Lichtblicke und Abwechslung

Der Umgang mit der rechten Bedrohung ist auf Dauer auch nervtötend, versteht sich, man braucht hier und da einmal ein anderes Thema, einen Lichtblick vielleicht auch, wenn es sich denn überhaupt noch einrichten lässt, eine kleine Abwechslung. Die Herzdame und ich sortieren am Sonntag mehr oder weniger entspannt Papierkram, weil uns nichts Besseres einfällt und weil es auch sein muss, und wir stellen nebenbei noch einmal unsere regulären Renteneintrittsjahre fest: 33 bei mir, 45 bei ihr.

Nun ja. Man entkommt dem Thema Rechts manchmal, aber man schafft es doch nicht weit.

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Bei der fortgesetzten Kaschnitz-Lektüre habe ich einen dieser fantastischen Momente, in denen ein Stück früher Erinnerung plötzlich, ein Bild aus dem Nichts, freigelegt wird. Es ist nach wie vor das Beste am Altern, ich genieße das sehr. Im Text kommt eine Bücherei vor und ich sehe – und wie unfassbar deutlich! – das Kinderregal der Stadtteilbibliothek meiner Grundschulzeit. Für Sekunden nur, dann ist es schon wieder weg, aber wie präsent das in diesem Moment war. Es hat manchmal etwas von Trip, wenn es einen so zurückwirft, denn es ist eine umfassende Erinnerung, oder kann es zumindest sein, komplett mit Geruch, Haptik und geradezu körperlichem Stimmungsempfinden, in diesem Fall mit der Freude auf noch mehr Bücher. Es gab damals kaum eine andere Form der Unterhaltung, wir hatten ja nichts.

Solche Momente können selbstverständlich auch furchtbar sein, wie ich etwa von den belastenden oder verstörenden Kriegserinnerungen meiner Eltern weiß (Geburtsjahre 33 und 38, da haben wir es schon wieder), aber ich hatte bisher Glück und mindestens akzeptable oder sogar gute Backflashs.

Eine Art internes Entertainmentprogramm, und man braucht gar nichts dafür, überhaupt kein Equipment, nur ein paar zurückliegende Jahrzehnte, die von selbst anfallen. Stark.

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Am Nachmittag der Einkauf noch in der gewohnten Winterbekleidung. Es ist allerdings nennenswert zu warm dafür, wie mir zu spät auffällt, es ist Pulloverwetter, ich hätte mir vorm Discounter alles vom Leib reißen mögen. Aber Contenance, versteht sich.

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Abends noch weiter in der Kaschnitz, sie schreibt über Wählerstimmen für die radikalen Rechten. Es ist ein Text aus den Sechzigern des letzten Jahrhunderts, vermutlich aus meinem Geburtsjahr.

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4 Kommentare

  1. Zur Kaschnitz-Lektüre ein kleiner Tipp: „Beschreibung eines Dorfes“. Toll geschrieben, finde ich. Ich habe die Autorin in der Schule kennengelernt, überwiegend ihre Gedichte, aber natürlich auch „Das dicke Kind“. Später haben mich ihre Gedichte durch Zeiten der Trauer begleitet. (“ Was willst du, du lebst“, Trauer und Selbstfindung in Texten von Marie Luise Kaschnitz, ausgewählt und eingeleitet von Marlene Lohner, Fischer Tabu 1992)

  2. So ähnlich:

    „Traditionell sind die Jahre zwischen 33 und 45 in Deutschland am schwierigsten.“

    Ein Witz, den ich Leuten in solchem Alter hier und da geburtstagsgrüßend zuwerfe, wenn deren schwarzer Humor dumm Tüch zulässt; nicht aus meiner Feder, Quelle unbekannt.

  3. Stimmen euere deprimierenden Berechnungen zur Rente? Wann wollt ihr denn in Rente gehen? Oder ist die Herzdame wirklich erst 22 und Sie erst 33? Oder habe ich was oben falsch gelesen?

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