Klappklappklapp

Ich packe einen Koffer und tragen ihn in die Garage zum Auto. Die Garage ist bei uns großstadtbedingt ein paar Häuser weiter, nicht alles ist hier so bequem wie im Einfamilienhaus mit Carport. Ein Nachbar, auch Vater von zwei Kindern, kommt ebenfalls gerade mit einem großen Koffer aus seinem Haus, er geht auch zu dieser Garage, in die gerade noch ein weiterer Mann geht, den ich zwar nicht kenne, aber auch er hat einen Koffer dabei und das Paar dort vor uns, die haben drei Koffer, und die Frau hinter uns trägt gebückt einen überdimensionierten Rucksack. Wir gehen alle zu unseren Autos, wir haben alle Gepäck dabei, wir laden alle schon einmal ein, wir machen, was man so macht, wir machen, was alle machen. Autotüren gehen auf und zu, das geht klappklappklapp und hallt durch diese riesige Garage mit hunderten von Plätzen. Das satte Schmatzen der nagelneuen SUV-Türen, das eher blecherne Geräusch unseres mittlerweile uralten Familienautos. Koffer werden gewuchtet, schweres Stöhnen höre ich von Ebene -1 und Ebene -2, dann ein Schnaufen und ein Schieben, ein Drücken und Pressen, alles muss irgendwie passen, es passt ja immer irgendwie, das weiß man doch aus den Vorjahren, also gut, dann eben versuchsweise den anderen Koffer zuerst und nach unten. Wie haben wir das denn bloß gemacht?

Dann klappen die Türen wieder, wir gehen alle zurück in unsere Wohnungen und fühlen uns wahnsinnig individuell mit unseren ganz eigenen Plänen für die nächsten Tage. „So ein Ich hat irgendwie jeder“, heißt es bei Rühmkorf, es ist lange schon eine meiner Lieblingszeilen von ihm. So ein Ich hat irgendwie jeder, so ein, zwei, drei Urlaubswochen auch, und zwar jetzt. Wir machen weiter, wir machen ein wenig mit, und warum auch nicht.

Ich habe so viele Bücher dabei, dass die anderen hier mich für irre halten. Das ist gut so, denn dann weiß ich, es sind vielleicht genug. Man muss doch welche desinteressiert weglegen können, nach nur zehn oder zwanzig Seiten! Erst das schafft dem Leser Freiheit.

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Auf Twitter sind mir in der letzten Woche mindestens drei ultimative Aufforderungen begegnet, Drohungen waren es eigentlich eher. Eine ging in die Richtung: „Wenn Du X folgst, dann blockiere ich Dich“, bei einer ging es um richtige Wortwahl, also „Wenn Du das Wort X schreibst, dann folge ich Dir aber nicht mehr“, und bei einer schließlich um ein Stilmittel, also „Wenn Du so schreibst, dann kannst Du mir aber nicht mehr folgen“. Nichts davon bezog sich direkt auf mich, aber es war doch so eine Woche, in der mir diese unverkennbar emotional hochkochende Schulhof-Stimmung in seltsamer Verbindung mit verknöchert puritanischen Zügen in den sozialen Medien zu unangenehm wurde, und ich bin sonst eher hart im Nehmen.

Da vielleicht doch einmal etwas Abstand gewinnen.

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Ich habe ein Interview in der taz gelesen und ich habe eine Lieblingspassage, bei der ich mich nicht entscheiden kann, was ich faszinierter zur Kenntnis nehme, den politischen oder doch den journalistischen Aspekt:

„Es fehlt in unserem Land nicht am Geld.“

„Aha.“

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Ist Ihnen auch aufgefallen, dass wir gerade eine Offenbar-Seuche in den Medien haben, die sich von Redaktion zu Redaktion schnell verbreitet? Achten Sie einmal auf Schlagzeilen, wie oft und was da alles als „offenbar“ beschrieben wird, und fast immer ist der Wortgebrauch nicht so, wie es meinem Sprachverständnis entspricht, fast immer also wird das Wort offenbar offenbar falsch verwendet, denn wenn man es beliebig streut, wird es komplett sinnlos und ersetzt jede eigene Recherche oder auch nur Prüfung, offenbar ist dann irgendwie alles.

Und offenbar ist der Text hier zu Ende.

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