Ich lernte gestern auf Instagram, wo ich mich eigentlich nur kurz entspannen wollte, dass wir 2012 alle in eine andere Wirklichkeit abgebogen sind, mitsamt der ganzen Welt um uns herum, quasi all inclusive. Das hatte, so sagte man da, und ich musste mir dann arg Mühe geben, dem zu folgen, etwas mit dem Nachweis des Higgs-Bosons in jenem Jahr zu tun und es beweise sich unter anderem leicht nachvollziehbar dadurch, dass einige eben doch noch wissen, wie Mandela in den Achtzigern gestorben sei und eben nicht in den Neunzigern Präsident von Südafrika … woraus man leicht ableiten könne … Dimensionen, Multiversen, Verschiebung, Blahfasel. WTF.
Ich fühlte mich wieder wie bei einigen Krimis, bei denen ich einfach nicht mitbekomme, wer da nun wann wen und warum. Es ist mir oft zu kompliziert, es interessiert mich häufig auch nicht genug. Oder sagen wir so, ich habe keinen ausgeprägten Sinn für Verwicklungen. Wie man geistige Schlichtheit vielleicht auch elegant umschreiben kann.
Ich überlegte sicherheitshalber aber nach dem Clip noch, was mir überhaupt zum Jahr 2012 einfällt, kam spontan aber auf nichts. Ich habe mir da damals keinen Merker gesetzt. Das Jahr ging vermutlich einfach so vorbei, quasi unbeachtet. Die Söhne waren noch klein, ich werde beschäftigt gewesen sein. Ich las die Ereignisse des Jahres 2012 nach, man findet online alles so einladend sauber aufgelistet. Vom Jubiläum 100 Jahre Biene Maja über die Schlecker-Insolvenz bis zu einer Präsidentschaftswahl in Island.
Das hatte ich alles nicht abgespeichert. Wenn ich 2012 mit den anderen Jahren danach vergleiche, war es wohl eher unauffällig. Was mir dann allerdings sofort verdächtig vorkam, so viele Krimis habe ich dann doch gesehen und verstanden. Man hätte vielleicht früher misstrauisch werden können. Ein Jahr in einem etwas zu gewöhnlichen Trenchcoat war es nämlich, es stand so betont unauffällig im Kalender herum. Aber gerade da muss man eben besonders genau hingucken, wenn jemand etwas wie einen bemerkenswert unauffälligen Trenchcoat trägt. Das kennt man doch. Wieso fiel es mir denn damals nicht auf.
Aber gut, es fiel uns allen nicht auf (sagen Sie jetzt nichts). Was wohl aus der alten Wirklichkeit, also aus der davor, in den letzten 13 Jahren geworden ist? Da jedenfalls bei Gelegenheit mal weiter drüber nachdenken, über unser kollektives Abbiegen 2012. Etwa wenn mir sonst absolut nichts mehr zum Denken einfallen sollte.
Ich entnehme ansonsten den Nachrichten, dass textende Menschen in Europa demnächst keine Schinken mehr schreiben und auch keine Themen mehr verwursten dürfen. Weil sich zu viele Menschen in Hungersituationen versuchsweise dicke Bücher aufs Brot geschnitten haben, so in etwa wird es begründet. Das muss man verstehen, das konnte so einfach nicht mehr weitergehen. Okay.
Alles hinnehmen, alles veratmen, man hat ja mittlerweile Übung. Mal wieder The Moody Blues dabei hören, das könnte passen.
“The earth turns slowly round
Far away the distant sound
Is with us here, lost and found”
Und dann geht es auch schon wieder, nicht wahr.
Aber irgendwann, so steht doch zu befürchten, werden unsere Köpfe vom vielen Schütteln lose. Materialermüdung wird es am Ende sein, man kennt das auch vom zerfallenden, abgeliebten Kinderspielzeug. Und dann werden sie uns einfach abfallen, die Köpfe, vielleicht noch während wir die letzten Nachrichten auf Instagram verfolgen.

An der anschließenden Diskussion, ob es sich dabei um sogenannte sanfte Tode handelt, müssen wir dann gottseidank nicht mehr teilnehmen, das können die nach uns erörtern. Und diesen beruhigenden, tröstlichen Gedanken nehme ich jetzt als das stets notwendige Immerhin des Tages mit in die nächsten Stunden. Ich starte die Freitagsfleißarbeit also motiviert wie immer und vermutlich wie wir alle. In dem halbwegs sicheren Gefühl, dass auch dieser Werktag am Ende so wertvoll wie ein kleines Steak gewesen sein wird.
Wenn man das noch so sagen darf.
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Weltuntergang 2012 – Mythos Maya-Kalender
„Irrglaube Weltuntergang: Am 21. Dezember 2012 soll die Welt untergehen – jedenfalls wenn man vermeintlichen Experten oder besonders besorgten Mitmenschen glauben mag. Sie berufen sich auf die Maya, in deren Kalender stünde dies so drin. Stimmt aber nicht. “
https://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/weltuntergang-2012-maya-kalender-besagt-nicht-das-ende-der-erde-a-873683.html
Kann es sein, dass die oben genannten letzten 23 Jahre im Kontext eher die letzten 13 Jahre sind/waren?
Ich schrieb auch in meinem Blog über diese irreführenden Bezeichnungen, unter anderem: „.. so wie blutorangen kein blut enthalten, können auch holzhackschnitzel keine mahlzeit ersetzen oder wir können mit sonnenmilch keinen kakao anrühren.“
Eine Leserin empfahl noch „Schweinsöhrchen aus Blätterteig“ zum Kaffee…
Ich überlege, ob Materialermüdung besser als Schleuderthrauma ist – und deshalb das durchaus intensive Kopfschütteln hier durch ein leichtes Wackeln nach Buddenbohmscher Art ersetzt wird…
Jo, ist korrigiert, danke.
An den Begriffen Sonnenaufgang sowie Sonnenuntergang halten wir Menschen fest. Hat sich da noch keiner bemüht korrektere Worte zu finden?