Das Wetter: Nach wie vor furztrocken, um es mal deutlich auszudrücken. Bei der Kaltmamsell kann man gucken, wie die Isar gerade aussieht.
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Zwischendurch ein herzlicher Dank an die Leserinnen, die den Hut gerade auf anderen Wegen als via Paypal befüllt haben – ich bin hocherfreut und begeistert, das ist ja alles keineswegs selbstverständlich.
Ein nachgereichter Dank (pardon!) auch für die Zusendung zweier Bücher mit ausdrücklichem Gartenverwendungszweck, ich bitte um Entschuldigung, das ist dezent verspätet.
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Ich höre weiter Robert Seethalers “Das Feld”, gelesen von ihm selbst, und finde es immer noch gut. Ich höre selten Bücher, ich habe da also keine Routine. Ich bin ein altmodischer Leser, immer noch gerne Papier und stapelweise und abends im Bett bis zum Einschlafen. Was jetzt aber nicht so leicht herauszufinden ist: Hätte ich das Buch anders gefunden, wenn ich mich auf ganz herkömmliche Weise in das Buch vertieft hätte? Also nicht nur in Details, das versteht sich ja, das man da ganz andere Stellen besonders wahrgenommen hätte, sondern auch grundsätzlich? Hat man womöglich einen ganz oder wenigstens leicht anderen Geschmack, wenn man Texte nur übers Ohr wahrnimmt? Das hat bestimmt schon einmal jemand untersucht, aber das habe ich dann verpasst. Zwischen dem mit den Fingern verfassten Text und der diktierten Version liegen doch auch Welten, zumindest am Anfang, spiegelt sich das am Ende bei der Lektüre, beim Hören?
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Ich lese Mark Mazower: “Was du mir nicht erzählt hast”, übersetzt von Ulrike Bischoff. Ein Historiker klärt seine Familiengeschichte mit den Werkzeugen seines Fachs und alter Schwede, ist das ergiebig. Wenn man dachte, man kennt sich in der Geschichte Europas vor 33 einigermaßen aus, bei der Lektüre wird man wieder ganz bescheiden.
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Ich gehe auf den Spielplatz und wirbele wie die Kinder Laubhaufen mit den Füßen auf. Es ist heute kein einziges Kind da, aber Laub gehört nun einmal gründlich verwirbelt, das haben wir hier schon immer so gemacht. Ich trete an die große Eiche, in der die Eichhörnchen wie komplett irre hin- und her rennen, seit Stunden schon. Sie rasen immer wieder den Stamm hinauf und hinab und umkreisen ihn, sie springen über die Äste und von Baum zu Baum und über den Platz, sie balancieren in stürmischer Eile über die den Kirchhof begrenzende Mauer. Sie suchen in aller Hektik die Eicheln zusammen und lassen sie gleich wieder fallen, wenn sie die nächste oder eine größere sehen, fliegende Wechsel, diese Eichel, nein, diese, vielleicht haben sie den Zweck der Übung auch längst aus den Augen verloren. So eilig suchen sie, als würde der Winter in der nächsten Woche schon mit ganzer Härte ausbrechen, Schnee bis ins Flachland, Eis und Hagel – dem ist aber gar nicht so, sagt der Wetterbericht. Sie gönnen sich jedenfalls keine Minute Pause, sie sind rote Wirbel im gelb leuchtenden Laub. Wie lange kann man auf diese atemlose Art einer Aufgabe nachgehen? Der Eichelhäher, die Ringeltauben und die Amsel gucken immer wieder irritiert zu ihnen hin, wenn sie wie besessen durchs Bild stieben. Ich klopfe an die Eiche und sehe zu ihnen hoch. “Guten Tag”, sage ich und versuche, seriös und vertrauenserweckend zu klingen, “ich möchte mit ihnen über Burn-out sprechen.” Die Tierchen denken gar nicht daran, auf mich zu reagieren, die Tierchen haben zu tun. Dann eben nicht. Aber soll keiner sagen, ich würde mich nicht kümmern.
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Egal. Musik!
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Und übrigens bin ich der Meinung, dass der Innenminister zurücktreten sollte.
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Sie können hier Geld in den nur virtuell vorhandenen Hut werfen, Sie müssen aber gar nichts.
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Das finde ich jetzt sehr sehr interessant, dass Sie von einem Buch und seinem „Geschmack“ sprechen – ich habe diese Bezeichnung immer gewählt, wenn ich englische und französische Literatur miteinander vergleiche: ich finde immer, Englisch „schmeckt“ besser. Es ist komisch, ich weiß, aber mir fällt einfach nichts besseres ein. Es ist wie Pralinen essen (obwohl ich gar keine Süße bin).