Dunkelkalendarisches

Dienstag, der 31. Oktober. Ich gebe mir an diesem Tag noch mehr Mühe als sonst, heute nicht zu versterben, weil es mir als Pointe nach dem letzten Text mit der Sargerwähnung doch etwas zu billig und abgeschmackt wäre. Immer alles mitdenken, stets bemüht bleiben.

Ich habe dann, wo ich schon bei dem Thema bin, das mit Totensonntag, Volkstrauertag, Halloween, Allerseelen, Allerheiligen, auch das mit den Raunächten und was es da noch so alles Dunkelkalendarisches gibt, noch einmal in der Wikipedia nachgelesen, wie fast in jedem Jahr. Ich kann es mir nicht gut merken, was davon wann ist, was bedeutet und sich woraus ableitet. Es hatte auch keiner dieser Tage in meiner Kindheit einen nennenswerten Inhalt, glaube ich. Das kam alles kaum vor, abgesehen vom Reformationstag, bei dem man zu Grundschulzeiten mit der Klasse in die Kirche ging und sich dort dann fürchterlich langweilte. Aber nicht einmal dabei bin ich mir sicher. Eine verwehte, vage Erinnerung habe ich noch, dass meine Großmutter in Lübeck am Totensonntag auf den Friedhof ging, aber es kommt mir nicht wie eine besonders vertrauenswürdige Erinnerung vor und ist vielleicht nur ein Fantasiegespinst.

In diesem Jahr werden wir zum Totensonntag wohl ins Heimatdorf der Herzdame fahren, weil ihr verstorbener Vater dort in der Kirche abgekündigt wird. Ich kannte weder den Begriff noch den Brauch, mir ist so etwas bisher nicht begegnet. Danach werde ich mich dann auskennen, nicht jedes Lernen ist erfreulich.

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Gesehen: Die sehr empfehlenswerte Doku über Sixto Rodriguez in der ARD-Mediathek: Searching for Sugar Man. Eine Geschichte mit Moral, will einem scheinen, aber man darf sie sich Gott sei Dank selbst ausdenken, und das ist immer erfreulich.

Gehört: Ein musikalisch in ein deutlich anderes Genre fallendes Werk, nämlich die Winterreise, und zwar, das habe ich vielleicht noch nie gemacht, am Stück und komplett. Nebenbei habe ich auch sämtliche Texte nachgelesen, um neben dem Schubert auch den Müller angemessen zu würdigen, also auch die Texte der Lieder, die keine allfälligen Gassenhauer auf den Klassiksendern sind. Herr Quasthoff sang für mich, Herr Barenboim spielte dazu Klavier, es war hervorragend. Ich war am Morgen eher zufällig darauf gekommen, denn es ist natürlich noch keine Zeit für die Winterreise, aber es war ein freier Tag, es interessierte mich gerade, und ich blieb dann doch hängen und genoss lange.

Ein kleiner Vorgriff auf den November war das, besonders gegen Ende der Sammlung hin und dann natürlich beim finalen, so finsteren Leiermann, aber weit weg von dieser Stimmung sind wir jahreszeitlich ohnehin nicht mehr.

Ein verstörendes Lied, denke ich immer wieder, und auch ein irritierendes, bewegendes Gedicht.

Ich höre jetzt ganz anders, weil es draußen endlich kühl genug ist, um die guten Over-Ear-Kopfhörer wieder zu benutzen, die mich im Sommer in den Wahnsinn treiben würden, weil sie wärmen wie eine dicke Wollmütze. Jetzt also viel besserer Sound als im Sommer und auch das in der Stadt so oft rettende Noise-Cancelling.

Es ist eine Wohltat und trägt entscheidend dazu bei, dass ich klassische Musik fast nur in den dunkleren, kälteren Jahreszeiten höre.

Im Bild heute, ohne jeden Zusammenhang, die Cap San Diego, also schon wieder etwas für den Freundeskreis Nostalgie. Warum auch nicht. Im Hintergrund der Katamaran nach Helgoland, der hatte gestern seine letzte Fahrt. Winterpause, Sturmsaison.

Die Cap San Diego im Hamburger Hafen

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