Arbeit und Alltäglichkeit

Noch Dienstag, der 31. Oktober. Der Titel dieses Eintrags stammt aus dem Tagebuch von Stefan Zweig, ein sehr kurzer Eintrag Anfang 1915 ist es, „Arbeit und Alltäglichkeit.“ Man kann nicht vieles aus diesem Tagebuch in die Gegenwart übernehmen, aber das schon. Solche Tage gibt es sicher quer durch alle Zeiten, seit der neolithischen Revolution und wohl bis ans Ende unserer Geschichte.

Viel in seinem Tagebuch gelesen, seine schnell abklingende Kriegsbegeisterung 1914, die Ernüchterung 1915, die Sorge um den allgemeinen kulturellen Rückschritt.

Außerdem Mozarts Requiem komplett durchgehört, ich vertrage klassische Musik gerade erstaunlich gut. Das mal ausnutzen. Ich verbringe nun wie geplant deutlich mehr Zeit abseits des Computers und ich nutze sie altmodisch, mit Büchern und Musik, mit Spaziergängen, mit Kochen und mit hochkonzentriertem Nichtstun, mit Raufaserbetrachtungen. Zusammensuchen, was einem noch guttut, das wird jetzt wichtiger. Ich nehme an, es geht nicht nur mir so.

Ein Regenfeiertag war es ansonsten, den die Herzdame und ich für Administratives, Organisatorisches und kleinere Werke nutzen. Mit einem Sohn außerdem Philosophie gelernt, Utopie, Eutopie und Dystopie.

Ich gehe am Nachmittag durch Geniesel und durch die Hafencity. Ich sehe nach, ob ich in diesem Stadtteil irgendwo noch nicht war. Das ist selbstverständlich der Fall, da dort immer noch permanent gebaut wird, eine neue Wohn- und Büroschachtel nach der anderen entsteht. Viele Feuerwehrfahrzeuge stehen vor der Großbaustelle, auf der es gerade diesen grauenvollen Unfall mit vier Toten gab, es war wohl auch überregional in den Nachrichten. Sie sind immer noch bei den Bergungsarbeiten im Fahrstuhlschacht.

Ein neues Wandbild sehe ich, vom irischen Künstler Ache zur Erinnerung an Uwe Dierks gesprüht, er war ein beliebter Verkäufer der Hamburger Obdachlosenzeitung Hinz & Kunzt. Autos, die an dem Haus vorbeifahren, verlangsamen einen Moment, Handys werden kurz aus Fenstern gehalten, das Bild hat offensichtlich sein Publikum.

Ein großes Mural, ein Porträt eines Hin-und-Kunzt-Verkäufers

Einige Bäume auf dem Spielplatz vor unserem Haus verlieren heute ihr Laub in einer Geschwindigkeit, als müssten sie zwingend pünktlich zum 1. November kahl sein, es regnet bei jedem Windstoß Hunderte Blätter herunter und es sieht überzeugend so aus, als sei der goldene Herbst für uns in diesem Jahr nur für einen einzigen Tag buchbar gewesen. Es wird schon alles wieder abgeräumt, Kulissenwechsel, nächstes Bild Winter.

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Ein Kommentar

  1. Hier auch Kräfte tanken, doch was Kräfte kostet ist übergroß, über Jahre immer mehr angewachsen. Wo geht denn dieses Delta hin? Wie soll denn diese Bilanz ausgeglichen werden?

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