Terminhinweis
Es soll ja Menschen geben, die gerne weit voraus planen. Bis weit in den Frühling hinein, bis hin zur nun schon traditionellen Tirili-Lesung. Diesmal mit ziemlich prominenter Besetzung:
Den Abend moderieren und charmieren Isa und ich.
Wir bitten das einzuplanen, das wird nämlich großartig.
Kurz und klein
Ex getroffen.
Er: "Wo ist das Kind?"
Ich: "Du hast es doch seit gestern."
Er wird blass.
Hat meinen Humor noch nie verstanden.
— Tomster (@namenlos4) 5. Februar 2014
Tochter liebt den Bart zum Kuscheln, Sohn hasst ihn. Lasse ab jetzt halbseitig wachsen.
— Heiko Bielinski (@heibie) 8. Februar 2014
Besorgniserregend. 13-Jährige verabreden sich sonntags und zuhause zum Lernen. Die Jugend ist auch nicht mehr das, was sie mal war.
— Mama arbeitet (@Mama_arbeitet) 9. Februar 2014
"Kannst Du mir Matheaufgaben im Internet runterladen, mir ist so langweilig"
#diesejugend
— p47r1c14 c4mm4r474 (@dasnuf) 15. Februar 2014
Ich: "Wie nass habt ihr jetzt den Boden im Bad gemacht?"
Sohn I: "Der Boden ist relativ… da sind ein paar Tropfen… KOMM NICHT REIN!"
— Max. Buddenbohm (@Buddenbohm) 10. Februar 2014
Da ist man früh auf der Arbeit, freut sich über den super Parkplatz, da piepst es von der Rückbank:"Mama, ich muss doch in den Kindergarten"
— Tomster (@namenlos4) 11. Februar 2014
Die Schüler bleiben bei #WhatsApp – durch ihre Rechtschreibung sind die Nachrichten ausreichend verschlüsselt.
— Kerstin Brune (@BruneKerstin) 21. Februar 2014
Die Tochter schläft mit meinem Schal. Ich denke, es ist langsam an der Zeit ihr zu erzählen, dass ich gar nicht berühmt bin.
— Madame de Larenzow (@Larenzow) 12. Februar 2014
Mein kleiner Autist: "FUCK!"
Ich: "Fängt mit…?"
"…'F' an."
"Richtig."
Deutsch-Unterricht geht einfach immer.
— mirili (@diepebbs) 12. Februar 2014
Die kritischsten Momente in der Kinderziehung sind die 3 Sekunden, in denen du dich zwischen Moralpredigt und High Five entscheiden musst.
— Patzilla (@PatzillaSaar) 14. Februar 2014
Sohn (3): "Wenn man nicht will, will man nicht!"
Papa: "Wenn man muss, dann muss man."
Kant, Platon, geht doch nach Hause.
— Madame de Larenzow (@Larenzow) 15. Februar 2014
Packe dem Sohn ab jetzt einen Apfel aus Wachs in die Pausendose.
Sieht gut aus, muss kein Essen mehr entsorgen
Und Er wird es eh nie merken.
— Herr-Hirn-Himmel (@Viel_davon) 11. Februar 2014
Am siebten Tag sollst du ruhn! Es sei denn, du hast Kinder. Dann sollst du vom Morgen bis zum Abend Wäsche waschen.
Gez. Gott.
— Gebbi Gibson (@GebbiGibson) 16. Februar 2014
Eben habe ich aus Versehen ‘Frollein’ zu meiner Tochter gesagt und erwäge nun das Jugendamt zu informieren, damit sie mir sie wegnehmen.
— der_handwerk (@der_handwerk) 17. Februar 2014
Meine Eltern glauben, dass ich das Internet verstehe und meine Kinder, dass ich das Leben verstehe.
Ich gucke weise und pule am Zeh.
— Madame de Larenzow (@Larenzow) 17. Februar 2014
Ironie lässt sich am Besten durch 15 jährige Mütter definieren, die Schutzhüllen für ihre Smartphones haben.
— Carambeau (@Carambeau) 10. Februar 2014
Kindergeburtstag im Indoor-Spielplatz. Es riecht nach Schweißfüßen, Pommeskotze, sehr lange totem Tier und beim Warten gestorbenen Eltern.
— Rockdalf der Weiße (@rock_galore) 15. Februar 2014
Ich male Polizeischneemänner mit langen, silbernen Haaren. Mit so etwas rechnet man auch nicht, bevor man Kinder bekommt.
— Max. Buddenbohm (@Buddenbohm) 19. Februar 2014
Der Sohn (3) geht zur Arbeit. Dort darf er schlafen und Musik hören. Eine Nachwuchsführungskraft.
— Madame de Larenzow (@Larenzow) 19. Februar 2014
Anweisungen für die Zubereitung des Schulbrots erhalten. "Will deine Gefühle nicht verletzen,Mama, aber vom letzten musste ich fast brechen"
— p47r1c14 c4mm4r474 (@dasnuf) 20. Februar 2014
Telefonanruf von Mama, oder wie wir Söhne und Töchter es nennen: "Muddern Talking"
— Marcüs de Bon Marché (@souslik) 19. Februar 2014
Ich habe das jetzt durchgerechnet. Die drei ??? sind 25 mal sitzengeblieben. Bei Peter kann ich das nachvollziehen.
— gallenbitter (@gallenbitter) 20. Februar 2014
Merke: Die "ich-bin-schwanger-gib-mir-sofort-dein-Essen-Nummer" funktioniert nur bedingt bei Straßenbahnmitreisenden.
— Mirameter (@mirameter) 21. Februar 2014
„Papa, Durst!“
„Kannst du bitte richtig fragen?“
„Papa, kann ich bitte Durst haben?“
„Na gut.“
Pädagogik kann ich.
— der_handwerk (@der_handwerk) 21. Februar 2014
Wenn man Kindererziehungstipps am Partner ausprobiert, merkt man schnell wie dämlich sie sind.
— p47r1c14 c4mm4r474 (@dasnuf) 22. Februar 2014
Ich habe mich freiwillig gemeldet, den Rechner in der KiTa flott zu machen. Tja, wir Informatiker wissen, wie man Urlaub macht!
— Gebbi Gibson (@GebbiGibson) 24. Februar 2014
"Mama, wie heisst du eigentlisch mit Vornamen?"
— p47r1c14 c4mm4r474 (@dasnuf) 24. Februar 2014
Heute das erste Mal zum ‘Eltern-Kind-Turnen’. Die meisten hatten ADHS. Schlimm. Die Kinder zum Glück hingegen alle ganz normal.
— der_handwerk (@der_handwerk) 24. Februar 2014
Hochgucken, Tag 3
Ich fahre gar nicht jeden Tag mit der S-Bahn zur Arbeit, ich gehe meistens zu Fuß. Nur wenn es regnet oder ich es sehr eilig habe, steige ich in die Bahn und fahre dann auch nur eine Station, das ist wirklich nicht viel um Material für diese Rubrik zu sammeln. Ich setze mich in der Bahn nicht einmal hin.
Aber manchmal reicht es eben doch. Ich stehe an der Tür der Bahn, neben mir steht eine Frau, die außer Atem ist, weil sie gerade eben zur Bahn gerannt und durch die sich schon schließende Tür gesprungen ist. Als ob die nächste Bahn nicht in 2 Minuten käme, ich verstehe so etwas nicht. Die Frau jedenfalls ist gerannt und gut getan hat es ihr nicht, das ist nicht zu überhören, sie ringt nach Luft. Eine junge Frau, die könnte auch besser in Form sein, allerdings ist sie ohnehin angeschlagen. Nase gebrochen oder sonstwie lädiert, Verband und Pflaster darauf. Natürlich sehe ich da nur eine Sekunde hin, man starrt nicht in verletzte Gesichter, auch die Menschen neben mir sehen in alle möglichen Richtungen, nur nicht zu der Frau mit der vielleicht tatsächlich angeschlagenen Nase, wer weiß. Das eine Auge könnte blau gewesen sein, da war so ein Schatten, aber einen zweiten Blick vermeidet man natürlich lieber. Die Haare etwas strähnig, aber es ist vermutlich auch nicht ganz einfach, sie zu waschen, wenn man so eine Verletzung hat. Die Hose ein wenig kaputt am Knie, die Stiefel etwas dreckiger als in Büros üblich. Die Frau legt eine Hand an die Scheibe der Tür und sieht hinaus, wir fahren gerade über eine Brücke und ihr Blick geht über die Büroklotzlandschaft unter ihr. Um sie herum, das ist ein Zufall, stehen nur Männer, fast wie in einem inszenierten Halbkreis. Männer, die an ihr vorbeisehen, auf Displays oder auf den Boden. Büromänner in Anzügen unter Outdoorjacken. Es ist nur eine Sekunde, dieser Moment auf der Brücke, aber es ist eine Sekunde aus einem französischen Film. Ihre Amour fou ist in die Luft gegangen, die ganze wilde Liebesgeschichte ist nichts geworden, ein neuer Anfang bisher nur angedeutet, im Bereich des immerhin Möglichen. Die Frau ist eine bekannte Schauspielerin, ohne Pflaster und gestylt würde man sie sofort erkennen. Sie spielt die Unscheinbare und ist doch weit davon entfernt. Vor dem Fenster irgendein Vorort von Paris, eine trübe Angelegenheit mit unerfreulichen Umständen und grauen Figuren, aber die Fahrt geht in die Stadtmitte und da wird es dann schon weitergehen, es geht immer irgendwie weiter in französischen Filmen.
Kameraschwenk zu ihrer Hand, die den Schalter zum Öffnen der Tür drückt, mit einem ganz leichten Zittern, gerade eben zu erkennen. Melodramatischer Soundtrack von einer dieser Wisperfranzösinnen, komplizierter Text, versteht man eh nicht, aber so eingängige Melodie, dass das Stück im nächsten Jahr in einem Werbespot für eine Versicherung wieder auftauchen wird, in einem rührenden Clip für eine Lebensversicherung. Die Tür der S-Bahn geht auf.
Schnitt.
Woanders – diesmal mit anderen Eltern, der S-Bahn, Ritalin und anderem
Nichts ist schlimmer als andere Eltern. Alte Regel.
In Hamburg wird das “Zurückbleiben bidde” gestrichen. Ich mag den Grund sehr. Kann man ruhig ein wenig länger drüber nachdenken, das hat was.
Dafür bleiben die unruhigen Kinder in Hamburg schön sediert zurück.
Ein alleinerziehender Vater der besonderen Art.
Andere Leute haben interessante Berufe.
Bei Isa gab es eine Wohnzimmerlesung und ich habe dabei Bilder gemacht.
Und hier wieder ein Link, bei dem Autoren darunter schreiben möchten: das wissen wir alles schon lange. Schon sehr, sehr lange.
Und hier die Leistung des Tages. Dagegen haben Sie vermutlich gar nichts auf die Reihe bekommen. So im Vergleich.
Frau Novemberregen bastelt dispositiv und das dazugehörige Gespräch erinnert fatal an gewisse Diskussionen, die ich erleben, wenn ich beruflich Erwachsene schule.
Meike Winnemuth über Rosalinde. Ich glaube, ich möchte mal nach Spiekeroog. Außerdem habe ich mich schlimm in das Rosaline-Lied verliebt und es in den letzten zwei Tagen schon, äh, unfassbar oft gehört. Mannmannmann. Na, immerhin können die Söhne den Text jetzt. Und die Herzdame. Die Nachbarn frage ich lieber nicht.
Film: Sven zeigt Happiness. Macht gute Laune. Das sind viele Videos, aber bleiben Sie dran. Und bloß nicht Kiew auslassen!
Fangen
Wenn die Söhne Fangen spielen und sich dabei an einem vorher ausgemachten Ort in Sicherheit bringen, dann nennen sie diesen Ort immer “Mi.” Das irritiert mich, denn in meiner Kindheit hieß es Klipp. Und das irritiert wieder andere, denn bei denen hieß es Klippo, mit einem o am Ende. Oder Frei. Oder Aus. Es scheint viele regionale Bezeichnungen dafür zu geben, ähnlich wie beim Brotknust oder beim Apfelgriepsch. Es kommt vor, dass mir ein Kind auf den Schoß springt und mich lauthals zum Mi deklariert. Da bin ich dann froh, dass sie nicht Klippo sagen, denn das klänge doch, als sei ich ein Clown von bestenfalls mäßiger Intelligenz. Mein Papa, der Klippo. Nein danke.
Natürlich habe ich die Herzdame gefragt, was sie in ihrer Kindheit gesagt hat. Die Herzdame kommt aus Nordostwestfalen, einer etwas seltsamen Gegend. Sie verstand die Frage nicht. Ich habe es ihr erklärt, sie sah mich ratlos an. Dann hat sie mir erzählt, dass es so etwas in ihrer Kindheit gar nicht gab. Wenn sie damals Fangen spielten und einer war zu langsam, dann wurde der eben gefangen. Was denn sonst? Da gab es keinen Sicherheitsort, keine Pausenzonen. Nordostwestfalen ist eine Gegend, in der man zur Eindeutigkeit neigt, auch was das Verlieren betrifft. Die Herzdame findet das Mi-Konzept daher total abwegig. Ich habe versucht ihr zu erklären, dass Mi oder Klipp das Spiel wesentlich netter machen. Das war ihr egal: “Wenn man geschnappt wird, dann ist das eben so!” Da habe ich nichts mehr gesagt. Ich habe mich nur noch in Gedanken gefragt, wie sie vor vielen Jahren wohl auf meinen etwas plötzlichen Heiratsantrag reagiert hätte, wenn sie mit anderen Regeln aufgewachsen wäre. “Wenn man geschnappt wird, dann ist das eben so.”
Ich habe manchmal den leisen Verdacht, diese Regel war ganz gut für mich.
(Dieser Text erschien als Sonntagskolumne in den Lübecker Nachrichten und in der Ostsee-Zeitung)
Hochgucken, Tag 2
Heute saß mir eine Japanerin in der S-Bahn gegenüber oder sagen wir besser eine Frau, die für mich so aussah, als sei sie Japanerin. Was natürlich auch Unfug ist und falsch ausgedrückt, das Gesicht spricht heutzutage gar nicht mehr für die Herkunft, jedenfalls nicht in Millionenstädten. Sie hätte auch Gott weiß woher kommen können, geboren in Finkenwerder, aufgewachsen in Pinneberg. Oder aus Manila, New York, Rio, was auch immer. Eine Frau, deren Gesicht aber an die japanischen Gesichter erinnerte, die ich aus dem Fernsehen kenne, also von früher, als ich noch ferngesehen habe. Wahrscheinlich haben sich die Japanerinnen seit der Zeit nicht signifikant verändert. Sehen die Menschen auch anderswo aus wie in Japan? Was weiß ich.
Eine japanisch aussehende Dame in auffällig feiner Kleidung, sie hätte einem Modeprospekt entsprungen sein können, Abteilung Kostümchen und fortgeschrittener Business-Chic. Eine japanisch aussehende feine Dame mit dezenter Dauerwelle im lackschwarzen, kurzgeschnittenen Haar.
Die Dame, sie war 40 Jahre alt, wie ich jetzt mal eben festlege, immerhin kann ich hier an fremden Leuten herumdefinieren, was immer ich möchte, aß einen Apfel. Einen rotbäckigen Apfel, der nicht so glänzend aussah wie ein polierter und gewachster Import-Apfel mit diesem unangenehmen Plastiklook. Eher so ein etwas dumpfes Biorot, gesund aber leicht stumpf, fast könnte man von einem Boskooprot sprechen. Sie biss in den Apfel und sah dabei ausgesprochen vergnügt aus, als wäre das morgendliche Verspeisen eines Bio-Apfels eine Quelle verblüffender Belustigung. Sie biss, sah aus dem Fenster, strahlte, lachte sogar ein wenig. So ein selbstvergessenes Lachen, das einem nur herausrutscht, wenn man äußerst gut gelaunt ist.
Unsere Blicke trafen sich und sie nickte mir ein wenig zu, weil sie sah, dass ich ihr Lachen bemerkt hatte. Blitzende Augen, Grübchen an den Mundwinkeln, sie biss wieder ab und kaute. Sah mich weiter an und lächelte und da hätte ich sie fast so people-blog-mäßig gefragt, ob sie etwas gegen ein Foto hätte, ein Foto, um dieses Apfellächeln zu dokumentieren und anderen zeigen zu können. Fast hätte ich sie gefragt,. sie sah mich so an, als wäre es ganz leicht gewesen, mit ihr ins Gespräch zu kommen. Es gibt immerhin auch Stimmungen, in denen das leichter als sonst ist und Menschen, die morgens in der S-Bahn so lachen, die sind womöglich tatsächlich ansprechbar, wer weiß. Das würde man nur herausfinden, wenn man tatsächlich fremde Menschen ansprechen würde.
Ich finde es also nicht heraus.
Hochgucken, Tag 1
Ich habe also das Handy in der Tasche gelassen und mich in der S-Bahn umgesehen. Das habe ich lange nicht mehr gemacht, die schlechtgelaunten Gesichter sind dort so schwer auszuhalten, dass ich normalerweise morgens stur auf mein Handy sehe, wie alle. Aber im Rahmen des Ich-finde-alles-doof-Monats ist das Handy eben gerade auch doof. Und über doofe Gesichter kann ich wenigstens schreiben, dachte ich, über das Handy eher nicht. Und damit begann der seltsame Teil des Tages.
Ich sah mich in der Bahn um und blieb gleich an dem Typen hängen, der mir gegenüber stand. Der hatte nämlich die gleiche Jacke an wie ich, so eine schwarze Outdoorjacke. Und er hatte auch einen schwarzen Schal um. Er trug außerdem blaue Jeans und braune Schuhe, das war genau mein Outfit. So laufen natürlich Tausende herum, gar keine Frage, dieser Herr hier war aber auch etwa gleich alt wie ich, hatte raspelkurze Haare wie ich und trug ebenfalls eine schwarzgefasste Brille, das ging schon etwas weiter. Im Gegensatz zu mir starrte er aber die ganze Zeit auf sein Handy, wobei er seltsam taubenhaft mit dem Kopf ruckte und sein Kinn unschön einzog. Das sah nicht gut aus.
Ich nahm mein Handy doch kurz heraus und sah drauf, fasste mich dabei wie zufällig ans Kinn und überlegte, ob ich das wohl auch so merkwürdig einziehe, wenn ich Facebook oder Twitter in der Bahn aufmache? Das wäre ja furchtbar. Der Herr mir gegenüber streckte den Kopf vor und zog wieder das Kinn ein, das sah wirklich weder gesund für die Halswirbelsäule noch attraktiv aus. Ich steckte das Handy schnell wieder weg und schob mein Kinn möglichst weit vor. Immer aus den Fehlern der anderen lernen!
Dann stiegen wir aus, ich verlor ihn in der Menge auf dem Bahnsteig sofort aus den Augen. Da, wo ich morgens aussteige, da steigen massenhaft Menschen aus, ich bin Teil einer lustlos dahintrottenden Herde von Büromenschen. Hängende Schultern, leere Blicke, Getrappel von zweihundert Schuhen auf Betontreppen. Ich ging zu dem Coffeeshop, in dem ich jeden Morgen meinen mittleren Latte Macchiato abhole, ohne etwas sagen zu müssen, die kennen mich da seit Jahren. Dafür hat man ja Stammläden, damit man morgens nicht mehr reden muss. Das Gesicht hinhalten zu müssen ist früh am Morgen oft schon Zumutung genug.
Heute allerdings sahen mich die beiden hinterm Tresen, die mir normalerweise den Kaffee machen und das Geld abnehmen, verblüfft an, als ich reinkam. Und teilten mir dann mit, dass ich doch gerade schon dagewesen sei. Oder doch zumindest ein Mensch, der genau so aussah wie ich. Der hat anscheinend klaglos einen für mich bestimmten mittleren Latte mitgenommen, ein wenig seltsam fand ich es schon.
Und dann kam mir auf der Straße vor dem Laden eine Frau entgegen, die nicht nur verblüffend schön war und wehendes Haar wie aus der Fernsehwerbung in den Achtzigern anhatte, nein, die Dame strahlte mich auch noch an. So freudig strahlte sie mich an, dass ich unwillkürlich zurücklächelte, denn es gibt natürlich Ausmaße der Schönheit, da lächelt man lieber erst, bevor man lange über Wahrscheinlichkeitsrechnung nachdenkt. Allerdings erstarb das Lächeln der Dame, als sie sich bis auf wenige Meter genähert hatte und mich genauer sah, und als sie an mir vorbeiging, war das Lächeln definitiv komplett ausgeschaltet. Ich war ganz sicher nicht der, dem dieses fernsehtaugliche Lächeln gelten sollte. Das war vermutlich der andere, der mit dem Kopfrucken, dem Kinnproblem und dem identisch aussehenden Latte Macchiato im üblichen Pappbecher.
Das ist doch ein eher gemischtes Ergebnis des Hochsehens vom Handy, finde ich. Man nimmt wieder mehr Welt wahr, das ist schon richtig. Aber nicht alles in der Welt möchte man auch wahrnehmen. Kopfruckende Doppelgänger und fehllächelnde Damen – nein, also wirklich. Vielleicht doch lieber auf dem Arbeitsweg weiter auf den Twitterstream starren?
Morgen nächster Versuch!
Consul/Buddenbohm
Ich habe etwas geschenkt bekommen. Und zwar zufällig genau zu dem Zeitpunkt, als mich der Vintage-Trend endlich so weit hatte, altes Zeug doch wieder ganz interessant zu finden. Man kann nicht immer jedem Zeitgeist widerstehen, ab und zu ist Mode auch nett. Das rede ich mir zumindest gerade ein, ich bitte von Widerspruch abzusehen.
Ein Koffer mit Reißverschluss und Schlüsseln, alles bestens erhalten.
Das Gerät passgenau im Futteral, es glänzt und blitzt wie neu.
Das Gerät ist fast genau so alt wie ich, ich bin auch von 66. Wir haben einiges gemeinsam.
Unsere Namen passen gut zusammen. Consul und Buddenbohm, das klingt doch irgendwie nach Literatur und so.
Genau wie das Maschinchen schreibe ich auch immer noch, das scheint bei uns beiden der Hauptverwendungszweck zu sein.
Ich bin auch transportabel, ohne dabei besonders reiselustig zu sein. Wenn ich irgendwo ankomme, kann man mich irgendwo hinsetzen und ich schreibe einfach weiter. Wirklich verblüffend, diese Ähnlichkeit.
Und bei Regen nehmen mich Damen gerne unter ihren Schirm und tragen mich durch die Gegend. Ach nee.
Aber die Herzdame würde sicherlich jederzeit bestätigen, dass man auch für mich keine lange Gebrauchsanweisung benötigt.
Ich bin ganz verliebt. So ein schönes Geschenk.