Stimmig und sinnig

Ich habe weiter im schon vermerkten Camus gelesen, ich habe auch noch etwas über das Buch gelesen. Ich habe dann noch ein wenig über das Leben und Sterben von Camus gelesen. Er ist mir als Schullektüre damals nicht begegnet, er ist aber wohl noch gängig an den Schulen. Und seine „Pest“ habe ich auch nicht pflichtgemäß während der Coronajahre gelesen, wie es viele andere getan haben. Ich sah es in jener Zeit mehrfach in den Timelines und auch in den Feuilletons.

Zwischendurch habe ich beim Kochen alte Musik zu den Filmen von Jacques Tati gehört. Ich beschäftige mich nach der langen Truffaut-Sendung neulich immer noch mit Soundtracks, und nein, es passte beides überhaupt nicht zusammen. Musik und Buch ergänzten sich nicht. Also abgesehen vom gemeinsamen Kulturraum der beiden. Widersprüche aushalten, ne. Oder nein, eher das Absurde aushalten, wenn man schon bei Camus ist. Und zum Absurden, fällt mir auf, passt der Tati dann doch auch.

Sehen Sie, man muss es sich alles nur einen Moment lang zurecht denken, schon wird es alles stimmig und sinnig, schon fügt es sich schnell. Faszinierend.

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Die plattdeutschen Wörter des Jahres sind auch gefunden, sie heißen Tauversicht (Zuversicht) und düstersinnig (trübsinnig, depressiv), und sie scheinen sich zu widersprechen. Man kann sie sich zumindest in einer Gleichzeitigkeit kaum vorstellen. Düstersinnig merken wir uns lieber für den November vor, das legen wir dann ans Dunkeltuten an und basteln uns einen ausgeprägt norddeutschen Herbst.

Mit der Tauversicht weiß ich gerade nicht recht, wo stecke ich sie hin, was mache ich mit der. Und habe ich die, kenne ich die näher.

Was würde dazu gehören, die zu empfinden. Es wäre sicher eine schöne Frage für ein Wort zum Sonntag, das dann mal zehn Minuten vor der Gemeinde erörtern. Wobei religiöse Menschen da einen unfairen Vorteil haben, wie mir scheinen will, aber das ist ein anderes Thema.

Am besten ist es, den allzu großen Begriff auf Teilbereiche zu beschränken, dann wird er für alle erlebbar, auch in schwierigen Zeiten. Ich bin zuversichtlich, dass die nächste Woche auch vorbeigeht, ik bün tauversichtig, dat de nächste Weken ook vörbigeiht. So etwas. Das geht doch, darauf wird man sich einigen können und wir haben die Tauversicht sinnig untergebracht.

Die plattdeutsche Redenwendung des Jahres wurde ebenfalls gewählt, sie lautet „Wecker rieden will, de möt ierst rup up ´t Pierd.“ Wenn Sie nicht aus dem Norden stammen, wird das vielleicht schon etwas nach Fremdsprache klingen, kann ich mir vorstellen. Wer reiten will, muss erst einmal rauf aufs Pferd.

Mit der Anweisung „Rup up ´t Pierd!“ könnte ich von jetzt an jeden Morgen die morgens eher dezidiert unwilligen Söhne wecken. Eine schöne Anregung ist das, und dann wird diese Wendung den beiden langschlafenden Sportsfreunden wie von selbst zum plattdeutschen Boomer-Ausdruck des Jahres.

Hier noch eben die vollständige Meldung zum plattdeutschenThema vom Fritz-Reuter-Literaturmuseum, und der Sportsfreund bezog sich hierauf.

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3 Kommentare

  1. Ich bin derzeit so was von düstersinnig allein wegen des Wetters und hege luxuriöse Fluchtgedanken in Richtung Sonne. Gleichzeitig empfinde ich deshalb Scham gegenüber den Menschen, die aus ganz anderer, nämlich existentieller Not zur Flucht gezwungen sind.

  2. Dunkeltuten – so ein schönes Wort! Nie zuvor gehört und leider ist Ihr Novemberbeitrag von 2012 nicht mehr aufrufbar …

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