Montag, der 10.Juli. Im Garten gestern haben wir länger gerätselt, wo ein gewisses Geräusch herkam, so eine Art Klicken aus einer Ecke der Beete, in der doch nichts zu klicken hatte. Ein schwer einzuordnendes Geräusch war es, eine Art Schnalzen, ein Klappern vielleicht, aber unregelmäßig, wenn auch durchgehend. Wir hörten es, wir grübelten, wir machten etwas anderes. Wir saßen still, und da war es prompt wieder, was war es denn bloß? Nichts in diesem Teil des Gartens hätte irgendein Geräusch machen können, dachten wir.
Es war der Ginster, wie wir dann später am Tag herausfanden. Seine Schoten platzten in der Hitze des glühenden Sommertages auf, mit einem satten, ploppenden Geräusch, erstaunlich laut. Ich stand beeindruckt davor, es war so ein Moment wie in einer Natur-Doku, ich hatte gleich die Erzählstimme im Kopf: „In der Gluthitze der Kalahari sind die Früchte nun herangereift …“ Und wie viele Schoten an den drei Sträuchern sind – den ganzen Tag hörten wir diese Geräusche. Aber in keinem der Vorjahre haben wir das jemals wahrgenommen, wie geht das nun wieder zu. Ich hatte bisher noch nicht einmal gesehen, dass Schoten am Ginster hängen, wobei Schoten so ein Wort ist, das nach dreimaligem Schreiben seltsam unglaubwürdig wird, gibt es das wirklich, heißt das so. In dem Wikipedia-Artikel darüber kommt das Diminutiv vor, Schötchen, das ist noch viel seltsamer.
So ein Garten bleibt jedenfalls eine immer wieder überraschende Angelegenheit. Man sieht ihn sich sechs Jahre lang an und kennt ihn nicht, hat nichts begriffen.
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Hier ein Artikel über die Geistergleise im Hamburger Hauptbahnhof, die viele noch nie gesehen haben. Menschen meines Alters seufzen tief bei der Horten-Reklame.
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Auf den Wegen in den Garten und zurück habe ich während der letzten Tage mit erheblichem Vergnügen und gleich zweimal Seneca gehört: Von der Gemütsruhe, De tranquillitate animi, in der Wikipedia leider nur englisch vorkommend. „Das Ich geht überall mit hin, der lästige Begleiter. […] Weder bei uns selbst noch irgendwo anders halten wir es lange aus.“ Ja, ja, wer kennt es nicht.
Seneca, stets sehr um anwendbare Ratschläge bemüht, schrieb auch über Finanzen. Hier etwa einen Satz für die in wirtschaftlicher Hinsicht so berechtigt furchtsame Mittelschicht unserer Tage: „Nicht arm, aber doch nicht weit davon entfernt, das ist das günstigste Vermögensverhältnis.“ Aber bevor man nun lange überlegt, ob das wirklich tiefsinnig ist oder nicht, ob es womöglich sogar so etwas wie höhere Philosophie ist – der Herr Seneca hatte selbst Geld wie Heu, das muss man dabei auch bedenken.
Vermögende Menschen haben immer schon, quer durch alle Zeiten, Menschen mit wesentlich weniger Geld gerne nette Tipps gegeben, wie es sich bescheiden gut leben lässt. Die guten Seelen!
Der zitierte Satz kann allerdings dennoch stimmen, philosophisch betrachtet, so ist es nicht.
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Gehört: Golo Mann, Der Nazistaat, gelesen von Claus Biederstaedt. Vorbereitung ist alles, ne, und wie sonst, wenn nicht durch Nachbereitung.
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Danke für die Zeitreise in den Untergrund.