Der Storch im Home-Office

Montag, der 14. August. Marokko vermeldet einen weiteren Hitzerekord, in Frankreich brennen die Wälder, in Indien gibt es Überschwemmungen, und zwei Milliardäre debattieren in der nächsten Schlagzeile darunter die Bedingungen ihres Käfigkampfes, allein das Wort schon. Unser Leben in einer Satirewelt.

Ich mache Home-Office in einer immer chaotischer werdenden Wohnung, denn ein Sohn renoviert wie geplant und verteilt daher sämtliche Möbel und Gegenstände aus seinem Zimmer in allen anderen Räumen. Ich arbeite und ignoriere. Zwischendurch wie ein Storch ins Bad staksen, über etliche Dinge schreitend, die lieber nicht umfallen sollten.

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Lars Fischer über die aktuelle Corona-Lage. Gleichzeitig nehme ich nach längerer Zeit wieder mehrere Infektionsmeldungen im Umfeld zur Kenntnis. Wobei es, das ist auch leicht festzustellen, nicht mehr allgemein üblich ist, bei passenden Symptomen einen Corona-Test zu machen. Man hat eben irgendwas, man möchte da auch gar nichts weiter hören, wirklich nicht, don’t mention the war, recht eindeutige Abwehrreaktionen.

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Am Abend gehe ich nach den diversen Berufsausübungen noch mit der Herzdame an die Alster, wie gefühlt alle anderen auch. Formal ist es postkartenmäßig und auch reiseführerkonform schön dort, allerdings ist es mir entschieden zu warm, viel zu laut auch, zu staubig, zu städtisch und zu umtriebig, und dann noch diese Joggerinnen, dazu all diese Hunde an Langlaufleinen quer über den Weg …. Immerhin nur gedachtes Krückstockgefuchtel von mir. Aber gut, auch sehen, was schön war – wir sind gemeinsam herumspaziert und wir haben tiefgründig geredet, das ist nicht nichts.

Ein ansonsten kaum berichtenswerter Tag, das muss nicht immer schlecht sein.

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Dienstag, der 15. August. Die Herzdame fährt wieder einmal ins wilde Dortmund, um dort irgendwas mit Internet zu regeln, es ist eine Dienstreise. Vorsicht bei der Berufswahl! Ich dagegen verbleibe im immer weiter wuchernden Renovierungschaos und sichere mir einen halbwegs sicheren Home-Office-Platz im Wohnzimmer, den ich dann gegen alle weiteren Versuche verteidige, auch dort etwas Zeug abzustellen

Der nicht renovierende Sohn langweilt sich auf einmal trotz verfügbarer Geräte mit Bildschirmen dran, er fragt mich nach einem Tagesausflug und ist dann irritiert, dass ich gar keinen Urlaub mehr habe. Eventuell arbeite ich also schon seit Tagen sehr unauffällig, quasi undercover, und ich erkläre dem Sohn dann Verpflichtungen, die etwa ein Handwerker oder Arzt nie erklären müsste. Schreibtischjobs haben eben auch ihre Nachteile.

Ich sehe ansonsten in den Meldungen der Tagesschau, wie dem DAX heute wieder Eigenschaften und selbständige Aktionen zugeschrieben werden. Ich finde es psychologisch verdächtig, und das ist noch nett ausgedrückt, einen Aktienindex so innig und dermaßen hoffnungsvoll deutend als Gestalt wahrzunehmen, was macht der DAX, wie geht es dem DAX, wie reagiert der denn, es ist vermutlich kurz vor Cargo-Kult. Es muss, es muss, es muss doch ein Wesen sein, welches wir da so forschend beobachten, dass es kurz vor der Anbetung ist.

„Das Aktienbarometer bleibt in einer Seitwärtsphase gefangen“, heißt es im Text dann noch in einem weiteren schrägen Bild, aber das immerhin kann ich durchaus nachvollziehen, so geht es mir selbst auch oft genug, und das droht auch mir wieder in den nächsten Wochen voller Alltag.

„Wo sehen Sie sich in fünf Jahren?“

„In einer Seitwärtsbewegung gefangen.“

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Im Bild heute ein Bär im Stadtteil Hamm, durch den ich immer auf dem Weg in den Garten komme. Interessante Tierwelt dort.

Ein vermutlich ausgesetzter Plüschteddy auf einem Stapel Sperrmüll, Bretter und Leisten

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Ein Kommentar

  1. Als ich vor drei Wochen mit einer Freundin ein Wocheneden verbracht habe, kam es und auch sehr voll und riesig vor (und diese riesigen Autoverkehrs-Schneisen!)
    Ja klar, es war schön. Und nach der Rückkehr wirkte das auch nicht gerade kleine Leipzig regelrecht kuschelig …

    Interessanter Gedanke mit dem DAX als behauptete Person!

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