Links am Abend

Unfassbar.

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Ist auch echt teuer, so eine Opposition.”

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Diverse Bücher angefangen und uninteressiert beiseite gelegt. Ich beuge mich da auch keinem 30-Seiten-Druck mehr, der einige noch lebhaft umzutreiben scheint, von wegen man muss dem Buch doch eine Chance geben und was man da so alles hört. Nein. Gar nichts muss ich. Reingucken, nicht hängenbleiben, weglegen. Ich esse ja auch keine Salatgurke, wenn ich gerade keine Salatgurke essen möchte, weil sie im zweiten Drittel noch besser werden könnte und weil der Landwirt sich doch solche Mühe damit gegeben hat. 

Spätere Chancen für Bücher und Gurken sind natürlich nicht ausgeschlossen, man ändert sich. Und manchmal ändert man sich sogar täglich. Ich habe schließlich die Geschichte von Kat und Easy als Hörbuch ausgesucht, das ist von Susann Pásztor und gut.

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Sascha Lobo über unsere hilflose Übersprungswut.

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Das Gedankenspiel mit dem Asteroiden.

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Dass die klassenspezifische Lebenserwartung in einem so wohlhabenden Land im Wahlkampf nach der Coronapandemie ein Tabu bleibt, das ist für mich das größte Versagen der linken Parteien.

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Als Intensivnutzer von Excel fand ich das hier einigermaßen erheiternd.

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Klimawandelrisiken in Deutschland nach Regionen. Da mal gucken, was einem blüht.

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Wasserstandsmeldungen vom Colorado River. Das ist sehr lang, aber auch sehr interessant.

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Ich würde Ihnen hier normalerweise ein Rezept verlinken, weil ich wieder mit Begeisterung gekocht habe. Allerdings führt Begeisterung nicht immer zum Erfolg, deswegen habe ich aus einem eigentlich interessanten Rezept für Huhn süß-sauer etwas gemacht, was man eher als “Pamps mit Ananas” beschreiben könnte, und woran sich niemand hier erinnern möchte. Kein Link. Schlimm.

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Sie können hier Geld in den allerdings nur virtuell vorhandenen Hut werfen, ganz herzlichen Dank! Sollten Sie den konventionellen Weg bevorzugen und lieber ganz klassisch etwas überweisen wollen, das geht auch, die Daten dazu finden Sie hier. Wer mehr für Dinge ist, es gibt auch einen Wunschzettel. Merci!

Trost, Futter, Speck

Man braucht Rückzugsräume, nicht wahr, gerade in diesen Zeiten. Man muss mal weg von den Nachrichten, von den sozialen Medien, von den Wahrheiten, den Halbwahrheiten und von den Lügen natürlich auch, man muss mal weg von allem. Mein Rückzugsraum ist manchmal die Küche, das hat sich auch familiär bestens bewährt. In die Küche kommt mir freiwillig keiner nach, denn dort müsste man mir ja helfen. Das habe ich über die Jahre klug eingerichtet, wenn ich mich da mal selbst loben darf. Ich erwähne jetzt nicht, dass man sich alles zurechtbiegen muss, das sage ich zu häufig. Aber wenn es doch stimmt.

Ich erwähnte neulich bereits meine Neigung, neuerdings wieder etwas besser zu kochen, erwachsenengerechter, kultivierter und schmackhafter, also aus meiner Sicht. In diesem Zusammenhang habe ich gerade noch einmal die von mir abonnierten Foodblogs gesichtet. Und ich habe auch auf Twitter nach weiteren gefragt und einige ergänzt.

Und nur für den Fall, dass Sie auch gerne mal in die Küche abhauen und sich dort stundenlang verschanzen, poste ich diese Foodblogs hier mal als Liste. Vielleicht ist da auch für Sie und Ihre Neigungen etwas dabei, dann haben Sie gleich etwas Service.

Das oberste High-End der feinen Küche ist allerdings eher nicht dabei, so exaltiert koche ich auch dann nicht, wenn ich viel Zeit habe, was ich aber eh nie habe. Die vegane Richtung fehlt tendenziell auch, ebenso alles, was sich nur an Grillfreunde und Metzger richtet. Alles ums Backen ist auch eher wenig dabei, ich backe nicht, das macht die Herzdame. Süßes ist nicht so dringend, kommt aber vereinzelt vor. Ich mache selten Nachtisch, warum eigentlich. Das auch mal ergründen! Aber nicht heute.

Falls etwas elementar Wichtiges fehlen sollte und Sie ganz empört sind, wieso ich nun gerade das von Ihnen seit langer Zeit geliebte oder gar geschriebene Standardblog nicht lese: Mein Feedreader bestellt gerne mal selbsttätig ab, was ich nur selten bemerke. Lücken festzustellen, das ist immer schwierig. Das ist mittlerweile der dritte Feedreader in Folge, der das tut, ich habe es jetzt aufgegeben, einen weiteren zu testen. Ein wenig Schwund ist also auch bei den Feeds. Nur mit viel Glück bemerke ich es manchmal.

Ich liste nur Feeds, die Stand heute technisch 1a aufzurufen und auch zu abonnieren sind und die mir noch halbwegs lebendig vorkommen, also etwa ein Posting im letzten Quartal hatten. Ich verfolge Foodthemen kategorisch nicht auf FB, Insta, Youtube oder Tiktok. Ich will Rezepte lesen, ich habe keine Zeit für Kochvideos mit Smalltalk. Und ich klicke Seiten ohne Feed eher kein zweites Mal an, das wäre ja eine Wiedervorlage, das klingt dann nach Büro. Geh mir weg.

Also bitte, hier ein paar Foodblogs – meist deutschsprachige, ich muss bei Englischen tendenziell zu viel nachdenken – zur Auswahl. Chanterelles etwa, das habe ich gerade gelesen. Pfifferlinge. Hätten Sie es gewussst? Englische Foodblogs erinnern mich an meine Vokabellücken, das will ich gar nicht immer.

Egal. Falls wir uns nach dieser Wahl da demnächst etwas Kummerspeck anfuttern müssen, ich habe da so ein ungutes Gefühl, hier kommen gleich genug Vorlagen.

Ergänzungen gerne in die Kommentare.

1 x Umrühren bitte

1000 Leckerbissen

About Fuel

Aline-made

Arthurs Tochter

Asiastreetfood

Bianca Zapatka

Bistro Badia

Caros Küche

Chestnut & Sage

Chili & Ciabatta

Dees Küche

Desi Küche

Die See kocht

Dinner um acht

einfach malene

Emmi kocht einfach

Esskalation

Experimente aus meiner Küche

Feinkostpunks

Fluffig und hart

Food und Co

Foxy Food

Gaumenfreundin

German Abendbrot

grain de sel

Hamburg kocht

Herbs & Chocolate

Herzelieb

Heute gibt es

Hudas Welten

Indonesisch kochen

Kaffeebohne

Kochkarussell

Krautkopf

Küchenlatein

Labsalliebe

Löffelgenuss

Lydias Foodblog

Madame Rote Rübe

Mahtava

Pane-Bistecca

Recipetineats

Reisehappen

Rote-Beete-Blog

Salzig süß lecker

Sanddorn und Seegras

Schmecktwohl

Stevan Paul

s-küche

The Stepford Husband

Tinastausendschön

Trickytine

Übersee-Mädchen

Valentinas

Volker mampft

Wallygusto

Ye olde kitchen

Zimtkringel

Zunehmend wild

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Hirschkuh am Saum des Waldes

Ich lese weiter Herbstgedichte, dann habe ich das schon fertig. Nein, das war nicht ernstgemeint. Ich lese Herbstgedichte, weil sie schön sind. Lest mehr Lyrik! Etwas fremder als sonst sind sie mir allerdings auch in diesem Jahr, im Jahr II des Home-Offices. Morgens nicht rausgehen, am Mittag nicht rausgehen, da fehlt der Bezug zum Draußen über eine zu weite Strecke des Tages, merke ich. Ich gehe deswegen seit einiger Zeit morgens doch einmal kurz raus, ich gehe zum Bäcker, ich gehe zum Markt, ich gehe zum Briefkasten oder zum Geldautomaten. Ich stelle fest, das reicht nicht. Ich müsste mindestens bis zur Arbeit gehen, das ist ein Weg von etwas mehr als 20 Minuten. Erst dann bin ich voll im Wetter und also auch in der Jahreszeit. Durchgefroren oder erhitzt, nass oder was auch immer, das empfindet man alles nicht nebenbei, nicht einmal das empfindet man nebenbei, man muss sich dem schon widmen. Im Home-Office gibt es keine Jahreszeiten, im Home-Office gibt es nur irgendwann Lebkuchen.

Ich lese Trakl, da erstarrt am Saum des Waldes der Schrei der Hirschkuh . Wie fremd ist das denn, bitte? Ich gucke vom Notebook hoch, es regnet auf das Dachfenster. Das ist hier die Natur, querlaufende Tropfen, dezentes Getrommel, asphaltgraue Wolken über der ganzen Stadt. Ich mag das. Ich finde es sogar dermaßen gemütlich, ich könnte Menschen kontaktieren, nur um ihnen zu sagen, wie schön das ist. So sehr mag ich das, aber ich reiße mich natürlich zusammen. Contenance! Ein endlos grauer Himmel, Regenschlieren, Sturzbäche. Und dabei dann arbeiten, lesen oder schreiben, das ist seelische Heimat. Leise Musik dazu. Kaffee. Franzbrötchen. Perfekt.

Der Regen hört auf, ich gehe zum Fenster, ich mache es weit auf. Drei Wespen kommen herein und wollen mit mir über Essen reden. Es ist nicht so leicht, sie abzuwimmeln, sie reden durcheinander und haben Argumente. Auf dem Dach gegenüber sitzt eine nasse Stadttaube und sieht verstimmt aus.

In der Dachrinne liegen wieder Dönerreste, die werden da von Möwen oder Krähen hindrapiert. Die holen sie unten aus den Mülleimern an der Kreuzung und essen sie dann in aller Ruhe bei mir hier oben. Die Hirschkuh am Saum des Waldes wäre vielleicht auch schön, aber man muss nehmen, was man kriegen kann.

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Links am Morgen

Diesen langen, langen Twitterthread kann man seltsam tröstlich finden – kleine Dinge, die man an Deutschland mag. Die beschauliche Sonntagsruhe, über die ich auch gerade neulich geschrieben habe, sie kommt dabei bemerkenswert gut weg. Wie auch der “Feierabend”, zu dem Martin Oetting auf Twitter noch einen BBC-Artikel verlinkt hat, der auf die besondere Bedeutung des Wortes eingeht. Weil die Benennung des Feierabends ihn sozusagen erst ermöglicht. Auch auf Twitter lernt man dauernd was.

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Fehlende Analyse

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Der Kipppunkt für die Dorschpopulation in der Ostsee ist überschritten. Das geht ein wenig im Medienrauschen unter, aber was für eine Meldung. Sehr geiler Dorsch, erinnern Sie sich noch an die Werbung? Wie lange ist das her?

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It’s okay not to be okay. To whom it may concern. Wer ist schon okay? Ich bin nicht okay, Sie sind nicht okay.

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Didü – via der Kaltmamsell, glaube ich. 

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Konservatismus der Angst

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Feldscherinnen in Russland.

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Richtig gutes Zeug

Ich bestelle Second-Hand-Kleidung. Das ist vielleicht besser als ein Neukauf, denke ich mir, also besser für die Umwelt. Da wird dann immerhin für mich nichts hergestellt, da wird keine Ressource verbraucht, das ist doch gut. Nicht immer nur über Konsum schimpfen, auch selbst etwas umstellen! Einfach irgendwo anfangen. Obwohl es doch Online-Handel ist, was vermutlich auch Nachteile hat, da wird es dann gleich wieder kompliziert und man müsste es alles bis zum Ende bedenken, aber so viel Zeit hat ja kein Mensch, echtjetztmal. Egal, ich habe noch nie irgendwo Second-Hand-Kleidung bestellt, ruhig alles mal probieren. Es ist ein Sofa-Abenteuer, das passt auch zum Wetter. Und ich habe nichts gegen Second-Hand, gar nichts, das ist also keine große Überwindung.

Ich bestelle beim größten Anbieter, immer schön im Mainstream bleiben. Ich kaufe mir einen Anzug, gleich richtig zuschlagen. Eine feine Marke, erstklassig erhalten, steht da. Richtig gutes Zeug, das wäre als Neuware im Preis schon etwas anstrengend.

Der Anzug kommt superschnell an, er ist perfekt verpackt, es klappt alles dermaßen tadellos, es ist ein Traum. Allerdings sehe ich beim Probieren auch, welche Nachteile Second-Hand online haben kann. Die Bilder sind auf der Plattform nämlich eher klein, man erkennt nicht alles gut genug. Denke ich so und sehe auf die überraschend dominanten Schulterpolster und auch auf die Hose, die eine längst nicht mehr übliche Höhe am Bauch erreicht. Dieser Anzug ist tatsächlich erstaunlich gut erhalten, er ist quasi wie neu, er sieht aus wie nie getragen, aber er ist vermutlich aus den mittleren Achtzigern. Er passt mir verblüffend gut, er sieht fast aus wie Maßarbeit, aber ich sehe damit aus, so sagt die Herzdame, „wie einer dieser älteren Herren, die am späten Abend betrunken über Dorffeste wanken.“ Das ist doch mal eine präzise Beschreibung, mit der kann ich etwas anfangen, da habe ich ein Bild. Dieses Bild und dazu das Bild im Spiegel – nein. Einfach nein.

Ich schicke den Anzug zurück, auch das klappt sehr gut.

Vielleicht mal in einen Second-Hand-Laden gehen? Oder gar nichts kaufen. Noch einfacher.

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Links am Abend

Es geht zu keinem Zeitpunkt um irgendwelche Inhalte – Frau Herzbruch über Politiksimulation. Wenn Sie heute nur eine Text lesen, nehmen Sie ruhig den, das passt schon. Wobei ich merke, dass ich mit jedem Monat zusehends wütender werde. Das Wort Wut kommt weiter unten bei einem anderen Link übrigens auch noch einmal vor, da mal drauf achten. Wütend werde ich deswegen, weil mir in den letzten zwei Jahren auch auf persönlicher Ebene zu viele Menschen begegnet sind, die ihre Berufe und ihre Verantwortung nur simuliert haben. Ich fühle mich da allmählich etwas wund und empfindlich, bekomme aber leider dazu noch die Politik mit, und je nachdem, wer demnächst männliche oder weibliche Kanzlerin wird, muss ich Entspannungstechniken lernen, und zwar ebenso dringend wie gründlich.

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Gustave Doré’s East End. Via Kiki auf Twitter.

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Offene Wunden.

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Klima-Debatte nach dem Discounter-Prinzip. “Sorry, Leute, es kostet etwas.” Audio, 5 Minuten.

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Die Eltern sind noch längst nicht wütend genug. Währenddessen überlegen im Heimatdorf der Herzdame in Nordostwestfalen die Landwirte, ob sie vielleicht vor dem örtlichen VW-Händler demonstrieren sollten, weil der Konzern aus Wolfsburg doch gerade das mit der Curry-Wurst … ich scherze nicht. Was nun der Händler dafür kann und was das eigentlich bringen soll, das weiß vermutlich kein Mensch, aber während ich noch auf FB diese Meldung lese, in der Minute, höre ich im Radio etwas über Uwe Timm. Sie erinnern sich, der Herr hat zweifellos eine gewisse Currywurstkompetenz, mehr noch als der Exkanzler sogar, und die kann ihm auch keiner absprechen. Und er sagt da also, dass die Currywurst in einer Kantine eine domestizierte Wurst sei (ich denke mir das wirklich nicht aus), eine Currywurst, eine echte Currywurst gehöre aber zweifellos nach draußen, an einen Imbiss, quasi in die freie Wurstbahn, das Wort ist allerdings jetzt von mir.

Das sind so die großen Diskurslinien im Lande. Plötzlich Lust auf Alkohol. Schlimm.

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Etwas Schöneres, es ist dringend. Ich habe beim Deutschlandfunk in der Sendung “Europa heute” etwas über Portugals Wälder nach dem Waldbrand gehört (hier, oben der erste Link), nämlich dass man da jetzt wieder vermehrt einheimische Bäume pflanzt, Olivenbäume etwa. Und da fiel auch der Begriff Erdbeerbaum, den kannte ich gar nicht. Den habe ich also nachgelesen, ich habe einen Garten, ich muss das alles wissen, und guck, da kommt dann was mit bitterem Honig, lesen Sie mal, das ist interessant. Was man alles nicht weiß!

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Das ganze Sonntagsallerlei

Noch einmal eine unerwartet schöne Mittagsstunde, die Sonne kommt durch, es ist fast windstill auf dem Kirchhof. Ein Hubschrauber brummelt langsam über den aufgeklarten Himmel. Vom Spielplatz unten kommen helle und schnelle Ballgeräusche von der Tischtennisplatte, ein dumpferes Aufprallen vom Basketballkorb. Ein Kind jubelt immer wieder über Körbe oder Punkte, es klingt aufgeregt. Fahrradklingeln aus einer Nebenstraße, leise Gespräche. Vermutlich reden Eltern am Spielplatzrand unter den Linden, ich kann sie durch das dichte Laub nicht sehen.

Im Haus gegenüber hat jemand im Dachgeschoss alte CDs an Geschenkband gehängt und sie dann am Dach befestigt, sie wehen sachte vor den Fenstern hin und her und vergrämen Tauben von der Terrasse, so jedenfalls die Theorie. Eine Elster sitzt auf dem Dachfirst und sieht sich die Sache mit schiefgelegtem Kopf an. Lange.

Glocken läuten. Von meiner Warte hier oben aus wirkt die Stadt sonntäglich und ruhig, ein wenig kleinstädtisch vielleicht. Ein Mann geht mit seinem lustlosen Hund und sagt „Na komm“, aber in einem so freundlichen Tonfall, das ist kein Kommando, es ist mehr ein Vorschlag.

Lilafarbene Chrysanthemen in der Vase auf dem Wohnzimmertisch, an dem ich schreibe. Die Balkontür steht weit offen. Eine Biene fliegt ein kleines Stück in die Wohnung, zieht sich dann aber mit einem leisen Summen der Entschuldigung sofort wieder zurück und interessiert sich lieber eine Weile für den Lavendel im Blumenkasten.

In den Nachrichten geht Afghanistan nahezu kampflos verloren. An manchen Tagen ist die Gleichzeitigkeit von allem leichter, an manchen ist sie schwerer.

Auf einem Wahlkampfplakat an einer Laterne möchte ein Politiker, so steht es da, für Hamburg-Mitte nach Berlin. Da steht nicht einmal, warum er das möchte, es ist einfach so. Also so ja nun nicht, denke ich. Nach dem Wahlkampf zu urteilen, den ich hier auf den Straßen sehen kann, gibt es die CDU nicht mehr, sie kommt einfach nicht vor. Das soll mir recht sein, denke ich, und ein wenig Schwund ist eben immer.

Ein Sohn muss die Staaten der USA lernen, also alle an der Karte zeigen können. Ich lerne mit. Ich steigere mich von den peinlichsten Allgemeinbildungslücken zu „Kann ich alles“, sogar Delaware kann ich jetzt. Ich glaube, Delaware habe ich noch nie vorher gewusst. Ich kann jetzt sagen, ich habe heute etwas gelernt. Ich habe allerdings auch penetrante Ohrwürmer zu all den Staaten, die in Songs vorkommen, zu Vermont, Nebraska, Georgia, Mississippi, Alabama, West Virginia, Californication, ist gut, ich höre schon auf. Rechts oben in Maine spielte gerade die Serie Olive Kitteridge, die hatte ich Ihnen empfohlen und würde es wieder tun, die war gut. Kein Happy End, falls Sie da eine Warnung brauchen. Im Buch von Elizabeth Strout auch nicht.

Ich lese weiter und gerne in den Nachtflügen von Helen Macdonald. Präzises Beschreiben, wie gut sie das kann und wie ich das mag. Aufschreiben, was ist, aufschreiben, was man sieht. Immer weiter üben.

Ein Paar streitet sich jetzt auf der Straße, er schreit immer wieder und ohne weitere Argumente: „Du blöde Kuh!“ Sie sind beide schon älter, man hört es auch an den Beleidigungen.

Eine Mutter zieht ihr Kind vom Spielplatz weg, beugt sich runter und zischt es an: „Du musst dich schon wie ein normaler Mensch benehmen!“

Als ob das so einfach wäre, denke ich. Als ob das so einfach wäre.

Schon wieder Glockenläuten.

„Wenn die Spinne Langeweile

Fäden spinnt und ohne Eile

giftiggrau die Wand hochkriecht,

wenn‘s blank und frisch gebadet riecht …“

Der olle Degenhardt war das. Der ist schon seit hundert Jahren tot.

„Seh, hör und rieche nebenbei

Das ganze Sonntagsallerlei.“

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Die große Fracht des Sommers

Gegen Mittag in den Garten.

Auf einer Kreuzung liegt eine bereits hundertfach überfahrene Ratte, schon so flach wie ein sorgsam gearbeitetes Relief im Asphalt. Pergamentbleich und lang wie ein springendes Karnickel, das war ein großes Tier. Der dünne Schwanz steht linealgerade nach hinten ab. Am Unterbauch etwas rostrotes Gekröse mit rosafarbenen Einsprengseln, das da durch einen Autoreifen hervorgedrückt wurde. Das Gebilde sieht aus wie eine Figur aus einem Ausmalbild, da grau, da rostrot mit Buntstift eingefärbt, das hat jemand dann in diesen gedeckten Herbstfarben ausgeschnitten und da hingelegt. Bald wird es wegwehen, das dünne Etwas, das Stück Stadtnatur.

Ein paar Meter weiter ein unordentliches Geranke an einem Brückenpfeiler, übergriffige grüne Üppigkeit, ich sehe es im Vorbeifahren und halte: Brombeeren. Und sie sind groß, reif und sie schmecken. Keine Brombeeren im Discounter kaufen, diese immer nur wie ein Sammler in grauer Vorzeit konsumieren, also da stehenbleiben, wo sie im Revier an den Wegen wild wachsen und dann dort alles abgrasen. Sich die Stellen merken, also das denkt man dann jedenfalls so, in Wahrheit aber hat man sie hundert Meter weiter schon vergessen. Im nächsten Jahr wieder überrascht sein, ach guck, Brombeeren.

Später im Garten die sieben Pflaumen anstaunen, die wir dieses Jahr noch von dem jungen Baum ernten werden. So ein prächtiges, lockendes Lila, vornehm zurückhaltend matt ist es, mit einigen wenigen glänzenden Stellen, die fast leuchtend rot sind. Aber die Früchte sind noch steinhart und hängen da also weiter, edel, erlesen und erst einmal ungenießbar.

Die Kürbisse runden sich langsam, dieses unwahrscheinliche Signalorange unter dem Laub, Hokkaido. Die Zucchini dagegen wächst längst freiwillig in Richtung Kompost und ergibt sich dort mit ihrer unverbrauchbaren Überfülle.

Eine vereinzelte Erdbeere hängt noch an den Pflanzen im Beet, auf der einen Seite zeigt sie noch ein freundlich lockendes Frühsommerrot, auf der anderen Seite aber ist sie braun und faulig, dem Boden zugewandt und schon in Auflösung begriffen.

Sohn II und ich ernten Kartoffeln und Karotten, es riecht nach Herbst und Erde und der Sohn schnuppert an einer gerade gezogenen Möhre, sagt „Das!“ und ich weiß, was er meint.

Ich habe in den letzten Wochen seltsam am Sommer vorbeigelebt, ich war nicht recht dabei und habe anders gealltagt, in der Wohnung, am Schreibtisch. Viel gearbeitet. Es zog mich nirgendwo hin, nicht einmal in den Garten. Ich saß in den Stunden ohne Arbeit eher ratlos herum, aber es hat sich gar nicht schlecht angefühlt, eher angemessen und passend. Warum soll man nicht einmal ratlos sein, das kommt vor. Einfach mal tagelang denken: Ich weiß es doch auch nicht. Wenigstens davon überzeugt sein.

Jetzt gehe ich wieder raus und das Sommerwetter scheint erst einmal vorbei zu sein, es gibt in der nächsten Woche, so lese ich, ein Preview auf den Herbst zu sehen. Die große Fracht des Sommers ist verladen, das ist von Ingeborg Bachmann. Ich lese einen Gedichtband mit Septembergedichten, weil ich den gerade passenden Band mit dem August nicht finden kann, ich greife vor. Die Luft ist kalt und voller Distelsamen, das ist nur ein Gedicht weiter und von Hilde Domin. Man kann die beiden Zeilen zusammenkleben, merken Sie das auch beim Lesen?

Die große Fracht des Sommers ist verladen

Die Luft ist kalt und voller Distelsamen.

Passt doch. Na gut, ich habe klammheimlich eine Silbe dazugeschummelt, immer ehrlich bleiben. Ein Bastelgedicht, ein Remix deutscher Dichterinnen, ein wenig früh in der Saison vielleicht. Aber ich gehe da gerne etwas vor, ich mag die Wechsel und die Zwischenzeiten viel lieber als die eigentlichen Jahreszeiten.

Egal. Es sind 20 Grad, es ist nicht warm, es ist nicht kalt, der Himmel ist bedeckt. Es kommt ein böiger Wind auf und macht einen auf dicke Hose. Es rauscht und saust in den Bäumen, die Äpfel fallen ins Gras, die Wolken sind auf einmal schwer schattiert, es wird Regen geben. Bald schon.

Ich fahre auf dem Fahrrad zurück ins kleine Bahnhofsviertel, der Wind jagt mir nach. Die Regebogenfahnen im Stadtteil hängen in Bausch und Bogen von den Balkonen. Gut gestylte Frisuren werden durch das auffrischende Wehen auf die Zauselstufe zurückgesetzt und blaue OP-Masken flattern an den Touristenoberarmen, an denen sie vertäut sind.

Und dort, aus der gemäß Wetterbericht nur noch heute gut besuchten Außengastronomie, steigt ein Schwarm weißer Papierservietten auf und fliegt in den Süden.

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Links am Morgen

Anke und ihr Vater

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 Gekocht: Ganz schlicht, Pasta Pollo. War aber gut. Ich habe es sehr thymianlastig gemacht, und es fanden alle vier Personen hier genießbar, ja, es gab sogar Lob für den Koch. Das ist ein Erfolg, und was für einer. Das wird wiederholt.

Und gleich noch einmal Küche: Flammkuchen mit Lachs gab es in der Home-Office Mittagspause. Der dabei verwendete Forellenkaviar ist zwar von unbestreitbarer Hübschigkeit, schmeckt aber nach nichts oder bestenfalls nach feuchter Seeluft und irritiert dabei sensorisch nicht unerheblich. Den würde ich nächstes Mal weglassen.

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Ohne neue oder überraschende Erkenntnis, daher nur zur Wiederholung und Vertiefung, wie die LuL sagen: Die Dunbar-Zahl. Ich halte die ja für bedenkenswert.

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Menschenverachtender Geiz.

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Rund 500 Scooter liegen bei Köln im Rhein. (Weiter 500 stehen vor meiner Haustür im Weg herum.)

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Gelesen: Helga Schuberts “Vom Aufstehen”. Hier gerade eine frische Rezension dazu, es gab auch vorher schon reichlich davon, wie bei allen Büchern, die für den Buchpreis nominiert waren. Ich fühle mich beim Lesen von Büchern mit Ostbezug und Ostherukunft immer etwas schuldig, da ich bis zur Wiedervereinigung den Osten Deutschlands schlicht nicht zur Kenntnis genommen habe: Da war nichts. Das können sich Nachfolgende vermutlich schwer vorstellen, dass ich an der Grenze gewohnt habe und nicht wusste, wie die nächsten Orte gegenüber hießen. Weil es egal war. Aber siehe da: Da war doch etwas. Es trifft mich manchmal noch etwas. Dieses doppelte Nichts meiner westdeutschen Generation: Es gab in den Familien nichts vor 1945, das war alles nur in den Geschichtsbüchern. Und es gab nichts, gar nichts jenseits der Grenze. Beide Lücken wurden nur mit Flickwerk geschlossen.

Jetzt lese ich die Abendflüge von Helen Macdonald. Diese hier. Da dann Schuldgefühle wegen der versaubeutelten Natur um uns herum, irgendwas ist ja immer.

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Gottfried Benn und der deutsche Schlager (Audio, 50 Minuten). Enthält auch das Rühmkorf-Zitat: “Die schönsten Verse des Menschen, das sind die Gottfried Bennschen.” In meinen Timelines hat zum Monatswechsel Juli/August niemand auch nur spaßeshalber die Erfüllungsstunde von Benn zitiert. Wie isses nun bloß möglich? Es gibt da übrigens, falls Sie so etwas interessiert und Sie das nach austherapierten Deutschunterrichtstraumata überhaupt abkönnen, einen Christian Ebbertz auf Youtube, der erklärt Ihnen Gedichte. Ganz ruhig und angenehm nachvollziehbar.

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Louisiana geht unter

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Wie das Patriarchat heute aussieht

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Über Selbstdisziplin. Via Christian.

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Nils Minkmar über Langeweile (Audio, 4 Minuten)

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6G

Es bleibt dabei, ich komme mit dem Alltag nicht recht klar, weswegen hier in dieser Woche auch weniger Text als sonst stand. Ein Termin und der Tag ist gelaufen, etwas mehr Wirbel im Büro und ich bin komplett durch. Es fühlt sich gerade nicht so an, als würde sich das demnächst wieder ändern, auf das Leistungsniveau von vor Corona komme ich so leicht nicht. Viele andere Menschen um mich herum allerdings auch nicht, das ist immerhin ein wenig tröstlich. Die Überraschung darüber scheint auch fast allgemein geteilt zu werden, fällt mir auf. Wir sind, so ist vielleicht die daraus abzuleitende Regel, immer noch etwas verbeulter, als wir ohnehin schon denken. Hier und da Berichte in den Medien, die das elaboriert bestätigen: Der Mensch an sich ist durch. Die ganze Welt müsste gleichzeitig und sofort zur Kur, wir hören dazu noch einmal den Klassiker von Bernd Begemann, Bad Salzuflen weltweit.

In den Medien geht es immer wieder um 3G, wozu ich kurz etwas erzählen möchte, oder eher noch einmal erzählen möchte. Das letzte Mal ist allerdings Jahre her, das wird schon gehen, nichts ist weiter weg als alte Texte im Internet. Ich springe kurz zurück in die Zeit, in der die Söhne noch in eine Kita gingen. Da gab es eine Erzieherin, die uns einen oder beide Söhne jeden Tag – jeden Tag! – strahlend und mit den stets exakt gleich wiederholten Worten zurückgab: „Gut gegessen, gut geschlafen, gut gespielt!“ Sie sagte das bei allen Kindern, vollkommen ungeachtet des Tagesverlaufs, aber sie war gut darin, es dennoch glaubwürdig rüberzubringen. Diese Floskel ist bei uns seit dieser Zeit der Inbegriff des guten Tags und des guten Zustands: Gut gegessen, gut geschlafen, gut gespielt. 3G. Na gut, eher 6G.

Ob das jemand einmal so strahlend über unsere Erwachsenentage sagen könnte? Ich weiß nicht recht. Aber ich müsste etwa für das „gut gegessen“ auch selbst sorgen, da fangen die Schwierigkeiten schon an.

Na, immerhin das Blog bespielt. Da geht doch was.

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