Noch einmal ein Dank, diesmal für die freundliche Zusendung des „Nachtstimmers“ von Maarten `t Hart, Deutsch von Gregor Seferens. Hier eine Rezension dieses Romans beim Deutschlandfunk. Es klingt wieder vielversprechend, außerdem geht es um Orgeln, das ist schon einmal ein feiner Ansatz und wird auch in diesem Jahr passen. Demnächst ins erste Konzert 2025 gehen.
Der Stapel der Bücher neben dem Bett wächst gerade beträchtlich, er wird bald schon für die langen Sommerabende reichen, und es ist gut so. Herzlichen Dank!
***
Nach längerer Pause, weil ich doch wieder von allem abgekommen war, habe ich endlich das empfehlenswerte Buch von Anatol Regnier durchgelesen: „Jeder schreibt für sich allein – Schriftsteller im Nationalsozialismus“ (Es kommen auch Schriftstellerinnen darin vor). Dieses Buch hatte ich vor einiger Zeit aufgrund einer nur kurzen Erwähnung bei Anke Gröner entdeckt.
Die Bezüge zur Gegenwart springen einen bei der Lektüre permanent an, wenn man heute über Kultur unter Diktaturen liest. Es gibt manchmal ein deutlich unangenehmes Timing, wenn man etwa einen Absatz bei Regnier liest, dann kurz rüber in die Nachrichten sieht und es nicht fassen kann, wie direkt diese Bezüge sein können, wie parallel die Themen. History repeating, und zwar in der denkbar schlechtesten Ausprägung. Man muss sich wieder zur Gefahr von rechts verhalten und damit irgendwie leben, wie lästig und unnötig ist das denn.
Gerade sehe ich eine passende Radiosendung über die Lage in Österreich: Die Literaturszene der Alpenrepublik nach dem Rechtsruck. Eine seltsame Sendung allerdings, ich höre reihenweise Aussagen, denen ich widersprechen möchte. Aber was weiß ich schon von Österreich.
Im Buch von Regnier werden jedenfalls viele Zwischentöne zugelassen. Es kommt ohne moralischen Rigorismus aus und urteilt eher zurückhaltend, das gefiel mir. In der öffentlichen Debatte der Gegenwart neigt man stark zu drastischen Schwarzweißunterscheidungen, ich teile das eher nicht. Der Mensch ist ein Durcheinander, in seinen Gedanken, in seinen Ansichten, auch in seinen Taten. Das war, fällt mir ein, auch in Kempowskis Roman „Alles umsonst“ gut dargestellt, diese Uneindeutigkeit der handelnden Personen. Die Unmöglichkeit, sie in jedem Fall klar erkennbar und auf einen Blick nach gut und schlecht zu gruppieren. Es geht dabei nicht simpel zu wie bei den Tauben im Märchen, wenn sie flugs die Erbsen sortieren.
Um ein aktuelles Beispiel zu nennen, als jener unsympathische Milliardär, der deutlich reicher ist, als es Dagobert je war, gerade diesen sogenannten „Gastartikel“ in der ebenfalls unsympathischen Zeitung hatte, las ich in den Timelines viele Forderungen, dass dort sofort alle kündigen müssten. Also vehemente Forderungen nach moralischer Eindeutigkeit und prozeduraler Logik, wenn so, dann so, und zwar sofort. Außerdem wurde die eine Person, die dann tatsächlich gekündigt hat, gleich als Widerstandskämpferin und moralische Heldin gefeiert.
Ich denke, beides wird der Wirklichkeit vermutlich nicht gerecht. Das neulich hier erwähnte „muddling through“ ist viel näher an dem, was mit hoher Wahrscheinlichkeit bei der Mehrzahl der Betroffenen stattfinden wird, ob es uns passt oder nicht.
Und nur manchmal wird alles recht klar sein oder uns zumindest so vorkommen. Wie hier bei der nun ehemaligen Karikaturistin der Washington Post.
***
Ansonsten die ersten beiden Bürotage geschafft. Etwas Schneeregen erlebt, etwas Graupel, etwas puren Schnee und das erste Stadtmitte-Schmuddelweiß des Winters. In den Vororten und in anderen Gegenden des Landes sieht es deutlich schöner aus als bei uns, sehe ich online. Man nimmt, was man kriegen kann.
Die ersten vereisten Wege gab es auch bereits und ich sah sogar schon, wie Sanitäter in der Innenstadt Gestürzte aufsammelten und im Krankenwagen wegfuhren. That escalated quickly.
„Freu dich nicht zu früh auf den Sommer,
Weihnachten ist grade erst vorbei
Im Treppenhaus riecht es noch nach Glühwein
Und im Fernsehen läuft der weiße Hai.“
Sven Regener hat es geschrieben, und es passt gerade gut. Aber es gibt mittlerweile viele Situationen, zu denen es passende Zeilen von Element of Crime gibt. Man könnte auch „Mit Element of Crime durchs Jahr“ und ähnliches herausbringen, Zitate auf Kalenderblättern, auf Postkartensets usw.
***
Sie können hier Geld in die virtuelle Version des Hutes werfen, herzlichen Dank! Sollten Sie den konventionellen Weg bevorzugen und lieber klassisch etwas überweisen wollen, das geht auch, die Daten dazu finden Sie hier. Wer mehr für Dinge ist, es gibt auch einen Wunschzettel.