Heute nicht, mit Verzögerung und später

Etwas Geschichtsunterricht habe ich gehört. Natürlich zum Faschismus, damit es sich aktuell und spannend anfühlt, heute muss doch alles spannend sein. Zwei Folgen von „Alles Geschichte“ beim BR zum Ende von Mussolini gab es. Einmal über den italienischen Widerstand, einmal über die Republik von Salò. Letztere wäre mir nicht einmal ein Begriff gewesen, manchmal entdeckt man auch überraschende Bildungslücken. Die kam damals im Geschichtsunterricht wohl nicht vor, diese Republik, und sie ist mir auch danach nicht begegnet. Nanu.

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Ein neues Wort für den Smalltalk habe ich gelesen: Climateflation. Damit kann man dann im Supermarkt vor dem Olivenölregal mit anderen Menschen ins Gespräch kommen und gemeinsam über die absurd anmutenden Preise lachen. Also wenn man unbedingt mit anderen Menschen im Supermarkt Gespräche führen möchte. Und wenn man außerdem noch lachen kann. Es fällt verschieden aus.

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Die Nachrichtenlage, die unser Kanzler vielleicht als „irgendwie komisch“ bezeichnen würde, findet im Moment nur in meinem Computer und auf meinem Smartphone statt. Nichts aus den Schlagzeilen, kein einziges Element aus den aktuellen Debatten und Skandalgeschichten hörte ich in meinem Umfeld als Element des Smalltalks, nicht einmal eine witzig sein sollende Andeutung. Und kein Graffiti wurde hier in der Gegend in den letzten Tagen neu gesprüht. Kein frischer Aufkleber pappt an irgendeinem Laternenpfahl, keine Demos mit neu gemalten Schildern und frisch getexteten Sprüchen starten abends vor dem Hauptbahnhof. Gar nichts dergleichen. Ich kann einfach vom Schreibtisch aufstehen und rausgehen, und da ist dann nichts.

Also da ist schon etwas, versteht sich. Da sind diverse unübersehbare Probleme, besonders sozialer Natur, aber auch bezogen auf den Verkehr, auf die Infrastruktur etc. Man wird schon fündig und sieht die Zeichen der Zeit, wenn man etwas aufpasst und halbwegs informiert ist. Man sieht diese Zeichen auch, siehe oben, jederzeit auf den Preisschildern im Supermarkt.

Aber es sind die Spuren einer zeitlich ausgedehnteren, breiteren Gegenwart, das sind alles Themen, die uns schon länger begleiten. Man kann man sich noch, während man durch die Straßen geht und die Szenerie aufmerksam liest, eine gewisse Langsamkeit der Entwicklung einbilden. Einen ruhigen Fluss der Ereignisse, eine gewisse Stetigkeit und Regelmäßigkeit des Ablaufs und auch eine halbwegs überschaubare Gemächlichkeit in der Eskalation.

Guckt man dagegen auf Bildschirme, liest man online die wirren Weltnachrichten nach, die roten Eilmeldungen und den ganzen Rest, geht es da um eilige, dringende Entwicklungen und um Einstürze. Man sieht die Geschichte Haken schlagen und die Welt geradezu zusammenkrachen, besonders wenn einem das Herz eher links schlägt.

Oder es kann sich zumindest nach einem Zusammenkrachen anfühlen. Man meint irgendwann, das Bersten zu hören.

Wie auch immer. Ich habe es gut, ich kann jederzeit in den Hauptbahnhof gehen und mich dort zu den anderen Menschen vor die große Anzeigetafel stellen, auf der die Abfahrtszeiten stehen. Ich kann die Zeiten der Züge der nächsten Stunden studieren, wie es da alle um mich herum auch machen. Und genau wie die vielen Reisenden neben mir kann ich all die Verspätungen nachlesen, auch wenn ich gar nicht mit einem Zug fahren möchte, gar kein Reisender bin. Einfach nur so, zur Beruhigung kann ich das machen.

„Verzögerung“, lese ich dann da oben etwa, „heute nicht“, lese ich danach. „Fällt aus“ steht natürlich auch dort und immer wieder das ganz schlichte, das allen Druck und alles Drängeln aus unseren Zeitplänen nehmende „später.“

Probier’s mal mit Gemütlichkeit kann ich dabei leise pfeifen oder summen und wieder nach Hause gehen, wo es warm und trocken ist, mit Ruhe und Gemütlichkeit. Überhaupt soll es entspannend sein und uns zur Ausschüttung von Glückshormone verhelfen, ab und zu etwas zu summen.

Es erdet mich immerhin ein wenig. Es kann beruhigend wirken, diese Zugmeldungen nachzulesen. Und man soll die Verdienste der Bahn auch nicht unerwähnt lassen, denke ich. Die hat es gerade schwer genug und wird viel zu oft heruntergemacht.

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Ein Porträt einer Katze

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Hinnehmen und Bewirken

Falls Sie mindestens kreisstadtmäßig urban wohnen und demnächst 49 Minuten Zeit bei Tageslicht haben, was zugegebenermaßen im Januar etwas anspruchsvoll klingt, habe ich einen unterhaltsamen Vorschlag für Sie. Hören Sie sich den folgenden Podcast vom Deutschlandfunk zum „Überschreiben der Städte“ und zur Grenze zwischen Kunst und Widerstand an. Es geht um Graffiti, hören Sie das, während Sie selbst spazierengehend auf die Graffitis der eigenen Stadt gucken. Ich habe das tatsächlich so getestet, und es hat mir Spaß gemacht. In der Sendung werden an mehreren Stellen auch Graffitis vorgelesen und beschrieben. Man sieht dann unwillkürlich zumindest für einen Moment wieder etwas genauer auf die Tags in der eigenen Gegend.

Laut gelacht habe ich beim Hören, als einer der interviewten Sprayer mit dem gebotenen Ernst des Meisters sagte, dass man es aber von der Pike auf lernen müsse, dieses Verzieren der Häuserwände. Ich möchte wetten, dass er es mit erhobenem Zeigefinger gesagt hat, es klang so. Gleich habe ich die Ärzte dabei im Ohr gehabt: „Geh doch zu Onkel Werner in die Werkstatt.

Es wird außerdem der Song „Rappers Delight“ von der Sugarhill Gang kurz angespielt, bei dem ich eben auf die Talkshow-Version von Sandra Bullock verweisen möchte, falls Sie die nicht kennen:

Es lohnt aber auch unbedingt, sich das Original des Songs noch einmal anzusehen und nebenbei festzustellen – das Ding ist bereits unfassbare 45 Jahre alt. Meine Güte. Dann ist man selbst also auch mindestens … ab und zu trifft es einen doch.

Aber apropos. Gerade las ich bei Heinz Bude, in seinem „Abschied von den Boomern“, dass uns, ich zitiere sinngemäß, um den sechzigsten Geburtstag herum – das trifft auf mich allmählich zu – klar wird, „was man hinnehmen muss und was man noch bewirken kann.“ Und obwohl es Heinz Bude beim Schreiben des Buches nicht wissen konnte, ist auch das ein trefflich passender Satz, bzw. ist es eine passende Frage gerade für die Besinnungsarbeit am Anfang des Jahres 2025.

Schöne Grüße auch an die Leserinnen in Österreich, aber das nur am Rande und ohne jede Überheblichkeit. Wir werden hier früh genug dran sein.

Ein Aufklkeber an einem Ampelmast: Merz muss weg.

Wo war ich. Ach ja, der Song. Noch mit Krawatte dargebracht, das glaubt einem auch keiner, wenn man es nicht gesehen hat. Ruhig etwas lauter machen, ne.

Und bei arte kann man, wenn man sowieso schon bei diesen Themen gelandet ist, passend gerade etwas zu den Wurzeln der Hiphop-Kultur und auch noch etwas weiter zurück, bis zu Funk und Soul und wiederum deren Anfängen etwas lernen.

Nämlich in dieser vierteiligen Doku über James Brown, die mir als Wochenendunterhaltung diente: Say it out loud. Wieder einiges gelernt dabei. Musikgeschichte find ich meist halbwegs entspannend, obwohl nicht gerade wenig Politik in den Folgen vorkommt.

Danach noch etwas James Brown gehört, mit deutlich mehr Kenntnis, das war also ein Gewinn.

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Vom Zusammensuchen des Werkzeugs

Die gerade erst im Blog erwähnte Goethe-Biografie von Thomas Steinfeld kam prompt als Geschenk. Ich bin einigermaßen verblüfft und natürlich begeistert. Daher weiß ich jetzt auch, dass sich die 800 Seiten gewichts- und umfangsmäßig nach einem wahrhaft großen Vorhaben anfühlen. Man wird nach dem abendlichen Lesen in den Armen fühlen, was man im Bett gehalten hat, aber ich freue mich auf die Lektüre.

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In der Zeit (Paywall) schreibt Ulrich Machold einen Essay über ein Thema, mit dem ich seit Jahren allen Leuten um mich herum offline und online auf die Nerven gehe. Ich zitiere den Untertitel, weil er erklärender ist: „Wenn es keine Idee von einem Morgen gibt, verliert die Gesellschaft den Glauben ans Heute.

Dieser Essay endet, und es ist nicht als Kritik an Ulrich Machold gemeint, allerdings etwas schwach. Ich sehe aber auch nicht, wie er besser enden könnte. Denn ich denke nach wie vor, es liegt daran, dass wir als Gesellschaft an dieser Stelle gerade schwach enden.

Das mit dem schwachen Ende gilt ebenfalls für einen Text zum Jahreswechsel von Robert Misik in der taz. Er schreibt da auch über den Negativismus, über unsere allzu schlechte kollektive Gefühlslage: „Immerhin, wir leben noch“ – und es gibt einen ausgesprochen unbefriedigenden Ausklang in den letzten Absätzen.

Das möchte man alles so nicht stehen lassen. Ich jedenfalls nicht, denn ich bin, wie mehrfach betont, trotzgeleitet und renitent. Ich möchte es anders haben, als es ist. Um die Gefühlslage also wenigstens für heute zu retten, reiche ich eben noch eine eher aufbauende Überschrift aus den USA nach. Dort ist man uns in der drastischen Abwärtsbewegung und also auch im intensiven Nachdenken darüber bekanntlich deutlich voraus. Ich sehe da gerade einen Titel, der uns vielleicht etwas anders stimmen kann. Der vor allem auch den gewiss großen Freundeskreis Fiktion und Realität sofort ansprechen dürfte: „Don’t like the way things are going? Wait for the inevitable plot twist.

Das in diesem Artikel von Dan Gardner ganz am Ende zitierte „Keep buggering on“ von Churchill legen wir uns in Gedanken vielleicht einmal neben das neulich zitierte und von Judy Garand gesungene „We’ll have to muddle through somehow.“

Denn so füllt sich der Werkzeugkasten für den Umgang mit der Wirklichkeit in diesem Jahr. Man muss es sich alles etwas mühsam zusammensuchen.

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Und sonst: Wir haben Weihnachten in den Keller gebracht, es war mir ein Fest.

In der Innenstadt sah ich beim Spaziergang überall neue Plakate und Schriftzüge in den Schaufenstern. „End of season sale“, wie jetzt in routinierter Weltläufigkeit das heißt, was wir früher noch provinziell und sprachlich ungelenk Winterschlussverkauf genannt haben. Das konnte auch keinen Spaß machen, mit dieser knarrenden Bezeichnung, man versteht das im Rückblick.

Leere Kleiderbügel in einem Schaufenster, jeder trägt einen lilafarbenen "Sale"-Plastik-Clip am Haken

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Im Schmuddelweiß der Stadtmitte

Noch einmal ein Dank, diesmal für die freundliche Zusendung des „Nachtstimmers“ von Maarten `t Hart, Deutsch von Gregor Seferens. Hier eine Rezension dieses Romans beim Deutschlandfunk. Es klingt wieder vielversprechend, außerdem geht es um Orgeln, das ist schon einmal ein feiner Ansatz und wird auch in diesem Jahr passen. Demnächst ins erste Konzert 2025 gehen.

Der Stapel der Bücher neben dem Bett wächst gerade beträchtlich, er wird bald schon für die langen Sommerabende reichen, und es ist gut so. Herzlichen Dank!

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Nach längerer Pause, weil ich doch wieder von allem abgekommen war, habe ich endlich das empfehlenswerte Buch von Anatol Regnier durchgelesen: „Jeder schreibt für sich allein – Schriftsteller im Nationalsozialismus“ (Es kommen auch Schriftstellerinnen darin vor). Dieses Buch hatte ich vor einiger Zeit aufgrund einer nur kurzen Erwähnung bei Anke Gröner entdeckt.

Die Bezüge zur Gegenwart springen einen bei der Lektüre permanent an, wenn man heute über Kultur unter Diktaturen liest. Es gibt manchmal ein deutlich unangenehmes Timing, wenn man etwa einen Absatz bei Regnier liest, dann kurz rüber in die Nachrichten sieht und es nicht fassen kann, wie direkt diese Bezüge sein können, wie parallel die Themen. History repeating, und zwar in der denkbar schlechtesten Ausprägung. Man muss sich wieder zur Gefahr von rechts verhalten und damit irgendwie leben, wie lästig und unnötig ist das denn.

Gerade sehe ich eine passende Radiosendung über die Lage in Österreich: Die Literaturszene der Alpenrepublik nach dem Rechtsruck. Eine seltsame Sendung allerdings, ich höre reihenweise Aussagen, denen ich widersprechen möchte. Aber was weiß ich schon von Österreich.

Im Buch von Regnier werden jedenfalls viele Zwischentöne zugelassen. Es kommt ohne moralischen Rigorismus aus und urteilt eher zurückhaltend, das gefiel mir. In der öffentlichen Debatte der Gegenwart neigt man stark zu drastischen Schwarzweißunterscheidungen, ich teile das eher nicht. Der Mensch ist ein Durcheinander, in seinen Gedanken, in seinen Ansichten, auch in seinen Taten. Das war, fällt mir ein, auch in Kempowskis Roman „Alles umsonst“ gut dargestellt, diese Uneindeutigkeit der handelnden Personen. Die Unmöglichkeit, sie in jedem Fall klar erkennbar und auf einen Blick nach gut und schlecht zu gruppieren. Es geht dabei nicht simpel zu wie bei den Tauben im Märchen, wenn sie flugs die Erbsen sortieren.

Um ein aktuelles Beispiel zu nennen, als jener unsympathische Milliardär, der deutlich reicher ist, als es Dagobert je war, gerade diesen sogenannten „Gastartikel“ in der ebenfalls unsympathischen Zeitung hatte, las ich in den Timelines viele Forderungen, dass dort sofort alle kündigen müssten. Also vehemente Forderungen nach moralischer Eindeutigkeit und prozeduraler Logik, wenn so, dann so, und zwar sofort. Außerdem wurde die eine Person, die dann tatsächlich gekündigt hat, gleich als Widerstandskämpferin und moralische Heldin gefeiert.

Ich denke, beides wird der Wirklichkeit vermutlich nicht gerecht. Das neulich hier erwähnte „muddling through“ ist viel näher an dem, was mit hoher Wahrscheinlichkeit bei der Mehrzahl der Betroffenen stattfinden wird, ob es uns passt oder nicht.

Und nur manchmal wird alles recht klar sein oder uns zumindest so vorkommen. Wie hier bei der nun ehemaligen Karikaturistin der Washington Post.

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Ansonsten die ersten beiden Bürotage geschafft. Etwas Schneeregen erlebt, etwas Graupel, etwas puren Schnee und das erste Stadtmitte-Schmuddelweiß des Winters. In den Vororten und in anderen Gegenden des Landes sieht es deutlich schöner aus als bei uns, sehe ich online. Man nimmt, was man kriegen kann.

Die ersten vereisten Wege gab es auch bereits und ich sah sogar schon, wie Sanitäter in der Innenstadt Gestürzte aufsammelten und im Krankenwagen wegfuhren. That escalated quickly.

„Freu dich nicht zu früh auf den Sommer,
Weihnachten ist grade erst vorbei
Im Treppenhaus riecht es noch nach Glühwein
Und im Fernsehen läuft der weiße Hai.“

Sven Regener hat es geschrieben, und es passt gerade gut. Aber es gibt mittlerweile viele Situationen, zu denen es passende Zeilen von Element of Crime gibt. Man könnte auch „Mit Element of Crime durchs Jahr“ und ähnliches herausbringen, Zitate auf Kalenderblättern, auf Postkartensets usw.

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Würdevoll antriebslos

Gestern also mein erster Arbeitstag, während die Herzdame noch Urlaub hatte und die Söhne selbstverständlich noch Ferien. Da waren sie wieder, meine drei Probleme.

Starkes Fremdeln mit der Arbeit und mit diesem Timing. Beim Befinden des misslungenen Timings waren sich wenigstens alle einig, die sich da im Berufskontext trafen, die beiden Werktage in dieser Woche sind vollkommen verkehrt. Die hätte man noch frei haben müssen, die fühlen sich einfach nicht richtig an. Man hat da einen Planungsfehler gemacht, einen schweren. Immerhin war es ruhig, gab es erst einmal keine Meetings, keine Calls. Alle Welt ist in dieser Woche noch im Urlaub, verzögert den Jahresbeginn oder hat schlicht überhaupt keine Lust, mit anderen Menschen zu reden. Es ist mir alles recht.

Die Kolleginnen aus Bayern haben am Montag noch einen weiteren seltsamen Feiertag, sehe ich nebenbei. Bei uns eher leistungsorientierten Norddeutschen dauert es dagegen über hundert Tage bis zum nächsten. Es bietet keinen Trost, sich den Wandkalender und die rot markierten Tage zu besehen.

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Bei einer Radiosendung aus der Reihe „Das Wissen“ habe ich immerhin etwas Passendes auf dem Weg nach Hammerbrook gelernt, nämlich dass das Wort Gelassenheit auf Meister Eckhart zurückgeht. Er hat das für uns durchdefiniert und sprachlich zusammengebastelt. Was man aus heutiger Sicht als lässige Leistung würdigen kann.

Der für die Söhne so überaus wichtige Zustand der gechillten seelischen Verfassung hat seine Wurzeln danach tief im 13. Jahrhundert, könnte ich jetzt kulturgeschichtlich ableiten. Und wenn man es so sieht, kommt es einem gleich etwas würdevoller und ehrenhafter vor, wie die beiden da antriebslos herumhängen, während andere Menschen arbeiten.

Doch, doch.

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Außerdem gehört: Eine Sendung beim Deutschlandfunk über die neue Goethe-Biografie von Thomas Steinfeld. Das Buch mit stolzen 800 Seiten bezeichnet er da als „die schlankeste Version“ seines Vorhabens, und ich glaube, ich werde es lesen wollen.

Wie es mir für mein Seelenheil ohnehin sinnvoll vorkommt, aber das wird individuell verschieden ausfallen, mich noch stärker als bisher schon mit dem zu beschäftigen, was wir als Kultur-, Werte- und Bildungskanon etc. demnächst zu verteidigen haben werden.

In diesem Sinne habe ich mit großer Zufriedenheit gestern auch die Edith Wharton durchgelesen, „Winter“, das wieder zeigte, wie wenig Buchumfang man für tiefe Tragik braucht. Eine sehr einfache, sehr schlimme Geschichte. Und ihr einziges Buch, wenn ich es richtig mitbekommen habe, das auf dem Land spielt. Alles andere von ihr war urban geprägt, war New Yorker Stadtliteratur, und wird demnächst wohl verwunschzettelt. Es ist immer wieder schön, finde ich jedenfalls, dass man mit der Weltliteratur niemals fertig werden kann, dass aus Vergangenheit und Gegenwart noch unendlich viel für uns bereitsteht.

Man darf sich ausdrücklich überreich versorgt fühlen. Wenigstens in dieser Beziehung darf man das, und das ist nicht nichts.

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Ein Graffiti auf einer Bodenplatte: "Mehr Liebe"

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Vor Eintritt des Übermuts

Vorweg noch einmal ein herzlicher Dank, es kam weitere Geschenkpost, ein besonders schöner Weihnachtsnachklapp. Ein Brief, in beneidenswert kultivierter Handschrift verfasst. Dazu ein Buch, das vielversprechend aussieht: „Gentleman über Bord“, von Herbert Clyde Lewis. Deutsch von Klaus Bonn, Nachwort von Jochen Schimmang, aus dem mare-Verlag. Ich denke, das will bald gelesen werden.

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Alexander Svensson schreibt über die Typografie-Experimente bei der Deutschen Bahn.

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Und Nicola hat wieder eine Monatsnotiz geschrieben, reich gefüllt. Man braucht etwas Zeit, und es ist sehr gut so.

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Den Neujahrstag verbrachte ich ohne Neujahrsspaziergang, das war gleich ein Traditionsbruch, eine spontane Abweichung. Den ersten Monat habe ich auf diese Art also gleich wild und gefährlich beginnen lassen. Ich hatte einfach keine Lust, schon wieder nass zu werden, den was weiß ich wievielten Tag in Folge. Es regnete noch einmal durchgehend in dieser Stadt. es wurden sattsam bekannte touristische Klischees intensiv bedient.

Nur durch den Hauptbahnhof ging ich mehrmals, weil der Mensch doch Bewegung braucht, und dieser hier sogar besonders. Durch die überdachten Bereiche ging ich, durch die Tunnel und Hallen. Und ich nahm dort eine schier unendliche Parade übernächtigter Gestalten ab. Blass waren sie, verbraucht und verkatert, müde und zerknautscht. Mit kleinem Gepäck zogen sie zu den Bahnsteigen, Weekender-Leistungsschau, und sie verteilten sich von dort aus wohl sämtlich zurück in die diversen Vororte und auch in den Rest der Republik.

Alle begeben sich in diesen Tagen wieder auf ihre Plätze, um sich von dort aus bereit für den Start in das Jahr zu machen. Gähnend, frierend und aus einem beachtlichen Formtief heraus. Aber, man kennt es auch aus dem Sport, das beweist noch rein gar nichts für die nächste Saison.

Anatol Stefanowitsch schrieb auf Mastodon: „Lasst uns alle gemeinsam dafür sorgen, dass das neue Jahr nicht ganz so schlimm wird, wie wir wissen, dass es wird.“

Diesen Satz mochte ich.

Beim WDR hörte ich eine Sendung aus der Reihe Innenwelt. Sie hat leider einen eher blöden Titel, der nach Kalender- und Binsenweisheiten etc. klingt: „Optimistisch bleiben trotz schlechter Nachrichten“, der umreißt aber inhaltlich nur einen kleinen Teil der Folge. Der interviewte Prof. Jürgen Margraf von der Uni Bochum spricht gut, sehr kenntnisreich und mit besonders angenehmer Stimme, er fasst die Erkenntnislage zu Ängsten, zur sozialen Wirkung unserer Ängste und zu unserem Umgang damit einladend bündig zusammen.

Es ist sicher nicht unpassend, sich das gerade am Beginn dieses Jahres anzuhören. Aus naheliegenden Gründen, wie von Herrn Stefanowitsch oben passend zusammengefasst. Aus Gründen also, die sich leicht nachvollziehbar zu der kollektiv schlechten Stimmung, zu der Schwermutspirale verdichten, die wir vermutlich mittlerweile alle wahrnehmen.

Wozu im Podcast dann beiläufig die Theorie der three degrees of influence erwähnt wird, und das kann man sich auch einmal genauer durchlesen und kurz über die eigene Rolle im Netzwerk nachdenken. Ich denke vielleicht auch noch länger darüber nach.

Das sind jedenfalls 47 Minuten, die ich gut investiert fand, ich habe da gerne zugehört.

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Am Nachmittag bin ich kurz in Hammerbrook gewesen und dort, ausgerechnet dort, kam dann einmal die Sonne durch, war der Himmel einen Moment blau, war alles für fünfzehn Minuten andersartig beleuchtet, konnte man sich das Phänomen Sonnenschein noch einmal zeigen lassen.

Dann allerdings wieder Regen, noch vor Eintritt des Übermuts.

Ein Kanal in Hammerbrook, Bürbauten und moderne Hausboote, darüber strahlend blauer Himmel

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Leise loslegen, Winter nachlegen

Wie schon im letzten Jahr, es ist doch längst ein Blog der Brauchtumspflege, fängt es hier leise an. In aller Dezenz. Also noch einmal nur Benny am Klavier, ohne jede Begleitung. Ich stelle mir dabei eine ansonsten leere Bühne vor, vielleicht sogar in einem leeren Theater. Er spielt ein bekanntes Stück, das einmal ein großer Erfolg der Band war. Einen Nachklang spielt er, und das passt gut zum ersten Tag, an dem das alte Jahr noch etwas überlappt.

An dem man sich bei der Jahreszahl gerne noch verschreibt, an dem man vom Neuen Jahr noch nichts zu berichten weiß.

Ich habe auch eine Musik-Variante für den Freundeskreis klassische Musik, nämlich die textlich naheliegende Bach-Kantate „Das alte Jahr vergangen ist.“ Der Rest des Textes ist von durch und durch christlicher Prägung, dazu finde ich keinen Bezug, aber der Titelzeile können wir uns alle anschließen. Es ist vergangen, so viel steht zweifelsfrei fest. Eine Frage, bei der das Land nicht gespalten ist, wie es sonst bei so vielen Themen unnötig oft betont wird.

Es spielen Vikingur Ólafsson und Halla Oddný Magnúsdóttir. Man muss doch mehrmals hinsehen, während man ihre Namen abtippt.


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Gestern noch, manchmal halte sogar ich mich an Vorsätze, habe ich winterliches Essen mit Rotkohl gemacht, nämlich Zimthähnchen in Glühweinsauce. Das Rezept ist pappeinfach, es macht sich fast nebenbei, wirkt aber verlässlich festmäßig. Bei uns ist es mittlerweile ein Klassiker, das kann ich empfehlen.

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Und auch in der Lektüre wurde es dann noch jahreszeitlich passend. Ich lese „Winter“ von Edith Wharton, Deutsch von Michaela Missen. Das Buch wurde verfilmt, mit Liam Neeson in der männlichen Hauptrolle des Ethan Frome, der im Original des Buches auch titelgebend war. Den Film kenne ich nicht, aber das Gesicht von Neeson sehe ich beim Lesen nun vor mir, und schlecht ist das nicht.

Eindrückliche Winterschilderungen aus Massachusetts gibt es in der tragischen Dreiecks-Geschichte. Ich merke, während ich im Hamburger Grau-, Nass- und Nebelwinter lese, wie weit weg diese Schilderungen von Schnee und Eis und klarem Winterwetter von hier aus schon sind. Die entsprechenden Landschaftsbilder und saisonalen Empfindungen habe ich nicht mehr spontan wie früher parat. Ich muss sie mir bei der Lektüre erst wieder zusammensetzen, mich bewusst erinnern. Wie war das damals, durch den Schnee zu gehen, Schnee in der Hand zu haben, Mondlicht auf Schnee zu sehen, gnadenlos durchgefroren nach Hause zu kommen. Aus dem Fenster lange in fallenden Schnee zu starren, all das. Es ist eine Weile her.

Na, egal. Für die nächsten Tagen sehe ich gerade ein, zwei Schneeflöckchen im Wetterbericht. Wer weiß.

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Am Neujahrsmorgen kommt unser Viertel erst gegen fünf Uhr zur Ruhe, bis dahin wird ausgiebig Krieg gespielt, viel mehr als im letzten Jahr. Dann rüttelt nach nur einer halben Stunde der Nachtruhe schnell aufkommender Sturm energisch an allem, was im Stadtteil lose ist. Draußen grollt etwas dumpf über dem Dach, während ich dies schreibe. Zwei abgetakelte Tannenbäume rollen windgetrieben die Straße entlang, Jahresanfangs-Tumbleweed.

Dann klappert etwas an einem Gerüst gegenüber, wird etwas durchgerüttelt, zerklirrt Glas auf der Straße,  bricht irgendetwas Großes in einer heftigen Böe aus Südwest krachend weg.

Vielleicht so etwas wie ein riesiges Werbeplakat, vielleicht aber auch die letzten Reste vom alten Jahr. Und das ist dann auch gut so.

Auf einem Pfosten an den Landungsbrücken ein Graffiti-Herz, in dem "Liebt mehr" steht

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The same procedure

Ich habe an einer Ampel beim Warten gehört, wie sich zwei junge Frauen unterhielten. In einer Sprache, die ich nicht einordnen konnte. Ähnlich wie das Arabische klang es für mich, aber etwas weicher war es, etwas langsamer. Die beiden waren jedenfalls bester Laune, das verstand ich auch so. Und ich bekam mit, dass die eine der anderen einen deutschen Satz beibringen wollte, und zwar „Bleiben Sie gesund und munter!“

Warum auch immer. Vielleicht war es ein Satz, der in ihrem Job vorkam, vielleicht war es eine Phrase aus einem Deutschkurs, eine Hausaufgabe womöglich.

Ich hörte, wie schnell aus nachgesprochenen Silben, beginnend mit etwas wie „Blaba sigesunnumu“ eine Folge von Wörtern mit korrekten Pausen dazwischen wurde. Dann ein Satz mit passender Betonung. Das ging einfach so, es ging sehr schnell, eine Ampelphase brauchte es nur. Eine Kleinigkeit war es, und die beiden Frauen sagten sich mehrfach „Bleiben Sie gesund und munter!“ vor. Und konnten sich vor Lachen kaum halten.

Weil sie Deutsch sprachen, es klang wohl dermaßen komisch für sie. Was für eine Sprache, was für Silbenfolgen. Ihr Lachen war ausgesprochen ansteckend. Man wurde direkt etwas munterer beim Zuhören, und das will etwas heißen, in diesen Zeiten. Es ging so weit, dass mich ein anderer Mensch, der neben mir wartete, anlächelte, weil die beiden auf ihn so wirkten wie auf mich. Es ging also weit. Wir lächeln uns hier sonst nicht an Ampeln an. Wir können und wollen uns beherrschen, in dieser Stadt. Die beiden Frauen werden es kaum bemerkt haben, dass sie auf andere aufmunternd wirkten, mit ihrer neuen Grußphrase und der sensationell guten Laune. Sie waren viel zu munter, um es mitzubekommen.

Bei den bedeutungsverwandten Begriffen zu munter finden wir, ich sehe eben nach, etwa mopsfidel. Dieses Wort hätte den beiden auch Spaß gemacht: „Bleiben Sie mopsfidel und munter!

Aber auch freudetrunken, quietschvergnügt oder wildvergnügt kommen in Betracht, lese ich. Das sind Begriffe, die weit von meiner aktuellen Laune entfernt sind. Freudetrunken, wann mag ich das zuletzt einmal gewesen sein. Es ist eine Weile her und ich komme nicht mehr darauf, was das damals situativ ausgelöst haben könnte.

Oh, happy – yes, I remember that” wie es Basil in der Serie Fawlty Towers einmal in einer berühmten Szene ausdrückte: “I’ll report if it happens.”

Ich war aber, um noch kurz bei der Reihe der verwandten Begriffe zu bleiben, nach dieser Begegnung immerhin etwas aufgeräumter, das kann ich gelten lassen. Ab und zu scheint es also sinnvoll und auch hilfreich zu sein, an Ampeln fremden Leuten zuzuhören. Selbst dann, wenn man nicht alles versteht.

Aufgeräumt über die kalendarische Grenze. Okay, das ist doch ein Ergebnis.

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Ansonsten:

Wir folgen wiederum der in diesem Blog hinlänglich etablierten Tradition, kein Silvester ohne diese Bilder. Es handelt sich beim Folgenden also noch einmal um die längst vergilbende Erinnerung an eine norddeutsch-ausgelassene Silvesterparty in einem kleinen Ort bei Hamburg. Der Abend ist mittlerweile bereits über zwei Jahrzehnte her und längst nicht mehr wahr.

Deutlich erkennt man die sogenannte Hanseaten-Ekstase in meinem Blick.

Denn man muss gelegentlich daran erinnern: Wir hier oben im Norden, wir sind gar nicht so. Wir können auch anders.

Maximilian Buddenbohm an Silvester, mit Partyhut

Der gleiche Abend, nur einen Meter weiter: Die Herzdame. Liebreizend wie stets und dabei auf nordostwestfälische Weise in strahlender Herzlichkeit bestens gestimmt und dem Leben mit seinen Abenteuern offen zugewandt:

Die Herzdame an Silvester, mit Partyhut

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Mir bleibt noch, für eine gerade eingetroffene Geschenksendung an Sohn I und auch für die Trinkgelder der letzten Woche, die sicher teils weihnachtlich oder jahresbilanzierend gemeint waren, herzlich zu danken. Es war mir ein Fest, jeder Euro, allerbestes Publikum.

Passen Sie auf sich auf, kommen Sie gut rüber und bewahren Sie bitte unbedingt Haltung.

Wir sehen uns drüben, wenn Sie mögen.

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Nebelig unklar

Jonas Schaible schreibt über die fatale Sehnsucht nach dem großen Knall. Am Ende, das würde mich nicht wundern, folgt die Erwartung von Instabilität irgendeinem Zyklus, den jemand irgendwann genau definieren und geschichtlich einwandfrei nachweisen kann, als Muster durch die Jahrhunderte. Und dann kommt man vielleicht auch auf Rezepte, was dagegen zu tun ist. Denn es nervt auf Dauer doch erheblich, wenn man selbst eher zu Stabilität, festen Gewohnheiten, Ritualen und Traditionen neigt.

Immer habe ich diese Typen vor Augen, die sich in den Geschichten von Somerset Maugham auch auf Expeditionen durch den Dschungel noch zum Abendessen umziehen. Ich sympathisiere ausdrücklich mit dieser Grundhaltung.

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Ich mache Ihnen eben einen alten Erdmöbelsong mit Bennschen Versatzstücken für den Freundeskreis Lyrik zum Aufwärmen an. Der passt gerade wieder, während draußen vor dem Fenster wie bestellt, nieselgedämpft und daher seltsam verloren etwas durch den dunkelgrauen Himmel zischt und eher schwächlich und blass einmal kurz rot aufglüht: Rakete zwischen den Jahren.

Es sind sonst bei uns noch keine Böller zu hören, überhaupt keine. Das ist ungewöhnlich, fast unheimlich, es war in den Vorjahren deutlich anders. Und mit einiger Wahrscheinlichkeit ist es auch bei Ihnen gerade anders, schon klar. Hier ist es diesmal eine merkwürdig ruhige, nebelig unklare Zwischenzeit.

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In der Stadt haben einige wenige Glühweinbuden noch geöffnet. Da stehen die Menschen in der Nachtrinkzeit noch mit den dampfenden Bechern in den Händen, sie setzen die Dezemberstimmung bis zum letzten möglichen Tag fort.

Einige Weihnachtsmärkte sind aber auch schon am ersten Tag nach dem Fest wieder verschwunden. Die ganzen Bretterbuden nebst umfangreicher Deko muss man in bemerkenswert wenig Stunden abgeräumt und wieder verstaut haben. Wie man Spielzeug in einem Kinderzimmer schnell und routiniert verräumt, wenn man dort endlich einmal staubsaugen will. So stelle ich es mir jedenfalls vor, wenige Handgriffe nur, eingefahrene elterliche Ordnungsbestrebungen, und schon ist alles weg, liegt in Schubladen und Regalen.

Und wo diese Märkte gerade noch waren, da bleiben nur zertretene Tannennadelreste auf den Gehwegplatten zurück, die beim Fegen übriggeblieben sind. Besenreine Plätze und Straßen sieht man überall in der Innenstadt, auf denen man in Kürze dieses uns so ominös vorkommende nächste Jahr veranstalten kann.

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Die Außenalster vom Ufer St. Georg aus, ein mit Plane bedecktes Segelboot im Vordergrund, graues Nachmittagslicht, Dunst über der Stadt

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Zusammenfegen

Die Landlebenbloggerin schreibt über Freiwillige Feuerwehren.  Der Bruder der Herzdame ist im Westfälischen auch bei der Freiwilligen Feuerwehr, das kam hier schon manchmal vor. Er ist da u.a. auch im Spezialgebiet der Höhenrettung und macht dabei Sachen, an die kann ich nicht einmal denken, ohne dass mir fortgeschritten flau wird.

Wie gut es ist, dass jemand so etwas machen kann und will, dass sich jemand der Gesellschaft dafür anbietet.

Und Pia Ziefle hat auch einmal wieder gebloggt, nach ein paar Monaten Pause. Jahresendgedanken und Quersummen. Das „Zusammenfegen der Befindlichkeiten“, wie sie es nennt, man wird geistig anlegen können.

Ich sehe auf Instagram schon die Programmhinweise auf die Sendetermine von Dinner for One, vor den Blumenläden die kleinen Töpfe mit Glücksklee und Schornsteinfegerfigur oder Schweinchen, in den Foodblogs die Rückblicke auf die besten Rezepte 2024. Es ist Zeit.

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Ich musste gerade nachsehen, aber heute ist tatsächlich ein Sonntag, guck an. Und es ist sogar einer, für den es eine schön passende Bach-Kantate gibt: „Gottlob! Nun geht das Jahr zu Ende.“ Man möchte aus heutiger Sicht vielleicht in Gedanken ergänzen: „Oh Gott! Es droht ein Neues Jahr“, aber dieser Sarkasmus stand Bach sicher noch nicht zur Verfügung. Er verblieb noch zeitgerecht bei:

„Gottlob! Nun geht das Jahr zu Ende,

Das neue rücket schon heran …“

Und er wird, man muss es anders fühlen, dieses Heranrücken eher nicht bedrohlich gemeint haben.

Da komme ich nebenbei aber noch zu einem umsetzbar klingenden Vorsatz: Im nächsten Jahr ab und zu einmal in die Liste der Bachkantaten sehen, ob hier saisonal oder thematisch etwas passen könnte.

Ja, mach nur einen Plan.

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Und auch das Positive beachten und stets bemüht möglichst hochgewichten. Wieder habe ich ein Stück Klassik erfolgreich mit einem Song aus der Neuzeit in Verbindung bringen können, es ist doch eine faszinierende Beschäftigung auf Spaziergängen. So sammelt man sich Stück für Stück immerhin kleine Erfolge zusammen.

Der Herr Telemann war es, mit einem Trompetenkonzert, bei dem ich mit jäher Freude dachte: Moment, das kennste doch wieder, das ist doch Dings, das gehört doch zu … und dann habe ich etwas in meinen Playlists herumgeklickt, etwas gesucht und versucht, mich genauer zu erinnern. Und zack, da waren sie, diese genau passenden Töne. Beim geschätzten Fabrizio De Andrè nämlich, bei seinem Lied von der verlorenen Liebe, la canzone dell’amore perduto, das verstehe ich auch ohne weitere Italienischkenntnisse.

Sehr schön, diese beiden Stücke.

Und dann hier, der Gleichklang:


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Im Bild die Arkaden am Rathaus in Dunkelheit und Nebel, gestern Abend war das. Inversions-Wetterlage, wir sehen hier nicht sehr weit voraus. Wir können also auch das Heranrücken des Neuen Jahres kaum erkennen, aber es wird da draußen irgendwo sein. It hovers through the fog and filthy air, es ist wieder alles sehr deep.

Die Arakdenreihe am Rathaus in Dunkelheit und Nebel

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