Berichtslücken, Kompetenzlücken, Finanzierungslücken. Ein vergnügter Mängelbericht.

Vera Jourová zur DSGVO und zur Frage, ob sie eine Klagewelle auslösen wird: “Glücklicherweise sind die meisten Personen normal – sie haben andere Hobbys, als ihre Mitmenschen zu verklagen.” Woraufhin leider nicht nachgefragt wird, wie das denn dann mit den nicht ganz normalen Mitmenschen geregelt wird, dies es ja zweifellos gibt und die ebenso zweifellos Schaden anrichten wollen.

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Heute bei einer Arztpraxis anrufen, da lief eine automatische Ansage: “Wenn Sie gesetzlich versichert sind, drücken Sie bitte die 1.” Das habe ich bisher auch noch nicht erlebt. Und ich hätte fast noch einmal angerufen, um nochmal ganz genau hinzuhören, ob vor dem “gesetzlich” wirklich kein “nur” erwähnt wurde.

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Schwarze Seife gekauft, die probiere ich jetzt aus. Wobei man bei Seifen wohl generell (auch bei dieser?) mit Essigwasser nachspülen soll, wenn man sie als Shampoo benutzt, die Fachwelt spricht da von einer “sauren Rinse” und, mein lieber Schwan, klingt das wohl schrecklich? Gleich kommt die Mama mit der sauren Rinse! Und dann die Tränen. Ich weiß nicht, ob ich eine saure Rinse erleben möchte, das klingt doch wirklich schauderhaft. Und kann man überhaupt gut gelaunt in den Tag starten, wenn man schon eine saure Rinse hinter sich hat und leicht nach Essig riecht? Ich weiß ja nicht, ich versuche es lieber erst einmal ohne. So ein Stück schwarze Seife kostet 6 Euro irgendwas. Im Bioladen. Keine Werbekooperation, nix. Nur Neugier und Plastikaversion.

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Wieder einmal gedacht, dass mir hier so etwas wie Flattr fehlt. Das war eine zeitlang doch ein sehr netter Dienst und es hat mir Spaß gemacht, das dort in den Hut geworfene Geld in Familienausflüge und damit in neuen Content umzusetzen, ich fand diesen Straßenmusikaspekt beim Schreiben immer großartig. Leider hat sich kein Nachfolger richtig durchgesetzt und andere Micropayments sind ein eher undurchsichtiges Thema, sind sie nicht? Tipeee hat technisch leider nicht recht geklappt (aber danke für die Überweisungen! Ich kriege da immer noch ein bedingungsloses Trinkgeld, das ist ganz großartig, ich danke überhaupt auch für den Begriff bedingungsloses Trinkgeld, der ist sehr, sehr schön). Patreon? Paypalspenden? Ich weiß nicht recht, da muss man sich wieder überall erst hineindenken. Aber ich probiere demnächst mal herum. Ich könnte so in den Hut geworfenes Geld jetzt in Pflanzen investieren und diese auf der Parzelle einbuddeln, quasi solidarische Gartenwirtschaft, und dann natürlich darüber schreiben. “Die Levkojen der Leserinnen”, “Die Kresse der Kommentatoren”, “Die Funkien der Follower”, so in der Art? Na, mal sehen.

Wobei – große, vorbildhafte Bloggerinnen machen das ja schon, sehe ich, etwa hier, ganz unten in den letzten Zeilen. Dann mache ich das doch einfach mal nach und gucke, was passiert, dann ist das ja schon ein Trend, ein hipper. Wenn ich mich nicht allzu blöd anstelle, dann ist da also gleich so ein Link unterm Artikel.

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Über Pfingsten ist hier wieder mit desaströsen Berichtslücken zu rechnen, denn das Wetter soll über weite Strecken trocken sein, ich muss und will also in den Garten. Den Graben für das Stromkabel buddeln, einen Kühlschrank kaufen und ins Häuschen schleppen, mehr Rasen säen, noch mehr Tomaten pflanzen, die Laube streichen, einen Zaun bauen. Und jetzt alle: Nanu, seit wann kann der Herr Buddenbohm denn Zäune bauen? Er kann es nicht, er macht es trotzdem, das ist ja der Witz beim Schrebergärtnern.

Seit vielen Jahren schließe ich nach und nach drastische Kompetenzlücken, darüber habe ich eigentlich recht wenig geschrieben, merke ich gerade, nanu! Das resultiert sogar noch aus meiner astrologischen Phase, aber keine Angst, das kann man ganz ohne Esoterik angehen. Denn es hat sich für mich als interessant und weiterführend erwiesen, die Bereiche anzugehen, in denen ich gar nichts kann oder konnte, diese Pfui-Themen im Leben, die jede und jeder hat. Deswegen habe ich auch als dramatischer Matheversager einen Job als Controller, damit fing es sozusagen an, deswegen habe ich recht spät auch noch einmal neu das Autofahren erlernt, das ich vorher lange verweigert habe, deswegen habe ich mir jahrelang langsam selbst das Kochen beigebracht, deswegen habe ich auch schon mal programmiert und Kraftsport gemacht (Muskelmax! Jaha!), lauter solche Sachen. Ganz ohne Eile und Gedränge, fast wie nebenbei, immer nur ein Thema zur Zeit im Fokus.

Und, immer noch ohne Esoterik an Bord, das waren jedesmal hochinteressante Erfahrungen, das kann man sich auch küchenpsychologisch betrachtet leicht vorstellen. Ein paar Themen habe ich dabei und vor allem danach völlig neu bewertet und mag sie jetzt, etwa das Kochen. Ein paar kann ich jetzt einfach nur, mag sie aber nach wie vor nicht, etwa das Autofahren, das ist für mich verzichtbar. Aber es war doch befreiend, vom Nichtkönnen zum Nichtwollen überzugehen. Ein paar der so gewonnenen Themen würde ich gerne auch langsam wieder loswerden, aber hey, mein Arbeitgeber liest mit. Es ist kompliziert.

Und nun also Garten und Handwerk, irgendwas ist eben immer dran. In ein paar Jahren stelle ich mich der vermutlich fürchterlichsten aller Herausforderungen, Ruhe und Meditation. Aber erst einmal baue ich etwas, diese Kompetenzlücke ist nämlich auch größerer Art. Ich verlasse mich da jetzt aber einfach auf eine unvorstellbar lange Liste handwerklich tätiger Vorfahren, auf all die Generationen von Bauern, Glasern, Klempnern, Schlossern, Tischlern, Zimmerleuten, Böttchern, Stellmachern, Arbeitern, Tagelöhnern, ich stelle mich da also wild entschlossen mit dem Hammer und der Säge und den Nägeln vor das Holz und denke, dass ich doch zweifelsfrei die Gene all derer mir habe, die im Stammbaum vor mir mit den Händen erfolgreich gearbeitet haben und die sicher alles konnten, was man mit diesen gängigen Werkzeugen so anstellt; auch mein Vater trägt den Meistertitel, mein Großvater trug ihn, mein Urgroßvater etc. – und dann singe ich leise und entschlossen: “Ich hab Millionen Legionen hinter mir.” Denn etwas Pathos hilft bei großen Aufgaben, das weiß man.

Ich meine, der Zaun wird immerhin ungefähr sechs Meter lang.

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Und hier kann man nun also, wenn es denn funktioniert, via Paypal Geld einwerfen, Geld für Pflanzen, über die ich dann in epischer Breite berichten werde, Geld für den Buddelbohm. Man muss aber nicht. Logisch. 

31 Kommentare

  1. Hm. In der Ahnentafel meiner Familien finden sich in der überwiegenden Mehrzahl irgendwelche feingeistigen und leider alltagsuntaugliche Kopfarbeiter, die vermutlich allesamt nicht in der Lage waren, auch nur einen Nagel in die Wand zu schlagen. Geschweige denn einen Zaun zu bauen. Ich versuche mich dieser Tage dennoch am Bau eines Ziegenstalls, jawoll. Wenns schief geht, weiß ich aber wenigstens, warum. Sie tragen da mit Ihrem Stammbaum offenbar die schwerere Last, verehrter Herr Buddenbohm. Gutes Gelingen!

  2. Rinse dürfte vom französischen rinçer kommen, mit c mit cédille, c’est plus élegant, ist es nicht?

  3. Mit Essigwasser nachspülen erodiert bestimmt die Emaille, dann muß die erneuert werden, das ist dann ökologisch wieder… ach herrje. Schwierig. Ich habe seit Jahren sehr viel Plastik aus dem Haushalt entfernt, mehr aus ästhetischen Gründen allerdings. Also Vorratsdosen aus Glas usw. Immer noch aber wandert nach dem Wocheneinkauf viel Verpackung in die gelbe Tonne, es ist kaum zu fassen. Nicht zu fassen ist aber leider auch, was die Nachbarn dort reinwerfen. Papier, Farbeimer, neulich ein kaputter Staubsauger… So ein SERO-Laden, wie es sie in der DDR gab, wäre vielleicht nicht schlecht. Dort könnte gleich viel besser beratend sortiert werden, wenn man Plastik schon nicht vermeiden kann oder will.

  4. Mit Essig nachspülen…? Das hört sich für mich weniger prickelnd an. Ich habe heute auch meine Haarseife ausprobiert. Ist schon ein wenig gewöhnungsbedürftig… klappt aber ganz gut!
    Gruß Margit

  5. Ich kenn die „Rinse“ mit ziemlich stark verdünntem Apfelessig, das riecht dann schon wieder ganz nett. Muss man allerdings mögen…

  6. Nur Mut! Wir haben vorletztes Jahr 12 Meter Zaun gesetzt – ohne Kompetenz, aber dafür mit Gefälle!
    Ich twittere mal ein Foto 🙂
    Lg
    Anne

  7. Gerade eben habe ich eine Haarseife in Gebrauch, die tatsächlich keiner sauren Rinse bedarf. Und sie macht das Haar sehr fluffig. Wenn nur die Packung wiederfände …

  8. Es gibt ko-fi als Dienst, da gibt man jmd quasi einen Kaffee aus, läuft auch über paypal. Ging Anfang des Jahres mal rum. Hat sich aber offensichtlich leider bisher nur bei Künstlern durchgesetzt. Egal, wir haben den Button trotzdem auf unserem Blog… ?

  9. In der Seifenfrage empfehle ich auch einen Blick auf Meissner Tremonia, hier lokal aus Dortmund, betrieben von sehr netten Menschen mit einem kleinen Laden im Stadtteil – und mit Shampoo-Pasten und Rasierseifen und allem Möglichen. Ich kaufe dort öfters und war danach immer glücklich. https://meissner-tremonia.de

  10. Hach ich freue mich grad 🙂

    Danke für das teilhaben lassen an dein/euer Familienleben. Und an deine in die Tiefe gehende Gedankengänge.

    Ich lese schon ein gefühlte Ewigkeit bei dir mit und bin froh über die hier regelmäßig erscheinende blogartikel und diese Vielfalt an Themen.

    Liebe Grüße
    Eetje

  11. SERO ist/war die Abkürzung für Sekundärrohstoffe. Papier, Glas, Schrott wurde gesammelt und zu den SERO-Annahmestellen gebracht. Dafür gabs dann ein wenig Geld. Sowas könnte man heute gut und in viel größerem Umfang wieder einführen, nennt sich eben jetzt halt Recycling.

  12. Man muss (soll) ja nicht den unverdünnten Essig ins Haar kippen. Eben auf echtkathrin gelesen: „Die Saure Rinse hilft die Schuppenschicht wieder zu schließen und die Haare glatter und kämmbarer zu machen.“ Ich finde, dass der Unterschied schon deutlich ist. Nach der Rinse fassen sich die nassen Haare wirklich glatter und weicher an. Und damit ich eben *nicht* nach Essig rieche, spüle ich danach nochmal kurz mit klarem Wasser. Das gute Griffgefühl bleibt dann. Für Rinse und das letzte Spülen nehme ich relativ kühles Wasser, weil das auch gut für’s Haar ist.
    Meine Seifen, auch die Haarseife, kaufe ich schon ewig bei savion.de

  13. Hoffentlich wird es ein Holzzaun. Wie wohl die Buddenbohm´sche Version des Zaunstreichens Aussicht – ob die Söhne wohl schon Huckleberry Finn kennen?

  14. Eine gute Shampoo Alternative gibt es als seifenfreies Waschstück von Sebamed oder dm oder Rossmann Eigenmarke. Braucht definitiv keine Rinse und eignet sich im Urlaub sogar zum kleiderwaschen, Rasierschaum etc.

  15. Ich würde auch savion.de empfehlen, da ist saure Rinse auch nicht erforderlich, das Wasser in HH sollte eher weich sein, IIRC. Man kann da Probiersortimente mit kleinen Stücken bestelllen, das senkt das Risiko, große Mengen Altmännergeruch ins Haus zu holen. Lush hat auch festes Shampoo, das ohne Verpackung verkauft werden kann, und die einzelnen Produkte riechen nicht so extrem wie man es nach der Geruchswolke um die Läden vermuten würde. (Spitalerstr., waren die zumindest mal.)

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