Autismus & Pathological Demand Avoidance (PDA)

Ein Termin-Hinweis von Maret Buddenbohm

Pathological Demand Avoidance

Heute bin ich in eigener Mission unterwegs, denn ich habe ein Herzensthema, das im deutschsprachigen Raum kaum bekannt ist und auf das ich aufmerksam machen möchte.

Es geht um das Autismus-Profil Pathological Demand Avoidance Syndrom, kurz PDA. Übersetzen lässt es sich mit „pathologische Vermeidung jeder Anforderung“.

„Anforderungsvermeidung“ klingt erst mal nicht besonders dramatisch und wieder eher nach „Reiß dich doch einfach mal zusammen“.  Das Wort „pathologisch“ definiert hier aber das extreme Ausmaß der Vermeidung und macht aus dem „nicht wollen“ ein „nicht können“ – egal wie intelligent die betroffene Person ist oder wie alltäglich und banal die Anforderung, wie z.B. Essen, Schlafen, Trinken, Anziehen.

Obwohl der Begriff bereits in den 1980ern im englischsprachigen Raum geprägt und viel darüber geschrieben wurde, ist er hier leider noch immer kaum bekannt, was vor allem für betroffene Kinder ein Riesenproblem ist, da viele von ihnen durch die herkömmlichen Diagnose-Raster fallen und somit nicht als Autisten erkannt werden.

Kinder mit PDA wirken im Vergleich oft nicht wie „klassische“ Autisten. Sie können meist sehr gut maskieren, wirken sozial aufgeschlossen und vergleichsweise kompetent. Deshalb wird ihnen oft unterstellt, sie können alles, wenn sie denn nur wollten. Aber selbst, wenn sie doch mit Autismus diagnostiziert werden, sprechen diese Kinder meist nicht auf entsprechende Hilfsmaßnahmen und Erziehungsmethoden an. Im Gegenteil, sie sind eher kontraproduktiv und wirken sich ungünstig auf die Entwicklung aus. Was das sowohl das eine wie das andere für betroffene Kinder und deren Familien bedeutet, kann man sich wohl ausmalen.

Kinder mit PDA erleben jede Art von Anforderung als bedrohlichen Kontrollverlust und Bedrohung der eigenen Autonomie. Um Kontrolle und Sicherheit wiederzuerlangen, reagieren sie dann mit extremer Vermeidung, was sich auf verschiedene Arten zeigen kann, wie z.B. komplette Verweigerung bis hin zu heftigen Zusammenbrüchen oder psychosomatischen Krankheiten. Vor allem die Institution Schule ist hier ein steter Quell der Anforderungen und dadurch eine enorme psychische Belastung für diese Kinder (und andere…).

Was diese Kinder nicht brauchen, ist eine besonders strenge und konsequente Erziehung, sondern Verständnis und Einfühlungsvermögen. Was diese Kinder auch nicht brauchen, ist die permanente Unterstellung, dass sie ja könnten, wenn sie nur wollten.

Und was die Eltern dieser Kinder überhaupt nicht brauchen, ist der permanente Vorwurf, sie seien nicht streng genug, würden sich auf der Nase rumtanzen lassen und können schlichtweg nicht erziehen.

Deshalb ist es mir so wichtig, über PDA zu informieren und zu mehr Verständnis beizutragen. Hier ein paar der wenigen deutschsprachigen Informationen dazu:

pda-anders-autistisch.info

autismusspektrum.info

autisplus.de

Falls ihr beruflich oder privat mit Kindern zu tun habt, die eine extreme Verweigerung an den Tag legen (und Anzeichen von ADHS oder Autismus zeigen), Eltern mit solchen Kindern kennt oder vielleicht selbst so ein Kind habt, dann möchte ich euch folgende Info-Veranstaltung zu diesem Thema ans Herz legen:

Online-Themenabend  „Autismus und PDA“

30. März 2023
19:00 – 21:00 Uhr

Veranstalter
Autismus Hamburg e.V.

Referentinnen
Dr. Nicole Chou-Knecht
Fachärztin für Psychiatrie & Psychotherapie (Schweiz)

Elisabeth Carl
sozialpädagogische Fachkraft / Coach im Bereich berufliche Rehabilitation & Integration u.a. für Personen im Autismus-Spektrum

Kostenlose Anmeldung unter
Autismus Hamburg e.V.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!

 

 

4 Kommentare

  1. Ein Hallo nach Hamburg!
    Ja… in allem ja…
    Hier wird das Kind dieses Jahr 25 (gesicherte Diagnose seit es 8 ist) und immer noch möchte ich meine Schwiegereltern, Lehrer und jetzt auch Ausbilder (3.Versuch…..) einfach mal verhauen….. immer und immer dieses: sie will nur nicht…. ihr müsst ihr Druck machen… und natürlich viele weitere tolle Tipps, es hört nicht auf.
    Trotz Leitfaden des ATZ und von anderen Einrichtungen: über die Jahre weg immer wieder das!
    Ist halt schön einfach…..
    Lieben Gruss aus dem Ruhrgebiet von
    Sandra

  2. Danke für den Veranstaltungstipp! Eltern von Pflege – und Adoptivkinder sind mit dieser Thematik auch oft konfrontiert. Hier wird dann von Anstrengungsvermeidung bzw. Anstrengungsverweigerung durch Trauma gesprochen. Mit den entsprechenden (wenig hilfreichen) Anweisungen, dass die Kinder sich zusammenreißen sollten etc.

  3. Ah! Liebe Maret! Ich hatte den Artikel damals sogar schon gleich gelesen und merke jetzt, dass ich bei dem Online-Event eigentlich dabei sein wollte, hatte dann aber wohl anderes zuvorderst im Kopf bzw. zu tun, sodass ich es wieder vergessen hatte… grmpf…
    Aber ja nee so ist es halt, nicht wahr?! ?
    Herzlichst,
    Deine Melle aka Meise mit ?

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