Das Geld und die Welt und die Zeiten

In einem riesigen Beet in unserem Garten blüht ein einziger Krokus, er leuchtet aber für zehn, ein kleines Strahlen in Kraftlila. Aus dem enorm blauen Himmel über der Billerhuder Insel kommt eine einzige Biene und kreiselt langsam zu ihm runter, schließlich landet sie mit Schwung in der Blüte, dass der Krokus wild hin- und herwippt wie die Stahlfederschaukeltierchen auf einem Spielplatz, wenn sich Kinder auf sie stürzen. Und wenn man so ein Zusammentreffen zum ersten mal im Jahr sieht, dann ist es doch erstaunlich, dass es überhaupt klappen kann. So eine winzige Blüte, so ein winziges Insekt, so unendlich viel Raum um sie herum, wie ist das unfassbar geschickt eingerichtet. Stark.

Die blauen Blüten neulich, die ich nicht recht einsortieren konnte, das waren übrigens die Aubretien, die Blaukissen also, die polstern da programmgemäß die Beetkante etwas auf.  Blühen sollen sie erst ab April, die gehen vor. Und das gehört jetzt vielleicht auch zum Frühling, das mir erst nach und nach wieder einfällt, was wo steht oder stehen müsste oder im letzten Jahr noch stand, dass mein Gehirn das ganze Gartenprogramm erst einmal wieder hochfährt.

Das Wetter war am Sonntag so gut, ich hätte schon wieder in den Garten ziehen können. Was eine Lust, da herumzuwühlen. Dreckig wie ein Bioschwein mit Freilauf nach Hause gefahren, so muss das.

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Sohn I stand heute am Nachmittag längere Zeit am Fenster und sah auf den Spielplatz hinunter, wo endlich wieder das ganze frühlingshafte Wimmelbildprogramm geboten wurde – etwa 25 tobende Kinder mit entsprechendem Elternaufgebot, mit geparkter Buggyparade und mit  etlichen Tauben etwas abseits, die sich auf ein üppiges Butterkekskrümelabendessen freuten und vor Begeisterung und Hunger schon ganz aufgeregt mit den Köpfen wackelten. Der Sohn ist für den Spielplatz längst zu groß, der ist eher etwas für Kleinkinder, aber es ist doch ab und zu auch für ihn unterhaltsam, da zuzusehen. Er beobachtete das Treiben längere Zeit und stellte dann missbilligend fest: “Da laufen echt alle Eltern den Kindern die ganze Zeit hinterher, das ist ja furchtbar. Ihr wart ja damals mehr so die Sitzenbleiber, das war viel besser. Aber die Zeiten ändern sich wohl.”

Und das ist dann ganz schön, so im Nachhinein wenigstens irgendwas richtig gemacht zu haben. Und sei es nur durch beinhartes Sitzenbleiben am Spielplatzrand.

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Musik! Das Lied gab es hier vor Jahren schon einmal, aber mir fällt heute kein passenderer Song ein. Esther Ofarim singt Heinrich Heine.

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Und übrigens bin ich der Meinung, dass der Innenminister zurücktreten sollte.

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7 Kommentare

  1. Sehr schön beschrieben! Hier konnte ich noch keine Bienen entdecken, obwohl wir so fleißig für sie abgestimmt haben!
    Viele Grüße von Margit

  2. Wie immer, aber heute ganz besonders, ein toller Text. Auch der Abschnitt über den Spielplatz. Wie recht der Sohn hat. Ein Hoch auf die Sitzenbleiber :-)!

  3. Und stellen Sie sich vor, werter Herr Sohn I, meine Eltern haben mich ganz alleine auf den Spielplatz gelassen, es war zwar im Innenhof der Wohnanlage, aber immerhin. Da war nur das Fenster offen, da konnte Kind rufen wenn etwas war, ich hatte keine Zeit für Rufen, ich habe gespielt …

  4. „Kinder, die nichts dürfen, werden zu Erwachsenen, die nichts können.“

    Der Spielplatz ist da nur die Spitze des Eisbergs.

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