Eine Meldung aus der Oberliga

Ich hole Bücher aus den öffentlichen Bücherschränken und trage sie nach Hause. Schnell und zupackend bei der Auswahl muss ich dabei sein, denn der eine Schrank ist eine ehemalige Telefonzelle, die am Nachmittag in der Sonne steht. Man fühlt sich im Sommer heißluftfrittiert, wenn man zu lange braucht, um die Buchtitel auf den eingezogenen Brettern dort zu überfliegen.

Ich gehe danach meine Regale neben dem Sofa durch, nehme einige Bücher heraus, stecke sie in meinen Rucksack und gehe damit wieder los. Ich stelle einige davon in die beiden öffentlichen Bücherschränke, die mich gerade am besten versorgen. Es ist ein Geben und Nehmen, sonst kann das Ganze auch nicht funktionieren.

Ich bringe die restlichen Bücher zu meiner Mutter. Sie schafft es nicht mehr so leicht in die Bücherei und hat daher fortwährend Bedarf. Sie verfällt ohne ausreichend ungelesene Bücher auf dem Nachttisch außerdem in eine Panik, die man vielleicht noch aus den Offline-Zeiten kennt. Wenn man sich an diese erinnern kann. Meine Mutter lebt seit einigen Jahren offline, es wurde ihr alles zu kompliziert.

Bei ihr liegen wiederum auch Bücher bereit, die sie schon durchgelesen hat und die also von ihr wegzutragen sind. Um entweder in die öffentlichen Bücherschränke oder in meine Regale gestellt zu werden, je nachdem.

Ein wandelnder Literaturverteiler im Familien- und Stadtteilkontext, das bin ich hier also ab und zu. Es gibt auch schlechtere Rollen, denke ich mir. Eines der Bücher schlage ich beim Verräumen auf, weil mir einfällt, dass ich vor ein paar Wochen bei nur flüchtiger Recherche auf dem Smartphone viel Gutes darüber gesehen habe. Ich stelle fest, dass mir schon die ersten Seiten gefallen, in besonderer Weise sogar. Nach einigen Absätzen möchte ich schon ahnend nicken: „Ach guck, das ist ja was.“ Meine Mutter hatte mich ebenfalls darauf hingewiesen, dies sei mal ein besonderer Roman, ein herausragendes Werk.

Die Lichtjahre von James Salter (Verlagslink), Deutsch von Beatrice Howeg. Nach etwa dreißig Seiten denke ich, dass ich vermutlich bald noch mehr von ihm lesen möchte.

Es gibt eine lange und ansprechende Rezension im Deutschlandfunk aus dem Jahr 1998, da lebte der Autor des Romans noch. Die Kritik kommt bis zum jubelnden Sportvergleich und spricht von der Oberliga. Ich weiß, was gemeint ist, denke allerdings, es kann kein gutes Ende nehmen, wenn man anfängt, Literatur oder Kultur überhaupt mit Sportbegriffen zu analysieren.

Man muss da rechtzeitig abpfeifen.

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Ein Aufkleber auf einem Briefkasten mit der Aufschrift "Vermehrt Schönes!"

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