The same procedure

Ich habe an einer Ampel beim Warten gehört, wie sich zwei junge Frauen unterhielten. In einer Sprache, die ich nicht einordnen konnte. Ähnlich wie das Arabische klang es für mich, aber etwas weicher war es, etwas langsamer. Die beiden waren jedenfalls bester Laune, das verstand ich auch so. Und ich bekam mit, dass die eine der anderen einen deutschen Satz beibringen wollte, und zwar „Bleiben Sie gesund und munter!“

Warum auch immer. Vielleicht war es ein Satz, der in ihrem Job vorkam, vielleicht war es eine Phrase aus einem Deutschkurs, eine Hausaufgabe womöglich.

Ich hörte, wie schnell aus nachgesprochenen Silben, beginnend mit etwas wie „Blaba sigesunnumu“ eine Folge von Wörtern mit korrekten Pausen dazwischen wurde. Dann ein Satz mit passender Betonung. Das ging einfach so, es ging sehr schnell, eine Ampelphase brauchte es nur. Eine Kleinigkeit war es, und die beiden Frauen sagten sich mehrfach „Bleiben Sie gesund und munter!“ vor. Und konnten sich vor Lachen kaum halten.

Weil sie Deutsch sprachen, es klang wohl dermaßen komisch für sie. Was für eine Sprache, was für Silbenfolgen. Ihr Lachen war ausgesprochen ansteckend. Man wurde direkt etwas munterer beim Zuhören, und das will etwas heißen, in diesen Zeiten. Es ging so weit, dass mich ein anderer Mensch, der neben mir wartete, anlächelte, weil die beiden auf ihn so wirkten wie auf mich. Es ging also weit. Wir lächeln uns hier sonst nicht an Ampeln an. Wir können und wollen uns beherrschen, in dieser Stadt. Die beiden Frauen werden es kaum bemerkt haben, dass sie auf andere aufmunternd wirkten, mit ihrer neuen Grußphrase und der sensationell guten Laune. Sie waren viel zu munter, um es mitzubekommen.

Bei den bedeutungsverwandten Begriffen zu munter finden wir, ich sehe eben nach, etwa mopsfidel. Dieses Wort hätte den beiden auch Spaß gemacht: „Bleiben Sie mopsfidel und munter!

Aber auch freudetrunken, quietschvergnügt oder wildvergnügt kommen in Betracht, lese ich. Das sind Begriffe, die weit von meiner aktuellen Laune entfernt sind. Freudetrunken, wann mag ich das zuletzt einmal gewesen sein. Es ist eine Weile her und ich komme nicht mehr darauf, was das damals situativ ausgelöst haben könnte.

Oh, happy – yes, I remember that” wie es Basil in der Serie Fawlty Towers einmal in einer berühmten Szene ausdrückte: “I’ll report if it happens.”

Ich war aber, um noch kurz bei der Reihe der verwandten Begriffe zu bleiben, nach dieser Begegnung immerhin etwas aufgeräumter, das kann ich gelten lassen. Ab und zu scheint es also sinnvoll und auch hilfreich zu sein, an Ampeln fremden Leuten zuzuhören. Selbst dann, wenn man nicht alles versteht.

Aufgeräumt über die kalendarische Grenze. Okay, das ist doch ein Ergebnis.

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Ansonsten:

Wir folgen wiederum der in diesem Blog hinlänglich etablierten Tradition, kein Silvester ohne diese Bilder. Es handelt sich beim Folgenden also noch einmal um die längst vergilbende Erinnerung an eine norddeutsch-ausgelassene Silvesterparty in einem kleinen Ort bei Hamburg. Der Abend ist mittlerweile bereits über zwei Jahrzehnte her und längst nicht mehr wahr.

Deutlich erkennt man die sogenannte Hanseaten-Ekstase in meinem Blick.

Denn man muss gelegentlich daran erinnern: Wir hier oben im Norden, wir sind gar nicht so. Wir können auch anders.

Maximilian Buddenbohm an Silvester, mit Partyhut

Der gleiche Abend, nur einen Meter weiter: Die Herzdame. Liebreizend wie stets und dabei auf nordostwestfälische Weise in strahlender Herzlichkeit bestens gestimmt und dem Leben mit seinen Abenteuern offen zugewandt:

Die Herzdame an Silvester, mit Partyhut

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Mir bleibt noch, für eine gerade eingetroffene Geschenksendung an Sohn I und auch für die Trinkgelder der letzten Woche, die sicher teils weihnachtlich oder jahresbilanzierend gemeint waren, herzlich zu danken. Es war mir ein Fest, jeder Euro, allerbestes Publikum.

Passen Sie auf sich auf, kommen Sie gut rüber und bewahren Sie bitte unbedingt Haltung.

Wir sehen uns drüben, wenn Sie mögen.

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Nebelig unklar

Jonas Schaible schreibt über die fatale Sehnsucht nach dem großen Knall. Am Ende, das würde mich nicht wundern, folgt die Erwartung von Instabilität irgendeinem Zyklus, den jemand irgendwann genau definieren und geschichtlich einwandfrei nachweisen kann, als Muster durch die Jahrhunderte. Und dann kommt man vielleicht auch auf Rezepte, was dagegen zu tun ist. Denn es nervt auf Dauer doch erheblich, wenn man selbst eher zu Stabilität, festen Gewohnheiten, Ritualen und Traditionen neigt.

Immer habe ich diese Typen vor Augen, die sich in den Geschichten von Somerset Maugham auch auf Expeditionen durch den Dschungel noch zum Abendessen umziehen. Ich sympathisiere ausdrücklich mit dieser Grundhaltung.

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Ich mache Ihnen eben einen alten Erdmöbelsong mit Bennschen Versatzstücken für den Freundeskreis Lyrik zum Aufwärmen an. Der passt gerade wieder, während draußen vor dem Fenster wie bestellt, nieselgedämpft und daher seltsam verloren etwas durch den dunkelgrauen Himmel zischt und eher schwächlich und blass einmal kurz rot aufglüht: Rakete zwischen den Jahren.

Es sind sonst bei uns noch keine Böller zu hören, überhaupt keine. Das ist ungewöhnlich, fast unheimlich, es war in den Vorjahren deutlich anders. Und mit einiger Wahrscheinlichkeit ist es auch bei Ihnen gerade anders, schon klar. Hier ist es diesmal eine merkwürdig ruhige, nebelig unklare Zwischenzeit.

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In der Stadt haben einige wenige Glühweinbuden noch geöffnet. Da stehen die Menschen in der Nachtrinkzeit noch mit den dampfenden Bechern in den Händen, sie setzen die Dezemberstimmung bis zum letzten möglichen Tag fort.

Einige Weihnachtsmärkte sind aber auch schon am ersten Tag nach dem Fest wieder verschwunden. Die ganzen Bretterbuden nebst umfangreicher Deko muss man in bemerkenswert wenig Stunden abgeräumt und wieder verstaut haben. Wie man Spielzeug in einem Kinderzimmer schnell und routiniert verräumt, wenn man dort endlich einmal staubsaugen will. So stelle ich es mir jedenfalls vor, wenige Handgriffe nur, eingefahrene elterliche Ordnungsbestrebungen, und schon ist alles weg, liegt in Schubladen und Regalen.

Und wo diese Märkte gerade noch waren, da bleiben nur zertretene Tannennadelreste auf den Gehwegplatten zurück, die beim Fegen übriggeblieben sind. Besenreine Plätze und Straßen sieht man überall in der Innenstadt, auf denen man in Kürze dieses uns so ominös vorkommende nächste Jahr veranstalten kann.

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Die Außenalster vom Ufer St. Georg aus, ein mit Plane bedecktes Segelboot im Vordergrund, graues Nachmittagslicht, Dunst über der Stadt

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Zusammenfegen

Die Landlebenbloggerin schreibt über Freiwillige Feuerwehren.  Der Bruder der Herzdame ist im Westfälischen auch bei der Freiwilligen Feuerwehr, das kam hier schon manchmal vor. Er ist da u.a. auch im Spezialgebiet der Höhenrettung und macht dabei Sachen, an die kann ich nicht einmal denken, ohne dass mir fortgeschritten flau wird.

Wie gut es ist, dass jemand so etwas machen kann und will, dass sich jemand der Gesellschaft dafür anbietet.

Und Pia Ziefle hat auch einmal wieder gebloggt, nach ein paar Monaten Pause. Jahresendgedanken und Quersummen. Das „Zusammenfegen der Befindlichkeiten“, wie sie es nennt, man wird geistig anlegen können.

Ich sehe auf Instagram schon die Programmhinweise auf die Sendetermine von Dinner for One, vor den Blumenläden die kleinen Töpfe mit Glücksklee und Schornsteinfegerfigur oder Schweinchen, in den Foodblogs die Rückblicke auf die besten Rezepte 2024. Es ist Zeit.

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Ich musste gerade nachsehen, aber heute ist tatsächlich ein Sonntag, guck an. Und es ist sogar einer, für den es eine schön passende Bach-Kantate gibt: „Gottlob! Nun geht das Jahr zu Ende.“ Man möchte aus heutiger Sicht vielleicht in Gedanken ergänzen: „Oh Gott! Es droht ein Neues Jahr“, aber dieser Sarkasmus stand Bach sicher noch nicht zur Verfügung. Er verblieb noch zeitgerecht bei:

„Gottlob! Nun geht das Jahr zu Ende,

Das neue rücket schon heran …“

Und er wird, man muss es anders fühlen, dieses Heranrücken eher nicht bedrohlich gemeint haben.

Da komme ich nebenbei aber noch zu einem umsetzbar klingenden Vorsatz: Im nächsten Jahr ab und zu einmal in die Liste der Bachkantaten sehen, ob hier saisonal oder thematisch etwas passen könnte.

Ja, mach nur einen Plan.

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Und auch das Positive beachten und stets bemüht möglichst hochgewichten. Wieder habe ich ein Stück Klassik erfolgreich mit einem Song aus der Neuzeit in Verbindung bringen können, es ist doch eine faszinierende Beschäftigung auf Spaziergängen. So sammelt man sich Stück für Stück immerhin kleine Erfolge zusammen.

Der Herr Telemann war es, mit einem Trompetenkonzert, bei dem ich mit jäher Freude dachte: Moment, das kennste doch wieder, das ist doch Dings, das gehört doch zu … und dann habe ich etwas in meinen Playlists herumgeklickt, etwas gesucht und versucht, mich genauer zu erinnern. Und zack, da waren sie, diese genau passenden Töne. Beim geschätzten Fabrizio De Andrè nämlich, bei seinem Lied von der verlorenen Liebe, la canzone dell’amore perduto, das verstehe ich auch ohne weitere Italienischkenntnisse.

Sehr schön, diese beiden Stücke.

Und dann hier, der Gleichklang:


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Im Bild die Arkaden am Rathaus in Dunkelheit und Nebel, gestern Abend war das. Inversions-Wetterlage, wir sehen hier nicht sehr weit voraus. Wir können also auch das Heranrücken des Neuen Jahres kaum erkennen, aber es wird da draußen irgendwo sein. It hovers through the fog and filthy air, es ist wieder alles sehr deep.

Die Arakdenreihe am Rathaus in Dunkelheit und Nebel

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Es gab Rotkohl

Es gab im Heimatdorf der Herzdame, ich erwähnte es bereits kurz, u.a. Rotkohl von meiner Schwiegermutter. Welcher aus mir unklaren Gründen stets verlässlich besser schmeckt als meine selbstgekochte Variante, erheblich besser. Obwohl wir doch in etwa die gleiche Prozedur, obwohl wir doch die gleichen Zutaten … Na, am Ende wird es daran liegen, dass ich ihn serviert bekomme. Das mag sein.

Rosenkohl gab es auch, den in der Familie kaum jemand mag. Die Söhne und die Herzdame als unbelehrbare Ignoranten. Aber Schwiegermutter mag ihn, aber ich mag ihn, wir tauschten wieder wissende Blicke über den Tisch. Der erste Rotkohl der Saison war es jedenfalls für mich an diesem Abend, der erste Rosenkohl auch.

Ich bin in diesem Jahr in meiner Küche also nicht ein einziges Mal dazu gekommen, wichtiges Saisongemüse zu kochen. Es gab bei uns keine typischen Wintergerichte, es gab auch keine etwas festlicheren, keine etwas besseren Varianten des Abendessens. Ich habe in den letzten Wochen nirgendwo Gelegenheiten dafür gesehen. Immer habe ich nur die flotten und die üblichen, die viel zu etablierten Alltagsrezepte für zwischendurch abgearbeitet. Die mit dem geringsten Zeitaufwand also, die mit den wenigen Zutaten, die mit dem, was so herumlag. Ach komm, es gibt Curry.

Und das ist auch eine Premiere, denke ich, aber keine angenehme. So übel also waren November und Dezember in dieser Hinsicht, so sehr schlugen sich meine chronifiziert schlechte Laune und die ausufernde Betriebsamkeit bis runter auf meinen Speiseplan durch. Arg unbefriedigend ist das, im Nachhinein betrachtet.

Vielleicht kann oder sollte ich das im Januar und Februar noch etwas ausgleichen? Auf den letzten Wochen des Winters noch etwas retten, damit die Bilanz der Jahreszeit am Ende nicht zu schlecht und zu mager ausfällt.

Wobei der Januar, von dieser Seite des Kalenders aus betrachtet, auch schon nach viel Grund für schlechte Laune aussieht, es ist einigermaßen klar zu erkennen. Selbst wenn ich, denn man hat ja Erfahrungen und auch die Lebensratgeber irgendwann gelesen, den Teil mit der „self-fulfilling prophecy“ brav und bemüht herausrechne.

Es gibt nun einmal Lagen und Zeiten, die sind nicht die besten. Von der vermutlich weiter ausufernden Betriebsamkeit zu schweigen, die prompt ab dem 2. Januar erforderlich sein wird, und auch das wird kaum zu ändern sein.

Vielleicht sollte ich daher – immer im Trotz verbleiben und aus dieser Haltung heraus handeln, um auf diese Art wenigstens bei sich zu bleiben – ein entschlossenes „Jetzt erst recht“ in der Küche anpeilen. Das scheint mir, wenn ich weiter überlege, ohnehin ein naheliegender und gut anwendbarer Gedanke für das nächste Jahr zu sein, bei gar nicht wenigen Themen.

Ich suche mir also wieder einmal die Rezepte heraus. Die für die Rotkohlgerichte und auch die anderen.

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Hier noch ein Weihnachtsabschlussbild, dann lassen wir das auch schon hinter uns. Ohne Rotkohl, aber mit Kuchen, und der war auch sehr recht.

Eine Art Linzer Torte mit etwas Schlagsahen daneben, beides auf weihnachtlicher Tischdecke

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Nur zwei, drei Links

Die lose Reihe „Fiktion und Realität“, das Thema scheint mir in letzter Zeit seltsam treu zu sein, habe ich währenddessen mit etwas leichter Unterhaltung beim Kochen (Gulaschsuppe) fortgesetzt, nämlich mit einer Sendung über D‘Artagnan. Den es wirklich gab, nicht etwa nur in der Fantasie von Alexandre Dumas. Wie auch die anderen bekannten Musketiere aus dem Buch und den vielen Filmen tatsächlich echte Vorbilder hatten, also Athos, Porthos und Aramis. Das war mir nicht bekannt, wieder was gelernt.

In der Doku wird am Rande der Pariser Stadtteil Saint-Germain-de-Prés erwähnt, da fiel mir nebenbei wieder ein, dass es eine charmante Aufnahme des bekannten Liedes zur Gegend von Anthony Perkins gibt, die ich noch gar nicht gezeigt habe, glaube ich.

Aber Sie kennen Sie vielleicht nicht, gucken Sie mal, hören Sie mal:

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Die Kaltmamsell verlinkte hier eine weitere Doku zu Cary Grant, das sind dann noch einmal sinnvoll verbrachte, interessante anderthalb Stunden.

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Ansonsten gehört: Ein Zeitzeichen über die Schneekönigin von Hans Christian Andersen und ein Kalenderblatt über Udo Jürgens.

Auf den ersten Blick sicher eine eher seltsame Kombination, diese beiden. Auf den zweiten Blick aber zwei markante Texterinnerungen an meine Kindheit. Die Märchen von Andersen haben mich damals oft und schwer beschäftigt, haben mich sicher auch geprägt. Und die Lieder von Udo Jürgens waren immer da, von frühester Kindheit an. Ich bin nach wie vor bei allen seinen Erfolgen textsicher, ohne mich je darum bemüht zu haben. Das ist ein mitgeliefertes Feature meiner Altersklasse.

In meinem Geburtsjahr war der legendäre Grand-Prix-Gewinn mit Merci, Chérie. Das war vier Jahre nach dem oben verlinkten Anthony Perkins, und wie gut die beiden Filme zusammenpassen, nicht wahr.

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Im Bild die Landstraße im Heimatdorf der Herzdame, die ich an der Stelle jedesmal fotografiere, wenn wir dort zu Besuch sind.

Diesmal ging ich ins Licht, immerhin.

Eine leere Landstraße. kahle Obstbäume am Straßenrand, wolkenverhangener Himmel, die Sonne kurz vor dem Durchbrechen

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Wir bleiben dran

Vorweg herzliche Glückwünsche an den Blognachbarn. Immerhin 21 Jahre hat er schon vollgeschrieben, ist mir damit uneinholbar um mehrere Monate voraus und segelt stets verlässlich vorweg. Aber es tippt sich gut, in diesem Kielwasser.

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Ich sehe frühmorgens die Seite von CNN an. Warum sollte man sich die Startseiten im Browser nicht so einstellen, dass sie einem sofort die Laune verhageln, dann hat man es gleich hinter sich. So habe ich es mir als praktisch denkender Mensch überlegt.

Die Schlagzeile dort lautet übersetzt: „Trump kündigt US-Expansion nach Panama, Grönland und Kanada an.“ Dem könnte man, wenn man gut informiert ist, also unangenehm gut informiert ist, wie man es heute wohl nennen muss, in Details widersprechen, die Formulierungen waren etwas anders, aber wirklich notwendig ist eine solche Genauigkeit nicht mehr.

Denn es bleibt trotz allem dabei, dass wir zweifelsfrei in einer Satire-Version unserer Welt gelandet sind. In einer Variante, die ausgesprochen trashmäßig gescripted wurde. Unser aller Plot wurde, um das neuerdings geflügelte Wort aufzugreifen, recht eindeutig bewusst unterkomplex angelegt.

Wir müssen vor einiger Zeit im Multiversum verrutscht sein, oder was auch immer da passiert sein mag. Vielleicht ergründen es Historikerinnen irgendwann, in mehrbändigen Universalgeschichten, in Universumsgeschichten. Ich kann, wie alle Menschen meiner Generation, jedenfalls mit Sicherheit sagen: Ich komme aus einer anderen Welt.

Wir hätten es uns damals nicht träumen lassen, als wir noch im Frottee-Schlafanzug das Raumschiff Enterprise im Fernsehen gesehen haben, wie schräg und plastikbillig es sich anfühlen würde, in andere Welten vorzudringen. Wir hatten, so meine ich mich zu erinnern, dabei etwas viel Cooleres im Sinn als das, was uns heute in den Nachrichten geboten wird.

Im Grunde ist die Handlungsvorgabe für die aktuellen Folgen der Weltgeschichte so unterirdisch platt, sind auch die neulich bereits erwähnten James-Bond-Bösewichte in ihrer realen Ausprägung dermaßen schlicht, niveaulos und in jeder Beziehung albern und enttäuschend – wenn man das alles bildgerecht weiterdenkt, sind wir längst bereit für den Auftritt einer primitiven Godzilla-Kopie oder dergleichen.

Was soll ich machen. Es tut mir auch leid, das so festzustellen, denn ich weiß um das seltsame Verhältnis zwischen diesem Blog und der Wirklichkeit. Ich weiß also um die Gefahren solcher Notate, wer sollte sich da besser auskennen. Aber es ist nun einmal kaum zu übersehen. Mumien, Monstren, Mutationen, und in Tschernobyl gibt es schon die schwarzen Frösche, las ich gerade drüben bei Croco, wie passend ist das denn.

So gehen doch Eröffnungssequenzen, nicht wahr, wir erkennen so etwas. Wir sind doch alle gestandene Medienkonsumenten und haben ein gewisses Grundverständnis für solche Abläufe.

Bleiben wir dran? Wir bleiben dran. Was sollen wir auch machen.

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Wandern, streben, verlangen

Wir fuhren ins Heimatdorf der Herzdame, durch norddeutsche Grauwinterödnis. Die üblichen Regenschauer, der Nieselregen. Einen Werbefilm für Niedersachsen hätte man an diesem Nachmittag unmöglich drehen können, Lichtpunkte waren nur die Schaufenster der Kreissparkassen und die beleuchteten Werbetafeln der Discounter und Autohäuser. Ich sah deutlich weniger aufwendige Weihnachtsdeko in den Vorgärten als im letzten Jahr, es kam mir jedenfalls so vor. Es würde zur allgemeinen Stimmung auch passen: Ach, lass mal.

Die Söhne hörten durchgehend Musik über Kopfhörer, auf der Autobahm und auf der Landstraße. Die Herzdame fing neben mir seufzend mit der Jahresendbuchhaltung an. Für einen Lehrfilm über familiäre Kommunikation hätte das auch wieder nichts hergegeben, aber es war mir alles recht so.

Zweieinhalb Stunden Fahrzeit sind es nach Nordostwestfalen. Wenn es gut läuft, und es lief gut. Zweieinhalb Stunden, in denen man in Ruhe nachdenken kann. Dies und das Revue passieren lassen, einiges abwägen. Bei zwei, drei Themen auch schon einmal vorausdenken. Als würde am 1. Januar irgendein Vorhang aufgehen, willkommen, bienvenue, welcome, gleich die Einstiegsszene aus dem Cabaret-Film vor Augen. Oder nein, der Film geht nicht gut aus. Da lieber noch auf etwas anderes kommen.

Allerdings auch nicht eben erfolgreich nachgedacht. Ich landete wieder bei den richtigen Einstellungen, die ich mit einiger Dringlichkeit zu diesem und jenem finden muss. Das Thema kann ich noch nicht abhaken, es ist ein warnblinkendes To-Do im Kalender. Dazu kam dann doch einmal die Sinnfrage, denn wenn man ein paar Kilometer und einige Stunden ungestört Zeit hat, kann das dummerweise passieren.

Schön ist das meistens nicht, wenn einen Sinnfragen unbestellt beschäftigen. Ab und zu wird es wohl notwendig sein, das ist allerdings einzusehen, man muss hier und da justieren. Und am Ende ist es eben das, was mit dieser ominösen Besinnlichkeit gemeint ist, von der jetzt alle reden. Auch wenn das Wort so einen seltsam gemütlichen, wohligen Klang hat, auch wenn deutlich mehr Rotkohl als Ratio in der Bedeutung des Begriffes mitschwingt.

Nachgesehen, althochdeutsch sinnan: Gehen, reisen, wandern, streben, verlangen. Eine interessante Reihung, das liest sich dermaßen klangvoll, es kommt einem fast wie ein Buchtitel vor. Altenglisch sinnan: Achthaben und sorgen. Wenn ich das richtig überfliege, ist im Abschnitt Etymologie auch einiges im Sinne von Bewegung und Beschluss zu finden. Da besinnt man sich nach vorne, auf ein Ziel hin, nicht etwa im Kreis und um ein Thema herum.

Neben mir liegt währenddessen die Katze des Hauses. Die weiß selbstverständlich alle Antworten, sogar auf die Sinnfragen. Die hat sich längst genug besonnen, es ist das Privileg ihrer Art. Aber sie sagt nichts, sie gibt nichts weiter. Zen und die Kunst, nur zu liegen.

Eine schwarzweiß gefleckte Katze

Sie sieht mich nur ab und zu an, diese Katze, und sie weiß, dass ich nichts weiß. Ich erkenne es deutlich in ihrem Blick. Und am Ende, das mag sein, ist es das erstrebenswerte Ergebnis aller Besinnungen: Der Rest ist Schnurren und Schweigen. Bis man das aber erreicht hat, kann man weiter fast täglich von seinen Bemühungen berichten. Zumindest bei mir ist das so.

Und zwischendurch darf man auch einmal kurz zum Rotkohl übergehen. Der hat auch seine Berechtigung, seinen Sinn und seinen Segen, beonders wenn ihn meine Schwiegermutter zubereitet.

Na, wie auch immer. Machen Sie es sich schön, machen Sie es den Kindern schön, seien Sie nett zueinander.

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Nur zwei, drei Links und ein Zitat

Gesehen: Diese Doku bei arte über Truman Capote und sein Buch „Kaltblütig.“ Über einen Mordfall, zu dem er zunächst nur eine Zeitungsnotiz las, die ihn dann unplanmäßig Jahre beschäftigt hat. True Crime in den Anfängen also, als das Thema noch keine Standardform der leichten Podcast-Unterhaltung war. Eine verstörende Geschichte über eine verstörende Geschichte. Und diese Dokumentation, in der auch die Verfilmung des Buches vorkommt, ist dann schon die vierte Form der Steigerung.

Eine weitere Ergänzung zum vielfältigen Themenkreis Fiktion und Realität also, allerdings keine der besonders beruhigenden, angenehmen Art.

***

In der ARD-Mediathek gibt es aber auch etwas für die eher entspannte Stimmung. Eine Doku, die sich besonders viel Zeit nimmt, die Ruhe ausstrahlt und Längen zulässt, was doch sehr auffällig ist. Das passt womöglich als Besinnungsprogramm auch zu Ihren Feiertagen (das Video ist bis 12.1. verfügbar).

Living Bach“, da geht es um Menschen weltweit, die sich in Laienchören, Ensembles etc. intensiv mit der Musik von Bach beschäftigen. Interessante Geschichten sind darin. Vieles erscheint romanhaft ausbaufähig, das fällt sicher nicht nur mir auf. Das Paar aus Malaysia mit dem Cembalo-Bausatz etwa, der dann doch etwas schwieriger im Aufbau ist als ein Möbelstück von Ikea. Es klingt arg nach einem Plot für ein Buch, das einen internationalen Literaturpreis abräumt.

Wenn Sie selbst Musik machen, sehen Sie sich das unbedingt an. Aber es passt selbstverständlich auch, wenn Sie einfach nur Bach mögen.

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Ebenfalls kompatibel zum Datum und ungeachtet meiner Verfassung, die sich nicht einmal ansatzweise weihnachtlich anfühlt, habe ich eine Sendung über den historischen Jesus gehört (46 Minuten beim Deutschlandfunk). Dabei habe ich immerhin in eher seltener Zufriedenheit mit mir selbst festgestellt, dass ich bei dem Thema auf dem neuesten Stand bin. Da war nichts Neues für mich dabei. Das ist auch einmal schön, ein Gefühl fast wie ein bestandener Test.

Als die Söhne noch klein waren, gab es bei uns am 24. noch den obligatorischen Kirchenbesuch. Dort gab es das Krippenspiel, an dem sie oder ihre Freundinnen und Freunde stets beteiligt waren. Außerdem war der Pastor unser geschätzter Nachbar, wir hatten damals noch einige Verbindungslinien in die Gemeinde und waren mit ihr auch über Projekte verbunden.

Das ist alles längst vorbei, heute hat das Fest bei uns keinen religiösen Bezug mehr.

Aber ich denke immer noch gerne an diese eine Weihnachtspredigt in der anderen Familienkirche zurück, im Heimatdorf der Herzdame in Nordostwestfalen. Etliche Jahre ist das schon her, wenn auch nicht ganz so lange wie das gestern erwähnte Alstereisvergnügen. Diese eine Predigt jedenfalls, von der ich vermutlich schon mehrfach berichtet habe, weil mich der Gedanke daran bis heute so überaus verlässlich amüsiert. Diese Predigt nämlich, in der Jesus vom Pfarrer im steten Bemühen um aktuelle Bezüge und freshe Ansprache auch der Jüngeren mit Batman verglichen wurde, über den vermutlich gerade ein neuer Film im Kino lief.

Er predigte über die beiden Helden und ihre Motivation: „Der eine kam aus dem Dunkel, der andere ging ins Dunkel.“

Es wird wohl der einzige Satz sein, den ich jemals aus einer Kirche mitgenommen habe. Aber ich mag ihn immer noch.

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Im Bild ein Kirchenfenster, vermutlich zu St. Jacobi gehörend. Wenn man nicht immer gleich Notizen macht und Schlagwörter vergibt!

Ein Kirchenfester, von innen fotografiert, Bleiverglasung, ein geometrisches Muster, keine figürliche Darstellung

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Meist trüb

Ein paar Tage zurück. Über den Kirchhof vor unserer Haustür wabert beißender Rauch durch einen dunkelgrauen, durchnieselten Dezembernachmittag. Eine große Feuerschale hat man dort aufgestellt, kleine Holzkistchen werden darin verbrannt, als ich vorbeigehe. Vielleicht sind es solche, in denen manchmal die Mandarinen in Supermärkten liegen, sie sehen beim flüchtigen Hinsehen so aus. Um die qualmende Schale herum stehen etliche Menschen. Allerdings stehen sie da nicht, um sich zu wärmen oder weil etwas gefeiert wird.

Sie stehen dort für die Essensausgabe an, die hier wöchentlich in der Kirche stattfindet. Es ist die übliche, seit Jahren so furchtbar lang gewordene Schlange der Bedürftigen, ich berichtete vielfach.

Sie stehen da in einem Bogen um die Feuerschale herum. Es ist ein scheußlicher, aber immerhin warmer Dezembertag, die üblichen 12 Grad, das Durchschnittswetter. Die Leute werden heute kein wärmendes Feuer auf dem Kirchhof brauchen, denke ich mir. Aber riechen werden sie alle unweigerlich, penetrant wie die Räucherware vom Fischmarkt, denn sie können dem Rauch in der Warteschlange nicht entkommen. Sie stehen zu lange in den stinkenden Wölkchen, die zwischen ihnen verwehen, sie können ihre Plätze in der Schlange nicht aufgeben. Es wird gut gemeint sein, das große Feuer, davon gehe ich aus. Aber ob es auch gut ist, da bin ich nicht sicher.

Aber das nur als Bild am Rande. Ich muss es ab und zu erwähnen, wie es hier zugeht. Denn bei Ihnen, was weiß ich, geht es irgendwie anders zu.

Sie haben vielleicht in den letzten Tagen eine Meldung gesehen, in der unser Stadtteil auch überregional erwähnt wurde. Es sind selten erfreuliche Meldungen, wenn so etwas vorkommt, es war auch diesmal keine. Da ging es um eine Kita, die ihr Außengelände gerade mit Stacheldrahtverhau gegen Junkies etc. zu schützen versucht. Das ist hier um die Ecke.

Und ich bin gerade, Sie müssen sich hier eine kurze Pause vorstellen, dort vorbeigegangen. Ich dachte, ich mache Ihnen reportermäßig ein Bild davon. Das habe ich dann aber gelassen, denn es standen Typen vor der Kita, die man lieber nicht fotografiert. Aber dieses Bild, das es nun nicht gibt, es passt auch.

Es ist ansonsten norddeutsch dezembrig in Hamburg, also eher hässlich. Schwer ist es, in dieser Zeit des Jahres, im durch und durch unschönen Stadtwinter, irgendetwas Reizvolles, Attraktives zu entdecken, während man durch die Straßen geht (andere haben es gerade etwas leichter, wie etwa Anke). Ich müsste aber neue Fotos machen, denke ich mir. Zu viele meiner Vorratsfotos sehen jahreszeitlich schon falsch aus, das stört mich.

Neue Bilder braucht das Blog. Ich gehe wieder raus, ich gehe gucken.

Ich sehe aber hartnäckig nichts. Also nichts, das ich abbilden möchte. Ich komme gegen den winterbedingten Filter in meiner Wahrnehmung nicht an, ich kann Schönes im Moment nicht erkennen. Der trostlos ghettohaft herumfliegende Müll fällt mir nur auf. Die unzähligen falschparkenden Autos. Das Elend der Obdachlosen, die durchnässten Schlafsäcke in den Hauseingängen, die zerfledderten Kartonbetten. Die Bettelnden am Straßenrand usw. Das möchte, kann und darf ich alles nicht abbilden.

Das Wetter zieht uns hier etwas herunter in diesen Wochen, nicht nur mich. Und man lässt sich auch ziehen. Das bringt diese Zeit so mit sich, immer wieder, und es klingt auch schlimmer, als es ist. So geht der Winter hier nun einmal, man kennt es nicht mehr anders. Wann war das damals mit dem Alstereis, mit diesem letzten Winteralstervergnügen. Mit den vielen gutgelaunten Menschen auf Schlittschuhen unter der Wintersonne am Nachmittag, mit den Glühweinständen auf der weiten weißen Fläche, wann war denn das.

Da waren die Kinder noch … der Autor zeigt mit einer Hand irgendetwas ungefähr in Kniehöhe an, fährt dann doch etwas höher, grübelt, weiß es nicht recht, schüttelt den Kopf, winkt ab. Früher eben, es war einfach früher. Da war es hier jedenfalls auch im Winter einmal schön, in jenem Jahr. Da sah es gut aus, zumindest unten an der Alster. Was sagt der Wetterbericht gerade, ostwärts abziehende Schauer, dahinter neu aufkommender Regen, vereinzelt Graupel und Schneeregen, meist trüb.

Na, es passt schon alles zusammen.

Im Bild heute ein U-Bahngleis im Hauptbahnhof. Auch so ein Festival des Frohsinns.

Die menschenleere Haltestelle der U2 im Hauptbahnhof, nur ein Mann sitzt auf einer Bank und lässt den Kopf hängen.

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Sonderspiegelung

Vielleicht haben Sie über die Feiertage Zeit für einen längeren Text? Wenn Sie sich nebenbei die Zeit mit irgendwelchen Apps vertreiben, dann sind Sie schon im Thema. Dann sind Sie auch schon betroffen. Ed Zitron schreibt in ausgiebiger Wut, mit vielen Beispielen, Belegen und Bezugspunkten, auch mit erschreckend vielen Ausläufern in andere Themenbereiche über die Rot Economy. Warum alles so schlecht ist und warum die Meinung der Kundschaft keine Rolle mehr spielt: Never forgive them.

They have twisted and broken and hyper-monetised everything — how you make friends, fall in love, how you bank, how you listen to music, how you find information.”

Ich fand es lesenswert.

Und sicher fallen nicht nur mir beim Lesen der Überschrift spontan die Meldungen zum Oxford word of the year 2024 ein, also die Meldung zum brain rot.

Aber schön immerhin, um noch einen positiven Aspekt bemüht dranzuhängen, dass ich beim Abarbeiten meiner gespeicherten Links gut vorankomme. Am Ende bekomme ich zumindest diese Schubladen doch noch alle zu in diesem Jahr.

***

Ich hatte einen Termin zur Verlängerung meines Personalausweises, dabei mussten auch neue Bilder gemacht werden. An einem neuen Automaten in den Räumen der Behörde, der die Höhe der Kamera roboterhaft selbst einstellte und mir sinnige Anweisungen per Display gab. Es war ausreichend narrensicher für mich.

Das fertige Bild baute sich schließlich erstaunlich langsam vor mir auf, nachdem ich alle Anweisungen befolgt hatte. Bevor das Endergebnis in Farbe auf dem Monitor gezeigt wurde, gab es zunächst eine vorläufige Schwarzweißversion, die da zögerlich, stockend und wie im Internet früher einmal, also Zeile für Zeile und von oben nach unten erschien. Erst stark verpixelt, dann allmählich klarer.

Ich stand dann einen Moment etwas entgeistert vor dem Gerät. Denn das Bild zeigte, als es endlich bei Kinn und Bartlinie angekommen war und das Gesicht vollständig freigab, nicht etwa mich, wie ich selbstverständlich erwartet hatte. Es zeigte vielmehr in aller Deutlichkeit meinen Vater. Meinen Vater, der mich aus dem Schattenreich, in dem er seit einigen Jahren weilt, ernst ansah.

Der gerade erst hier im Blog erwähnte Stephen King hätte vermutlich etwas daraus machen können, dermaßen klar und überzeugend war dieser Eindruck. So überraschend war diese überzeugende Ähnlichkeit, die mir vor gewöhnlichen Spiegeln im Alltag nie bewusst wird. Der Augenblick kam dann, und da sollte ich sicher dankbar sein, ohne weitere und vertiefende Horror- oder Fantasy-Effekte aus, ich muss hier nicht das Genre wechseln.

Es reichte aber immerhin für eine ungeplante Gedenkminute, und warum auch nicht. Man muss die Feste feiern, wie sie fallen.

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