Clapps Liebling und Gerlinde

Am Sonnabend war ich noch kurz im Hafen, denn es fehlte mir Bewegung, ich musste dringend etwas Strecke machen. Um mich herum die große Regenjackenauslaufparade der touristischen, volksfesthaften Mengen, man erging sich energisch auch bei Regen und Wind und aß unverdrossen Fischbrötchen, wie neulich erst die Herren Scholz und Macron, nur vielleicht etwas besser gelaunt aussehend. An einer Stelle blieben mehrere Menschen stehen, um ein Straßenschild mit den hochgereckten Handys zu fotografieren, warum machten sie denn das? Es war das noch neu wirkende Schild, das auf die Jan-Fedder-Promenade hinwies, habe ich das also auch einmal gesehen.

Es regnete, es schien die Sonne, es wechselte alle paar Meter, es windete heftig. Gleißendes Licht in den trockenen Minuten, wenn die Wolken kurz aufrissen, ein überblendeter Hafen, ein jäh aufleuchtender Fluss, das Weiß einiger Schiffe so hell, dass man kaum hinsehen konnte. Ich zitiere Ihnen eben eine Strophe von Rose Ausländer, aus „Herbstlicher Ausschnitt“:

„Sieh, der Himmel ist gespalten:

Dort ein düstrer Wolkenstrom

Geisterhafter Nachtgestalten,

hier: ein stolzer Sonnendom. –

Fluß und Fenster widerblitzen,

Gassen wiegen sich im Tanz,

und es lächeln selbst die Pfützen

silberklar im jähen Glanz.“

Ein kleiner Trupp demonstrierender Menschen aus der Ukraine auf der Promenade in Gelb und Blau, sie verteilten Flugblätter und sammelten Spenden. Währenddessen verschwanden weiter unten tiefer liegende Wege langsam im Wasser der Elbe. Es war der erste Sturmfluttag der Saison, er fiel aber alles noch harmlos und vor allem dekorativ aus. Das Thermometer sank weiter, die Elbe stieg, der Wind nahm zu.

Ein tiefliegender Weg im Hafen, der im Hochwasser untergeht

Ich fuhr wieder nach Hause, im Hauptbahnhof schaukelten am Donut-Stand die ersten Deko-Gespenster, Kinder blieben davor stehen und fragten nach Halloween. Wann? Wann?

Wieder zuhause sah ich aus dem Fenster, dass der Wind die Hausfahne auf dem Hotel Atlantic zerrissen hatte, weiße Fetzen im Sturm.

Am nächsten Morgen beim Bäcker schon die Kunden in den Winterjacken: „Na, gestern auch alles rausgeholt?“ Die Übergangsjackenzeit war in diesem Jahr einen Tag lang, die Übergangsjackenzeit ist ein Opfer des Klimawandels.

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In den Timelines gehen im Laufe des Wochenendes überall die Heizungen an, werden Mützen, Schals und Handschuhe erwähnt. Ich gehe mir Mandarinen kaufen, wir schalten alle gleichzeitig um. In den Foodblogs sehe ich währenddessen Apfelkuchen, Zwiebelsuppe, Kürbis- und Wildgerichte, wir sind im Vollherbst und Winter is coming. That escalated quickly.

Zum Frühstück am Wochenende gibt es auch eigene Birnen, die überschaubare Ernte des Jahres, ein paar Exemplare von Clapps Liebling. Falls Sie einen Garten und die Gelegenheit haben, ich würde die Sorte empfehlen wollen, in Geschmack und Konsistenz ist sie überzeugend. Es hat sich doch gelohnt, das junge Bäumchen sorgsam gehegt, gepflegt und noch einmal umgepflanzt zu haben. Dazu einige Äpfel der Sorte Gerlinde, welche eine Abzweigung von Elstar ist. Sehr hübsch sind sie, im Geschmack keine Offenbarung, wenn auch vollkommen in Ordnung.

In der Küche liegt noch eine letzte Lieferung Steckrüben, von der Herzdame neulich geerntet, wobei einige nur feigengroß geworden sind, sie sehen aus wie seltene Delikatessen, wie irgendein asiatisches Spezialgemüse, das hier niemand kennt. Egal, ich kann den Steckrübenanbau jedenfalls auch empfehlen, das machen wir sicherlich wieder. Kein Aufwand, wir hatten sie vorgezogen gekauft, einwandfreies Ergebnis, und überhaupt kein Zeitdruck bei der Ernte, was für uns besonders wichtig ist. Entspannt irgendwann mitnehmen, so muss das sein.

Jetzt wartet nur noch der Topinambur in der Erde, demnächst mal die Knollen herausholen.

Und falls Sie einen norddeutschen Schrebergarten haben, hier noch eben der Servicehinweis: In den nächsten sieben Tagen ist Bodenfrost nicht gänzlich ausgeschlossen, vielleicht lieber mal das Wasser abstellen.

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