St. Pauli, Heiligengeistfeld

Ich hörte auf dem Weg in den Garten und zurück die lange Nacht über Alice Munro beim Deutschlandfunk (2:37). Es gab dazu mehrere Empfehlungen auf verschiedenen Kanälen. Vielen Dank für die Hinweise! Ich habe nebenbei gemerkt, dass ich die Lange Nacht versehentlich nicht als Podcast abonniert hatte, da gibt es wieder herrlichen Nachholbedarf. Gleich noch diese Folge über Truffaut angefangen, auch interessant. Es ist alles wieder üppig angerichtet, ich liebe es.

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Gesehen habe ich diese Doku auf arte über Gregory Peck. Man kann sich während der Sendung immer wieder die Frage stellen, wie unfassbar gut ein Mann aussehen kann, ich finde das einigermaßen beeindruckend. Was für ein Gesicht.

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Apropos „Präsentationsfilmchen aus der Stadtentwicklung“, die ich im letzten Eintrag hier erwähnte – ich kam neulich durch Sankt Pauli, wo ich länger nicht war. Wo ich erstaunlich lange nicht war, wie geht das eigentlich zu – aber egal. Ich sah dort jedenfalls den auf einmal fertiggestellt wirkenden Bunker auf dem Heiligengeistfeld aus der Ferne, mit seiner etwas gigantomanisch anmutenden, neuen und begrünten Überbauung auf dem Dach. Ich weiß nicht, wie fertig er tatsächlich ist und ob er schon eröffnet wurde, aber ich war überrascht von der stark veränderten Silhouette des Riesengebäudes, die ich anders, nüchterner in Erinnerung hatte. Die hatte ich noch in der nackten, ausgesprochen trostlosen Nachkriegsoptik abgespeichert.

In meinem Kopf sah es dort weiter so aus wie in den letzten Jahrzehnten. Ein Bunker wie andere, nur erheblich größer. Ich hatte das spektakuläre Neue dort bisher nicht wahrgenommen. Ich kannte das nur als animierte Grafik im NDR aus der Planungsphase des Umbaus. Also von damals, als zu Beginn der Baumaßnahmen darüber berichtet wurde. Wann immer das genau gewesen sein mag. Durch die Coronajahre ist mein Zeitempfinden endgültig geschrottet worden, denke ich oft. Alles war irgendwann, und wie erstaunlich vage kann man Jahre empfinden.

Seit ich mit den Söhnen jedenfalls nicht mehr zum Hamburger Dom gehe, um sie dort in Karussells zu setzen, komme ich nicht mehr routinemäßig mehrmals im Jahr an diesem Bunker vorbei. Und zack, sieht es dort alles anders aus. Es ist manchmal ein wenig erschreckend, es fühlt sich an, als sei das alles es über Nacht geschehen, wie hingezaubert. Der ganze Betonklotz ein magischer Trick, was natürlich Unsinn ist.

Ich glaube, ich habe diese Stadt lange als etwas Statisches empfunden und sie auch so gesehen. Zumindest als etwas, das sich nur in Zeitlupe verändert, in einem Tempo, bei dem ich im Geiste mitgehen kann. Jahrzehntelang wird das so gewesen sein. Diese Stadt hatte die meiste Zeit ein Tempo, das exakt zu meinem Erleben zu passen schien. Hamburg war eben Hamburg, mein Bild, meine Stadt, eine feste Größe.

Erst in den letzten Jahren habe ich begonnen, die Dynamik der Entwicklung immer öfter zu sehen, die Veränderungsgeschwindigkeit des Stadtbildes und der Struktur, die Bewegung darin. Erst in den letzten Jahren fing es an, dass ich von Veränderungen überrascht wurde. Wie sieht es hier denn aus, wo ist denn dieses Gebäude hin, was steht denn da auf einmal, wo geht es denn da jetzt längs. Das war doch früher anders, da war doch keine Straße, und hier ging es doch linksherum, da wo das Kino war, wie hieß es noch.

Entweder ist auch dieses Erleben und Wahrnehmen lediglich eine Frage der Lebensphase oder es ist tatsächlich etwas schneller und eskalierender in dieser Stadt geworden – oder wir können alles, auch die veränderte Wahrnehmung unserer Umgebung, auf die Pandemie und die besonderen Umstände, Verhaltenweisen, Umbrüche und Zeiten schieben, die damit verbunden sind. Ich bin nicht sicher.

Aber im Zweifelsfalle wird alles zutreffen, eh klar.

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4 Kommentare

  1. Die Wahrnehmung der Veränderungen in der Bebauung Hamburgs im inneren Bereich geht mir ähnlich. Ich hatte es darauf geschoben, dass ich nur noch selten direkt in der City bin. Wenn man aber dort wohnt und sich die Veränderungen dennoch sprunghaft anfühlen, wird der Grund ein anderer sein – eher ein Mix aus den im Artikel genannten Gründen vielleicht. Weiter beobachten? Ändern kann man es eh nicht … wobei – ein bisschen vielleicht. Mit den Wahlen im Juni hat man immerhin ein bisschen Einfluss.

  2. Ich glaube nicht, dass es eine Lebensphase ist — wenn dem so wäre, hielte die bei mir schon über dreißig Jahre an. Allerdings lebe ich auch in der Stadt, die „dazu verdammt ist, immerfort zu werden und niemals zu sein“. Vielleicht war dies in HH bis dato anders.

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