Verbleibende Anmerkungen von der kleinen Reise in den Norden. Ich fege eben die Reste zusammen, um wieder in der Gegenwart anzukommen, denn ich falle zurück.
Im Sinne der großen Chronik stelle ich noch eben fest, dass der Personalmangel mittlerweile als platte Selbstverständlichkeit im Kontext der Öffnungszeiten benannt wird. „Küche nur bis 19 Uhr“ und dergleichen, der bekannte Personalmangel. So steht es dann auch wörtlich auf den Speisekarten oder auf den Schildern mit den Öffnungszeiten an den Eingängen. So wird es längst gedruckt und nicht mehr nur handschriftlich sondergemeldet, Textbausteine der Gegenwart. Es ist keine außergewöhnliche Situation mehr, es ist die Normalität, das gehört jetzt so.
Die Service-Zeiträume und -Möglichkeiten schnurren um uns herum zusammen in diesen postpandemischen Jahren der Boomer-Dämmerung, in den Großstädten und auch in den Touristenregionen. Ruhezeiten und Ruhetage, Mittagspausen und dergleichen, späteres Öffnen, früheres Schließen. Gestern gegen 18 Uhr am Dammtorbahnhof in Hamburg, es war dort alles zu, der Kiosk, der Blumenladen, die Imbisse.
Da sind sie also wieder, die Beschränkungen, und es ist ein wenig wie in meiner Kindheit, als alle kleinen Läden noch Pausen gemacht haben, machen mussten. Ein merkwürdiges zweites Mal im Leben, nachdem wir uns im Jahrzehnt vor Corona zumindest in den Millionenstädten so entschlossen vom Schließen entfernt hatten. Als alles immer länger geöffnet wurde, als wir es so gerne etwas mehr wie in New York etc. gehabt hätten. Als alles immer offen sein sollte und nie schlafen durfte.
Auch hier folgt umgehend eine Selbstbezichtigung, denn ich weiß noch, dass die Herzdame und ich bei unserer ersten Südtirolreise über die katholisch-ländlichen Öffnungszeiten dort unten in den Bergen gelästert haben. Dauernd war dort alles zu. Wir waren aus dem mondänen Hamburg anderes gewohnt, so holt einen das wieder ein. Am Ende ist es nur fair, ist alles wieder ausgleichende Gerechtigkeit. Lächelnde Göttinnen an der Waage, ein Stups mit dem Finger und die Geschichte wendet sich.
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Und Helmbert und Helmtraut, es gibt sie wirklich. Sie kennen die beiden vielleicht von Tiktok oder Insta, Youtube etc., diese dort beliebten Karikaturfiguren älterer Deutscher auf dem Fahrrad oder eher auf dem E-Bike. In Angeln kommen sie in einer Form vor, die von einem Sketch praktisch nicht mehr zu unterscheiden ist.
Etwa die Version „Hotelankunft“: Ein Auto fährt vor dem Hotel vor, ein älteres Paar, Rentenalter, steigt aus. Sie regelt an der Rezeption die Ankunft und die Formalitäten, er montiert, stetig leise fluchend, die beiden Bikes von der Fahrradhalterung am Kofferraum. Klingt bis dahin nicht witzig, wird nur witzig durch die stete Wiederholung. Es ist bei allen Paaren gleich, noch einmal und noch einmal, als dürfe es nicht anders sein.
Kurz darauf dann der erste Aufbruch der beiden zur gemeinsamen Radtour über Land, wobei Mann und Frau in kompletter Outdoorgewandung mit viel Zubehör vor dem Hotel erscheinen. Wenn Wolken zu sehen sind, treten sie auch mit kompletter Regenschutzausrüstung auf. Und das ist alles so durchdacht, so vielschichtig und detailreich, dass es, wenn es ein Playmobilset wäre, wahnsinnig viele Einzelteile gäbe. Was man da alles zusammenstecken könnte, die Polizeiausrüstung ist nichts dagegen. Und es wirkt in den meisten Fällen alles noch recht neu und, das gehört auch dazu, es wird nicht eben billig gewesen sein.
Immer sind sie beide im nahezu vollständigen Partnerlook, wie auch ihre Räder zwingend aus gleicher Produktion sind, und immer, immer fährt er vor.
Es macht einen als Beobachter etwas unruhig, man möchte eine Abwechslung. Alles wirkt so erzwungen und vorherbeschrieben. Aber es wird keine Variante geben, sie machen alle alles gleich. Sie sehen auch alle gleich aus und Helmbert und Helmtraut, die selbstverständlich auch nur Versionen von uns sind, fahren über die Landstraßen und begegnen auf allen Wegen ihren Kopien, vermutlich hundertfach.
Es gibt keinen Grund, darüber zu spotten, ich schreibe es nur so mit. Es verwirrt etwas durch das Unweigerliche – wie gleich und ungemein berechenbar wir alle sind. Oder aber in Kürze werden. Warte, warte nur ein Weilchen, dann kommt E-Bike auch zu Dir. Mit Zubehör, mit viel Zubehör.
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Wie waren auf dem Hof Norderlück in Steinberghaff. Keine bezahlte Werbung, nein. Es hat uns gefallen dort, das kann man gut machen. Ringsum ist recht wenig, ist also viel ansprechende Gegend, sind zu dieser Jahreszeit auch angenehm leere Strände. Das war uns alles recht so und wie erhofft, das kann ich empfehlen.
Ein paar Meter vom Hotel entfernt gibt es ein Restaurant mit Meerblick, und was wir dort aßen, es war erfreulich fein. Für die Auszeit zwischendurch ist das da oben also eine gute Wahl und eine Wiederholung kommt für mich sicher in Betracht.
Diesen Kurz-Tripp haben uns freundlicherweise erneut die Leserinnen und Leser mit den Trinkgeldern finanziert, wofür wir wiederum herzlich danken! Es macht die Ausflüge noch ein wenig schöner für mich, dass ich sie mir erschreibe.
Um in Bewegung zu bleiben, gleich einmal etwas für das nächste Wochenende einplanen. Wenigstens für einen Tag. Es gibt Ziele auch im Hamburger Umland, und mir scheint, ich könnte da öfter mal hin.
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„Warte, warte nur ein Weilchen, dann kommt E-Bike auch zu Dir.“ Da muss ich sehr grinsen – noch fahre ich Fahrrad, doch wenn das 20-jährige Auto eines Tages schlapp macht, ist der Plan ein E-Bike als Ersatz…
Ja, normal. Bei uns ist der Gedanke noch recht weit weg, das liegt aber auch an der Diebstahlsquote im Stadtteil. Etwas schwierig in der Stadtmitte, so etwas Teures irgendwo stehenzulassen.
„ Helmbert und Helmtraut“ – so schön beobachtet und beschrieben.
Wenn die Wind-und-Wetter-Kleidung von Jack Wolfskin ist, ist es ein altgedientes oder jungberentetes Pfarrehepaar, gerne beide ordiniert. Allerdings flucht er dann nicht öffentlich.
Als Sie Ihr Feriendomizil erwähnten, fiel mir direkt „Steinbergholz“ von Ulla Meineckes Band ein. Auch schon über 40 Jahre alt, hui.