Eine Dankespostkarte

Rückseite

Wir haben zu danken für die freundliche Zusendung eines Buches über Obstgehölzschnitt, es ist leider schon eine Weile her, pardon, man kommt zu nichts. Es wird besonders der Herzdame weiterhelfen, die dieses Thema okkupiert hat und mit geradezu furchterregender Gründlichkeit angeht. Es ist, wie es immer ist, wenn man sich erst einmal ein paar Gedanken mehr macht, wenn man erst einmal genauer hinsieht, und zack, schon hat man etwas vor sich, wofür man einen Regalmeter Bücher braucht. Mindestens. Denn wenn man so einen Obstbaum erst einmal eingehender betrachtet, zum Zwecke des Schnitts oder der Ernte etwa, dann fallen einem mit großer Sicherheit diverse Besonderheiten auf. Seltsam verkrumpelte Blätter hier und da, abgestorbene Spitzen, verdächtige Flecken auf dem Laub, merkwürdig wachsende Zweige – und schon ist man vom Schnitt zu den Baumkrankheiten gekommen. „Andere machen dafür eine Ausbildung“, sage ich mehrfach zur Herzdame, die mit Büchern vor Bäumen und Büschen steht und flucht, weil die jeweilige Pflanze nicht recht zur Abbildung passen will, die Krankheit schon gleich gar nicht zur grausigen Grafik. „Feuerbrand“, sage ich, denn das habe ich gerade irgendwo gelesen und das wird es mit Sicherheit nicht sein, aber es klingt gut, finde ich: „Alles voller Feuerbrand.“ Die Herzdame blättert hektisch und hat gefährliche Falten auf der Stirn.

Aber das macht alles nichts. Im Herbst, also gleich, wenn nicht sogar jetzt, werden wir eh wieder keine Zeit für gar nichts mehr haben, auch nicht für Baumkrankheiten. Ein paar Tage lang kann sich die Herzdame noch draußen austoben und alles Schadhafte aus dem Garten entfernen. Lieber zu viel als zu wenig. Ich gehe ihr so lange einfach großräumig aus dem Weg, man weiß bei Menschen im Wahn nie.

Ein gutes Buch jedenfalls, hilfreich und fein, vielen Dank!

Es gab ferner auch ausgesuchte Sämereien für Blühpflanzen des nächsten Jahres, für Pflanzen also, die man nicht beschneiden muss, wie entspannend ist das denn. Auch dafür vielen Dank!

Und wenn ich schon dabei bin, ein Dank mit vollen Backen auch an die Leserin, die gerad eine gewisse Summe ausschließlich für Backwerk in den virtuellen Hut geworfen hat. Ich setze selbstverständlich zweckgebunden um.

Vorderseite

Es folgt ein Bild, das ich im Blog schon mehrmals hatte, es wird Ihnen daher bekannt vorkommen, aber ich klebe zum Schluss noch etwas drüber, und dann bekommt es so einen gewissen Dreh. Moment.

Es regnet. In einem der letzten Texte habe ich gerade noch die leichte Seite des Regens beschrieben, das Angenehme des ersten Regens nach Wochen der Trockenheit, aber das war nur ein Teil der Wahrheit, wie immer, denn man kann überhaupt nur Teile der Wahrheit beschreiben, kategorisch.

Den anderen Teil der Regenwahrheit hatte ich dann wieder vor dem Küchenfenster. Der Regen wurde stärker, es pladdderte und goss und troff auf die schräge Scheibe des Dachfensters, während ich im Trockenen stand und kochte. Draußen am Spielplatzrand fand gerade wieder die Essensausgabe in der Kirche statt. Die bedürftigen Menschen, ich konnte es durch die dicken Tropfen und Schlieren sehen, standen in einer Schlange an, die sich abermals in charlesdickenshafter Elendslänge um den Kirchhof und um das Denkmal für den Drachentöter Sankt Georg ringelte. Stoisches Warten im strömenden Regen. Einfach nur stehen und abwarten. Langsam, langsam aufrücken. Unter Schirmen, Kapuzen, Plastiktüten oder auch unter gar nichts, einfach nur dort stehend und nass werdend, etwa eine Stunde lang oder noch mehr, denn eine schnelle Fließbandabfertigung ist das nicht. Die Menschen werden nass, bis auf die Knochen werden sie nass, es wird ihnen auch kalt. Aber sie stehen da immer weiter, und jetzt setzen wir mal zu einer kühnen Deutung an, denn wir wissen ja, in der Kirche gibt es Suppe und Essen von den Tafeln, also trauen wir uns einmal, wie folgt zu schließen: Diese Menschen stehen dort, weil sie Hunger haben oder Hunger für die kommenden Stunden oder Tage erwarten. Das ist, Sie werden mir da wohl zustimmen, nicht allzu waghalsig spekuliert.

Und über dieses mittlerweile sattsam (haha) bekannte Bild von der Schlange vor der Essensausgabe kleben wir jetzt einen Satz, den der unsägliche Finanzminister gerade getwittert hat, und dann ist die Karte auch schon fertig, man kann sich das Zitat quasi als Banderole vorstellen:

„Aufgrund von finanziellen Sorgen wird in diesem Land in diesem Winter niemand hungern und niemand frieren.

***

Sie können hier Geld in den allerdings nur virtuell vorhandenen Hut werfen, ganz herzlichen Dank! Sollten Sie den konventionellen Weg bevorzugen und lieber ganz klassisch etwas überweisen wollen, das geht auch, die Daten dazu finden Sie hier. Wer mehr für Dinge ist, es gibt auch einen Wunschzettel. Merci!

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