Finale

Im Hauptbahnhof wird das Finale des Jahres vorbereitet, die ganz große Weihnachtsdeko wird nun also montiert, diese gigantischen und großstadtgemäßen Kugeln und Figuren etc., die in der Wandelhalle wieder unter der Decke hängen werden. Die Riesenteile, bei denen ich immer denke, wenn die mal runterfallen, was einen bei dem an allen Ecken kaum noch zu übersehenden Verfall des Landes und der Stadt und bei dem allgemeinen Pessimismus längst nicht mehr wundern würde, und wenn die dabei jemanden erschlagen, das ist dann zumindest ein origineller Tod. Geradezu filmtauglich wird das sein.

Aber gut, das ist kein besonders besinnlicher Gedanke, pardon. Der innere Grinch ist stark in mir in diesem Jahr, ich halte mich nur mühsam zurück und garantiere im weiteren Verlauf für nichts. Nie schienen mir Besinnlichkeitsmarketing, Weltlage und eigene Verfassung inkompatibler.

Diese Weihnachtsdeko jedenfalls, vor und unter der sich die Touristinnen in Kürze wieder scharenweise grinsekatzenlustig und selfiehalber um ihre Smartphones drängen werden, um dann Bilder in die Kleinstädte und die Dörfer, in den Speckgürtel und auch ins Ausland zu schicken, guck mal, guck mal, wir in Hamburg, wir voller Glühwein, wir voller Bratwurst, wir mit Geschenken, sie hängt also schon, diese Deko, sie wird nur noch nicht beleuchtet. Es ist eine Frage von wenigen Tagen, vielleicht glimmt es dort aber auch schon, wenn dieser Text erscheint.

Die Wohltätigkeitsorganisation beginnt währenddessen mit dem Verkauf der Weihnachtsteddys in der Wandelhalle, und es ist vielleicht nur der Zufall der Minute, aber als ich da vorbeigehe, haben sie am Stand sogar reichlich Kundinnen. Auch mal etwas Nettes erwähnen, so ist es ja nicht, es wird gespendet.

Und der Weihnachtsmarkt bei uns um die Ecke, er wurde auch schon eröffnet. Glühweingeruch wabert wieder über die Straße und die ersten Kinder bremsen im Vorbeigehen ihre Eltern, weil sie die Standardsüßigkeiten der Saison sehen oder riechen, darf ich, darf ich.

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In der Bücherei gewesen, in die ich nun wieder deutlich öfter gehe, mehr Bücher von Alice Munro geholt. Ich habe über Alice Munro auch einiges nachgelesen, anlässlich des Nobelpreises ist damals immerhin viel über sie geschrieben worden, man wird also fündig. Nicht alles kann ich anhand der Geschichten, die ich lese, auch nachvollziehen, aber ich finde es doch unterhaltsam und spannend, das versuchsweise zusammenzubringen.

Ich bin allerdings kein intellektueller, sinnsuchender Leser, ich will meist nur Geschichten erzählt bekommen, schlimmer noch, Bilder eigentlich nur, und ich deute beim Lesen wenig und betrachte Literatur selten als Suchspiel und Entschlüsselungsaufgabe. Ich bin eher ein Leser von sehr geringem Verstand, deswegen schreibe ich auch keine Rezensionen, das ist ein ehrbares Handwerk für andere Leute. Die eigenen Grenzen auch stets beachten, mind the gap.

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Im Tagesbild die ansprechende Novemberstimmung an der Billerhuder Insel, auf der unser Garten ist. Hinter den Bäumen links liegt das Tierheim, von dort hört man, wenn der Wind passend steht, zu jeder Tageszeit den Chor der Gefangenen.

Blick über die Bille an der Billerhuder Insel, Boote an Stegen, grauer Himmel, Herbstlaub an den bäumen

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Sie können hier Geld in den allerdings nur virtuell vorhandenen Hut werfen, herzlichen Dank! Sollten Sie den konventionellen Weg bevorzugen und lieber klassisch etwas überweisen wollen, das geht auch, die Daten dazu finden Sie hier. Wer mehr für Dinge ist, es gibt auch einen Wunschzettel.

 

7 Kommentare

  1. Endlich ein Leser der nicht die Weisheit der Welt für sich in Anspruch nimmt. Nur als Suchende können wir der Literatur begegnen- und manchmal findet sich dann ein unerwarteter Schatz. Gutes Weiterlesen und einen ruhigen Sonntag.

  2. Fein, fein, ich war ja schon immer skeptisch bei herumhängender Deko. Ist für mich das Äquivalent von „unter der Leiter durchgehen“. Jetzt werde ich wohl noch vorsichtiger sein müssen.

  3. Immer wieder wunderschön sind die Bilder von der Billerhuder Insel. Wie richtig von Familie Buddenbohm, gerade dort einen Garten zu haben.

    Nicht weit davon entfernt liegt Entenwerder 1. Dorthin zieht es mich mitunter im Sommer, wenn ich dringend Elbluft benötige und meinen alten Kiez nahe Michel und Landungsbrücken wegen Überfüllung umgehen muss.

  4. Deine oberflächliche Art zu lesen – dich nur mit Äußerlichkeiten aber keinen Inhalten zu beschäftigen – machst du ja nicht zum ersten Mal laut, aber ich finde auch in der Wiederholung krass. Wie ein irrlichternder Wasserläufer, der dorthin huscht, wo gerade das Licht glitzert. Oder jemand, der nur ißt, weil er sich gerne Dinge in den Mund schiebt. Meidest du im Zwischenmenschlichen auch alle tiefere Auseinandersetzung? Aber selbst eine Jolle braucht bei geringem Tiefgang ja ein Schwert für den Stand – und das besteht dann bei dir nur an der Lust an formschöner Ästhetik? Du merkst: ich verstehs nicht!

  5. @Micha
    Neu hier? Dem geschätzten Herrn Buddenbohm Oberflächlichkeit – egal auf welchem Gebiet – vorzuwerfen wird wohl kein langjähriger Leser bestätigen.

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