Sirenen im Soundtrack der Stadt

Sonnabend, der 14. Oktober. Der Freitagabend, noch nachzutragen. Es wird auf einmal wärmer, in wenigen Stunden passiert das, und es weht ein unheimlicher Wind wie aus südlichen Gegenden, wobei mir, ich erwähnte es bereits, warmer Wind unheimlich ist, ich bin norddeutsch geprägt. Warmer Wind hat für mich immer eine leicht satanische Anmutung, bei warmem Wind kann nichts Gutes passieren. Die Luft ist überaus seltsam dick und schwer, das Licht ist gelblich, gewittrig, unwetternah, fair is foul and foul is fair, hover through the fog and filthy air. Wobei der Nebel unzutreffend ist, aber wann passt Shakespeare schon detailgenau. Nebenbei ein später Dank an meine Englischlehrerin in der Oberstufe, dass ich das heute noch auswendig weiß. Ein ganzes Jahr lang nur Macbeth, Zeile für Zeile, es hatte doch Folgen.

Es sind die letzten Stunden vor der von West heranrollenden Kaltfront, die dem Spätsommer verlässlich binnen Stunden den Rest geben wird, da sind sich die Wetterberichte einig wie selten. Die Menschen sitzen also noch einmal draußen, bestellen noch einen Drink und dann noch einen, einen allerletzten diesmal, die Außengastro im Viertel ist noch einmal voll besetzt. Die ersten Tropfen fallen aber schon, Wolken ziehen auf, man trinkt schneller, man sieht zwischen zwei Gläsern auch immer wieder zum Himmel und morgen früh werden es dann zehn Grad weniger sein, man weiß es ja, nur vorstellen kann man es sich nicht recht.

Ich gehe meine Abendrunde. Vor dem Bahnhof mehrere Hundertschaften der Polizei, ein gigantisches Aufgebot, mehr denn je vermutlich. Sie sitzen in Mannschaftswagen, sie stehen auf dem Hachmann-Platz, auf dem Heidi-Kabel-Platz, sie gehen durch die Wandelhalle und ums Gebäude herum, sie rennen zwischendurch auch in geordneten Trupps. Alle in schwerer und voller Montur, unzählige parkende Einsatzfahrzeuge, ich sehe Lautsprecherwagen, ich sehe Spezialgerätschaften, und ich höre dann die Durchsagen: „In unmittelbarer Nähe findet ein Einsatz statt. Distanzieren Sie sich deutlich von Straftaten …“ Es geht um eine propalästinensische Demo, die vorher verboten wurde. Alle Aktionen dieser Art wurden in der ganzen Stadt verboten, wenn ich es richtig mitbekommen habe. Ein paar Protestierende kommen erwartungsgemäß dennoch und wollen Fahnen schwenken etc., das wird dann verhindert. Viele Demonstranten waren es nicht, soweit ich sehen konnte, aber ich räume doch lieber zügig das Feld, die Situation ist entschieden unheimlich.

Später lese ich, dass da so ziemlich alles stand, was Hamburg an Polizei zu bieten hat, und wenig ist das also nicht. Es kam auch zu kleineren Auseinandersetzungen mit den Demonstranten, aber verglichen mit den Erwartungen lief es ruhig ab. Und, ein Vorgriff auf die nächsten Tage, die Polizeipräsenz wird weiterhin hoch bleiben, am Bahnhof, in der Stadt, sicher auch vor den jüdischen Einrichtungen etwa am Grindel. Viel mehr Uniformen als sonst gibt es auf einmal in den Straßenszenen, viel Blaulicht im Verkehr, viele Sirenen im Soundtrack der Stadt. Es erinnert alles ein wenig an G20, woran sich allerdings niemand gerne erinnern möchte. G20? Wir kennen hier kein G20, wir wissen nicht, wo das liegt.

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Zur Entspannung Alsterschiffe.

Die beiden Akstercabrios der weißen Flotte, aufgenommen bei Regen, die nassen, leeren Sitzreihen

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