Ein Lied, beim Rasieren zu pfeifen

„J’ai la mémoire qui flanche”, singt Jeanne Moreau 1963. „Mein Gedächtnis lässt nach.“ Ein Lied von Serge Rezvani (bzw. Cyrus Bassiak, so sein Pseudonym), der vorher auch das viel bekanntere „Le Tourbillon“ aus dem Film Jules et Jim von Truffaut geschrieben hat.

Hier eine Aufnahme, die wie nebenbei gemacht wirkt, und so war es wohl auch tatsächlich. Nicht so munter und vergnügt hüpfend im Klang wie die Schallplattenaufnahme dazu, aber es ist ausreichend für meine kleine Maimusikreihe.

J’ai la mémoire qui flanche
J’me souviens plus très bien
Comme il était très musicien
Il jouait beaucoup des mains
Tout entre nous a commencé
Par un très long baiser
Sur la veine bleutée du poignet
Un long baiser sans fin.

„Mein Gedächtnis lässt nach, ich erinnere mich nicht mehr genau. Aber weil er sehr musikalisch war, spielte er viel mit den Händen. Alles begann mit einem sehr langen Kuss auf die blaue Ader am Handgelenk, ein Kuss ohne Ende.“

Die Übersetzung ist von mir und ist also ohne Gewähr, da nur unteres Schulniveau. Am Schluss des Chansons, um das noch eben rücksichtlos zu spoilern, bleibt dem schwächer werdenden Gedächtnis der singenden Dame nicht einmal mehr sein Name bewusst. Nur noch die kleine Melodie, die er immer morgens beim Rasieren gepfiffen hat, sie bleibt von ihm und von der kleinen Geschichte zwischen ihnen.

Wenn das Lied im Kopf nach dem Abspielen des Videos noch etwas nachhallt, kann man diese Melodie selbst kurz pfeifen. Auch wenn sie einem dann auf einmal etwas schwieriger vorkommt, als sie gerade noch geklungen hat. Es ist dennoch gut für die Stimmung, ich habe das gerade für Sie getestet.

Und weil die andere, die große Geschichte überall nachwirkt und bleibt, weil das beherrschende Thema „Der Rechtsradikalismus in diversen Jahrzehnten“ sich wirklich überall und immer wieder spiegelt, zitiere ich noch eben aus der französischen Wikipedia zu dem Lied:

Es enthält eine Anspielung auf die Farbe „Grünspan“ (Übersetzung des Feldgraus der Wehrmacht während der Besatzungszeit).

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Blick vom Rathausmarkt zu Sankt Petri

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Elixiere für alle

Im Home-Office habe ich längere Zeit auf Problemen herumgedacht, die sich sämtlich nicht durch KI lösen ließen. Und zwar nicht einmal ansatzweise. Obwohl doch schon seit Monaten überall so viel von all den möglichen Lösungen die Rede ist. An jeder Ecke werden die schier endlosen Optionen beschrieben und auch vorgeführt. In gefühlt jedem Medium erscheinen marktschreierische Meldungen über das, was auf einmal geht und was gleich noch alles gehen wird. Und was alles in drei, fünf, zehn Jahren erst gehen wird, wahrhaftig vieles ist es, nahezu alles ist es und sehr schnell wird es ermöglicht werden.

It’s nearly everything everywhere all at once.

Nur passt es alles nicht recht zu dem, was ich da gerade auf dem Tisch bzw. auf dem Bildschirm habe. Es ist super mit dieser KI oder AI, doch, doch, ich sehe es auch ein, ich kann das nachvollziehen und sehe es ja in zahllosen Videos und Artikeln und überhaupt in der Theorie. Aber es ist nur super für das, was da gerade als Beispiel beschrieben oder gezeigt wird. Meine Anforderungen sind regelhaft seltsam anders, irgendwie unpassend. Als hätte ich mir nicht die richtigen Probleme ausgesucht. Was dann noch so ein neues Problem wäre, auf das ich noch gar nicht gekommen war.

Manchmal passt das alles gerade eben nicht, das Ziel wird dabei nur äußerst knapp verfehlt, aber vorbei geht es eben doch und hilft mir also nicht. Manchmal ist es so meilenweit daneben, dass ich mich unwillkürlich frage, ob es an anderen Arbeitsplätzen tatsächlich auch so dermaßen anders zugeht. Dann muss ich zur eigenen Beruhigung erst wieder mit Bekannten reden. Bei denen auch vieles nicht geht, wie ich dann aufatmend höre. Und dann geht es wieder eine Weile, also emotional.

Jedenfalls aber ist so dermaßen vieles nicht anwendbar oder zumindest nicht gerade so anwendbar oder zumindest nicht in diesem Moment und leider auch nicht bei ausgerechnet diesem Problem oder nicht in dieser Firma, in diesem Land, in diesem Monat …  Was geht hier eigentlich vor.

Es fühlt sich wahrhaftig allmählich so an, als gäbe es endlich neues und diesmal wirklich, wirklich gutes Schlangenöl, welches garantiert gegen fast alle Gebrechen hilft, was auch im Gegensatz zu den früheren Schlangenölprodukten einwandfrei nachweisbar und reproduzierbar ist. Ladies and Gentlemen, kommen Sie, sehen Sie, staunen Sie, greifen Sie zu. Es heilt nahezu alle Krankheiten und Plagen, es befreit uns von tausend Beschwerden, ja, es errettet uns vom Siechtum schlechthin.

Nur gerade gegen mein spezielles Leiden, da hilft es allerdings dummerweise nicht. So steht es auch auf dem Beipackzettel nüchtern und recht kleingedruckt vermerkt. Aber sonst, echtjetztmal – es ist ein wahres Wunder, dieses sensationelle neue Schlangenöl. Es werden so viele nachweisbar glückselige Kunden bedient. Ich aber bekomme nichts.

Na, so ähnlich fühlt es sich jedenfalls an. So sad, wie ein gewisser Präsident da vermutlich sagen würde.

Hochhausfassden in Sankt Georg, Glasfronten, in denen sich Wolken und blauer Himmel spiegeln

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Bei der Musik halte ich es für sinnvoll, auch einmal abseitige Tendenzen zur Kenntnis nehmen. Gerade im Mai, in dem all unsere Probleme, die richtigen und die falschen, uns wie immer und üblich zwar erhalten bleiben, aber immerhin freundlicher ausgeleuchtet und auch gut durchgelüftet werden.

Passend dazu ein kryptisch-trauriges Lied von Bob Dylan – aber in der leichteren Progressive-Bluegrass-Coverversion der Country-Gentleman. Warum auch nicht.

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Trocken und schön

Im Wetterbericht sehe ich weiterhin keinen Regen, und zwar weit und breit nicht. Die Herzdame meldete am Wochenende aus dem Garten, dass der Rasen dort bereits aussehe wie sonst im August, also nach der großen Sommerhitze, dem Herbst schon zugeneigt. Und so gehört es nicht im Mai. Der trockenste Frühling seit fast hundert Jahren ist es, die Umweltverbände melden Notstände bei Amphibien etc. Das sind keine guten Nachrichten, aber es fällt dennoch allgemein schwer, sich über „gutes“ Wetter im Mai nicht zu freuen. Man kann immerhin draußen sitzen, Aperol und alles. Guck mal, die Sonne im Glas.

Auf Reddit schreibt jemand, der zum ersten Mal länger in Hamburg ist, dass das Wetter hier doch gar nicht so schlecht sei im Frühling. Es kommt zu einer verwirrenden Diskussion darüber, die damit endet, dass man gut und schlecht wohl neu definieren müsse, denn es passt alles nicht mehr: „Some interesting answers so far. Now I’m confused. When people say „bad“ – does bad mean „cold“, „hot“, or unpredictable? Everyone is saying „hot“ is bad. But I’m guessing this whole bad weather idea has been around since before climate change. Did it mean „cold“ before and „hot“ now?“

Apropos Reddit: Dort schlägt mir der Algorithmus, weil ich mich für Hamburg interessiere, Folgendes vor: Hier sind die Seiten für Köln und Leipzig. Mein Respekt vor Algorithmen ist nicht immer sehr ausgeprägt. Aber das nur am Rande, pardon, ich schweife ab.

Ein weißer Aufkleber, mit Edding beschriftet: Relevanz

Wir scheinen jedenfalls für solche Ereignisse und Veränderungen im Wetter und im Klima keine adäquaten Reaktionen parat zu haben. Wir können damit weder emotional noch rational gut umgehen.

Noch ein Spezialproblem also. Als ob wir nicht bereits genug davon hätten.

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Einen Artikel in der Harvard Business Review fand ich außerdem interessant, obwohl ich kein Freund von Infografiken bin, eher im Gegenteil: How people are really using Gen AI in 2025 (Artikel eventuell hinter Paywall, aber nicht in jedem Fall). Man beachte die vielleicht unerwartet prominenten Anwendungsmöglichkeiten „Therapy/Companionship“ sowie „Finding purpose“. Bevor man sich darüber aufregt, dass diese Anwendungsfälle überhaupt in Betracht kommen, sollte vielleicht schlüssig beantwortet werden, wer oder was denn wohl diese Lücke hinterlassen hat, die hier durch KI tatsächlich oder vermeintlich geschlossen wird.

Es ist eine offene Frage. Jede und jeder kann die üblichen Verdächtigen aus seiner Sicht benennen.

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Zurück zur kleinen Musikreihe „Maximilians Maimelodie“: Neulich habe ich Momus wiedergefunden. Eigentlich heißt er Nicholas Currie, umbenannt hat er sich nach dem griechischen Gott des Spottes, das ist schon einmal ein guter Anfang.

Sein Lied mit dem abgedrehten Titel „A Complete History of Sexual Jealousy, Parts 17-24“ habe ich früher (1988 erschien der Song auf dem Album „Tender pervert“) geliebt – und dann jahrzehntelang komplett vergessen.

Es war mir ein Fest, da wieder reinzuhören, und sogar noch einige Texttrümmer parat zu haben, nach all der Zeit. Und es warf am Rande die Frage auf, was ich wohl noch alles wiederzuentdecken habe, was für Freuden da bisher unentdeckt geblieben sind. Man wird immer weiter Musik hören müssen, um dem in Ruhe nachzugehen, und es gibt wirklich schlimmere To-Dos.

Dann habe ich noch etwas zum Künstler nachgelesen, wie es sich bei mir gehört, siehe die Wikipedia etwa hier. Dann habe ich etwas mehr von ihm gehört und prompt Passendes für diese Reihe gefunden. Denn es hat einen gewissen frühlingshaften Klang, hat es nicht?

“I like you, and I’d like you to like me to like you
But I don’t need you.
Don’t need you to want me to like you.
Because if you didn’t like me
I would still like you, you see.
La la la”

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Mittelgroße Steine werfen

Es gibt eine neue und wiederum linkreiche Monatsnotiz bei Nicola.

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Gehört: Noch einen Thomas Mann aus der Sonderreihe der ARD-Audiothek. Mario und der Zauberer, Gelesen von Gert Westphal, da hört man eh gerne zu. Eine Geschichte mit Faschismus-Content, es passt noch zum Datum, zu den zahlreichen Erinnerungs-Events und auch zu den Antifa-Demos in der Innenstadt.

Weiße Schrift auf dem Pflaster: Nie wieder Faschismus

Unabhängig von allen politischen Fragen genoss ich eine Formulierung, bei der es um starke Hitze ging. Genauer ging es um einen zwar kurzen, aber als unerträglich heiß empfundenen Weg von der Pension zum Strand durch die südlich sengende Sonne, ohne den Schutz schattenspendender Häuser oder Mauern, unter dem gnadenlos wolkenlosen Italiensommerhimmel. Dieser strapaziöse Weg ans Meer wurde da, so Thomas Mann, für die urlaubende Familie aus Deutschland zu einem „im Voraus beseufzten Unternehmen“.

Und das ist doch allemal eine Wendung, die möchte man sich einpacken lassen. Für irgendeine später einmal passende Gelegenheit. Ein im Voraus beseufztes Unternehmen. Ja, ich bin absolut sicher, man wird es im Alltag anwenden können.

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Simon Sahner schreibt über die lauter und häufiger werdenden Forderungen nach mehr Arbeit, nach Überstunden, nach Arbeit statt Krankheit etc.: Wenn die Stechuhr beim Stechen schweigt – Über die unablässigen Forderungen nach mehr Leistung und Arbeit. Ein nachvollziehbarer Text, und es kommt sogar mein alter Freund Bartleby darin vor.

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Das Wochenende verbrachte ich, wie Thomas Mann sagen würde, nicht ohne Belästigung. Er äußert sich gerade in „Mario und der Zauberer“ äußerst abfällig über das in Massen auftretende mediokre Volk, dem möchte ich mich allerdings nicht anschließen. Diese Form der Arroganz scheint mir nicht mehr zeitgemäß, da ist mittlerweile mehr Zurückhaltung geboten. Und medioker, das kann ich immerhin auch. Es ist alles nur eine Frage der Betrachtung. Ich schlage eben die sinnverwandten Begriffe nach, als da wären mittelprächtig, mittelmäßig, durchschnittlich, angeschlagen, bescheiden, fragwürdig, leidlich, mäßig, mitgenommen und auch verbraucht.

Wer also am Ende der nächsten Woche nicht verbraucht ist, der werfe den ersten mittelgroßen Stein.

Den Hafengeburtstag gab es jedenfalls, wieder mit Hubschraubereinsatz, Feuerwerk, Millionen Besucherinnen etc. Außerdem leisteten die Damen- und auch die Herrenmannschaft eines lokalen Sportvereins Besonderes, was dann lautstark und nächtelang gefeiert wurde, bei Konsum wahrer Unmengen von Alkohol. Ich lag nachts ruhegestört wach, hielt geistig Abstand und versuchte zu gönnen. Mit eher mäßigem Erfolg.

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Ansonsten geht es im Folgenden weiter mit der gestern begonnenen Maimusik. Vielleicht schaffe ich eine Reihe bis zum Beginn des Junis.

Heute gibt es eine etwas ältere, federleichte Jazznummer der geschätzten Blossom Dearie (Wikipedia): They say it’s spring.

„When I was young I lived in a world of dreams
Of moods and myths and illusionary schemes
Though now I’m much more grown up
I fear that I must own up
To the fact that I’m in doubt of
What the modern cynics shout of

They say it’s spring
This feeling light as a feather
They say this thing
This magic we share together
Came with the weather too.“

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Prachtgewänder und Possenreißer

Meine Timelines verhielten sich anlässlich der Papstwahl ähnlich niedlich aufgeregt wie bei königlichen Großereignissen. Atemlos saß man vor den auf einmal durchgehend yellowpressmäßigen Newsstreams. Man starrte gebannt auf symbolstark rauchende Schornsteine und auf wallende rote Prachtgewänder, auf das so bemühte und auch so sorgfältig inszenierte Reenactment vergangener Größe und Macht. Ähnlich wie es die Volksmenge im Mittelalter direkt vor den Palästen und Kirchen getan haben wird. Einige vergaben laufend kritische Haltungsnoten für die Darsteller, die durch die historisch anmutenden Bilder liefen. Manche mansplainten oh so kenntnisreich die katholische Kirche und ihre Riten sowie auch die Geschichte der Päpste und ihrer Namen. Einige machten ruchlose Hofnarrenwitze.

Sehr weit jedenfalls sind wir seit jener Zeit, in der die mittelalterliche Menge noch gebannt vorm Gemäuer stand und nach oben sah, in mancher Hinsicht doch nicht gekommen.

Ein Ausschnitt der Orgen in St. Jacobi mit trompetenden Engelsfiguren

Interessant aber auch, dass direkt, binnen weniger Minuten nach Bekanntgabe des Wahlergebnisses, bereits erste Befunde über diesen neuen Leo vermeldet wurden. Scharfe Statements wurden da gepostet, wie dieser Mann so sei, was man von ihm alles erwarten könne und was sicher nicht, wofür er bei diversen Themen stehe und was nun alles passieren werde. Das wurde alles mit großer Sicherheit im Tonfall ausgesagt.

Von diesen Statements waren nicht wenige falsch, eher verzerrend oder zumindest deutlich unterbelichtet, wie sich kurz darauf und nach der beflissenen Kenntnisnahme anderer Quellen zeigte. Sie waren dafür aber oft umso drastischer formuliert. Denn es ist und bleibt doch so eine Sache, das mit der Aufgeregtheit, den Fakten und der Positionierung im Internet.

Aber egal. Siehe auch Schulhof, Büroflur, Eltern-Whatsapp-Gruppen etc., am Ende unterliegt alles dem gleichen Ablauf.

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Und hier ohne jeden Zusammenhang noch etwas neu erschienene, eher fluffige Musik, womöglich passend zum Wetter und zum Wochenende. Ich bin sicher kein Experte für tendenziell gutgelaunte Musik, aber das hier kommt mir geeignet vor für diesen Monat, dem man so oft die Wonne voranschreibt.

Herman Dune (Wikipedialink)– The buffoon of love. Buffoon, das Wort habe ich lange nicht mehr gehört oder gelesen. Die erste vorgeschlagene Übersetzung ist Possenreißer, und es gibt also doch einen Zusammenhang zum ersten Teil des Textes, guck an. Denn dieses Wort klingt wieder nach dem oben bereits erwähnten Mittelalter. Possenreißer der Liebe also.

Ich möchte an dieser Stelle aufgrund einer sich spontan aufdrängenden Erinnerung die Frau grüßen, die mich vor vielen Jahren im Bett einmal Verkehrskasper genannt hat. Auch wenn sie sicher schon seit Jahren nicht mehr mitliest. Auch einmal ins Vage winken, ins unverbindlich Erinnerte.


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Tarifrundenergebnis der eher einfachen Art

Vorweg ein herzlicher Dank an Leserin A. für die Zusendung eines betont antizyklischen Geschenks, einer Tageslichtlampe vom Wunschzettel. Ich werde dann berichten, wenn es wieder dunkler wird. Mit Geschenken durchs Jahr, das ist sehr gut so, vielen Dank!

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Und sonst: Ein Sohn wünscht seine Eltern dringend zu sprechen. Die Lage ist einigermaßen ernst, denn er möchte mehr Taschengeld haben. Ein verständlicher Wunsch, das Leben ist teuer und die Preise steigen weiter. Da hat man Bedarf, ich kenne das. Das denke ich mir aber nur, das sage ich natürlich nicht. Denn wir gehen hier immerhin in Verhandlungen, da bin ich nicht als verständnisvoller Vater gefragt, sondern als hanseatischer Geschäftspartner. Was der Alltag eben an Rollen verlangt, was man so alles aus dem Stegreif spielen kann. Im Laufe des Lebens hat man in meinem Alter doch etwas Bühnenerfahrung gesammelt, auch in diesem Theater.

Es gibt Tabellen mit Empfehlungen für die Taschengeldhöhe von staatlichen und anderen Stellen, schick gestaffelt nach Altersgruppen. Es gibt auch die Erfahrungswerte anderer Eltern, dazu noch die einschlägigen Medien. Man ist mit solchen Fragen nicht allein, man kann vieles nachsehen und sich überlegen, was zu einem passt. Einen überaus vernünftig klingenden Mittelwert kann man sich bei dieser Frage ableiten, unauffällig kann man sich durchschlagen, um weder geizig noch größenwahnsinnig zu wirken. Es ist im Grunde eines der einfacheren Themen.

Viel einfacher, als es früher einmal gewesen sein muss, als die Menschen noch deutlich informationsärmer lebten und jeder allein vor sich hin entscheiden musste. Damals vor diesem Internet, die Älteren erinnern sich.

Der Sohn stellt dann jedenfalls seine Forderung. Und ist überrascht, wie schnell die Herzdame und ich zustimmen, und in welch verdächtig guter Laune. So kennt er diese Gespräche nicht, das hat er sich deutlich schwieriger vorgestellt und ahnt also sofort, dass da etwas nicht stimmen kann. Was auch so ist, denn er hat versehentlich das gefordert, was er ohnehin schon bekommt. Da ist es für uns kein großes Problem, mal eben zuzustimmen, da gönnen wir gerne und betont lässig. Der Sohn hing geistig noch in der vorigen Verhandlungsrunde fest, er ging tariflich dezent nach, so etwas kann passieren.

Und da man nicht selten auch von den eigenen Kindern etwas lernen kann, sehe ich noch während dieses Gesprächs unauffällig und nebenbei auf dem Computer nach meinem genauen Gehalt, damit mir derartiges auf keinen Fall selbst passieren kann.

Denn man erhält auf dieser Impro-Bühne jeden Tag Lektionen von seinen Mitspielern. Man muss nur dauernd versuchen, sie zu verstehen.

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Im Bild ein Blick über das Nikolaifleet auf Sankt Katharinen. Eine weitere der Hamburger Hauptkirchen (ich hätte sie nicht korrekt aufzählen können, merke ich gerade, diese hier sind es), und ich glaube, sie kam hier noch gar nicht vor. Nanu.

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Komplikationen und Neustart

Gerade erst habe ich verstanden, denn ich gehe, wie bereits angemerkt, bei den Nachrichten neuerdings eventuell ein wenig nach, dass die Modernisierung und Entbürokratisierung von der frischen Regierung in einem neuen Ministerium angesiedelt werden wird. Dass man dafür also erst einmal neue, zusätzliche und sicher komplexe Strukturen schafft. Das ist doch einmal ein grandioser Einstiegsscherz, für mich viel unterhaltsamer als die zunächst misslungene Kanzlerwahl. Ich möchte ausdrücklich zu dieser Idee gratulieren. Und ich tue dies nicht, wie man vielleicht spontan annehmen könnte, voller Zynismus und Spott. Nein, keineswegs.

Ich gratuliere vielmehr als Mensch, der erstens in einem ebenfalls komplexen Weltkonzern arbeitet und zweitens mit dem Auf und Ab der Bürokratisierung und der administrativen Prozesse nicht eben wenig zu tun hat. Ich gratuliere also voller Sympathie und Kameradschaft, und ich denke, ich kann mir die gedanklichen Wege, die bei „Alles muss einfacher werden“ begannen und dann bei diesem neuen Ministerium endeten, dermaßen gut und plastisch vorstellen, dass ich aus dem Stand eine Netflix-Serie daraus machen könnte. I feel you, neue Regierung, I feel you. Also zumindest bei diesem Aspekt.

Bei allen anderen Fragen und Themen der Politik bleiben selbstverständlich weiterhin erhebliche Zweifel und Distanz angebracht.

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Weil ich schon bei Thomas Mann war und gerade erst seine Erzählungen „Kleiderschrank“ und auch „Eisenbahnunglück“ konsumiert habe, habe ich gleich noch ein weiteres Hörstück angefangen. Es lag so verlockend direkt neben den anderen in der Audiothek – „Der kleine Herr Friedemann“. Vortrefflich gelesen von Dieter Mann, nicht verwandt mit dem Autor.

Eine kleine Novelle, von der ich noch weiß, dass ich sie sicher als junger Mensch einmal gelesen habe. Von der ich ansonsten aber so gut wie nichts in der Erinnerung habe, außer: Das geht keinesfalls gut aus. Vom vorlesenden Dieter Mann gibt es übrigens auch, noch eben eine Erinnerungsempfehlung, eine sehr, sehr gute Hörbuchversion von Heinrich Manns Professor Unrat.

Wenn diese Ihnen begegnet, hören Sie ruhig mal rein, für mich ist das die gültige Version.

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Ansonsten war der Mittwoch ein unbefriedigender Tag in Hammerbrook, verstimmt und schlecht verarbeitet. Unzufrieden mit mir und allem, mir außerdem keiner Lösung bewusst und mit bestenfalls mäßiger Perspektive bei nahezu allen Themen, die mir einfielen. Und mir fielen viele ein. One of those days, Sie kennen das.

Na, man kann die Kurve auch nicht an jedem Tag kriegen, man muss es wohl auch gar nicht. Es gibt Tage, die löst man am besten dadurch auf, dass man ins Bett geht. Reset und Neustart.

Aber immerhin Alster.

Blick über die Binnenalster am Nachmittag vom Jungfernstieg aus

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Der wandelbaren Männer zweiter Teil

Ich lege noch einen Mann an. Also an meinen gestrigen Text, der eine kurze Verwandlung schilderte, den sekundenlangen Latino-Durchbruch am Geldautomaten. Wandelbare Männer scheinen ein Thema zu sein, ein Ding, wie man heute sagt, denn am nächsten Tag gab es schon die nächste und passende Anschlussszene. Von der Grundkonstellation her nicht unähnlich und auch mitten aus dem Alltag. In diesem Fall aus der Warteschlange an der Kasse im Drogeriemarkt.

Da stand vor mir einer, der ohne lange Überlegung nach klischeemäßiger Assoziation der Consulting-Branche zugerechnet werden konnte, Merger & Acquisitions vielleicht, Wirtschaftsrecht womöglich, dergleichen. Also in einem Anzug, der deutlich knackiger wirkte als meiner, strammer und slimmer zugeschnitten, frischer gereinigt, besser gebügelt. Neuer sicher auch, teurer natürlich. Dazu ein Haarschnitt, der nach Frisurenmodel aussah. Solche Köpfe werden auf Werbeplakaten abgebildet und ja, manche Menschen sehen erstaunlich gut aus. So viele sind es gar nicht, hier war aber einer davon. Die Rasur selbstredend ebenfalls makellos, trotz der schon etwas späteren Stunde. Glänzende Schuhe, kein Stäubchen an der ganzen Figur, keine Knitterfalte, kein Knick, kein Makel. Es war einer dieser Typen, bei denen ich denke, dass ich das gar nicht kann. So herumzulaufen, das ist mir einfach nicht gegeben, es ist mir beim besten Willen nicht möglich, derart perfekt auszusehen.

Und zwar nicht nur, weil mein Gesicht das nicht hergibt, sondern auch, weil ich nicht einmal einen Anzug so fehlerfrei durch die Gegend tragen könnte. Rundrücken und Bauchansatz, Hängeschultern und stets unerwünschte Falten im Sakko und in der Hose. Was man in einem Spiegel oder Schaufenster nicht alles sieht, wenn man dummerweise an einem vorbeigeht und unabsichtlich hineinsieht. Der Mann da vor mir aber … der sah aus, als hätte man ihn in diese Kassenschlange aus einem Katalog heraus hineingephotoshopt. Oder nein, das macht man heute per AI. Also eher so, als hätte man ihn per Prompt dort hineingezaubert, mitten unter die Durchschnittsbevölkerung und also genau neben mich, kein Tag ohne Demütigung.

Er kaufte Gutscheine für dieses und jenes. Vielleicht waren es Präsente für den Büronachwuchs oder auch für den eigenen, was weiß man schon. Ein ganzes Bündel Gutscheinkarten jedenfalls.

Und dann fand er sein Geld nicht. Oder seine Karte nicht, sein Smartphone vielleicht, womit auch immer er bezahlen wollte. Ein Griff in die eine hintere Hosentasche, dann in die andere. Danach in die vorderen und dann, schon etwas schneller werdend, auch in die Sakko-Innentaschen. Und in die äußeren auch noch. Nichts.

Er machte dann, und die aufkommende Hektik war schnell unübersehbar, seinen Notebook-Rucksack auf und wühlte von Fach zu Fach. Bückte sich fluchend, um mit beiden Händen besser wühlen und graben zu können. Richtete sich wieder auf und dachte so angestrengt nach, dass man es mitfühlen konnte. Ging sämtliche Taschen noch einmal, noch zweimal durch, den Rucksack auch wieder und dann von vorne, bewegte sich immer schneller.

Er geriet dabei zusehends und in flotter Steigerung aus der inneren und äußeren Fassung. Er fing an zu schwitzen beim wiederholten Bücken und Aufrichten, er wurde rot im Gesicht. Nach den bald etwas wilder werdenden Bewegungen hatte er ein aus der Hose hängendes Hemd und ein auf einmal schief sitzendes Sakko an, Nach kurzer Zeit und mehreren Suchdurchgängen durch alle Wegsteckmöglichkeiten am Mann wirkte er fortgeschritten desolat. That escalated quickly.

Er ging schließlich laut mit sich selbst redend aus der Schlange und zum Drehständer mit den Gutscheinen. Er steckte sie alle zurück, sogar in die jeweils richtigen Fächer. Ausgesprochen ordentlich machte er das, dafür reichte die Contenance gerade noch aus. Oder aber es war eine Beruhigungsmaßnahme nach der alten und tatsächlich recht brauchbaren chinesischen Regel: Wenn du es eilig hast, gehe langsam. Die Regieanweisung für seinen Gesichtsausdruck dabei lautete allerdings vollkommen zweifelsfrei: „Nagende Ungewissheit und entnervter Unterlippenzubiss.“ Dann verließ er den Laden unverrichteter Dinge. Erhitzt, erschöpft und derangiert, ein Bild des Jammers.

Mitten im Leben sind wir vom Chaos umfangen. Das immer bei allem mitdenken, so ging es mir durch den Kopf. Und ich tastete vorsichtig und unauffällig kurz nach meinem Portemonnaie. Alles noch da. Immerhin.

Dann verließ auch ich schließlich den Laden. In vergleichsweise gepflegtem Zustand.

Ein Büroneubau am Abend, im oberen Stockwerk ein hell erleuchtetes Fenster

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Der Montag, das Musical

Der Montag beginnt mit deutlicher Unlust, denn ich fühle ihn allzu deutlich. Um noch einmal Thomas Mann zu zitieren, diesmal aus der Erzählung „Der Kleiderschrank“, ebenfalls gerade in der ARD-Audiothek verfügbar, gelesen von Manfred Zapatka: „Er liebte es nicht, sich in Kenntnis über die Stunde oder auch nur den Wochentag zu wissen.“

Mit Murren und Knurren, wie eine frühere Kollegin zu sagen pflegte, beginnt also diese Woche. Denn es scheint eine normale Woche zu sein, was mir der Kalender da anzeigt, kein einziger Feiertag rückt in Sicht. Außer in Berlin und Luxemburg, ich weiß. Der Tag der Befreiung in der einen Gegend, der Europatag in der anderen. Das klingt allerdings weder spezifisch berlinerisch noch ausschließlich luxemburgisch. Diese Anlässe kann ich vielmehr auch beanspruchen, all your Feiertage are belong to me.

Auch meine Eltern wurden schließlich befreit (Geburtsjahre 1933 und 1938, wie sehr nach Geschichtsbuch können Jahrgänge klingen), auch ich schätze Europa.

Aber was bekomme ich? Nichts, gar nichts. Bzw. nur fünf betont schlichte und gewöhnliche Werktage in der Normal- und Mindestausführung. Graue Durchschnittsware auf Werkseinstellungen, ohne alle Extras und Premiumfeatures. So steht man immer wieder vor neuen Herausforderungen und Todsünden, in diesem Fall erneut vor dem Neid.

Egal, nächste Station Himmelfahrt. Immerhin noch in diesem Monat. Ich klappe das Brotberuf-Notebook auf, ich lese die erste Mail, ich beginne, alles zu veratmen. Was soll man auch machen.

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Am Abend des ansonsten vollkommen ereignislosen Tages hebe ich an einem Automaten Geld ab. Das macht auch jemand neben mir, ein Mann, der es offensichtlich eilig hat. Er tippt da nicht nur das Übliche ein, nein, er trommelt auch wild auf dem Display herum. Er zischt dabei außerdem so etwas wie „Mach schon“ und „Los, los“, weil diese Maschine eher gemächlich vorgeht und über seine Eingaben erst einmal gründlich nachdenkt.

Dann kommt er zur Bildschirmansicht, auf der er die Summe auswählen soll, und da weiß er auf einmal nicht recht, das haut es ihm eine Bremse in die Eile. Er will erst mit Schwung auf etwas tippen, aber die Hand mit dem ausgestreckten Finger biegt mitten in ihrer Flugbahn ab, nimmt eine steile Kurve nach oben und es kommt dort zu einer Übersprungshandlung: Es wird keine Summe gewählt, es wird mit den Fingern geschnippt. Er weiß es gerade nicht mehr, was er will, nimmt er nun diesen oder jenen Betrag. Kurz sieht er zur Decke des SB-Raums, aber da steht die Lösung nicht.

Und weil er für einen Moment nicht recht weiß, schnippt die Hand da oben einfach weiter und da wird es auf einmal ein Rhythmus. Und weil dies nun ein Rhythmus ist, bei dem er wohl mitmuss, macht er vier, fünf ganz kleine, kaum ausgreifende, wenig Raum fordernde Tanzschritte. Bei denen er aber auch die Hüfte wippend einsetzt und überhaupt auf einmal eine unübersehbare und eindeutig außerhanseatische Sonderform der Körperspannung aufweist, quasi Auftrittsmoment.

Würde man ihn lassen und würde jetzt die Musik losgehen, würde der Soundtrack passend einsetzen, es würde sicher eine großartige Tanznummer werden. Man müsste mich nur dringend aus diesem Bild schieben. Eine Art Musical-Effekt im Alltag wäre es, und kein schlechter. Denn die Schrittchen, die ich da sah,  die waren zwar klein und kurz, sahen aber ungeheuer gekonnt aus. Jemand, der so etwas mal eben nebenbei macht, in dieser Haltung,  der unterrichtet womöglich abends Salsa oder dergleichen, stammt von karibischen Tanzdynastien ab, gewinnt vielleicht seit Jahren mit seinem Tanzsportverein jedes Latein-Turnier. Es ging dann aber keine Musik los, es war ein wenig bedauerlich.

Sonst habe ich nicht viel gesehen an diesem Tag. Aber immerhin einen Geldautomaten, der mit kurz aufflammender Leidenschaft angetanzt wurde.

Eine Art Papierorden mit einem Smiley, der weggeworfen auf dem Pflaster liegt

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Küstenschutz, Bücher, Nachrichten

Am Sonntagmorgen regnet es einige Tropfen auf die staubtrockene Wüstenstadt Hamburg. Da erreiche ich das gesegnete Immerhin des Tages also in Rekordzeit, nämlich direkt nach dem Aufstehen. Dazu ist es rollkragenkühl und seefrisch windig aus Nordwest. Ich nutze daher in meiner enthemmten Sucht nach der Stimmigkeit von Themen, Klängen und Szenen die Gelegenheit und höre mir beim ersten Spaziergang ein Radio-Feature über den Küstenschutz an Nord- und Ostsee an. 55 Minuten, danach ist man dann upgedatet. Was man in Norddeutschland wohl auch sein sollte.

Ich hatte in den letzten Jahren den Eindruck, dass dieses Thema nicht ganz die Prominenz hat, die es bei uns klimawandelbedingt haben sollte. Auch in Hamburg nicht, wo es in den Medien kaum jemals vorkommt. Dabei stellen wir hier sogar neue Stadtteile in die Elbe.

Vielleicht übersehe ich aber auch etwas, immer vorsichtig urteilen.

Die Elbe am Fischmarkt im Morgenlicht

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Nach dem „Gentleman über Bord“ bot es sich an, etwas aus dem englischen Sprachraum weiterzulesen, auch wenn einige deutsche Bücher schon viel mehr Zeit auf dem Nachttischstapel verbracht haben. Ich greife zu „Scoop“ von Evelyn Waugh, das ich unbegreiflicherweise noch nicht kenne. „2015 wählten 82 internationale Literaturkritiker und -wissenschaftler den Roman gemeinsam mit Waughs Erstlingswerk Verfall und Untergang zu einem der bedeutendsten britischen Romane, heißt es in der Wikipedia. Da kann man einmal reinlesen, denke ich und konsumiere die ersten Seiten dann auch mit erheblichem Vergnügen. Deutsch von Elisabeth Schnack.

Bei Waugh muss ich immer daran erinnern, dass seine Frau ebenfalls Evelyn hieß und sie daher von Freunden He-Evelyn und She-Evelyn genannt wurden. Eine Anekdote, bei der ich mit einiger Sicherheit annehme, dass sie nicht stimmt. Was sie meiner Meinung nach nicht verschlechtert.

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Die Landlebenbloggerin kriecht währenddessen über vogesische Wiesen, knipst Grünzeug und erläutert kurz den angemessenen Umgang mit der Nachrichtenlage im Urlaub: „Ich checke maximal einmal am Tag ganz grob die Weltenlage, schlage dann mit dem Kopf einmal kräftig auf den Tisch und schließe das Internet wieder.

Wobei zu überlegen ist, ob das in diesen Zeiten wirklich nur für den Urlaub gilt. Ich habe da so einen Verdacht, und tatsächlich hat sich mein Nachrichtenkonsum in den letzten Wochen ebenfalls auf weiter schrumpfende Kernzeiten reduziert.

Meine News-Junkie-Periode mit stündlichen Updates scheint also ekelbedingt erst einmal vorbei zu sein. Da lande ich wieder bei einer grundsätzlichen Wahrheit: Es ist alles nur eine Phase.

Wozu mir gerade Mick Flannery noch einmal einfällt. Es passt schon.

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