The ingredients in the Laugenstange

Ich lese, wie unlängst eingeplant, die Prosa der Kaschnitz, etwa die hervorragende Geschichte „Das dicke Kind“ oder ihre höchst seltsamen und empfehlenswerten Aufzeichnungen „Tage, Tage, Jahre“, in denen alle Texte eine typische Blogartikellänge haben. Eine gemächlich mäandernde Angelegenheit aus Rückblicken, Kriegserinnerungen, Assoziationen und etwas entrückten Gedankengespinsten ist das, gut geeignet für einen Sonntag mit nur mittelinteressantem Wetter und eher geringer To-Do-Dichte. Das Buch wird immer besser, je weiter man kommt, und nach einem Drittel bin ich geradezu begeistert. So ein schöner Fund,und ich glaube sogar, ich möchte es besitzen, nicht nur als Büchereiexemplar lesen. Bei mir quasi höchste Auszeichnung.

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Am Sonnabend beim Edeka sprachen um mich herum alle Englisch, heute beim Bäcker sprechen auch alle Englisch and they discuss the ingredients in the Laugenstange. Es geht verwirrend schnell, dass die Sprache um mich herum durchgetauscht wird. Ich dachte bisher, das sei nur in Berlin so umfassend, aber jetzt wird hier mit Dringlichkeit aufgeholt. Well.

„Anything else?“

„Yes, einen Cappuccino“, und da höre ich also drei Sprachen in einem Satz, wie weltoffen ist das denn. Na, wenigstens verstehen sich alle, zumindest ungefähr. Ich erlebe hier die meisten Menschen als recht bemüht, wenn es um derartige Dialoge geht, betont entgegenkommend und manchmal für Hamburger Verhältnisse geradezu gut gelaunt, wenn eine etwas schwierige Verständigung am Ende doch noch klappt.

Über die Jahre, die ich hier wohne, allerdings eine stark abnehmende Frequenz von Situationen, in denen ich von Menschen aus aller Welt radebrechend nach dem Weg gefragt werde. Von dauernd (vor zwanzig Jahren) bis zu etwa nur noch einmal im Jahr (heute), weil nun alle für die Navigation durch die Stadt auf ihr Handy sehen. Das vielleicht auch nennenswert verlässlicher ist als die windigen Einheimischen, mag sein.

Neulich eine Frau vor der Kirche, weit im Rentenalter, die auf ihrem xfach gefalteten Stadtplan mit Kugelschreiber emsig Markierungen machte und auch bereits Erläuterungen dazugeschrieben hatte, das sichtbare Stück der Karte war schon ausführlich annotiert, ein Netz von filigranen Anmerkungen über dem Netz der Straßen. So etwas stirbt aus.

Als ich damals nach Hamburg kam, da hing in meinem Zimmer auch ein Stadtplan an der Wand, und ich nahm als selbstverständlich an, das weiß ich noch, dass ich das ganze Wirrwarr der Viertel und Wege einmal, bald wohl, gut kennenlernen würde. Das ist nicht einmal annähernd eingetreten.

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Jochen schreibt über das Tänzchen von Distanz und Nähe. Wo wir schon dabei sind, Frau Novemberregen schreibt über Heiratsanträge.

Und hier noch ein Text über Selbstbedienungskassen und die dazugehörenden Kontrollprozesse, man beachte die Stelle mit den Croissants, da wird es interessant und auch schon wieder abgründig.

Im Bildungsfunk gab es schließlich eine Folge für den Freundeskreis Insel, Nordsee und Marschland, es ging um den Forschungsstand zu Rungholt: „Auf den Spuren histoorischer Schätzte im Watt.“ 27 Minuten, eine bündige Zusammenfassung ist das, ich fand sie gut und erhellend.

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Ein Kommentar

  1. „Das dicke Kind“ kam mir erst neulich nach Ewigkeiten wieder in den Kopf als eine der ersten Lektüren, vermutlich in der Schule, in denen sich eine äußere Handlung als inneres Erleben entpuppt hat. Es fiel mir nicht ganz leicht, zu akzeptieren, dass da nicht wirklich so ein bräsiges und wortkarges Mädchen im Zimmer stand, und ich habe mich kürzlich gefragt, wie die Geschichte wohl heute auf mich wirken würde. Danke für die Ermutigung!

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