Sohn I war übers Wochenende verreist, ganz allein bei den Großeltern im Heimatdorf. Er hat das sogar selbst mit denen verabredet, wir wurden nur noch informiert: „Fahr ich zur Oma.“ Gut, Reisende soll man nicht aufhalten. Die Herzdame und ich blieben in Hamburg, mit einem fröhlich glucksenden Sohn II, der sich mit seinem halben Zahn stundenlang friedlich als Apfelreibe versuchte. Das Kind war ruhig, wir hatten keine Termine – und keinen Zweieinhalbjährigen, der nonstop für Programm sorgte. Was man da plötzlich alles machen kann!
Man kann morgens aufstehen, Schokolade frühstücken und sich gleich wieder zwei Stunden hinlegen. Man kann Bücher lesen, ganze Kapitel, ohne Unterbrechung. Man kann die Bücher sogar in einem Rutsch durchlesen und dann gleich das nächste anfangen. Man kann in Ruhe am Schreibtisch arbeiten und unfaßbare Mengen wegschaffen, man kann To-do-Listen bis zum letzten mickrigen Punkt abgrasen und dann noch eben die Dateien auf dem Rechner neu durchsortieren. Man kann aufräumen, ohne daß ein kleiner Kobold alles sofort wieder durcheinanderwirft. Man kann beim Portugiesen einen Kaffee trinken gehen, ohne ein Kleinkind mit Kuchen bestechen zu müssen. Man kann Zeit für einander haben, man kann sogar, Sie wissen schon.
Man kann Salat essen, ohne auch etwas Kindgemäßes kochen zu müssen. Man kann beim Essen lesen und auf die Vorbildfunktion pfeifen. Man kann sogar einfach in ein Restaurant gehen. Man kann das Kinderzimmer neu organisieren, bis es aussieht wie im Ikea-Prospekt. Man kann ungestört telefonieren, man kann einfach so mit der Kamera rausgehen und stundenlang auf Foto-Safari, wie früher, als man noch Zeit hatte. Man kann sich um ganz vergessene Erwachsenenvergnügungen kümmern.
Man kann aber auch einfach die Stunden zählen, bis das Kind endlich wiederkommt.