Eine Dankespostkarte

Rückseite

Ich habe zu danken für freundlich zugesandte Ranunkelsamen, für eine große, große Leiter, die für den Zustelldienst etwas herausfordernd war und uns im nächsten Winter einen gewissen Apfelbaumschnitt überhaupt erst ermöglichen wird, und dann auch noch für Sportsocken für die Söhne, sie sind beide sehr angetan. Ganz herzlichen Dank!

Vorderseite

Eine Rätselkarte, das hatte ich noch gar nicht. Vielleicht ahnen Sie die Lösung schneller als ich, das kann sein, das will ich Ihnen gerne zugestehen, ich bin manchmal etwas langsam. Wir sehen auf dieser Karte also ein Portal in einem alten Kirchturm. In einem Turm aus rotem Backstein, versteht sich, es ist die Kirche vor unserer Haustür. An diesem Portal gehe ich also dauernd vorbei, mehrmals täglich. Oft kenne ich die Menschen, die da hinein oder hinausgehen, ich kenne auch die Menschen, die da gelegentlich die Aushänge im Schaukasten wechseln oder ein Banner am Turm befestigen oder zu den großen Festen irgendeine Deko montieren. Und jetzt ist da wieder etwas Neues. Das Portal sehen wir also, eine große, dunkle Kirchentür in einer roten Wand. Links daneben unerwartet drei blau lackierte Buchstaben, ich weiß gar nicht aus was, aus Holz, Plastik, Metall, aber sie sind jedenfalls größer als ich. Schmale, hohe Buchstaben, die hat man da im Boden befestigt und verankert, die stehen jetzt frei neben dem Kirchenportal. Es sieht aus, als sollten sie dort bleiben. Ziemlich auffällige Buchstaben. Ein F, ein A und ein I. FAI, denke ich, was heißt das nun wieder und ich bleibe natürlich kurz stehen. So oft sehe ich ja nichts Ungewöhnliches mehr in dieser monotonen Abfolge der immer gleichen Pandemietage. FAI. Irgendeine christliche Abkürzung, denke ich, wie INRI oder so, allerdings kenne ich sie nicht. Was mag denn bloß FAI heißen? Ich denke, dass ich ganz im Ernst nicht den leisesten Schimmer habe, was FAI sein könnte, wofür das stehen könnte. Ich denke, aber immerhin sieht das aus wie eine Postkarte, rote Mauer, schwarzes Portal, blaue Buchstaben, das geht doch, das nehme ich. Ich denke, aber das wirklich nur für den Bruchteil einer Sekunde, an blaugrüne Seife aus den 70ern, dann verblasst dieser Gedanke sofort wieder, denn das war ja Fa, nicht FAI, und mein Hirn weiß das auch und schämt sich jetzt. Ich google FAI, natürlich google ich das. Immer alles nachschlagen! Die Erklärungen kommen aber alle nicht hin, die sind auch alle nicht religiös. Immerhin sind die Färöer Inseln bei den Erklärungen dabei, für die interessiere ich mich neuerdings aus mir unklaren Gründen, das passt also irgendwie, es erklärt aber wieder nichts.

Ich lese die Aushänge in den Schaukästen, die haben mit FAI nichts zu tun. Ja, was jetzt? Die können da doch nicht einfach Rätsel an die Kirche montieren und nichts auflösen?

Ich stecke das Handy weg, nehme meine Einkaufstüten und gehe weiter. Und dann sehe ich es. Auf der anderen Seite des Portals stehen auch zwei Buchstaben, soweit war ich noch nicht. T und H stehen da, natürlich, Faith.

Das ist geradezu ärgerlich tiefsinnig, man muss erst einen Schritt zurücktreten, um das Wesentliche zu erkennen. Ja, ja, geschenkt, das ist doch unangenehm platt und überzeichnet. Aber so ist sie leider oft, die Wirklichkeit. Ich habe, so stelle ich fest, wiederholt gewisse Schwierigkeiten mit ihr.

Faith. Meine Güte. Ich gehe da jetzt immer kopfschüttelnd vorbei.

***

Sie können hier Geld in den allerdings nur virtuell vorhandenen Hut werfen, ganz herzlichen Dank! Sollten Sie den konventionellen Weg bevorzugen und lieber ganz klassisch etwas überweisen wollen, das geht auch, die Daten dazu finden Sie hier. Wer mehr für Dinge ist, es gibt auch einen Wunschzettel. Merci!

 

5 Kommentare

  1. Meine Lösung für F A I, war „Facebook“, „Anruf“, „Internet“….

    In unserer Kirche gibt es nämlich ein Hygienekonzept und man muss sich für den Gottesdienst anmelden. Das geht per Anruf oder per spezieller Kirchenapp.
    Geht man zum Gottesdienst, muss man sich den Einlass suchen, über den man sich angemeldet hat, es gibt da so Aufsteller, „Kundenstopper“ heißen diese Dinger, glaube ich. Dahinter steht ein freundlicher Mensch, der dann die Besucher auf der Liste abhakt. Gestern stand ich bei der „Anrufliste“ und konnte auf der Liste nicht gefunden werden… bis mir auffiel, dass ich ja zur „App-Liste“ muss. Folglich war mir völlig klar, dass ihre Buchstaben die Gottesdienstbesucher sortieren.

    Okay, aber Faith ist auch schön….

  2. »Es gibt ein Rätselspiel, das man auf einer Landkarte spielt«, fuhr er fort. »Der eine Spieler gibt dem anderen auf, ein bestimmtes Wort aufzusuchen – den Namen einer Stadt, eines Flusses, eines Staates, eines Reiches -, kurz, irgendein Wort, das auf der buntscheckigen, kreuz und quer beschriebenen Karte steht. Ein Anfänger in dem Spiel wird seinen Gegner stets dadurch zu verwirren suchen, daß er ihn die am kleinsten geschriebenen Namen suchen läßt; der geübtere Spieler wählt solche Worte aus, die sich in großen Buchstaben von einem Ende der Karte zum anderen ziehen. Diese entgehen nämlich, gerade wie die mit übermäßig großen Buchstaben beschriebenen Schilder und Anschläge, leicht der Beobachtung, weil sie gar zu deutlich sind.

    Edgar Allan Poe »Der entwendete Brief«

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