15 Minuten am Mittwoch

Ich habe in den sechs Wochen ohne Arbeit auch Erziehungsratgeber gelesen, das mache ich ab und zu, denn dann merkt man wieder, was man alles schon falsch gemacht hat, wo man gar nicht so verkehrt lag und wo die Hoffnung vielleicht noch nicht ganz verloren ist, das ist doch alle paar Jahre ganz interessant. In dieser Runde gab es: Nora Imlau mit “So viel Freude, so viel Wut”, Alfie Kohn mit “Liebe und Eigenständigkeit” sowie Katherine Reynolds Lewis mit: “The good news about bad behaviour – Why kids are less disciplined than ever and what to do about it”. Ich fand sie alle drei lesenswert und war wieder beeindruckt, wie überaus einleuchtend Aspekte der Pädagogik in Büchern formuliert sein können und wie grandios man dennoch nur zehn Sekunden nach dem Weglegen des Buches ganz ähnliche Situationen wie die dort beschriebenen komplett vergeigen kann. Großes Kino.

Wobei, auch das noch kurz zur Erziehung, es schon auch beeindruckend ist, wie dramatisch der Stresspegel der Familie sinkt, wenn einer mal eine Weile nicht seinem Job nachgeht. Wenn ich Zeit habe, also richtig, richtig viel Zeit, dann läuft hier nämlich alles super und easy, wenn ich Zeit habe, kriege ich alles lächelnd, harmonisch und friedlich und zur schönsten Zufriedenheit aller geregelt. Na, fast alles.

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Zu einem der Kindergeburtstage waren wir wieder in so einem Fantasy-Rollenspiel-Ding, in dem ich schon wegen meiner seltsam stark ausgeprägten Fantasy- und Spielaversion kategorisch nichts verstehe und, schon klar, auch gar nichts verstehen will, wozu auch, das ist einfach nicht meine Welt. Weswegen eines der Kinder, welches mir das Geschehen dort dennoch sehr bemüht zu erklären versuchte, seine Ausführungen irgendwann entnervt abbrach mit dem wunderbaren Satz: “Es geht hier nicht darum, irgendwas zu werden oder irgendwas zu gewinnen. Es geht einfach nur darum, immer weiter zu spielen.” So findet man überall Perlen der Lebensweisheit, wenn man nur gut aufpasst, ist es nicht zu und zu schön? Den zitierten Satz kann man spaßeshalber mal auf verschiedene Themen beziehen, das ist gar nicht uninteressant, nehmen wir einfach mal die Erziehung oder den Job oder die Liebe, da hat man dann was zum Herumdenken, da kann man sich geistig wieder, um im Kontext zu bleiben, etwas aufleveln. Und dann wieder weiter spielen.

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Und hier eine Gardinenpredigt. Es ist immer wieder ganz erstaunlich und weithin völlig unbekannt oder zumindest doch dramatisch unterschätzt, wie schnell man in diesem Land Einfluss nehmen kann. Man muss nur irgendwo hingehen, man muss nur etwas wollen, man muss nur etwas sagen. Was ich jetzt aber auch nur schreiben darf, weil ich heute noch einen Termin in und mit der Lokalpolitik habe.

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Zeit für ein Kaltgetränk, eine bequeme Sitzhaltung und ein gutes Gespräch. Etwa dieses hier. 

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Und übrigens bin ich der Meinung, dass der Innenminister zurücktreten sollte.

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7 Kommentare

  1. Donnerwetter, was für eine Gardinenpredigt! Aber wo sie recht hat, hat sie recht.
    An meisten regen mich die Leute auf, die mir voller Stolz berichten, noch nie gewählt zu haben, weil ja doch alles Sch….e sei. Sie glauben, ihre Hände in Unschuld zu waschen, sind die größten Kritiker, wissen eigentlich alles besser, t u n aber
    nichts. Ignoranz ist auch ein Laster, und wie sagte schon Erich Kästner “es gibt nichts Gutes, außer man tut es“.

  2. @Paula
    Sehr sehenswert ist der Film “Hannah Arendt“ von Margarethe von Trotta mit Barbara Sukowa in der Hauptrolle zu ihrem viel diskutierten, auch mißverstandenen Satz von der Banalität des Bösen, verkörpert in der Person Adolph Eichmanns.

  3. Die Gardinenpredigt ist klasse! Kritisieren ist immer einfach… selber machen dann doch etwas anderes. Da fällt mir der Spruch unseres Kirchenpflegers ein, wenn wieder einer sagt… da müsste man…
    Bringen Sie mir diesen „man“ her, der das machen soll!
    Ich bin auch der Meinung, dass jeder in seinem Umfeld aktiv werden sollte. Und auch ich bin weiterhin der Ansicht, dass unser Innenminister zurücktreten sollte.
    Viele Grüße von
    Margit

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