Die Herzdame reist nach Helgoland (Teil 1)

Ein Text von Maret Buddenbohm, auch bekannt als die Herzdame, die gerade entgegen aller Wettervorhersagen auf ihren Mann gehört hat und nach Helgoland gereist ist.

Unseren Helgolandaufenthalt hatten wir schon vor einem halben Jahr im Frühjahr gebucht. Da denkt natürlich niemand an Herbststürme und wetterbedingt ausfallende Katamarane oder Schiffe.

Nach dem Kindergeburtstagsmarathon im September hatten wir es uns dann endlich verdient – ein langes Wochenende auf Helgoland. Leider sagten alle meiner Wettervorhersagen Sturm mit Windstärke 8 voraus. Der Gatte hingegen sagte was anderes voraus – meistens Sonnenschein, ein bisschen Wind. Nun ja, dann wollen wir mal alle Bedenken fahren lassen und ihm glauben….

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In der Tat hatten wir auch strahlenden Sonnenschein als wir auf Helgoland ankamen. Ist es in Norddeutschland auch noch so grau und nass, Helgoland hat uns noch nie enttäuscht. Und selbst wenn es mal geregnet hat, war das immer nur kurz.

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Wir sind dann sofort mit der Fähre zur Düne (die kleine Nachbarinsel mit Sandstrand), um da gemütlich in deinem der Strandkörbe des Dünenrestaurants zu chillen, Kaffee zu trinken und den Kindern beim Buddeln zuzusehen. Für gemütlich war das aber irgendwie der falsche Tag – bestes Wetter und langes Wochenende mit Brücken- und Feiertag. So voll haben wir es da noch nie erlebt, Hochsaison war nichts dagegen. Bis wir überhaupt bestellen konnten, haben wir bestimmt erstmal eine halbe Stunde warten müssen, zu den weiteren Wartezeiten muss man dann nichts mehr sagen.

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Im Grunde war das aber auch egal, meine Laune war eh schon auf dem Tiefpunkt. Exakt beim Betreten der Düne war die Nachricht gekommen, dass der Katamaran die nächsten beiden Tage sturmbedingt nicht fahren würde. Und wenn es einen Zeitpunkt gab, der so gar nicht passte, dann diese Woche. Dass es nicht so richtig viel Internet auf der Düne gab, um Umbuchungsmöglichkeiten zu recherchieren, machte die Laune dann auch nicht besser. Erst als ich unsere Freundin und Helgolandexpertin Iris erreicht hatte, die uns dann weiterhalf, konnte ich so langsam wieder auf Entspannungsmodus umschalten.

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Nach Pommes, Kaffee und Apfelschorle im Dünenrestaurant gab es das Pflichtprogramm, ohne das ich schon wieder in schlechte Laune verfallen wäre: Inselrundgang mit Friedhofsbesuch. Die meisten Menschen bevorzugen es ja eher, die Inseln am Strand entlang zu umrunden und dabei Robben und Seehunde zu beobachten. Ich nicht! Ich muss einmal quer durch – auf schmalen Holzplanken quer durch das ganze Gestrüpp aus leuchtendem Sanddorn und diesen gruselig, kahlen Büschen, was auch immer das ist. Mindestens bis zum Friedhof der Namenlosen. Wie der Name schon sagt, sind dort die Toten bestattet, die das Meer auf Helgoland oder der Düne angespült hat. Ich liebe diese besinnliche Atmosphäre hier, wenn nicht gerade die Kinder lautstark die Grabsteine diskutieren oder die Gedenkglocke läuten.

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Zurück auf Helgoland haben wir erstmal „unser“ Zimmer und den Ausblick vom Balkon aus genossen und darauf gewartet, dass es Zeit war Essen zu gehen. Essen gehen auf Helgoland ist eine echte Herausforderung. Das, was gut ist, ist in der Regel auch etwas teurer und mit Kindern nicht unbedingt eine Freude, weil sie da nicht so oft vorkommen. Das, was mit Kindern machbar ist, ist für unseren Geschmack eher eine Zumutung. Manchmal frage ich mich, ob Helgoländer wirklich denken, dass Essen so schmecken muss. Oder ob es denen einfach nur egal ist, wie es schmeckt, weil die Tagestouristen eh nicht wiederkommen und die Übernachtungsgäste einfach keine andere Wahl haben. Die wenigen Restaurants, die für uns in Frage kommen, sind jedenfalls immer komplett überfüllt. Dieses Mal hatte ich die geniale Idee, vorher zu reservieren. Leider war ich aber nicht das einzige Genie. So landeten wir dann im Restaurant „Düne Süd“ im Lung Wai. Für Helgoländer Verhältnisse kann man das als Familie ganz gut machen, es gibt anständige Kinderteller und die Jungs fanden ihre Chicken Nuggets mit Pommes „super lecker“. Der Gatte wurde von seinem Schnitzel Hamburger Art satt und der Rand meiner Pizza Parma-Rucola war so vorzüglich, dass mir die Jungs nicht viel davon übrig gelassen haben.

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Dann sind wir mit zwei völlig erschöpften Kindern zurück ins Hotel und sofort ins Bett. Hier muss ich noch mal lobend erwähnen, wie schön das Hotel ist und wie stilvoll und heimelig die Zimmer eingerichtet sind. Und zwar nicht, weil wir ein nach dem Gatten benanntes „Buddenbohm“-Zimmer haben, sondern weil wir uns megawohl gefühlt und fasst gar nicht gestritten haben, obwohl das Zimmer wie die meisten Zimmer auf Helgoland (wenig Platz eben …) ziemlich winzig für eine vierköpfige Familie war.

Fazit des Tages: Höre bei Wettervorhersagen nie auf deinen Ehemann. Und ein Familienzimmer für zwei Nächte muss nicht groß, aber unbedingt kuschelig sein.

Fortsetzung folgt.

Beifang vom 08.10.2017

Bei der GLS Bank habe ich fünf Links zum Klima zusammengestellt.

Ich kenne wenige Menschen im ganz jungen Erwachsenenalter, aber ich kenne Liva, die gerade mit der Schule fertig und jetzt ein Jahr in Mexiko ist. Und darüber bloggt sie.

Animierter Brückenbau.

Bilder aus Bergen aan Zee.

Eine Reportage aus Shishmaref.

Auf dem Kölner Dom.

Über Apple in Schulen.

Über einen Lokalreporter:“Ich spüre hier eine Freude bei den Leuten, die darf ich ja nicht kaputtmachen, wie käme ich dazu!”

Und nun Tiny Ruins. Me at the museum, you in the wintergardens. Schön, schön.

Was schön war

Ich hatte einen Termin in einem Stadtteil, in dem ich nicht so oft bin. Ich fahre dann immer besonders früh und gehe da ein wenig durch die Straßen, ich gucke nämlich gerne Straßen und ich stehe auch gerne an fremden Orten sinnlos etwas herum und habe nix zu tun, ich mag das.

Da war ein Geschäft für Modelleisenbahnen, ein ziemlich großes Geschäft sogar, ich stand eine ganze Weile vor dem Schaufenster . Da gab es Züge und Loks und Häuser und all das, Signalanlagen und Straßen und Berge, die ganze Welt im Miniformat. Ein Sortiment sehr kleiner Menschen in allen möglichen Posen und Moden, bei der Kartoffelernte und an der Ampel, Autos aus vielen Modellreihen, Fabriken und Kirchen und Bäume und Blumen. Blumen! Wirklich winzige Blumen, kleinfingernagelgroß nur, ach was, halb so groß. Wenn überhaupt. 

Ein Dahliensortiment gab es da, eine Schachtel nur voller Dahlien, ganze hundertzwanzig Stück. Und die muss man, wenn man sie kauft, zuhause auch noch erst einmal zusammenstecken, die Blüten auf die Stängel, hundertzwanzigmal, das muss ein irres Gefummel sein. So etwas machen die Leute, die so etwas als Hobby haben, dann wohl an diesen langen Winterabenden, von denen alle immer reden. Eine Schachtel voller Blumen also. Verschiedene Farben, versteht sich! Buntblüher!

Hundertzwanzig winzigkleine und quietschbunte Plastikdahlien im Bausatz – und auf der Schachtel stand groß und in roten Buchstaben auf gelbem Grund: “Natur pur”.

Das fand ich schön.

Gehört (2)

Wenn man erst einmal anfängt, auf Dialogtrümmerstücke im Vorbeigehen zu achten, dann kommt man aus der Nummer natürlich wochenlang nicht mehr raus.

Zwei Damen stehen vor dem Lidl im kleinen Bahnhofsviertel, sie tragen orientalische Gewänder, mir fehlt die Kenntnis, sie souverän einem Land oder einem exakter gefassten Kulturkreis zuordnen zu können. Sie reden arabisch, zumindest klingt es für mich so, aber was weiß ich schon, das ist im Grunde alles ungenau, sträflich ungenau. Sie reden jedenfalls, so viel steht zweifelsfrei fest, sehr schnell und ich verstehe, das steht auch fest, nichts. Außer genau einem Wort, das sie mehrmals sagen, das aus ihrem Dialog herausfällt. Es ist ein deutsches Wort, ein Fremdwort also aus ihrer Sicht: “Eisbergsalat.” Ich höre etwas irritiert hin, aber es ist tatsächlich, wie es ist, es ist Eisbergsalat, das wird sehr präzise ausgesprochen. Warum auch immer. Kennt man Eisbergsalat auf der arabischen Halbinsel? Und wo ich das so schreibe, kommt mir das Wort auf einmal selbst immer seltsamer vor, Eisbergsalat, ich habe es direkt gegoogelt, man will ja auch keinen Blödsinn schreiben, jedenfalls nicht unabsichtlich. Aber doch, der heißt wirklich so, der Salat. Angeblich sagt man auch Eissalat, das habe ich aber noch nie gehört, Eissalat, da denke ich eher an Schokolade, Erdbeer, Vanille, ein kindgemäßer Salat. Und warum heißt der Eisbergsalat so? Weil er früher mal auf Eis in Zügen an die amerikanische Ostküste transportiert wurde. Echt. Wieder was gelernt.

Das häufigste deutsche Wort, das mir sonst in fremdsprachigen Gesprächen etwa in der Bahn auffällt, ist mit Sicherheit “Schlump”, also die Hamburger U-Bahnstation. Schlump, mit ohne F am Ende. Ein so markantes Wort, man erkennt es immer, selbst wenn es sich in einem langen chinesischen Satzstrom verbirgt. Auf dem zweiten Platz vermutlich “Altona”, ein einladendes und wohllautendes Hamburger Wort, das man in vielen Sprachen gut aussprechen kann. Und dann noch “Habanoff”, also die gängige Bezeichnung für den Hauptbahnhof unter sämtlichen Touristen aus dem Ausland, eine Bezeichnung, die übrigens nett und faszinierend von der Bezeichnung abweicht, welche die Mitarbeiterinnen des Hamburger Verkehrsverbunds dort lässig in die Mikros nuscheln: “Habuff.”

Und sonst?

“Wenn da zu ist, dann gehen wir eben irgendwo Kaffee trinken und Kuchen essen.”

“Kuchen essen! Oh ja, Kuchen essen. Kuchen essen ist gut.”

Da geht man vorbei, hört das und nickt, bekommt plötzlich selber Hunger und guck, da hinten ist ja eine Bäckerei. Oder: Wie ich endlich mal wieder zu einer Rumkugel kam, einer stark überteuerten Rumkugel allerdings, vor deren Preis ich missbilligend stand und gerne mit dem Krückstock gefuchtelt hätte: “Ein Euro fuffzich! Früher war das mal Billigkuchen! Aus Resten wurden die gemacht! Aus abends zusammengefegten Resten! Wir haben damals nämlich noch Kuchen aus Resten gegessen, wissense, dauernd haben wir den gegessen, wir hatten ja nichts! Und hat es uns geschadet?” Egal. Geschmeckt hat die Kugel trotzdem.

Man muss aber im Vorbeigehen auch nicht alles verstehen:

“Die Schweiz ist ja neutral. Aber wenn es mal Krieg mit der Schweiz gibt, die fickt jedes Land.”

“Echt.”

Anderes leuchtet viel eher ein, besonders wenn die Sprechenden noch Kinder sind:

„Ich wollte immer ein Tier sein, weil Tiere sich nicht die Zähne putzen müssen.“

“Klar.”

Und manches, was man im Vorbeigehen hört, hat musikalische Erinnerungen zur Folge, die einen tagelang nicht mehr loslassen:

„Papa, wo fliegen wir hin?“

„Nach Kanada. Das weißt du doch.“

Beifang vom 05.10.2017

“Alles gut.”

Zwei Herren im Zug.

Wir waren gerade auf Helgoland, und da hier jetzt auch ein paar Gartenfreunde mitlesen – da gibt es eine eher unbekannte Attraktion, den Helgoländer Klippenkohl. Wenn man selbst gärtnert, dann sieht man sich das natürlich etwas genauer an.

Die NDR-Doku “Heimat Helgoland” habe ich noch nicht gesehen, einen Tipp ist sie aber sicher wert, nach allem, was ich darüber gehört habe. Und auch beim Spiegel geht es um den Helgoländer Fotografen Franz Schensky.

Die Musik ist heute eine Empfehlung der Herzdame: Boulevard des airs mit “Bruxelles”.

Alles kann übers Meer kommen

Ich bin für den Septemeer von Kiki fast schon etwas knapp, aber noch sind ein paar Stunden Zeit, da werfe ich doch noch etwas in die Runde. Eine gekürzte Version der Geschichte “Alles kann übers Meer kommen”, die Teil eines größeren Stücks ist, für das ich wohl noch Ewigkeiten brauchen  werde. Diese Geschichte ist in etwas längerer Version bereits in Buchform erschienen (Hamburger Jahrbuch für Literatur 2017) und ich habe sie auch schon mehrmals öffentlich vorgelesen – da kann sie auch ruhig ins Blog, denke ich.

Ich liefere keinen Kontext, die Geschichte fängt mitten drin an, aber es geht um die Liebe, da findet man dann schon rein. Mit der Liebe kennt sich die eine oder der andere ja aus. Wie es mit Rolf und Miriam dann weitergeht, erfährt man später. Viel später, wenn ich meine aktuelle Schreibgeschwindigkeit bedenke. Wobei es der Sache vielleicht auch gut tut, mal wieder eine Geschichte ins Blog zu werfen, dieses Schreiben auf Vorrat ist irgendwie nichts für mich, stelle ich immer wieder fest.

Die Geschichte ist zwar gekürzt, aber für Blogverhältnisse immer noch länglich, es ist also Zeit genug, eine Tasse Tee dabei zu trinken. Oder was auch immer. Und nun geht sie los:

 

Alles kann übers Meer kommen

 Früher, als es noch gut lief, war Rolf oft mit Miriam nach Helgoland gefahren. Aber erst bei ihrer letzten Reise hatte er gemerkt, dass es die Insel zweimal gab. Zweimal das Oberland, zweimal das Unterland, zweimal den roten Felsen, das Leuchtfeuer, die Düne, zweimal alles. Beim ersten Besuch hatte er nur die eine Insel gesehen, die alle dort sehen, er hatte auch nur gemacht, was alle dort machen, es war ein normaler Inselausflug übers Wochenende. Eine Verabredung aus einer Laune heraus, weil sie die Werbung für die Überfahrt in der Hamburger S-Bahn gesehen hatten. Da hatte er Miriam gerade kennengelernt, als sie diesen Ausflug zur Insel gemacht haben, und sie hatten noch Einzelzimmer im Hotel gebucht. Von denen sie dann nur eines genutzt haben, aber das konnte er vorher nicht absehen. Hätte er bei der Buchung ein Doppelzimmer vorgeschlagen, es wäre seltsam und unbeholfen gewesen, wie ein vorschneller Griff ans Knie oder schlimmer. Es war noch alles offen zwischen ihnen, jede Idee, die eine weiter entfernte Zukunft als den nächsten Tag betraf, war eine heikle Angelegenheit, hätte die Richtung der Geschichte noch ändern können. Weswegen sich Rolf jeden Satz gut überlegte und wochenlang wenig sprach, weil er so viel wollte und dabei so viel nachdenken musste und dann vor lauter Konzentration auf nichts mehr kam. Nach der ersten gemeinsamen Nacht auf der Insel wurde er deutlich gesprächiger, was Miriam tagelang irritierte. Er hörte aber auf zu reden, wenn sie ihn küsste. Sie küsste ihn oft in den nächsten Wochen, denn es gefiel ihr, wenn er wenig und langsam sprach, sie mochte diese bedachte Ausstrahlung. Rolf hatte eine tiefe Stimme, sie fand es gut, wenn er mit dieser Stimme kurze Sätze sprach, das passte auch zu seiner bärigen Statur. Er wirkte dann wie Charlton Heston in einem Katastrophenfilm, der mit einem bündigen „Ich mache das“ im letzten Moment alles doch noch auf den richtigen Weg bringt, er allein. Und alle wissen, er wird es auch schaffen.→ weiterlesen

Zwischendurch ein Dank …

… an den Leser D. Ein großer Dank für ein großes Paket, er hat uns tatsächlich einen Komposter geschickt, den ich zu einem Hochbeet fürs Gemüse im nächsten Jahr umbauen werde und ja, da standen gerade tatsächlich “bauen” und “ich” in einem Satz, ich staune auch. Wo der Ehrgeiz hinfällt!

Für die Kinder lag noch so eine Spielkugel dabei, die Begeisterung ist groß. Das war wirklich sehr großzügig, ich danke herzlich.

Beifang vom 26.09.2017

In Hamburg wird ein Platz nach einem Straßenfeger benannt. Das ist die einzige Meldung heute, die mir als neu und interessant auffiel, dafür ist sie so nett, die reicht dann auch. Denn nett, das gibt es ja kaum noch.

Aus dem Altbestand poste ich hier ab und zu Meldungen, die ich drüben bei der GLS Bank (da hatte ich übrigens noch drei Links zu Fragen der Haltung) einfach nicht sinnig eingebaut bekomme, aber dennoch nicht löschen möchte. Etwa die hier, etwas makaber vielleicht, über bepflanzbare Urnen und wertvolle Mineralien in den lieben Verstorbenen. Je nachdem, um welchen Typen es geht – ist diese Bepflanzung dann vielleicht so etwas wie Upcycling?

Der Musiktipp wird heute wieder einmal von Sohn I zugeliefert, der Text zum Stück kommt manchen vielleicht bekannt vor: Der Erlkönig von den “Jungen Dichtern und Denkern.”

Die Herzdame geht auf Tour: Auf Magical Mystery Tour

Ein Text von Maret Buddenbohm, auch bekannt als die Herzdame, die seit langem mal wieder im Kino war.

Eigentlich hatte ich gar nicht vor ins Kino zu gehen, aber der Gatte war kurz vorher in dem Film Magical Mystery oder: Die Rückkehr des Karl Schmidt und so begeistert, dass er drauf bestanden hat, dass ich den Film auch unbedingt sehen müsste. Er hat mir sogar gleich die geeignete Begleitung mitvorgeschlagen, meinen alten Freund M. Eine phantastische Idee, denn den hatte ich auch schon lange nicht mehr gesehen.

Wir hatten uns tatsächlich so lange nicht mehr gesehen, dass wir die komplette Werbung und die Trailer (wenn es überhaupt welche gab) verpasst haben, weil wir uns so viel zu erzählen hatten. Vom eigentlichen Film haben wir dann aber doch alles mitbekommen und uns köstlich amüsiert.

Magical Mystery oder: Die Rückkehr des Karl Schmidt ist eine Verfilmung des gleichnamigen Romans von Sven Regener, von dem ich auch bisher nur genau dieses Buch gelesen hatte. Keine Ahnung, warum ich nicht mehr von ihm gelesen habe, wenn davon doch alle immer schwärmen. Aber die anderen Verfilmungen kenne ich alle schon, da muss ich nun auch die Bücher nicht mehr lesen.

Der Film spielt in der Techno-Szene Anfang der 90er. Karl Schmidt, der auch schon früher im Buch bzw. Film als Freund von Herrn Lehmann dabei war, war wegen Drogen und Nervenzusammenbruch in der Psychiatrie und lebt nun in einer Ex-Drogen-WG. Zufällig trifft er auf alte Freunde aus seiner Zeit in Berlin, die mittlerweile ein erfolgreiches Techno-Label aufgebaut haben.

Sie heuern ihn als Fahrer und Aufpasser für ihre Magical Mystery Tour an. Karl geht mit einem Haufen ständig zugedröhnter DJs auf Deutschland-Tour und muss zusehen, dass sie rechtzeitig zum nächsten Auftritt an den Plattentellern stehen, was ungefähr so einfach ist wie einen Sack Flöhe zu hüten. Zudem wird er immer wieder von psychotischen Rückfällen geplagt und durch die Drogenabstürze um ihn herum auf eine harte Probe gestellt.

Normalerweise müsste ich ja nicht unbedingt ins Kino, nur weil der Gatte sagt, dass es ein lustiger Film ist. Oder weil es eine Sven Regener Verfilmung ist. Oder ich das Buch schon gelesen habe. Irgendwann kommt das ja eh alles auf DVD, im Fernsehen oder bei Netflix.

Aber die Schauspieler… Ich stehe ja total auf Charly Hübner, der den Karl Schmidt spielt. Ich stehe so auf Charly Hübner, dass ich sogar mit Begeisterung sämtliche Bibi & Tina-Filme gesehen habe. Und Bjarne Mädel, der den Sozialarbeiter von Karl Schmidt spielt, auf den stehe ich auch so. Und Detlef Buck ist auch toll, ach und die anderen auch. Bei dem Aufgebot und dann noch unter der Regie von Arne Feldhusen (der mit dem Tatortreiniger), da musste ich mir den Film ansehen.

Und es hat sich echt gelohnt. Ich fand die Schauspieler super und ich habe mich durchgehend kringelig gelacht.

Nicht ganz stilecht ist die Filmmusik. Viele Songs waren eher aus den späten 90ern, statt den frühen, was ich allerdings nicht schlimm fand, da ich mit Whirlpool Productions, Egoexpress oder Jimi Tenor mehr anfangen kann als mit WestBam und Co.

Und wenn man gut aufpasst, kann man noch das ein oder andere bekannte Gesicht entdecken, dass sich als Cameo in die Szenen geschmuggelt hat. Wenn man sie denn erkennt. Ich erkenne grundsätzlich nie irgendwelche Stars, und mein Begleiter musste mir ständig in die Rippen stoßen: „Da, da, guck mal da …“.

 

 
Die Playlist zum Film bei Spotify:

Gehört

Ich gehe um die Alster, weil ich es nach wie vor doof finde, um sie herumzulaufen, mit dem Laufen werde ich einfach nicht mehr warm. Laufen fühlt sich doof an und sieht doof aus, Laufen ist abzulehnen. Aber Gehen ist okay, sehr schnell zu gehen ist auch okay und bitte, das ist immer noch besser als gar kein Sport.

Ich gehe an Leuten vorbei, die irgendwas reden, bei manchen versteht man einen Satz, zwei Sätze, einen Dialogfetzen. Ich drehe mich nicht um, ich versuche nur, mir die Sätze zu merken, wenn ich sie gut finde. Ich weiß nicht, wie die Leute aussehen, ich habe nur ihre Rücken gesehen.

“Wie rechnest du das?”

“Ich rechne mathematisch.”

“Das kommt aber wirtschaftlich nicht hin.”

Manches natürlich furchtbar banal, manches auch so, dass man eine Geschichte wissen möchte oder sich gleich eine ausdenkt. Herbstlicht, die Alster glitzert. Gar nicht wenige stehen einfach um Ufer und gucken.

“So ein schöner Ausblick.”

“Ja, klar. Ich meine, das weiß man doch.”

Andere gehen um die Alster herum, wie man es eben macht, wenn man Hamburger ist oder auch nur in Hamburg ist.

“Gehen wir jetzt ganz rum?”

“Alter, spinnst du?”

Es gibt Bücher von Wolfdietrich Schnurre, die nur aus Dialogen bestehen,es gibt keinen einzigen Satz der Beschreibung darin. Da reden Kinder mit Erwachsenen, da reden Paare über ihre Beziehung, das sind teilweise ziemlich bittere Texte, wenn ich es richtig erinnere (“Ich frag ja bloß” und “Ich brauch Dich”, die sind vermutlich gar nicht mehr lieferbar). Ich müsste die noch einmal lesen, ich habe sie als sehr gut in Erinnerung.

“Ich habe es ja irgendwie im Urin, dass …”

“Igitt.”

Was ich sagen wollte. Das ist ein schöner Spaß, so herumzugehen und Dialogsplitter zu sammeln. Als ich vor hundert Jahren anfing zu bloggen, wollte ich daraus mal eine Rubrik machen, dazu kam es nie.

“And do you know any German words?”

“I know Hundescheiße.”

Aber vielleicht kommt das ja doch noch.

“Ich wäre jetzt bereit für den zweiten Bildungsweg.”

“Du bist achtundsiebzig!”