Ah, what the hell

Mittwoch, der 23. August. Für mich ein Tag, um anlassbezogen mit Paul Simon zu singen:

“Yesterday it was my birthday

I hung one more year on the line

I should be depressed

My life’s a mess

But I’m having a good time

I’ve been loving and loving And loving

I’m exhausted from loving so well

I should go to bed

But a voice in my head Says „Ah, what the hell.“

Er hat viele gute Lieder geschrieben, keine Frage.

Heute Office-Office, die Wege sind mir allerdings zu warm, all die verschwitzten, klebrigen, tropfenden Menschen in den S-Bahnen, mich eingeschlossen. Die Luft in der Stadtmitte riecht dumpf nach Sauerstoffmangel und später am Tag auch ein wenig nach Gewitter, aber es kommt nichts, noch lange nicht, es dräut nur mit etwas abgetönten Wolken.

In den sozialen Medien sehe ich das erste Lebkuchenbild, nein, es sind Dominosteine, wie erwartbar war das denn.

Nach der Arbeit komatöser Mittagsschlaf auf dem viel zu warmen Bett. Zerschlagen wieder aufgewacht wie nach einer OP mit Vollnarkose, ein absolut grausiges Gefühl. Sinnlos Kaffee in mich eingefüllt, dem Kreislauf war nicht mehr zu helfen. In der viel zu heißen Küche gekocht, Rahmspinat mit Kartoffelbrei und Spiegelei, Familienküche der schlichten Art. Eine Wespe stürzte sich dabei in die brutzelnden Eier, ein zielstrebiges Kamikaze-Insekt war das, in schnurgerader Linie vom Fenster zur Pfanne. Das tote Tier aus dem Essen gefischt, den Sommer gründlich sattgehabt.

Es kam schon die erste Schulmail, die Einladung zum Elternabend in der nächsten Woche, here we go again. Ich lese die Mail, ich notiere den Termin, ich klappe das Notebook zu. Ich gehe Schulbrotzutaten kaufen, da war ja was. Die Herzdame sucht schon einmal die unterschriebenen Zeugniskopien raus, die dann am ersten Schultag gegen die Originale getauscht werden. Rituale.

Es kommt Geschenkpost, der leider kein Zettel beiliegt, es ist ein Buch: „Der Trost der Schönheit“ von Gabriele von Arnim. Ganz herzlichen Dank!

Auf den Wegen gehört: Der Überläufer vom Lenz, gelesen von Burghart Klaußner.

Gelesen auch noch einige Seiten im Stoner, ich finde es weiterhin hervorragend.

Abends dann weiter mit der Herzdame die Transatlantik-Serie gesehen, ohne rechte Begeisterung. Aber sie sieht zu Ende, was sie angefangen hat, denn die Herzdame ist im Gegensatz zu mir ein Mensch mit Zielstrebigkeit und Konsequenz, und ich mache diesmal mit, es ist immerhin auch Zeit zu zweit.

Prigoschin stirbt außerdem vermutlich, sein Flugzeug wurde wohl abgeschossen, nichts Genaues weiß man nicht. Auf Mastodon lese ich routinierte und sehr zynische Kalauer dazu, wie auch die ebenso routinierten Hinweise, dass man über so etwas aber keine Kalauer machen dürfe. Man kennt das, auch das sind Rituale.

***

Sie können hier Geld in den allerdings nur virtuell vorhandenen Hut werfen, herzlichen Dank! Sollten Sie den konventionellen Weg bevorzugen und lieber klassisch etwas überweisen wollen, das geht auch, die Daten dazu finden Sie hier. Wer mehr für Dinge ist, es gibt auch einen Wunschzettel.

 

3 Kommentare

  1. Happy birthday nachträglich!

    Fun fact: Familienlegenden zufolge bekam ich als Kleinkind bei dem Saxophonsolo am Schluss von „Have a Good Time“ solche Lachanfälle, dass ich umfiel. Ich war früh schon einfach zu erheitern.

  2. Ich möchte an dieser Stelle ein älteres Ritual wieder aufgreifen, und zwar den Blogkommentar. Dieser steht als Summe verschiedener Einzelrituale, indem er dem Kommentator die Gelegenheit gibt, sich angesprochen zu fühlen, obwohl er nicht angesprochen wurde, zu antworten, obwohl er nicht gefragt wurde, und am Thema vorbeizuzielen, obwohl naja. Ein Ritual kenne ich noch, und zwar daß mit Erscheinen eines neuen Blogeintrages die Kommentare unter den vorhergehenden obsolet werden. Aber dies soll mich bei meinen seltenen Kommentaren nicht auch noch kümmern.
    Es geht nicht drum, ob man kann – man kann durchaus – , oder darf – ich vermute, man darf viel mehr Kalauer bringen, als angebracht wären. Es geht zumindest mir darum, daß ein solcher Kalauer so viel von der eigenen Haltung enthüllt, daß alle vorangegangen Haltungsbekenntnisse nackt und bloß als solche dastehen. Da sind sie nun, die selbsternannten Humanisten, die die Grundregeln von Moral, Anstand und Haltung auf Fahnen und in Sprechblasen vor sich her trugen: Einen Prozess für Kriegsverbrechen wollten sie, aber einen Kriegsverbrecher einfach abzuschießen ist doch auch ganz nett. Vom Völkerrecht wird schwadroniert, und man will gar nicht wissen, ob dort noch sanktioniert oder schon eliminiert wird. Kollateralschäden von Zivilisten werden beklagt, aber zehn Zusatztote für einen Wunschtoten sind keinen Gedanken wert. Die Würde des Menschen sei unantastbar, sagen sie, und das solle überall gelten, außer für Reiche in U-Booten und Böse in Flugzeugen vielleicht. Diese Ausnahmenliste könnte noch reichlich lang werden, wenn man Entwürdigungen wie das Beschmieren von Menschen mit Fäkalien mit aufnehmen wollte.
    Es geht bei Haltung, Anstand und Moral um Regeln, die sie einmal aufstellen und ein andermal nicht hören wollen. Doch Haltung, Anstand und Moral zeigen sich genau dort, wo sie einem selbst unangenehm werden. Daher bin ich aus ganzem Herzen dafür, daß solche Kalauer nicht nur gemacht werden können und dürfen, sondern auch sollen, damit ich in diesem Internet der Scheinhelden mal wieder wahre Menschen erkennen kann, die Haltung, Anstand und Moral eben doch nur als gefällige Werkzeuge der Argumentation und nicht als Grundlage des eigenen Handelns verwenden. Allzu unwohl wäre mir sonst unter jenen tapferen Widerstandskämpfern, bin ich doch selbst, wie alle Kommentatoren, auch stärker in der Kritik als in der eigenen Haltung, die, wie oben ausgeführt, sich in der Handlung zeigt und im Scherz enthüllt.

  3. @Texas-Jim: Ich habe nun eine ganze Weile nachgedacht, aber ich fürchte, das würde auf Sachbuchlänge anschwellen, meine Position oder meine tastenden Gedanken zu diesem erstaunlich umfangreichen Thema umfassend darzustellen. Es ist sehr, sehr kompliziert.

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