Badetag

Freitag, der 28. Juli, Meran. “Heute wird ein Badetag“, sagt die Herzdame, kaum dass sie das Bett verlassen und aus dem Fenster gesehen hat, es wird sonnig. Ich sage „Moment“, ich sage „Ich bin noch nicht ganz fertig“, denn was ich in all den Jahren nie geschafft habe, das ist gleichzeitiger Urlaub in meinen verschiedenen Jobs. Die Aufträge und Deadlines reisen daher stets bei uns mit, und besonders schlimm ist das in der Regel nicht, so eine Reise wirft normalerweise nebenbei reichlich Content ab und Schreiben würde ich doch eh, ob ich nun Abgabetermine habe oder nicht. Also ist es eher kein Grund, sich den Kopf darüber zu zerbrechen oder zu jammern, denke ich mir. Vielleicht will ich es aber auch unbedingt denken, es ist immerhin einfacher so.

Wer schreibt, der sitzt außerdem still, stört nicht und hat keine Sonderwünsche, was das Tagesprogramm betrifft, das ist für andere aus der Familie manchmal auch praktisch.

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Gestern habe ich in den Pausenzeiten verschiedene Hörbücher angefangen und alle gleich wieder verworfen, es sind Zeiten der Ungnade. Ich hörte dann den Landarzt von Kafka, gelesen von Sven Regener. Ich komme ab und zu auf Kafka zurück, aber ich weiß auch nach vielen Jahren immer noch nicht, ob ich ihn nun gut finde oder nicht. Also abgesehen vom Schloss, das zumindest gefiel mir sehr. Beim Rest ist mir zu viel Deutungsaufwand dabei, das ist nicht meine Art zu denken oder zu schreiben. Ich bin vermutlich geistig viel zu schlicht und habe daher eine Aversion gegen literarische Rätselaufgaben.

Schließlich habe ich wieder in Katrin Seddigs Nadine gelesen und den Roman weiter gut gefunden.

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Ich reiche noch eben eine Szene der Zugfahrt von Hamburg nach München nach, sie fällt mit gerade wieder ein. Neben uns saß eine Gruppe junger Männer, die sich laut auf Englisch unterhielten, sie kamen wohl, wenn ich es richtig mitbekommen habe, aus verschiedenen europäischen Ländern. Es ging bei ihrem Gespräch auch um komplizierte philosophische Fragen, um Religion, sie hatten verschiedene Vorstellungen und Konstrukte im Kopf. Es kam schließlich die Frage auf, was mit dem Hirn nach dem Tod passiere, mit diesem fantastischen Wunderwerk, welches pausenlos unser Ich reproduziert, und einer sagte nach einigen Überlegungen: „I think it restarts.“

Was ich jetzt als Gruselvorstellung erst einmal mühsam wieder loswerden muss.


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Wir machen ansonsten nichts, gar nichts. Die Herzdame beschlagnahmt am Morgen eine muschelähnliche Konstruktion von Pool-Liege und verlässt diese dann für etliche Stunden nicht mehr, sie verweilt in ihrer Mupfel. Die Söhne sind mal in, mal am Pool und ich liege durchgehend im schattigen Zimmer auf dem Bett. Es werden Romane durchgelesen und Serien geguckt und Nickerchen gemacht, irgendwelche Ausflüge interessieren heute niemanden und ich finde, es ist ein sehr guter Tag.

Wir bestellen am Abend Pizza. Wir haben uns seit Ewigkeiten nichts liefern lassen, das gehört im Alltag nicht zu unserem Programm. Es klappt hervorragend, ist aber wegen des Müllbergs nach dem Mahl immer noch so abstoßend, wie ich es in Erinnerung hatte. Nein, das ist eher nichts für mich, beschließe ich erneut.

Die Herzdame und ich gehen am Abend, nach den Stunden der Sommerhitze, noch runter in die Stadt, an die Sommerpromenade, an die Winterpromenade und zum steinernen Steg (und da es gerade so zeitgemäß ist, man kann auch am kleinen Beispiel dieser Brücke lernen, was Faschisten so machen). Mir gefällt Meran weiterhin gut, eine sympathische Stadt in handlicher Größe. Da mal irgendwann Urlaub im Hotel machen und ein paar Tage entspannt nur so ziellos herumgehen, ohne Vorhaben und Pläne und Ausflüge, das wäre auch fein.

Vielleicht später einmal.

Blick auf den steinernen Steg in Meran von der Sommerpromenade aus

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