Es regnet den ganzen Tag

Es regnet den ganzen Sonntag, oder zumindest immer dann, wenn ich aus dem Fenster sehe, und das ist oft. Unten auf dem Spielplatz stehen Mütter und Väter in gedeckten Regenklamotten, die kleine Kinder in leuchtend bunten Regenklamotten während eines Schauers schaukeln. Weder die einen noch die anderen wirken so, als würde das irgendwem Spaß machen. Aber man ist immerhin mal draußen gewesen, denn man muss doch … ja, ja. Wer kennt es nicht.

Es ist ansonsten ein Räum- und Revierreinigungstag. Wir takeln Weihnachten ab und verstauen es wieder im Keller, wir klauben die festliche Dekoration aus den Regalen, von den Tischen und den Nägeln an den Wänden, die alten Kalender entsorgen wir gleich mit. Wir entkugeln und entkerzen den Baum, wir werfen ihn vom Balkon. Wie immer stehe ich dabei unten und sichere, wie immer liegen schon drei, vier andere Bäume am Straßenrand. Wir stellen die letzten überlebenden vier Schokoweihnachtsmänner ins Flurregal, wo alle dauernd vorbeigehen: „Zum baldigen Verzehr.“ Wir bringen auch die Abstellkammer von Grund auf in Ordnung, so dass ich darin wieder arbeiten kann. Sehr wohnlich und gemütlich sieht es darin jetzt aus, fast zu wohnlich und gemütlich, um ernsthaft zu arbeiten. Wir räumen sogar noch die eher finsteren Ecken der Wohnung und den unzumutbar überfüllten Kellerverschlag auf. Wir legen, wo wir schon dabei sind, etwas von dem mittlerweile unbenutzten Kinderspielzeug für spätere Enkel oder andere kleine Menschen beiseite. Größere Mengen Lego sind dabei, vieles ist noch halb oder ganz aufgebaut – was das alles mal gekostet hat! Wahre Schatztruhen legen wir da an und bei manchen Dingen zucken wir Eltern kurz erinnerungsselig, bevor wir es endgültig verschwinden lassen. Nicht aber die Söhne: „Klar kann das weg.“ Das ist okay, das gehört so.

Wir stehen dann kurz zu zweit und sinnend vor all der etwas aufreizenden Aufgeräumtheit und murmeln ein jahreseinleitendes „So!“, ohne dabei allzu motiviert oder überzeugt zu klingen. Man kann sich selbst auch nicht immer alles glauben, man kennt sich doch schon so lange.

Ich lese zwischendurch kurz weiter im Tagebuch von Patricia Highsmith. Ein Eintrag von ihr im Oktober 1942: „Guter Tag. Aber nicht meiner.“

Ansonsten höre ich beim Räumen, Sortieren, Kochen etc. immer weiter den Fontane, die Irrungen, Wirrungen. Wie dankbar ich gerade für die Erfindung der Hörbücher bin, sie retten mir die Tage und die Stunden. Ob es wohl der erste deutsche Roman ist, in dem eine Dame über die Freuden des Shoppings (so wörtlich) spricht? Es wird da als eine aus England übernommene und ganz neue Sitte erwähnt, im Jahr 1878. Und es wird dann als nett empfunden, auf diese neue Art heiter von Laden zu Laden zu ziehen, „und immer überall mit so schönen Dingen.“ Das gab es vorher nicht, das machte man bis dahin nicht.

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Über den Film „Don’t look up“, den ich gestern auch erwähnt habe.

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Ein Nebelmorgen

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Rund um mich herum sterben Eltern, Leute kaufen sich Häuser am Ende der Welt, aber nur selten am Meer …

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3 Kommentare

  1. Im Sinne der von Ihnen verlinkten Kritik im „Spiegel“ habe ich den Film „Don‘t Look up“ auch interpretiert und dementsprechend gefiel er mir! Quasi als Gleichnis, das eine ganze Menge Gesellschaftskritik enthielt (die spätestens seit Trump nicht mal als übertrieben betrachtet werden kann). Im Gegenteil, es ließ mich öfter schaudern, weil ich uns hier im Lande teilweise auf dem gleichen Irrweg der Seichtheit, des Nichtwissenwollens, der Unfähigkeit zum Zuhören und der Verbreitung sogenannter „Alternativer Fakten“ sehe.

    Hätte ich keine Enkelkinder, könnte ich weniger besorgt sein.

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