Der 4. Juhu

Dienstag, der 4. Juli. Ich habe mich eben vertippt, hier stand gerade Dienstag, der 4. Juhu, und das klingt doch auch schön. Es passt allerdings nicht ganz zu meiner Morgenstimmung.

Im Laufe des Tages poppen die Unwetterwarnungen auf dem Handy auf, erst die für Helgoland weit draußen, dann die für Eiderstedt an der Küste, schließlich auch die für Hamburg, es geht also um Westwind. Einen wahrhaften Okan soll es geben, die Vorhersagen für morgen sind kernig und ungewöhnlich für einen Juli. Wir überlegen hin und her, wer es heute noch wann in den Garten schaffen kann, um dort einiges zu sichern. Es ist kompliziert und kaum zu lösen, solche Ereignisse sind im Wochenplan überhaupt nicht vorgesehen.

Ich gehe mit einem Sohn am Nachmittag zum Zahnarzt. Im Wartezimmer möchte jemand gerne über die vielen Türken in Deutschland lästern, was eine etwas seltsame Idee ist, wenn man in eine Praxis mit einem recht eindeutig türkischen Namen auf dem Schild draußen an der Tür geht. Böse Blicke, als ich nicht darauf eingehe und abwinke. Einer von den Typen, die pausenlos gucken, ob jemand guckt, den oder die man dann vielleicht zutexten kann. Anstrengende Leute.

In den Nachrichten und in den sozialen Medien toben die Debatten um die Kürzungen beim Elterngeld, ich lese es nur nebenbei. Die Diskussion wird plattformübergreifend allerdings betont unsachlich geführt, das sehe ich auch beim Querlesen. Vielleicht können wir es mittlerweile gar nicht mehr anders.

„Guck mal, es regnet.“

„Das kannst du auch nur so ruhig schreiben, weil du im Trockenen sitzt, check mal deine Privilegien, bevor du hier so etwas von dir gibst!“

Manchmal bin ich sehr müde von dieser Art, Gespräche zu führen. Oder neulich, als der Ministerpräsident von Schleswig-Holstein dafür kritisiert wurde, dass er dieses dämliche Partykracher-Lied mitgesungen hat, und er zur Antwort gab: „Wir haben auch andere Lieder gesungen.“ Das sind doch keine Diskurse unter Erwachsenen mehr, das sind Musterbeispiele für Niveaulimbo, how low can you go.

Früh ins Bett, noch etwas Colette gelesen, Kurzgeschichten über Frauen.

Später werde ich lesen, dass auch der Dienstag der heißeste Tag global war. Der Rekord vom Montag wurde also bereits gebrochen: „experts expect record to be broken again very soon.“

Noch später werde ich lesen, dass es die sieben heißesten Tage in Folge waren.

Einfahrende Züge auf den Gleisen vor dem Hauptbahnhof, Blickrichtung zum Fernsehturm

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Ein Kommentar

  1. Was Sie, Herr Buddenbohm, neben all Ihren anderen Tätigkeiten alles lesen beeindruckt und begeistert mich.
    Und sich nicht scheuen, „sogenannte“ Frauenliteratur (blöder Begriff) in die Hand zu nehmen. Heute Colette, deren Bücher ich als noch recht junges Mädchen verschlungen habe, weil mir da eine unbekannte Welt gezeigt wurde. Wieder ist eine schöne Erinnerung wach geworden – danke.

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