Woanders – heute nur mit drei Links. Nanu!

Das Hamburger Schauspielhaus, neben dem ich quasi wohne, macht da was mit einem Nachbarstadtteil der eher unbekannten Art: der Veddel. Da bin ich gestern zum ersten Mal mit dem Fahrrad hingefahren, das ist eine gespenstische Angelegenheit. Da fährt man nämlich durch einen noch brachliegenden Teil der Hafencity, den Baakenhafen, zu den Elbbrücken und trifft auf einer gar nicht so kurzen Strecke – niemanden. Da ist nichts, nichts, nichts. Verlassene Planierraupen, Möwen kreisen darüber, vertäute Schiffe auf dem Fluss. Angefangene Straßen, halbfertige Fußwege, abgesteckte Grundstücke. Werbetafeln mitten in der Steppe, die von “urbanem Wohnen” faseln. Wolken ziehen tief über die Elbbrücken, als würden sie dem Straßenverlauf folgen. Ganz weit hinten laufen zwei Fotografen durch die Wildnis und knipsen Gegend. Hier könnte man ganz gut einen Krimi drehen, aber es wäre einer der deprimierenden Filme. Ich bin noch nie mit dem Fahrrad über die Elbbrücken gefahren, komisch eigentlich. Drüben, auf der anderen Seite, da liegt die Veddel. Das sieht zunächst charmant wie eine Autobahnauffahrt aus, wie ein Industriegebiet von hinten und man weiß gar nicht recht, ob man da mit dem Rad eigentlich so fahren darf, die Gegend sieht plötzlich gar nicht mehr so aus. Eher so, als wäre sie nur für LKW freigegeben. Aber natürlich darf man. Und das mache ich auch nochmal, demnächst. Der Weg ist gar nicht weit.

#hamburg #hafencity #elbe

Isa hat mir schon wieder etwas vorgebloggt, was ich eigentlich bloggen wollte, das wird allmählich zur Gewohnheit. Schlimm! Deswegen verweise ich hier nur noch auf Isa, die wiederum auf Gesa verweist, das ist so aber auch durchaus sinnvoll. Es geht um eine ziemlich tolle Sache, da werden wir auch hier noch von hören. Man beachte auch den bei Isa verlinkten NDR-Film. Wenn man das nicht bewegend findet, merkt man wahrscheinlich gar nichts mehr.

Völlig entgangen ist mir, dass es von Nouvelle Vague eine Version von “Eisbär” gibt.  Erstaunlich. Sehr erstaunlich. Ich weiß gar nicht, wie ich das finden soll.

 

Es ist kompliziert

Zum Beispiel das mit dem Essen. Da ich für den Wirtschaftsteil dauernd Meldungen zu Ernährung und Lebensmittelwirtschaft lese, beschäftige ich mich natürlich auch in meiner privaten Küche eher mehr als weniger mit dem Thema. Also mit der Frage, was da richtig ist, was gesund, was regional, was bio und was davon notwendig und was zweckmäßig und was schon radikal. Mir ist der Aufwand für die vegane Ernährung nennenswert zu hoch, ich finde vegetarisch verblüffend leicht, ziehe allerdings auch das nicht ganz durch. Aber immerhin. Herr Buddenbohm war in der Küche stets bemüht.

Ich lese wieder mehr Foodblogs, ich lauere auf Ideen, ich kann einiges von dem, was ich normalerweise so gekocht habe, plötzlich nicht mehr sehen. Ich lese dauernd Rezepte und warte auf die Erleuchtung. Ich habe doch wieder die Gemüsekiste bestellt, ich habe in diesem Jahr auch als Autor noch ein paar Dates mit dem Thema Food. Ich finde das Thema interessant, wenn auch nicht so interessant wie es die Foodblogger finden, die damit natürlich jeden Tag verbringen. Mir ist alles Extreme fremd, ich möchte mich keiner Bewegung anschließen, ich möchte kein Hundertprozentiger sein, kein Missionar und kein Agitator, ich finde alles schlimm, was humorlos betrieben wird. Und doch! Und doch steht man dann man Herd, hat in der Woche zwanzig Meldungen zu gesunder Ernährung und ökologischer Landwirtschaft und so weiter gelesen, rührt im Topf und fragt sich, ob das nun richtig ist, was da schmort.

Ich komme dabei immer wieder an zwei Begrenzungen. Zum einen bin ich in den Siebzigern groß geworden, das heißt mein Geschmack ist geprägt von Speck und Zucker und Geschmacksverstärkern. Und das klingt nur so wie ein Witz, das ist tatsächlich so und das ist tief in mir verankert. Und nicht ganz so einfach zu überwinden. Zum anderen kostet die Beschäftigung mit dem täglichen Essen, wenn man anfängt, darüber intensiv nachzudenken, mehr Zeit, als ich dafür habe. Ich möchte fast sagen: etwa dreimal so viel. Wenn es denn reicht.

Das ist natürlich ein Aspekt, an dem man weitergrübeln kann, an der persönlichen Zeitplanung. Man muss das Essen wohl von der Notwendigkeit weg denken, hin zur Freizeitbeschäftigung, hin zur erfüllten Zeit, zur Familienzeit, zu was weiß ich, zu mehr Spaß und Sinn. Daran scheitere ich gerade grandios. Das ist diese Reaktanz, ich bekomme schon bei der nur gedachten Aufforderung ”Geh doch mal in die Küche und entspann dich beim Gemüseschnippeln” unbändige Lust auf Tiefkühlpizza. Schlimm. Gleicher Effekt übrigens bei mir im Bioladen, wenn ich diese völlig verstrahlten, heiligmäßigen Typen sehe, die hinterm Tresen bei jedem Brötchen alle Zutatenkörnchen aufzählen, als hätten sie sie bei Vollmond selbst geschrotet, kriege ich nur Lust auf Drogen und Rockmusik. Das möchte man doch nicht.

Na, mal sehen. Weiter nachdenken, weiter probekochen. Irgendwie auch ganz spannend. Die arabische Gemüsepfanne mit Minztraubenjoghurt gestern zum Beispiel – sehr geiles Essen. Rezept reiche ich demnächst nach.

 

Kurz und klein

 

Das Kindkrankgefühl

Sohn II hatte Fieber, ich blieb mit ihm zu Hause. Das scheint so eine der Aufgaben zu sein, die Väter nach wie vor eher nicht übernehmen, wenn ich mir meinen Bekanntenkreis so ansehe. Weil das Vollzeitmenschen, was die Väter meistens immer noch sind, nicht können, nicht wollen, nicht dürfen, wie auch immer. Ich finde, man sollte das schon aus egoistischen Motiven auch als Vater machen und das erkläre ich jetzt mal am praktischen Beispiel.

Das Kind schwächelt also, mit Störungen im Betriebsablauf ist zu rechnen, etwa in der Form, dass es morgens erst einmal über dem Klo hängt. Ein Lager im Wohnzimmer wird gebaut, ausreichend mit Handtüchern etc. ausgestattet, so dass man mit etwaigen Problemsituationen umgehen könnte. Schüssel griffbereit, Zwieback, Wasser, Tee. Es gibt aber kein weiteres Problem, es gibt nur einen Sohn, der mit glasigen Fieberaugen vorgelesen haben möchte, was natürlich nett ist. “Der glückliche Löwe” von Louise Fatio, illustriert von Roger Duvoisin, übersetzt von Regina und Fritz Mühlenweg. Eines der Bücher, bei denen ich nicht die allerleiseste Ahnung habe, wie sie in diesen Haushalt kamen. Das ist ganz nett, das Buch, allerdings möchte der Sohn nur dieses Buch vorgelesen haben – und zwar immer wieder. Und dann noch einmal. Kranken Kindern erfüllt man selbstverständlich Wünsche, ich lese also schon wieder den Glücklichen Löwen, das Buch wird mir im Laufe des Vormittages immer unsympathischer. Bücher mit eher dick aufgetragener Moral liegen mir nicht und dass der Löwe in seinem Käfig glücklich ist, das ist eine vollkommen abwegige Vorstellung für alle, die schon einmal Löwen im Zoo gesehen haben. Aber egal. Das Kind schläft kurz ein, das Kind wacht auf. Das Kind sieht ganz munter aus, man könnte es auch zum Arzt bringen.→ weiterlesen

„Was machen die da“ – das Dienstagsupdate

Dana Lüke ist Fußpflegerin und mag ihren Beruf. Und das ist natürlich eine ganz wunderbare Abwechslung nach den etwas kulturlastigen letzten Folgen, die Interviewserie dort soll schließlich keine einseitige Veranstaltung werden. Begeisterung kann eben überall sein, auch dort, wo man sie gar nicht erwartet.Das kommt leider oft zu kurz, wenn über Leidenschaft im Beruf und Selbstverwirklichung geschrieben wird, dass man dafür nicht zwingend Künstler oder Heilige werden muss. Das geht auch anders.

Von Dana kam übrigens der Begriff des „Werkstolzes“, den wir schon verschiedentlich erwähnt haben, und den man sicher nicht spontan mit der Fußpflege in Verbindung bringt. Aber wenn man liest, was sie erzählt, wird es dann doch nachvollziehbar. Finde ich.

Das ganze Interview hier.

Und in der nächsten Woche geht es um ein wiederum gänzliches anders Thema, für das wir sogar Hamburg verlassen haben. Wir trauen uns ja was.

 

Man kommt herum

Für die meisten Menschen wurde das Fahren durch Navigationsgeräte einfacher, nehme ich an. Für mich gilt das allerdings nicht.

Bevor es Navis gab, hat die Herzdame mich vom Beifahrersitz aus gelenkt, das war nicht immer ganz einfach. Sie hat eine ausgeprägte Links-Rechts-Schwäche und ich keinen Orientierungssinn, das störte dabei schon manchmal. Dann haben wir ein Navi gekauft, und zwar eines vom billigen Ende des Spektrums. Es war ein schlechtes Navi, vermutlich war es sogar das weltschlechteste Navi. Es hatte keine Links-Rechts-Schwäche, konnte aber sonst nichts, vor allem brauchte es eine Stunde, bis es überhaupt mal anging. Da hatte man ordentlich Vorsprung, um sich zu verfahren.

Dann wurde uns ein viel besseres Gerät vererbt. Das war toll, das Ding ging wesentlich schneller an und wusste tatsächlich immer Rat. Allerdings sagte es andere Wege an als das alte Navi, was die Herzdame vor die Grundsatzfrage stellte, welches Navi nun richtig lag. Im Zuge dieser Überlegungen kam sie darauf, noch eine Navi-App auf ihr Handy zu laden – und die kommt zu noch ganz anderen Schlüssen.

Wenn ich jetzt an spannenden Kreuzungen stehe, sagen mir drei Navis Möglichkeiten an. Die Herzdame blickt auf die Geräte und versucht, sich eine eigene Meinung zu bilden, denn am Ende sollte immer der Mensch entscheiden, das ist bei Technik bekanntlich ganz wichtig. Wenn ich vorsichtig frage, wo ich abbiegen soll, weil hinter mir zehn Autos hupen, sagt sie: „Ich bin noch nicht sicher.“ Dann biege ich irgendwo ab, weil man nicht im Weg stehenbleiben kann und weil es irgendeinem Navi schon recht sein wird.

Wir fahren durch nie gesehene Gegenden, philosophieren über technische Hilfsdienste und kommen viel und sehr weit herum. Denn so ist das ja mit jedem technischem Vorsprung: man kommt immer weiter. Ob man da nun hinwollte oder nicht.

Dieser Text erschien als Kolumne in den Lübecker Nachrichten und in der Ostsee-Zeitung.

Notfallpasta – Penne all’arrabbiata

(Es folgt ein Gastbeitrag von Micha vom Foodblog Salzkorn. Micha kommt aus Deutschland und lebt in Südfrankreich auf dem Land, man möchte sogar sagen: sehr auf dem Land. Was man ihren sonnigen Bildern und Texten deutlich anmerkt, da wird einem immer ganz barfuß und kräuterduftig zumute, wenn man bei ihr Rezepte liest. Das ist sehr, sehr anders als Hamburg. Micha wird nach und nach vier Rezepte für die Herzdamengeschichten schreiben und fotografieren, ich freue mich sehr. Wenn Sie das Blog Salzkorn nicht kennen, da kann man besonders an grauen Tagen gut rückwärs lesen, bis es einem wärmer wird oder bis man zuviel Hunger bekommt.

Über Micha findet man online nicht viel heraus, auch wenn auf ihrer Seite ein paar Interviews und Artikel über sie verlinkt sind. Man sieht auf ihrer Seite außerdem – ihre Küche ist dezent schöner als meine. Aber sonst – ganze zwei Bilder von ihr, der Name, die Gegend – das war es. Die Herzdame hat das Salzkorn-Blog vor einiger Zeit etwas aufgehübscht, deswegen haben wir etliche Mails ausgetauscht. Jetzt wissen wir den Namen, kennen zwei Bilder und haben außerdem den deutlichen Eindruck, dass sie umwerfend nett ist.  Und wenn die Anreise nicht etwas heikel wäre, wir wären schon bei ihr gewesen und hätten uns diese Gegend da, bekannt für besten Ziegenkäse, längst angesehen. Hier nun das erste Rezept. Ich habe massive Zweifel an ihrer Vorhersage zur Essenssituation am Tisch, aber ich werde berichten. Immer mutig voran. Ich muss nur erst noch Harissa in der Tube finden.)

 

Es gibt die Tage, an denen unterliegt die Essensplanung der Notwendigkeit, den Körper am Leben zu halten: Gegessen muß nun mal werden. Ich bin spät heimgekommen, habe null Bock auf Orgie in der Küche, dafür aber Hunger wie ein Wolf. Ja, in derartige Situationen kommen auch Menschen ohne Kinder, die auf dem Land leben und wie ich sonst gerne kochen.

Das ist der Moment, in dem ich dieses Pasta-Gericht aus dem Ärmel schüttle, denn kein Pizzaservice wäre schneller (ich rede hier von Städterzeit – im französischen Outback macht Pizzaservice erst dann Sinn, wenn das Beamen spruchreif ist).

Pasta

Alle Zutaten habe ich gewohnheitsgemäß im Vorrat, schon bevor ich Harissa selbst zubereitetet habe. Ich bin großer Fan von dem Gewürz, weil Harissa eben nicht nur scharf schmeckt, es sich gut dosieren läßt und sich im Kühlschrank wie Tomatenmark nahezu endlos hält. Tomatenmark wiederum gehört zu den Dingen, die wirklich keinen Sinn machen, selbst zubereiten zu wollen (Erfahrungswert). Man darf sie also mit dem ruhigsten aller Gewissen selbst kaufen – by the way soll das Mark genauso wie Tomatensaft vor Krebserkrankungen schützen. Nicht, dass hier der Eindruck entsteht, das Essen schmeckt nur. Und Knoblauch hat man doch auch in Deutschland wie Zwiebeln immer zuhause, oder?

Dann am Tisch, so mein inneres Panoramabild, bringt diese Pasta nicht nur der Herzdame ein harmonisches Weilchen beieinander (wichtig für den gesunden Appetit), wenn sie lächelnd zusieht, wie sich ihre Lütten den Pimmesan über die Penne häufen (das gehört so) und ihren Liebsten bewundernd-flirtend ansieht, wie er SO eine köstliche Pasta in SO kurzer Zeit zusammengezaubert hat (muß so sein, ein Koch braucht Publikum). Ein Miracoli-Moment ohne Miracoli. Soweit das Rezept und die Regieanweisung …

Bei der Zubereitung gilt: es kommt nicht viel dran an diese Pasta, aber mit dem, was dran kommt, wird nicht gegeizt.

Penne2

Zutaten für 4 Personen für Penne all‘arrabiatta:

500g Penne

7 – 9 EL Tomatenmark

5 EL Olivenöl (evt. mehr)

4 Knoblauchzehen gehackt, mindestens*

½ TL Harissa (+/- rantasten)

Salz, Pfeffer

1 Prise Zucker

Parmesan

Chili- /Olivenöl (optional)

Junger Knoblauch (optional)*

Pasta

Zubereitung:

Reichlich Salzwasser zum Kochen bringen und die Penne darin al dente garen. In der Zwischenzeit den Knoblauch fein hacken und den Parmesan reiben. In einer großen Pfanne das Olivenöl erhitzen.

Die gut abgetropfte Pasta in dem Öl kurz anbraten, dann das Tomatenmark zufügen. Hierbei muß nicht abgemessen werden – zuviel geht en principe nicht. Beim Harissa sich rantasten – Nachschärfen geht immernoch. Nun solange weiterbraten, bis sich die ersten dunklen Stellen zeigen (Stichwort Röstaromen und die Penne bekommt dadurch richtig Biss). Salzen, pfeffern und die Prise Zucker darüber streuen. Kurz vor dem Servieren den Knoblauch untermischen und mitbraten.

Den Kindern zuerst auf den Teller geben – nun ist die Gelegenheit, sich daran zu erinnern, warum die Penne all’arrabbiata heißt und die Harissamenge rabiat nach oben zu schrauben. Oder aber man verwendet dafür Chiliöl, das den gleichen Zweck erfüllt. Oder eben schlicht nochmals Olivenöl, das gute, darüber geben. Die Pasta wird mit einer anständigen Portion Parmesan servieren.

*kleine Knoblauchkunde: die Drôme ist Knoblauchanbaugebiet für den lilanen südfranzösischen Knoblauch. Daher habe ich etwas von dem ganz jungen Knoblauch (die grünen Stangen auf dem Foto), den es jetzt bereits bei uns gibt, dazugeben. Das gibt lediglich noch mehr Knoblauchgeschmack. Junger Knoblauch, der geschält hellweiß und ohne Trieb ist, schmeckt milder. Bei dem ältern entfernt man den hellgrünen Trieb, indem man die Knoblauchzehe halbiert und mit der Messerspitze rauszieht – das ist besser für Atem, Geschmack und Verdauung. Selbstredend verwende ich stets mehr als eine lumpige Knoblauchzehe pro Person.

 

 

Micha