menschen, die Schatten suchen. In der Bank läuft eine Klimaanlage, die Angestellten wirken dennoch gut durch, erschöpft und verbraucht, es ist bald Feierabend. Vor dem Fenster halten Hamburger Busse, mitten in Madrid. Mit dem Deutschlandticket kann ich jetzt bis nach Spanien fahren, denke ich.

Ein paar Meter weiter ein anderes Kundengespräch. Ein Banker spricht mit einer älteren Frau, er spricht laut, sie auch, man kann es nicht überhören. Nach zwanzig Minuten kenne ich die finanzielle Situation dieser Frau recht gut und ich weiß auch, mit wie viel Bargeld sie gleich nach Hause gehen wird, welchen Betrag sie nächste Woche holen will und was ihre nächsten Transaktionen zum Wohle der Familie sein werden. Datenschutz stelle ich mir anders vor. Auch Telefonate hören wir in der Wartezeit mit, es geht gar nicht anders, es ist in diesem Raum nicht anders vorstellbar. Es geht befremdlich oft um Vorgänge, die „in der Software aber nicht so sind“ und ich höre auch muntere Sätze wie „… aber das klappt dann schon, machen Sie sich mal keine Gedanken.“ Mein Vertrauen reduziert sich minütlich. Hätte ich Millionen, ich würde sie hier wohl eher nicht deponieren. Aber isch abe gar keine Millionen.

Am Morgen, das ist ein Zufall, habe ich mit einem Sohn noch ein Gespräch über die Verwendung von Lottogewinnen geführt. Zu meiner Überraschung gab es da überaus vernünftige Vorstellungen, was würde man mit einer Million machen, was mit zehn Millionen, was wäre dann wie. Verzinsung war ein Begriff und berechenbar, sehr sortiert klang das alles, sicher viel vernünftiger, als ich es in dem Alter ausgeführt hätte, und nach einer Weile dachte ich dann: Soll er ruhig mal gewinnen, der Herr Sohn. Ich würde sogar etwas abbekommen, wie nett ist das denn. Aber er spielt gar kein Lotto, fiel uns dann noch ein, das erschwert die Sache deutlich.

Abends höre ich Katrin Seddig aus ihrem neuen Roman „Nadine“ lesen. Ich kenne bisher nur die von ihr vorgelesenen Abschnitte aus dem Buch, ich finde sie sehr gut und möchte mehr davon, dieses Buch also mal besorgen. Ich werde wohl an anderer Stelle mehr dazu schreiben, hier belasse ich es bei einer kurzen, aber doch dringenden Empfehlung. Wenn Sie noch Ferienlektüre brauchen, denn auch diese Saison beginnt bald, merken Sie das doch bitte vor.

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