Ich lese weiter in den Tagebüchern von Erich Mühsam, er ist gerade (1910) in einer Pension in Aeschi (Schweiz) und schreibt über die Abende mit den anderen Pensionsgästen, also mit eher flüchtigen Bekanntschaften: “Die Gäste der Pension “Baumgarten” sind fast alle abgereist – zuletzt ein alter 78jähriger Herr Frey aus Mühlhausen mit Tochter und Nichte. Mit der Tochter, einer etwa 44jährigen lebhaften und angenehmen Dame waren wir die letzten Abende regelmäßig beisammen gewesen. Es wurde vorgelesen: aus Homers Ilias (Meyersche Übersetzung), aus des Knaben Wunderhorn, aus meinem “Krater” und aus Heinrich Manns “Kleiner Stadt”. Wie komplett unvorstellbar es für uns mittlerweile geworden ist, dass sich zusammengewürfelte Pensionsgäste abends etwas aus den Büchern in ihrem Gepäck vorlesen. Was für ein seltsamer Gedanke. Schön aber auch die Formulierung: “etwa 44jährig.”
Ich bastele immer weiter an einer Playlist (“Abends” auf Spotify, sie ist öffentlich) mit ruhigen Stücken, zu denen die Söhne einschlafen können. Lieder irgendwo zwischen Easy-Listening, Blues, Songwriting und Indie, es sind etliche Stücke dabei, die mir irgendwann einmal wichtig waren oder es immer noch sind, dieses ganze melancholische Zeug, allerdings ohne deutschsprachige Texte. Wenn die Jungs in den Betten liegen und die Tür noch einen Spalt offen ist, läuft diese Playlist zu meinem üblichen Getippe. Sie ist mittlerweile 37 Stunden lang, die Söhne schlafen aber erfreulich verlässlich ein, bevor wir damit durch sind. Ich entdecke beim Basteln an der Liste immer wieder mir neue oder längst vergessene Songs, oft lese ich etwas zu den Interpreten nach. Manchmal sehe ich auch nach, ob es zu den Songs ein Video gibt. Da gibt es gelegentlich etwas zu staunen, musikalisch oder auch modisch.
Ein Herz speziell für den Mühsam 🙂
„Sie ist mittlerweile 37 Stunden lang, die Söhne schlafen aber erfreulich verlässlich ein, bevor wir damit durch sind.“
Unglaublich, das funktioniert?