Insektenhaftes Gezappel

Auf dem Weg zur Arbeit komme ich an einem Fitness-Center vorbei, nein, ich bleibe sogar davor stehen, denn da ist eine Ampel, die ist immer rot. Ich stehe da also an der riesigen Kreuzung inmitten ausgesprochen unerfreulicher Architektur und gucke in den ersten Stock des Fitness-Centers gegenüber. Da gucken alle unwillkürlich hin, die da stehen, denn da oben drinnen bewegt sich was in wirrer Unordnung und alles ist hell erleuchtet, während man sonst in den Büros und Läden ringsum zu dieser Zeit erst wenige Lichter sieht, der Tag beginnt noch.

In dem ersten Stock laufen Menschen entschlossen über Rollbänder, steigen schwitzend auf Stepper oder wie immer die genau heißen, da rudern sie wild und machen Gott weiß welche Übungen, die ich gar nicht mehr korrekt Geräten zuordnen kann, bei mir sind Fitness-Center eine ganze Weile her. Da drinnen geht es jedenfalls bewegt zu, alles ist schnell, alles läuft, hoppelt, hüpft und zuckt und springt.

Mir fiel in dieser Woche zum ersten Mal auf, dass die Bewegungen der Figuren da oben eine ausgesprochen insektenhafte Anmutung haben, wenn man nicht genau hinsieht, wenn man nur so aus dem Augenwinkel wahrnimmt, was da alles hektisch durchs Bild flackert. Wenn man als vorbeikommender Riese das Dach des Fitness-Centers mal eben abnehmen würde – aber nein, man kann das auch andersherum denken. Wenn man im Garten einen Stein aufhebt und die Asseln darunter in wilder Bewegung sieht, vielleicht sind die gar nicht in Panik. Vielleicht machen die gerade Sport.

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Ich habe das Büro bereits gegen Mittag verlassen, weil ich hexenschussbedingt eher zur Erheiterung der Kolleginnen und Kollegen im Großraumbüro beitrug als zum sinnigen Fortgang der Arbeit.

Zu Hause, bevor ich zur Unzeit ins Bett sank, habe ich noch gelassenen Gemüts Einladungen zu Weihnachtsfeiern in den Müll versenkt, denn das immerhin habe ich in den letzten Jahren gelernt, Weihnachtsfeiern sind eine Erfindung des Teufels und den Dezember terminlich zu verschlanken, das ist eine hohe Kunst, in der ich gewisse Ambitionen habe, wenn schon sonst nirgendwo mehr.

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Ein neues Hörbuch gehört, Heinrich Bölls “Ansichten eines Clowns”, auch so eine Bildungslücke. Da gibt es eine Stelle, an der der Erzähler die Cognakflasche “zurück in den Eisschrank stellt”. Gab es tatsächlich mal eine Zeit, in der man Cognak eisgekühlt getrunken hat? Hatte Böll keine Ahnung? Der Ich-Erzähler nicht? Spinnen die Rheinländer? Wegen solcher Stellen verpasse ich dann grübelnd glatt die nächsten zehn Minuten des Textes. Schlimm.

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Musik! Die Tipps in den nächsten Tagen mal wieder von Sohn I. Fleur East mit Sax. Musik, zu der sie in der Schule im Dance-Kurs tanzen.

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Und außerdem bin ich der Meinung, dass der Innenminister zurücktreten sollte. 

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5 Kommentare

  1. die cognacflasche in den eisschrank zu stellen bezieht sich auf den lebensstil der eltern des hans schnier, insbesondere der mutter. da hätte es sowas nicht gegeben – so wie die kinder butterbrote und gekochte erdäpfel mit butter nur heimlich in der küche bei den dienstboten bekamen, damit irgendwann der magen so richtig schön voll war.

    hab ich sicherlich 20mal oder öfter gelesen. eines meiner lieblingsbücher, siehe auch hier: https://gastgeberin.blogger.de/stories/1107295/ – meine oma war schon eine sehr tolle frau.

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