Keine Kompromisse

Letzte Woche, ich gehe auf dem Heimweg von der Arbeit eben in einen Discounter. Lange Schlangen vor den Kassen, es stockt, irgendwas ist mit dem System oder so, es dauert, die Leute werden unruhig, genervtes Stöhnen überall. Vor mir unterhalten sich zwei Männer, es klingt etwas schärfer, der eine beschwichtigend, der andere aufbrausend. “Doch!” höre ich immer wieder und “Aber nein!” und so etwas, Diskussionstrümmer und -randstücke, es dauert eine ganze Weile, bis sich mir erschließt, worum es da geht, aber bitte, es hat ja alles Zeit, man steht da ja eh nur herum und besieht sich die Einkaufswagen der anderen. Toffifee und Hühnerbrust und Schnittlauch, andere Menschen, andere Abendessen.

Dumm ist das aber keineswegs, worüber die Herren da reden, die reden nämlich über Philosophie und die Art, wie man leben soll. Der eine im Hier und Jetzt: “Ich überschaue nur die nächste halbe Stunde, und nicht einmal die ist gewiss! Um den Rest kümmere ich mich nicht! Niemals!” Er vertritt das mit Vehemenz und landet dann bei einer feurigen Verteidigung eigener Entschlüsse, nieder mit den Umständen, alles immer selbstgemacht, mein Leben, meine Regeln, mir kann keiner, so in der Art, das kennt man aus der Geschichte der Philosophie, das füllt aber auch in jeder Buchhandlung einen halben Meter unter “Lebenshilfe/Ratgeber”. Der andere gibt immer wieder freundlich zu bedenken, dass es doch Zwänge gibt, familiärer Art, sozialer Art und so weiter, dass man doch vorsorgen muss, dass man sich hier und da ein wenig fügen muss, vieles bedenken muss. Sie finden sich beide ganz interessant, das merkt man. Ab und zu verebbt das Gespräch, aber beim nächsten Blickkontakt flammt es wieder auf, werden wieder Zeigefinger mahnend erhoben, immer noch einmal die Bruchstücke: “Keine Kompromisse!”, “Aber man muss doch …”, “Es gibt gar kein Müssen!”, “Es wäre doch aber vernünftiger …”

Kann man ja auch noch einmal drüber nachdenken, welche Regeln man selbst gemacht und welche übernommen hat, doch, das kann man tun, auch beim Einkaufen, warum denn nicht, wenn man schon in aller Deutlichkeit auf das Thema gestoßen wird. Wobei die Erfahrung zeigt, dass das Leben eh der Philosophie in die Quere kommt. Wenn ich z.B. überhaupt keine Kompromisse machen würde, ich würde doch nicht bei einem Discounter schafbrav fünfzehn Minuten in der Schlange stehen, nur um Billigjoghurt zu erwerben, wie der wilde Lebenskünstler da vor mir?

Aber was weiß ich schon.

14

Früher habe ich zu Bloggeburtstagen lange rück- und vorausblickende Artikel verfasst, in diesem Jahr habe ich ihn einfach vergessen, weil ich den ganzen Tag im Garten war. Aber das passt schon, denn das wird bei gutem Wetter noch öfter vorkommen, dass hier nichts kommt. In diesem ersten Gartenjahr müssen wir uns da eben etwas mehr Mühe geben, damit das nach was aussieht und man womöglich auch noch etwas ernten und sogar essen kann. Die entsprechenden Bildbeweise folgen dann, wie auch immer die Erfolge bei so ahnungslosen Menschen wie uns ausfallen können. Rauke, Zwiebeln, Knoblauch wachsen immerhin schon, die Heidelbeeren treiben auch programmgemäß aus, ebenso die Him-, Stachel- und Johannisbeeren und der Rhabarber. Geht doch!

Der Giersch treibt allerdings auch aus. Die Herzdame hat gestern angefangen, ihm großflächig an die Wurzeln zu gehen, es war die beeindruckende Verwandlung einer normalen Bürgerin in eine rotglühende Killermaschine, die über ein Vokabular verfügt – ich hatte gar keine Ahnung. Und alle Nachbarn: “Sie hat doch immer so nett gegrüßt.” Ich stand nur freundlich lächelnd dabei, denn ich kann ja wegen der kaputten Hand gerade nicht so viel machen, ich freute mich aber doch, dass sie ein Ventil für dubiose Gefühle gefunden hat, so etwas ist ganz wichtig für den modernen Menschen, der am Wochenende nicht mal eben zum Plündern und Brandschatzen ziehen darf, um nach einer langen Arbeitswoche wieder runterzukommen. Dann geht es eben gegen den Giersch.

Vierzehn Jahre ist das Blog jetzt jedenfalls seit ein paar Tagen alt, da müssen wir uns allmählich fragen, ob es so etwas wie eine Blogpubertät gibt. Da mal drüber nachdenken! Aber erst später, vorher gehe ich wieder in den Garten, eine Reineclaude pflanzen. Eine Reneklode. Wie auch immer. Eine Eierpflaume. Egal.

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Wir sind viele. Pluralis viralis, höhö. Pardon, manche von uns wollten darüber gar keinen Witz machen.

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Mikroplastik in Komposterde. Es ist übrigens auch einigermaßen erstaunlich, welche Mengen an Plastik und Hausmüll wir gerade im Garten ausbuddeln. Die Ferkeleien aus den 70er, 80ern und 90ern, da kommt was zusammen, und damals war das keineswegs Mikroplastik, das waren recht große Teile.

Hefte raus, Klassenarbeit

Um das mit den Klischees aus dem letzten Eintrag noch etwas zu vertiefen, hier zwei Szenen aus der letzten Woche, sie passierten beide an einem Tag, ganz kurz hintereinander, keine dreißig Minuten dazwischen und keine fünfhundert Meter. In jedem Drehbuch würde man die rot anstreichen, viel zu platt. Aber was solls, das Leben scheint platt zu sein. Oft zumindest. Zwei Szenen zum Medienkonsum also, erschreckend lieb- und einfallslos zusammengestellt vom Leben selbst, vom Schicksal, wie auch immer.

In einem großen Supermarkt geht eine Mutter laut zeternd hinter ihrer stur aufs Handy starrenden jugendlichen Tochter her. Sie schimpft dabei so laut, dass sie auch noch ein paar Regale weiter gut zu verstehen ist, entsprechend unendlich genervt sieht der Gesichtsausdruck der Tochter aus. “Ich nicht mehr!”, ruft die Mutter, “ich jedenfalls nicht mehr! Ich passe jetzt nicht mehr auf, dass du nicht überall gegenrennst!” Und die Tochter sagt in diesem Tonfall, den alle aus eigener Erfahrung kennen, die schon einmal pubertiert haben: “Ja, ja.” Und mehr sagt sie nicht, natürlich nicht, was sollte sie auch sagen. Die Mutter bremst abrupt ab und biegt dann in den Gang mit den Nudeln ab. Die Tochter guckt nicht hoch, starrt weiter aufs Handy, wiederholt nur roboterhaft und unsäglich gelangweilt “Ja, ja” um drei Meter weiter dann ungebremst gegen eine verspiegelte Säule zu latschen, dass es ihr durch den Aufprall glatt die Brille zerlegt. Es spricht dabei übrigens sehr für die Mutter, dass sie sich keine Äußerungen des Triumphs zugestanden hat, es umspielte nur ein hauchfeines Lächeln ihre Lippen, als sie kurz darauf in helfender Absicht zu ihrer Tochter ging, die gerade ihre Brillenteile einsammelte, sehr rot im Gesicht.

In der Zentralbücherei geht dann eine Frau in meinem Alter, Typ Oberstudienrätin, womit Sie jetzt vermutlich ein Bild im Kopf haben, eher als bei “Typ Germanistin” jedenfalls, wobei man unter Umständen an Nora Tschirner mit Bleistift im Mund denkt, das ist hier aber nicht gemeint, außerdem gehen Germanistinnen wohl eher in die Staatsbibliothek, aber ich schweife ab und grammatikalisch geht dieser Satz auch nicht auf, don’t try this at home. Typ Oberstudienrätin also, was auch immer Sie sich jetzt dabei denken, so etwas meint ja auch die Begleitumstände, Szeneviertel, Altbau, Rotwein und der Mann ist Architekt, in Romanen kriselt die Beziehung dann schon auf Seite drei, ist klar, aber darum geht es auch nicht. Mit einem Stapel Bücher unterm Arm geht sie da durch die Regalreihen, die Oberstudienrätin mittleren Alters. Auf dem Stapel obendrauf ein aufgeschlagenes Buch, sie liest beim Gehen, und weil die Bücher einerseits rutschen, das obere Buch andererseits aber aufgeschlagen bleiben soll, hat sie eine etwas undamenhafte Körperhaltung, so gehen keine Intellektuellen, so gehen eher Clowns, denen die Jongliernummer programmgemäß misslingt. Aber wie die Bücher auch rutschen, sie guckt nicht hoch, sie liest und murmelt beim Gehen. Wenn die Form des Textes, den ich im Vorbeigehen nur ganz kurz sehe, nicht täuscht, dann hat sie da sogar Lyrik vor sich. Neben ihr geht ihre Tochter, so alt wie die andere Tochter im Supermarkt gerade eben, ihre Tochter also, die ab und zu routiniert und dirigierend am Ärmel der Mutter zieht, nämlich immer dann, wenn wieder eine Regalecke in den Weg ragt. “Mama”, höre ich sie mahnend murmeln, und es ist nur ein ganz leises “Mama”, es ist eigentlich gar kein “Mama”, das wirklich gehört werden möchte.

Und wenn man sich diesen beiden bisher nur zeitlich verknüpften Szenen jetzt interpretierend nähern müsste, würde sich das nicht total blöd nach einem Aufsatzthema aus der, na, sagen wir aus der zehnten Klasse anfühlen? Medien und die Wirkungen, Medien und Beziehungen, so etwas in der Art? Parallelen und Unterschiede im Verhalten usw., man möchte sich doch im Andenken an eigene Deutscharbeiten spontan erbrechen, wenn man nur daran denkt, nicht wahr. Aber so etwas passiert tatsächlich! Dauernd passiert so etwas. Die Welt da draußen ist im Grunde voller Aufsatzthemen, vielleicht ist sie auch deswegen oft so unerträglich.

Haben wir das auch geklärt, fein. Kein Tag ohne Lernfortschritt!

Der schmale Bereich des Beschreibbaren

Ich schreibe hier seit vielen Jahren und fast die ganze Zeit über stoße ich immer wieder an zwei Grenzen des Beschreibbaren. Die eine liegt in der entsetzlichen und schier unvermeidlichen Klischeehaftigkeit der Welt, die vieles ins Unglaubwürdige verzerrt, obwohl es nichts als die Wahrheit ist. Man kann allzu klischeehafte Erscheinungen nur schwer wiedergeben, sie wirken einfach nicht glaubwürdig, sie wirken eher überzogen und gewollt, an den Haaren herbeigezerrt und letztlich irgendwie schmierig wie in der Genreschriftstellerei, die Prinzessin aus dem Hochadel sieht eben gut aus, der Chefarzt heiratet die schöne Krankenschwester. Ein Beispiel aus dem letzten Winter: Ich gehe durch die Hamburger Innenstadt und sehe, wie eine Dame ein Pelzgeschäft betritt. Wobei erstens auffällt, dass es überhaupt noch Pelzgeschäfte gibt, wer mag da wohl noch hingehen? Das ist doch eigentlich ganz interessant, das könnte sehr wohl ein Thema für einen Blogeintrag oder eine Kolumne sein. Jetzt noch schnell eine Beschreibung der Dame und zack, wieder eine kleine Form fertig gebacken, so möchte man das doch. Allerdings sieht die Frau in geradezu lächerlicher Weise aus wie Cruella de Vil. Sie ist nur etwas unauffälliger angezogen, wobei es sich bei ihrem flott umgelegten Mäntelchen aber selbstverständlich immerhin um Pelz handelt. Sie ist auch etwas stämmiger als das Original, etwas nördlich-hanseatischer, aber sonst – dieses pompöse Heranrauschen, diese geradezu auf zehn Meter Abstand spürbare Verachtung anderer Menschen, dieser herrische Blick, diese maßlose Arroganz – das passt alles perfekt und natürlich ist sie auch gerade einer Limousine entstiegen. Aber so etwas kann man nicht beschreiben, das glaubt einem ja kein Mensch, weil es viel zu erwartbar ist. Das wirkt bemerkenswert schlecht ausgedacht, da hat die Phantasie wohl wieder nicht gereicht, was?

Die andere Grenze liegt im Bereich des Ungewöhnlichen, Seltsamen, in der Region der schrägen Vorkommnisse. Als Beispiel dient hier am besten eine Geschichte, die ich allerdings schon oft erzählt habe, ich fasse sie daher nur schnell ganz kurz für die neuen Passagiere zusammen. Als ich zu meiner allerersten Lesung eingeladen wurde, hatte ich einen kurzen Moment des Haderns, denn meine Güte, in meinem Leben passiert doch überhaupt nichts, wer will davon etwas hören. Ich ging grübelnd und zweifelnd an der Alster spazieren, dachte über Ereignislosigkeit, Langeweile und Mitteilungsdrang nach und starrte sinnend ins Wasser, wo mir nach einer Weile etwas Seltsames auffiel. Etwas, das bei längerer Betrachtung aussah wie … eine Wasserleiche. Und es war dann auch eine. Falls Sie noch nie eine gesehen haben, erstrebenwert ist das übrigens nicht, es verfolgt einen längere Zeit. Aber im Grunde kann man auch davon nicht erzählen, das ist viel zu extravagant, das wirkt zu schlecht ausgedacht, da ist die Phantasie wohl wieder mit jemandem durchgegangen. Eine Wasserleiche im richtigen Moment, ist klar. Meine Güte.

Der schmale Bereich des Beschreibbaren liegt irgendwo zwischen Cruella de Vil und Wasserleichen, die mit perfektem Timing auftauchen. Zwischen Klischees und Special Effects. Und es gibt Tage und Wochen, da ist in diesem Zwischenraum gar nicht viel. Da ist viel mehr in den eben genannten Randbereichen los und als Blogger, Erzähler etc. denkt man da dauernd: Ach lass mal, das kannste so eh nicht schreiben, das glaubt dir sowieso kein Mensch. Und wenn man es dann dennoch beschreibt, dann kommentiert das auch jemand entsprechend.

Was ich also nur eben sagen wollte, wenn hier mal wider Erwarten nichts Neues steht, wenn es so wirkt, als würde noch weniger passieren als ohnehin schon – dann war wieder alles viel zu normal oder aber ganz anders, das ist im Grunde einfach. Wissense Bescheid, ne.

Ruckblog

Es ist ein etwas ruckartiger Frühlingseintritt in Norddeutschland, ist es nicht? Aber wenn schon überhaupt etwas ruckartig eintritt, dann soll es doch bitte der Frühling sein. Oder Reichtum, der wäre auch in Ordnung, wenn ich so darüber nachdenke. Oder die Rente. Oder die Weisheit, die Gesundheit, der Weltfrieden, das Ende des Klimawandels. Im Grunde gibt es ziemlich viele Dinge, die gerne ruckartig eintreten können, dieser Textanfang führt zu überhaupt nichts, ich nehme alles zurück und komme einfach nochmal rein. Nur den Frühling, den lasse ich stehen.

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Am Morgen verteilen wieder Menschen kostenlos Zeitungen im Hauptbahnhof, viele werden sie aber nicht davon los, niemand reißt sich um Zeitungen. Ich nehme auch keine, obwohl es diesmal die immerhin lesbare Süddeutsche ist, meine Zeit wird heute eh nicht dafür reichen. Meine eine S-Bahnstation reicht lektüremäßig einfach für gar nichts, manchmal fehlt es mir fast, eine etwas längere Strecke fahren zu müssen. Früher hab ich mal die Zeit im Zug gelesen, jede Woche, alle Teile außer Sport! War auch ganz nett. Klingt aber schon wie: “Früher bin ich mit der Kutsche zur Arbeit gefahren.”

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Am Montag noch eine Johannisbeere und mehrere Blaukissen, Schnittlauch und Petersilie gepflanzt, außerdem einen Wildblumenblühstreifen angelegt und einen Zaun begrünt, also theoretisch jedenfalls, wenn das denn da alles wächst, der Mai wird es zeigen. Es ist aber immer noch Platz in den Beeten. Es ist noch verdammt viel Platz in den Beeten. Demnächst Pastinaken, Möhren, Salat, Mairüben, Mangold, Dill säen. Die Vorbereitung des bescheidenen Kartoffelfeldes ist einhändig leider so gut wie unmöglich, ein zäher Kampf um jede Grassode, stellen Sie sich den Autor einfach terrierhaft knurrend und am Rasenteppich ziehend vor, das ist so abwegig nicht.

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Sobald ich im Garten bin, ist mir übrigens das Handy egal, und zwar dergestalt egal, dass ich stundenlang nicht draufgucke. Das ist keine bewusste Entscheidung gegen die Onlinewelt, aber der Garten ist nun einmal im Moment wesentlich interessanter. Wenn Sohn II und ich, also die Garten-Ultras dieser Familie, da stundenlang herumbuddeln, ist alles anderer eher nicht mehr so wichtig. Und das ist ganz schön, sich wieder so volle Möhre auf ein Thema konzentrieren zu können, das hat in den letzten Jahren vielleicht doch etwas gelitten.

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Es gibt heute Hühnersuppe, obwohl gar keiner krank ist. Ich bin so ein Rebell.

Zur Orientierung

Ich arbeite in einem Bürogebäude, in dem Menschen, die es zum ersten Mal betreten, nach spätestens zwei Abbiegungen eines Ganges garantiert jede Orientierung verlieren. Es ist so gut wie unmöglich, dort als Besucher einmal durchzugehen und dann genauso wieder hinaus zu finden, wenn man nicht gerade kundige Begleitung hat. Soweit ich mich erinnere, hat das noch niemand geschafft. Als wir vor ein paar Jahren in das Gebäude gezogen sind, brauchten wir Wochen bis zu einem normalen Betriebsablauf, also bis jeder auf Anhieb alles gefunden hat, seinen Schreibtisch, die Kaffeemaschine, das Klo, den Kopierer, was man als Büroangestellter eben so braucht.

Neulich kam ein verirrter Kollege, der normalerweise an einem anderen Standort arbeitet, in unser Büro, sah sich kurz um und fragte dann einigermaßen ratlos: “Ist das hier das Ende?”

Womit er eigentlich nur das Ende des Ganges meinte, denn unser Büro hat nur einen Eingang, es ist kein Durchgang, die Frage war also gar nicht so schlecht und durchaus berechtigt. Aber wie es so ist, man denkt dann eben doch eine Weile darüber nach, ob dieses Großraumbüro eigentlich das Ende ist, ob man nun will oder nicht. Ich habe jetzt nicht nur den Sohn mit dem Sinnproblem, ich berichtete hier, ich habe jetzt auch noch verwirrte Kollegen mit unerwartet tiefschürfenden Fragen. Ich brauche dann bitte bald mal ein Sabbatical, um das alles vernünftig beantworten zu können.

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And now her watch is ended.

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Im Garten einen Kirschbaum, einen Pflaumenbaum, einen Pfirsich, mehrere Himbeeren, eine Johannisbeere gepflanzt. Die Reineclaude ist bestellt. Das Kartoffelfeld ist in Vorbereitung, Radieschen, Rauke,  Speisezwiebeln und etliche Blumensorten sind schon in der Erde. Und das ist erst der Anfang.

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Easter Parade

Mein Studium, das ich damals mit dem glanzvollen Titel “Dipl.-Bibl.” beendet habe, ist zwar gefühlte hundert Jahre her, aber ein Stichwort aus dem Grundstudium ist gerade wieder sehr aktuell geworden. Das ist ein seltsam anmutender Begriff, so ein Wort, von dem man sich als Student denkt, gut, das habe ich mir jetzt zwar gemerkt, nachdem ich es etwa zweihundertmal gehört habe, das brauche ich aber ganz sicher nie wieder im Leben, das ist beim besten Willen nur Deko-Bildung. Obwohl man damit nicht einmal angeben kann, wenn man es genau nimmt, denn das kennt ja kein Mensch, bei so einem Exoten-Studium. Aber das gibt es vermutlich in jedem Studiengang, solche Begriffe, an denen sich verlässlich jene erkennen, die das studiert haben. Und wenn man zwanzig Jahre später in einer Kneipe abends dieses Schlüsselwort in sein Bier murmelt, dann fragt vielleicht jemand vom Hocker daneben, ob man auch und wann und wo denn und bei wem. Folgt großes Hallo und Verbrüderung, na, Sie kennen das.

Lange Rede, kurzer Sinn, ich lege gerade einen Ordner an, in dem ich mir akribisch genau notieren werde, was wann in welchem Teil des Gartens stehen wird, da geht es also um das System, mit dem die Beete bepflanzt werden, Fruchtfolge und so. Welches Gemüse, welche Blume wuchs also wann wo und wie erfolgreich war das. Und jetzt ein Scherz, den womöglich nur, siehe oben, sehr wenige Menschen auf Anhieb verstehen werden, der Rest kann das aber gleich gerne googeln. Obwohl sich das, offen gesagt, nur begrenzt lohnt. Auf dieses Ringbuch mache ich nämlich einen Aufkleber, und was schreibe ich da als Titel in Schönschrift hin, die ersten kommen sicher jetzt gerade schon kichernd drauf: Beethordnung. In genau der Schreibweise. Ein echter Brüller. Also für nur zwei, drei Leute, aber warum soll ich hier nicht auch einmal sehr enge Zielgruppen bedienen.

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Der folgende Link hätte eigentlich in den Wirtschaftsteil gehört, aber ich finde stets mehr, als ich da jemals unterbringen könnte. Außerdem hat der Link auch einen deutlichen Bezug zur Elternbloggerei, der ich phasenweise bekanntlich nicht fern stehe. Es geht aber auch noch um einen aussterbenden Beruf, um soziale Fragen und um Wirtschaftlichkeit. Vor allem aber geht es darum, aus einem Problem etwas Sinnvolles zu machen, und das finde ich schon aus persönlichen Gründen gut, denn ich halte mich z.B. auch für ein Problem und versuche dabei dauernd, irgendwie sinnvoll zu sein. Es geht um ein Buch über Geburten, genauer über Geburten im Auto. Und wenn Sie Geburten im Auto jetzt nur für ein Problem halten – Moment mal bitte.

Patricia Cammarata hat hier schon ausführlich rezensiert.

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Und sonst? Frohe Ostern, versteht sich.

Supernormal

Oops, we did it again. Da kann man by the way auch auf solche Initiativen wie diese in Hamburg hinweisen, das passt schon.

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Supernormal, endlich mal sympathische Stadtwerbung. Elmshorn, das muss man für Süddeutsche, Ostdeutsche etc. vielleicht erklären, Elmshorn ist so eine Stadt, durch die man als Hamburger irgendwann schon einmal durchgefahren ist, warum auch immer, das hat man längst vergessen oder verdrängt. Wie auch alles, was man da gesehen hat.

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Da geradezu beeindruckend viele Kommentatorinnen der Meinung waren, mein Daumen hätte einem Arzt gezeigt werden müssen, habe ich das nachgeholt, zumal der Finger nicht besser wurde, mehr so im Gegenteil. Es ist zwar nichts gebrochen, aber ansonsten stimmt doch im Gelenk so einiges nicht und die Hand wurde jetzt daher für eine Weile stillgelegt. Ich tippe hier quasi mit der rechten Hand und dem linken Ellenbogen, was auch der Grund ist, warum ich auch heute wieder unangemessen kurz herumtexte, pardon

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Ich verbleibe aber nicht ohne lebhaften Dank in Richtung Schwachhausen, denn ich hatte neulich scherzhaft Post aus Orten mit Schw… bestellt – und prompt kam heute ein liebevoll gestalteter Brief von dort. Schwachhausen! Starke Gegend. Danke!

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Dank mit Links

Ich habe schon wieder zu danken, erstens für die zahlreichen Genesungswünsche unter dem letzten Artikel, zweitens für die Zusendung von Blumensamen, gleich zwei Päckchen! Ich weiß leider nicht, von wem die kamen, es war überhaupt kein Zettel und nichts dabei, aber ganz herzlichen Dank auf jeden Fall!

Die Samen nehmen demnächst Beetkontakt auf, ich muss nur erst noch ein wenig schaufeln. Mit der rechten Hand, versteht sich, mit der linken bin ich mir gerade nicht ganz sicher, vielleicht gehe ich doch einmal zum Orthopäden. Bestimmt kriegt man im Juni oder Juli noch einen Termin, da bin ich optimistisch.

Im Folgenden schnell ein paar Links, das Tippen von längeren Texten ist nämlich nach wie vor eher nicht so toll.

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Bei der GLS Bank habe ich einige Links zum Thema Rad und Verkehr zusammengestellt.

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Patricia schläft im Wald und hat dafür einen raffinierten Plan entwickelt.

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Meike Winnemuth gärtnert wie ich, nämlich quasi undeutsch. Ich finde es im Moment schön und anregend, mich tagsüber im Garten völlig zu verausgaben – und dann abends auf dem Sofa gemütlich nachzulesen, was ich alles falsch gemacht habe. So lernt man auch.

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Peter Breuer über Autotransporter und naheliegende Fragen.

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Don Dahlmann über Hamburg. Und über Berlin und Köln, die ich beide auch mag, so ein Zufall.

 

Links, grün, kaputt

Hier stand jetzt auffällig lange nichts von mir, das hat schmerzhafte Gründe, die noch kurz zu bekennen sind. Kurz, weil es länger nicht geht, es tut nämlich weh.

Wir waren am Wochenende also zwei Tage lang im Garten, die Herzdame schrieb bereits davon. Erdarbeiten bis zum Umfallen, dies und das gepflanzt, Zeugs von links nach rechts geräumt, das war alles sehr schön und befriedigend und genau so, wie ich es haben wollte, zwischendurch schien sogar zehn Minuten die Sonne. Das war geradezu paradiesisch, wir haben da ja als Hamburger keine überhöhten Ansprüche, das war alles ganz wunderbar. Bis ich einen Sack mit Erde öffnen wollte, der partout nicht aufgehen wollte. Es war gerade keine Schere in der Nähe, kein Messer, gar nichts. Also habe ich versucht, mit dem linken Daumen, der wohl nicht mein grüner Daumen ist, ein Loch in diesen Sack zu bohren, was aber auch überraschend schwer ging, weswegen ich ziemlich viel Kraft anwenden musste. Wobei es einmal überraschend laut kurz im Gelenk knackte, auf eine Art, bei der mir spontan der Verdacht kam, dass sowohl Geräusch als auch Gefühl ganz und gar nicht so gehörten. Um es zurückhaltend auszudrücken, denn mit etwas Abstand kann man das ja, mitten in der Situation hüpfte ich tatsächlich eher brüllend durch den Garten und kam auf viele schöne Kraftausdrücke, Käptn Haddock nichts dagegen.

Nach nur drei Stunden tat der Daumen allerdings allmählich weniger weh und ich war es auch schon wieder auch leid, dauernd darüber nachzugrübeln, ob der jetzt gebrochen, verrenkt oder verstaucht war, wer kann das als Laie auch schon am Schmerz differenzieren, der hing da eben so runter und war nicht in Ordnung, mehr Klarheit war nicht zu erwarten. Egal, habe ich eben einhändig weitergearbeitet, denn der Wunsch nach Gartenarbeit war definitiv dringend und eine Schaufel kann man auch einhändig bedienen. Tippen mit nur einer Hand ist viel schwerer! Schöner Nebeneffekt dieser Aktion: Ich gelte bei den Söhnen jetzt als ganz harter Hund.

Apropos Söhne, einer von denen brauchte dann Hilfe beim Zusammennageln einer improvisierten Beetumrandung. Und weil der Schmerz gerade so schön nachließ, habe ich das mal eben übernommen – und mir den Hammer mit Schmackes auf den bereits vorgeschädigten Daumen gezimmert. Wenn man einen Lauf hat … Sie kennen das, nehme ich an.

Danach habe ich meinen weiteren Einsatz dann darauf beschränkt, der Herzdame und allen anderen Beteiligten gute und sinnreiche Ratschläge für die Gartenarbeit zu geben, das kann ich immerhin auch gut und man muss seine Grenzen erkennen, das ist ganz wichtig. Zur interessierten Frage der Söhne, ob der Daumen jetzt amputiert werden muss – demnächst mehr. Wenn der Schmerz wieder nachlässt.