Sprudelzwitscher

Die Woche der kurzen Einträge. Oder der Monat, die Saison, was weiß ich, das geht hier immer so weiter. Ich lese weiter in Stephen Moss, „Über die Schwalbe“, und ich teile Ihnen einfach die schönsten Erkenntnisse mit, ich erlebe sonst gerade nichts, was erzählt werden könnte. Zwei Bemerknisse aus dem Buch habe ich gestern vor dem Wegdämmern noch abgespeichert. Zum einen verfüttern Schwalbeneltern 150.000 Insekten an die Brut, bis sie flügge wird, das ist doch mal eine stattliche Zahl 150.000 Insekten, die muss man erst einmal fangen. Wenn ich richtig gerechnet habe, würde ich den Söhnen, wenn sie bis zum Schulabschluss an jedem Schultag ein Schulbrot bekommen, was natürlich gewiss so nicht sein wird, insgesamt cirka 4.560 Schulbrotdosen füllen. Das reicht sicher für eine gewisse Routine, aber die Leistung der Schwalben beeindruckt irgendwie mehr, schon klar.

Zum anderen, so habe ich noch gelesen, bezeichnen die Franzosen den Gesang der Schwalben als gazouillement. Das ist ein Begriff, den sie auch für das Plätschern oder Murmeln eines Baches verwenden. „Wasserartiges Gluckern.“ Eine Analogie, die im Deutschen nicht ganz hinkommt, wenn ich das gerade richtig durchdenke, höchstens könnte man vom sprudelnden Zwitschern der Schwalben schreiben. Es wird einem fast sommerlich, wenn man das so schreibt, aber es klingt im Deutschen stürmischer und zischender, glaube ich, als es im Französischen vermutlich gemeint ist. Gazouillement, es ist gar nicht so einfach auszusprechen, aber es ist eine schöne Vokabel. Die mal für den Smalltalk merken, falls man in Frankreich jemals Schwalben treffen und auch hören sollte. Schwalben übrigens: Hirondelles. „Une hirondelle ne fait pas le printemps.“ Das auch mal merken für den nächsten März.

Vage in diesem Zusammenhang: Verlust auch in der Literatur. Da mal Gegenwehr leisten – Waldsimse! Rauchschwalben! Das Thema interessiert mich jedenfalls. Mir fiel ein Mangel an Naturkenntnis vor einigen Jahren zuerst anhand von englischen Romanen aus dem neunzehnten Jahrhundert auf, in denen dauernd etwas aus Gärten und Parks duftete, das ich gar nicht kannte. Und da sitzt man da dann so als Leser ohne Bild und Duft und denkt sich: Okay, eine Pflanze eben. Schon etwas arm.

Naturbeobachtung auf dem Weg zur Arbeit heute: Eine tote Maus, die mittig auf dem Fußweg lag und mir ganz ungewöhnlich langhaarig vorkam. Winterfell? Egal, das nützt ihr jetzt auch nichts mehr. Und ein lebendes Eichhörnchen habe ich kurz darauf noch gesehen, welches gerade hektisch eine frisch überfahrene Platanenfrucht vom Asphalt wegknabberte, sich dabei immer wieder panisch umsehend, mit vor Fluchtbereitschaft bebenden Pfoten. Kein entspanntes Frühstück war das.

Sonst ist mir heute nichts aufgefallen. Doch, eine Laterne war da noch. Auf der einen Seite ein Aufkleber: „Fuck Grüne.“ Auf der anderen stand handschriftlich in etwa gleicher Größe: „FCKAFD“. Oder, wie es in deutschen Medien heißen würde: Die Laterne war tief gespalten.

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Es regnet, es ist kühl, es ist dunkel. Wird Herbst da draußen.

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Ein Kommentar

  1. Lieber Herr Buddenbohm,

    in dem wunderbaren Buch „Peter Krauss, Singt der Vogel, ruft er oder schlägt er – Handwörterbuch der Vogellaute“ aus der „Naturkunden“-Reihe von Matthes&Seitz – ein sehr hübsches und für mich äußerst hilfreiches Nachschlagebuch, „zinzeliert“ und „knerbelt“ die Schwalbe (u.a.)
    Da höre ich jetzt – dank Ihnen – auch einen Bach …

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