Die Herzdame backt – Käsesahnetorte

Dieser Artikel wird freundlicherweise gesponsored, daher wird er hier auch als WERBUNG deklariert.

Und für dieses Sponsoring gibt es eine äußerst nette Erklärung, die ganz wunderbar zu der ebenso alten wie immer noch schönen Regel passt, dass Blogs wie Schaufenster sind. Da legt man rein, was man hat, Texte, Kolumnen, Bilder, Ideen, Formate, was auch immer – und manchmal, mit etwas Glück, kommt jemand vorbei, der das kauft. Das ist mir im Laufe der Jahre mehrfach passiert, ich finde es immer noch großartig. Viel eleganter kann Akquise nicht laufen.

Wie hin und wieder bereits bemerkt wurde, trägt die Herzdame beim Backen in der Regel geradezu irritierend schöne Kleider. Das waren meist welche von King Louie, weil die Marke nun einmal ihren halben Kleiderschrank füllt. Diese Kleider im Vintage-Look passen hervorragend zum Lindy-Hop und zum Balboa, und da die Herzdame tendenziell immer öfter tanzt, besteht da ein gewisser Bedarf an Ausrüstung. Sie sind aber nicht so vintage, dass man sie nicht auch im Büro tragen könnte. Wir hatten tatsächlich schon ein paar mal daran gedacht, die Firma anzuschreiben, wir sind dann aber nie dazu gekommen. Mussten wir auch gar nicht, denn nun haben sie uns angeschrieben, weil aus dem Blog doch einige dort im Shop gelandet sind, obwohl wir die Marke gar nicht so prominent genannt haben. Es folgten zwei, drei nette Mails und zack, diese Ausgabe der Backkolumne hat wieder einmal einen Sponsor – und zwar genau den, den wir wollten. Wir freuen uns sehr. Und nun zur Torte.

Dossenmandarinen

Es ist, da kann man gleich den höchst erwartbaren Kommentaren vorbeugen, so etwas wie eine Glaubensfrage, ob Dosenmandarinen etwas im Kuchen zu suchen haben oder nicht. Ich aber glaube an Dosenmandarinen, mehr Diskussion dazu brauchen wir also gar nicht. That was easy!

Käsesahnetorte

Es gibt also Käsesahnetorte, und zwar nach einem für Eltern optimierten Rezept, denn weiter unten folgt ein Schritt, der nur für Menschen mit Kindern Sinn ergibt. Das bezieht sich auf die Art der Zubereitung, nicht auf die Zutaten. Die sind immer wie folgt, ob mit oder ohne Kinder in der Küche:

Für den Boden:

3 Eier

150 g Zucker

150 g Mehl

3 Pk Vanillezucker

1 TL Backpulver

Für die Käsesahne:

500g Quark

125 g Zucker

375 ml Sahne

1 Dose Mandarinen

4 TL von diesem Zeug (San-apart), das ist nun kein werbender Link, ich weiß nur nicht, wie das sonst heißt – alternativ nimmt man 1 Pk Gelatine weiß

Eier

Den Backofen auf 200 Grad vorheizen. Eine Springform einfetten und dünn mit Mehl bestäuben. Die Eier mit Zucker und Vanillezucker schaumig rühren.

Zucker

Mehl und Backpulver mischen, drüber sieben und unterheben. Den Teig in die Springform füllen und 10 bis 20 Minuten auf der mittleren Schiene backen.

Eier

Die Figur rechts hat mit den Eiern gar nichts zu tun. Wenn man Kinder hat, muss man auch mit sinnlosen Kombinationen im Dekobereich klarkommen können.

Herzdame an Herd

Wobei es übrigens gar nicht so einfach ist, hier Fotos ohne Kinder hinzubekommen. Die meisten Bilder sehen so aus:

Herzdame an Herd mit Sohn II

Stäbchenprobe

Während der Boden abkühlt, die Mandarinen abtropfen lassen, dann die Sahnefüllung anrühren.

Dosenmandarinen

Und zwar wie folgt:

Den Quark mit Zucker schaumig rühren oder rühren lassen.

Rührgerät mit Sahne

Wenn man dieses San-apart-Zeug hat, schlägt man die kalte Sahne eine halbe Minute auf, gibt dann 4 TL San-apart dazu und schlägt sie dann bis zur gewünschten Festigkeit. Anschließend die Sahne unter die Quarkmischung heben.

Herzdame und Sohn I

Gelatinevariante: Wenn man das seltsame Sahnesteifzeug nicht hat, schlägt man die Sahne steif und zieht sie unter die Quarkmischung. Dann die Gelatine quellen lassen, auflösen und auch unterrühren.

Kleid

Die Herzdame rührt Teig

Für Bilder dieser Art, um mal etwas Making-Of unterzubringen, hänge ich übrigens etwas aus dem Dachfenster, so groß ist die Küche gar nicht, dass diese Bilder einfach wären. Ich hänge rückwärtig in der Frischluft – und wenn ich mich etwas nach draußen drehe, sehe ich auf diese Art auch einmal die Stiefmüttchern in der Dachrinne. Wie auch immer die da hinkommen, egal.

Dachrinne

Bei beiden Varianten jetzt die Mandarinen vorsichtig unterheben – wenn man keine Kinder hat. Sonst erst einmal ohne Mandarinen weiter im Text.

Den abgekühlten Boden horizontal und mittig halbieren, so dass man zwei Böden bekommt, also einen Boden und einen Deckel (man sieht es dem Satz nicht an, aber alleine über diese schöne und präzise Formulierung haben die Herzdame und ich lebhaft und lange gestritten, bis sie endlich einen sinnvollen und allgemein verständlichen Satz ergab. Wir sollten definitiv keine Texte gemeinsam verfassen, das ist nicht gut für die Beziehung.)

Der Teig wird halbiert

Teigboden und Deckel

Teigboden

Um den unteren Boden einen Tortenring dengeln. (Das ist womöglich etwas nordostwestfälisch und rustikal formuliert, aber die Herzdame steht immer noch neben mir und diktiert, was soll ich machen. Es wird also gedengelt.) Dann die Quarkmasse auf dem Boden verstreichen.

Teigboden

Sahne einfüllen

Wenn man Kinder hat, können diese jetzt die Mandarinen liebevoll einzeln darin versenken, das ist bei den Söhnen quasi der Hauptspaß bei diesem Rezept. Wenn man keine Kinder hat, sind die Mandarinen schon drin, das ist sehr vernünftig und erwachsen.

Dann den Deckel vorsichtig aufsetzen und die Torte kaltstellen. Setzt man den Deckel nicht vorsichtig auf, sondern so energisch wie ein etwa achtjähriges Kind, dann wird die Torte womöglich schief. Siehe Bildbeweis.

Mandarinen versenken

Deckel auflegen

Torte von der Seite mit Tortenring

Puderzucker

Wenn die Masse erstarrt ist, den Ring abnehmen und den Deckel mit Puderzucker bestäuben. Zack, fertig ist die Torte, das ist im Grunde sehr einfach.

Torte von oben

Die Herzdame an Torte

Die Herzdame schneidet Torte

Ein Tortenstück

Torte von oben

Wir weisen, wie oben angekündigt, empfehlend auf den Shop von King Louie hin.

Kin Louie Onlineshop

 

Und hier zum Schluss noch ein Tortendekorationsvorschlag von Sohn II. Die anderen Familienmitglieder waren nicht überzeugt, aber wer wird Geschmacksfragen debattieren, siehe auch Dosenmandarinen.

Torte mit Deko von Sohn II

 

Gelesen – Alex Capus: Reisen im Licht der Sterne

Das muss man Literaturinteressierten einigermaßen dringend empfehlen, das ist ein großer Spaß um einen großen Dichter. Es geht um Robert Louis Stevenson, den man von der Schatzinsel her kennen kann und von Jekyll & Hyde unbedingt kennen sollte. Es geht also um einen alten Bekannten, genauer um den letzten Abschnitt seines Lebens.

Den hat er auf Samoa verbracht, angeblich wegen des Klimas, das so einladend allerdings gar nicht ist. Da wird etwas hinterherrecherchiert und auch etwas nachgereist, was hat dieser Stevenson wann und wo gemacht, wen könnte er wo getroffen haben, wovon hatte er Kenntnis, was hat er literarisch wie verarbeitet? Und was steht ausdrücklich nicht in seinen Büchern? Fügt sich das dann zu einem möglichen Bild, das in den bekannten Biographien bisher so gar nicht vorkommt?

Da geht es um verblüffend viel Geld in Stevensons Besitz, für das es keine rechte Erklärung gibt, vom Buchverkauf wird man bekanntlich eher nicht steinreich, auch damals wurde man das nicht. Da geht es auch um einen Flaschenkobold, der äußerst fragwürdige Geschenke verteilt und um die kleine Kokosinsel, die im Laufe der Jahrzehnte von zig Schatzsuchern aus aller Welt immer wieder und vergeblich um- und durchgewühlt wurde. Es geht um den sagenhaften Kirchenschatz von Lima und auch um andere berühmte Hinterlassenschaften der Piraten mit den bekannten Namen. Und es geht natürlich um den vielleicht wahren Grund, warum Stevenson sich ein riesiges Grundstück am eher unwirtlichen Rande der Welt gekauft hat.

Es ist einigermaßen faszinierend, dass Capus dieses Thema tatsächlich spannend hinbekommt, obwohl man das Thema Schatzsuche auf den ersten Blick vielleicht nicht mehr so spannend finden mag. Das wird es dann aber doch und man kann bei der Lektüre ein wenig über sich selber lachen, wie diese alten Mechanismen wieder greifen, aufgrund derer man schon einmal – lange, lange ist es her – die Story um Long John Silver wahnsinnig spannend gefunden hat. Und wie die wieder greifen, da kann man noch so erwachsen sein, man kann eben doch wieder die Strände von Südseeinseln und Schiffe im Sturm vor Augen haben und überraschend neugierig weiterblättern, auch wenn es schon recht spät ist.

In einem Rutsch durchgelesen, ein wunderbares kleines Buch.

 

Diese Farbe

Und überhaupt war ich ja noch gar nicht fertig mit Helgoland. Die Tage springen mir hier wie kalendarische Kastenteufel um die Ohren und zack, ist so eine Reise schon wieder eine gefühlte Ewigkeit her. Schlimm! Heute aber doch immerhin eine Kleinigkeit.

Wir kamen bei den Spaziergängen auf der Insel mehrfach an dem formschönen Gebäude auf dem folgenden Bild vorbei (es handelt sich um die rückwärtige Ansicht der Schwimmhalle) und wussten nicht recht, wie die Farbe im oberen Bereich zu benennen ist.

Helgoland

Die ansonsten nahezu allwissende Isa war bei “bordeauxgrau”, ich war eher bei “used pink”. Und irgendwie dämmerte mir, dass man den Ton auch aubergine nennen kann – aber warum eigentlich? Auberginen sehen doch ganz anders aus?

Helgoland

Laut dem Fachblatt für Schattierungen (Schöner Wohnen, die hatten damals auch etwas mit der Lagunen-Aktion in unserer Küche zu tun) ist die Farbe Aubergine übrigens etwas “für sinnliche Romantiker” und wird gerne kombiniert mit Nadelstreifen auf der Tapete. Hilft einem das weiter? Haben sinnliche Romantiker die Schwimmhalle auf Helgoland angestrichen? Und wieso gibt es überhaupt Tapeten mit Nadelstreifen? Sind denn wirklich alle bekloppt?

Egal. Morgen weiter mit der Farbe Blau. Warum auch nicht.

Gelesen – Alex Capus: Der Fälscher, die Spionin und der Bombenbauer

Da wird das, was ich beim letzten Capus schon geschriebe habe, noch einmal geradezu lehrbuchmäßig durchdekliniert, dieser fließende Übergang zwischen Geschichte im historischen Sinne und Geschichte im Sinne von Literatur. Es geht etwa um den Atomphysiker Felix Bloch, also um jemanden, der historisch sehr greifbar ist, es geht aber um auch um Stücke seines Lebensweges, die keineswegs für uns greifbar sind. Es geht um ein junges Mädchen (übrigens das Kopftuchmädchen auf dem Umschlag, man kann so etwas ja nicht oft genug betonen), das Sängerin werden möchte und Spionin gegen die faschistischen Mächte wird, es geht um einen Jungen mit Extrembegabung in der Kunst, der ein großer Fälscher wird, alle drei Personen sind historisch belegt. Sie leben zur selben Zeit, sie laufen sich nicht oder vermutlich nicht über den Weg, von einer winzigen Szene abgesehen, aber in der liegt es eben, dass es dieses Buch so geben kann. Capus hat einen Faible für Lebenswegschilderungen und er beschreibt sie so, dass man diese Leidenschaft am liebsten mit ihm teilen möchte, man bekommt direkt Lust, den Lebenswegen seiner Vorfahren oder anderer Figuren hinterherzudenken, das tut man vermutlich überhaupt viel zu selten. “Faktentreues Träumen” nennt das der Verlag, das ist eine ganz wunderbare Beschreibung von dem, was in den Büchern passiert.

Und die Lebenswege beschreibt Capus in einem Romandeutsch, das ich ganz wunderbar, ich möchte fast sagen vorbildhaft finde. Eine Erzählsprache, die ganz ohne Marotten auskommt, mit einem Maß an Deutlichkeit und Plastizität, das mir für solche historisch-erzählenden Zwecke ideal erscheint. Nie zu viele Details, nie zu wenig Information. Das muss man auch erst einmal können, ich bewundere das. Hier ein Video, in dem Alex Capus etwas über das Buch und seine Schreibweise erzählt.

Und der nächste Capus ist schon in Arbeit, es ist mir ein Fest. Da geht es dann um Herrn Stevenson, den mit der Schatzinsel.

Gelesen – Alex Capus: Fast ein bisschen Frühling

Das Buch spielt 1933. Zwei Arbeitslose aus Wuppertal möchten auf dem Seeweg nach Indien, überfallen zum Zwecke der Spesenregelung eine Bank, was nicht ganz ohne Opfer über die Bühne geht. Sie kommen auf ihrer Flucht nur bis Basel, das freie Reisen durch Europa und den Rest der Welt war auch damals nicht ganz einfach. In Basel ergibt sich eine kleine Liebeskomplikation mit einer Schallplattenverkäuferin, die zum Erwerb sehr vieler Tangoplatten und etlichen abendlichen Spaziergängen zu dritt am winterlichen Rheinufer führt. Bis die beiden mehr Geld brauchen. Ein Buch über das Scheitern und über das Schicksal, eine bittere Sache, sehr leicht erzählt, ein Tango von einem Roman. Kurz und gut und schön und ein wenig schmerzhaft.

Eine teils wahre Geschichte, was eigentlich vollkommen egal ist, bei Capus aber doch auch den Reiz ausmacht, diese Mischung aus Fakten und Hinzu- und Drumherumdichtung, da muss man ihn wohl als Großmeister betrachten. Ich habe sonst überhaupt keine Neigung zu historischen Themen in modernen Romanen, Capus würde ich aber jede Story abkaufen, selbst wenn es um wallonische Wanderbuchhalter im ausgehenden Spätmittelalter gehen sollte, er würde schon etwas daraus machen, da bin ich mir sicher.

Vielen Dank!

Ich weiß allerdings gar nicht, an wen der Dank zu richten ist, der Sendung an die Söhne lag kein Zettel, kein Brief, kein gar nichts bei. Herzlichen Dank also an X, die oder der den Söhnen “Weltraumkrümel” von Craig Thompson geschickt hat, ein wunderbar dicker Comic aus dem Reprodukt-Verlag. Deutsche Fassung von Matthias Wieland. Die Söhne sind schon komplett von der Vorstellung überwältigt, was so ein dicker Band für eine Arbeit gemacht haben muss, sie wissen ja, wie endlos lange sie selbst manchmal für ein großes, buntes und detailreiches Bild brauchen. Und dann so viele davon? Und auch noch mit Geschichte und Text? Und das hat alles ein Mensch gemacht? Völlig unfassbar.

Der Reprodukt-Verlag, das kann man ruhig noch einmal betonen, macht wirklich tolle Comics, auch für Kinder.

12 von 12 im April

Was 12 von 12 ist, das setze ich jetzt einfach mal als bekannt voraus, alle anderen Beiträge aus vielen, vielen Blogs gibt es wie immer hier drüben.

Ich stelle beim Anziehen fest, dass meine Lieblingsjeans etwas spannt. Das könnte daran liegen, dass ich den Söhnen bemerkenswert viele Schokoladenostereier gestohlen habe, was tut man nicht alles für die Gesundheit des Nachwuchses, die essen ja viel zu viel Zucker. Ich beschließe sofort, nicht mit der S-Bahn zur Arbeit zu fahren, sondern wieder täglich zu Fuß zu gehen, das fällt dann quasi unter Spocht.

Der Weg führt durch das Tier- und Pflanzenparadies Hamburg-Hammerbrook, hier im Bild ein Bürobautenpfau und darunter eine Brachfläche, die gerade von gewiss hochinteressanten Kräutern, Stauden und Büschen erobert wird. So geht es hier zu, hier ist es sehr schön.

Nicht im Bild, da auf der anderen Straßenseite, ist eine neue Reklametafel für ein Landbier, dessen Namen ich schon wieder vergessen habe. Irgendwas in einer historisierenden Buddel, im Hintergrund ist da ein lauschiges Fachwerkhaus am munteren Bächlein abgebildet. Das ist amüsant, so ein Plakat in Hammerbrook, denn es hängt hier vielleicht, weil es funktioniert. Kaum sitzt der Mensch in glitzernden Büropalästen, träumt er schon wieder von der Fachwerkbutze, in der er, säße er noch darin, von glitzernden Büropalästen träumen würde. Zur Überprüfung der These müsste man jetzt neben dem idyllischen Fachwerkhaus in ruhiger Lage nach dem Plakat für hypermoderne Büromöbel suchen, aber wer hat Zeit für so etwas.

Ich arbeite friedlich vor mich hin, bis mich eine Bildungseinrichtung wegen eines kranken Kindes anruft, was gefühlt zum 10. Mal in 14 Tagen passiert, der reale Wert kann etwas abweichen. Es ist alles nur eine Phase, und diese ist gerade etwas schwierig. Die Herzdame oder einer der Söhne, irgendwer schwächelt zur Zeit immer. Nur ich arbeite unentwegt vor mich hin wie ein Duracell-Hase. Ich verlasse also fluchtartig das Büro und bringe ein krankes Kind nach Hause, die Betreuerinnen geben mir “Sickness bags” für den Weg mit, sie wissen auch warum. Aber interessant, dass so etwas in Schulen vorrätig ist, wieder etwas gelernt.

Ich bette den Sohn auf das Sofa, kranke Kinder liegen hier aus strategischen Gründen nie im eigenen Bett, da kommt man nämlich, Stichwort Hochbett, zu schlecht dran, ich erspare allen die schrecklichen Details, die sich daraus bei gewissen Krankheitsbildern ergeben könnten.

Zu diesem Zweck betrete ich das Wohnzimmer, was ich sonst eher selten tue, denn vor dem Wohnzimmer steht mein Schreibtisch, und an dem komme ich normalerweise nicht vorbei. Ich stelle überrascht fest, dass im Wohnzimmer hübsche Deko steht, dass es überhaupt ganz gefällig aussieht und dass überall Wohnzeitschriften herumliegen, da könnte eventuell ein Zusammenhang bestehen. Das erklärt auch, was die Herzdame abends so macht, ich hatte mich das neulich schon mal irgendwann gefragt, als ich sie ins Wohnzimmer gehen sah. Ich kam dann aber nicht dazu, ihr hinterherzugehen, man kommt ja eh zu gar nix.

Das Kind liegt also auf dem Sofa, ich brumme beruhigend, wie es nur Väter und Katzen können, und blättere nebenbei in einer dieser Wohnzeitschriften. Da gibt es einen Artikel über die allerbesten Einrichtungstipps. Einer bezieht sich auf Boxspringbetten, die neuerdings alle haben, nur wir wieder nicht. Schlimm! Die müsse man jedenfalls vor dem Kauf “beherzt” testen, steht da. Und zwar nicht wie Sie jetzt denken, nein, sondern durch, so wörtlich, “wütendes Herumwälzen” der potentiellen Käufer. Vielleicht sollte ich öfter Wohnzeitschriften lesen, sie sind schon irgendwie lustig. Ich werde mir noch tagelang vorstellen, wie sich Kunden in Möbelhäusern ebenso entschlossen wie wütend auf Boxspringbetten herumwälzen.

Das kranke Kind spricht nicht, das liegt entweder an den Gebrechen oder aber an den neben ihm liegenden Comicheften aus meinen Uraltbeständen, man weiß es nicht genau.

Daraufhin muss ich noch einmal los, das Notebook ist noch in der Firma, das andere Kind in der anderen Einrichtung, die Einkäufe noch in den Läden, ich renne also zwar nicht planlos, aber doch gefühlt endlos durch die Stadtteile und von Pontius zu Pilatus, wie meine Oma gesagt hätte.

Zur Beruhigung starre ich zwischendurch auf das psychedelische Spielzeug in der Vorschule, an die folgende halbe Stunde kann ich mich nicht mehr erinnern. Schlimm.

Ich bereite dem kranken Kind liebevoll ein Abendbrot zu.

Das kranke Kind bildet sich mit letzter Kraft weiter. So ist es recht.

Zwischendurch fragt er sich, wie es ist, wenn man über Kopf kotzt, da muss man als Vater sein robustes Mandat auch einmal nutzen, um das Kind von fragwürdigen Experimenten abzuhalten. Ich nutze seinen Bildungseifer aber, um wieder einmal an der Kenntnis der Uhr zu arbeiten, wobei wir praktischerweise die Kirchturmuhr vor dem Fenster als Anschauungsmaterial nutzen können. Auf dem Bild nicht zu erkennen, aber das Ziffernblatt hat römische Zahlen, was bedeutet, es gibt eine Uhrzeit erschreckenderweise in der Form 3 Uhr, 15 Uhr und III Uhr, das ist wirklich sehr, sehr kompliziert.

Ich gehe noch einmal einkaufen, weil ja immer irgendwas fehlt. An den Häuserwänden des Stadtteils spiegeln sich Themen der Weltpolitik.

Und die größte Magnolie des Stadtteils blüht. Oder, wie ein gewisses Kind sagen würde: “Jetzt biste wieder tagelang ergriffen, was?”

Danach höre ich mir mit Sohn I die Sprachnachrichten aus dem Whatsapp-Kanal von Martin Gommel an, der gerade auf dem Weg nach Idomeni ist. Martin spricht sehr ruhig und deutlich und erklärt viel, das kann man gut machen. Dazu gibt es kein Bild, aber einen Link. Nebenbei rühre ich Essen zusammen, das wird ein Curry, später. Natürlich für die Herzdame, die Herren Söhne rühren so etwas nicht an.

Und dann geht es zum Lindy-Hop. Danach bin ich dann vermutlich wieder zu fertig, um noch etwas fortzuschreiben, deswegen endet der Tag genau hier.

 

Gelesen: Christoph Peters – Kommen und gehen, manchmal bleiben

Genau genommen stimmt die Überschrift so nicht, das habe ich gar nicht gelesen. Ich habe nur die ersten drei Geschichten versucht, die waren mir etwas zu kryptisch, und ich mag keine kryptischen Kurzgeschichten. Damit liege ich nicht gerade im Trend der Zeit, ich weiß, aber was soll man machen. Ich mag einfache Geschichten, bei denen ich verstehe, worum es geht. Womöglich bin ich doch etwas schlicht, ich vermute es ja seit Jahren. Immer, wenn ich beim abendlichen Lesen nach drei Seiten “Hä?” denke, komme ich mir doof vor, und um mir doof vorzukommen, brauche ich wirklich keine Bücher. Das Buch mag dennoch gut sein, nur eben nicht für mich.

Ich habe es im Hotel auf den Hummerklippen auf Helgoland ausgesetzt, sollte jemand in der Nähe und bedürftig sein, es liegt im Raum Friedrich Hebbel.

Zugabe, Zugabe

Ich muss dringend mehr vorlesen, und zwar den Söhnen. Erwachsenen lese ich bekanntlich auch gerne vor, aber da gibt es überhaupt keinen Zeitdruck. Geschichten von mir kann ich irgendwem irgendwann vorlesen, wann immer ich irgendwo zu einer Veranstaltung eingeladen werde, das passt schon. Aber bei den Kinderbüchern im Regal, da gibt es erheblichen Zeitdruck, wie ich gerade gemerkt habe.

Die Söhne haben ein verblüffend großes und volles Bücherregal im Kinderzimmer, das liegt auch daran, dass sie zu Weihnachten in wunderbarer Tradition Geschenke von den LeserInnen dieses Blogs geschickt bekommen, und das sind oft Bücher. Außerdem schicken ihnen manchmal Verlage etwas zu, und in unserem Stadtteil werden oft Bücher verschenkt und liegen zum Mitnehmen am Straßenrand, da kommt mit der Zeit etwas zusammen. Als ich sechs oder acht Jahre alt war, da gab es in meinem Kinderzimmer nicht annähernd so viele Bücher, wir hatten ja nichts. (Das von obligatorischem Krückstockfuchteln begleitete “Hat es uns geschadet!?” werden Sie sich an dieser Stelle schon selber gedacht haben, nicht wahr. Recht so.)

Ganz unten im Kinderzimmerbücherregal gibt es einen Sockelbestand an Bilderbüchern, für die beide Söhne schon zu alt sind, die aber doch noch geliebt werden und zum gelegentlichen Durchblättern vorhanden sein müssen, etwa die hier schon oft behandelte Riesenbirne von Jakob Martin Strid. Darüber gibt es Sachbücher, Was ist was und dergleichen, dann die Leselernbücher von Sohn I, mit denen fängt Sohn II gerade an, wie für kleinere Brüder typisch startet er früh damit. Daneben viele klassische Geschichte, also Lindgren, Krüss und Konsorten, sowie auch modernere Autoren, die ich noch nicht näher kenne. Und auf dieses Regal bezieht sich das oben erwähnte Alarmsignal, denn auf meine Frage, ob ich vielleicht mal Urmel vorlesen sollte, murmelte Sohn I mit der ganzen Lässigkeit des Achteinhalbjährigen: “Nee, dafür bin ich doch zu alt.”

Über das Urmel ist er schon weg, na klar. Wenn man bei Harry Potter und Superheldencomics und Starwars angekommen ist, dann zieht Urmel wohl nicht mehr richtig. Und wenn Sohn I schon darüber steht, dann will Sohn II das auch nicht, das ist naheliegend. Es sind aber noch eine ganze Menge Bücher ungelesen übrig, die ziemlich genau auf eine etwa sechs- bis achtjährige Zielgruppe passen, die müssen jetzt zügig abgearbeitet werden, bevor die Herren Söhne schon sieben und neun Jahre alt sind, was für sie dann gefühlt schon acht und zehn sein wird, also quasi fortgeschritten jugendlich, so läuft das heute doch.

Deswegen saß ich gestern mit den Jungs auf dem Bett und las gleich ein halbes Buch am Stück vor, manchmal muss man eben Strecke machen. Es gab “Angstmän” von Hartmut El Kurdi, mit Illustrationen von Karsten Teich. Ein Buch über die neunjährige Jennifer, die zum ersten Mal einen ganzen Abend und sogar eine Nacht allein zuhause verbringen muss, was eine prima Gelegenheit ist, um alle verbotenen Sachen zu machen, zu denen sie bisher noch nicht gekommen ist. Dummerweise bekommt sie etwas Angst, so ganz alleine in der Wohnung ist es doch seltsam, und das wird auch nicht besser, als sie jemanden im Wohnzimmerschrank husten hört. Das ist Angstmän, der größte Superheldenschisshase um Universum, der nur durch einen Fehler bei der Bedienung seines Teleporters im Schrank gelandet ist. Angstmän hat quasi vor allem Angst, am meisten aber vor Pöbelmän – und der ist leider auch nicht weit.

Die Geschichte ist perfekt für die Altersgruppe der Söhne, das macht Spaß und man kann zwischendurch hervorragend abschweifen und etwa selbst über verbotene Dinge nachdenken, die uns wirklich Spaß machen würden, so etwas gehört beim Vorlesen auch dazu. Wir wissen noch nicht, wie das Buch ausgeht, nach etwa der Hälfte können wir es aber alle drei eindeutig empfehlen.

Als ich das Buch zuklappte, rief Sohn I begeistert “Zugabe! Zugabe!”, Sohn II stimmte sofort ein. Ich saß minutenlang vor klatschenden und schreienden Kindern, die immer lauter Zugabe riefen. Das ist schon schön, so ein euphorisches Publikum zu haben, denn das hat man im Alltag leider nicht dauernd, dass so freudig aufgenommen wird, was man gerade anbietet. Solche Momente muss man sich ab und zu bewusst machen, dann mag man seine Familie gleich noch mehr. Ich habe mich darüber jedenfalls so gefreut, ich werde heute gleich den Rest des Buches vorlesen.

Und es hat meiner Freude auch nicht geschadet, dass Sohn II seinen großen Bruder irgendwann mitten im Jubel leise nebenbei fragte: “Sag mal, was ist eigentlich ne Zugabe?”

Gelesen: Tove Jansson – Das Sommerbuch

Deutsch von Birgitta Kicherer.

Tove Jansson kennt man vielleicht von den Mumins, das hier ist aber ein ganz anderes Werk. Das habe ich an den ersten beiden warmen Tagen des Jahres ziemlich schnell gelesen, quasi als literarischen Sommer-Trailer, kurz bevor es wieder aprilhaft abkühlte.

Ein Buch über eine Großmutter und ihre Enkelin auf einer kleinen, einer sogar sehr kleinen Insel mit einem natürlich auch kleinen Haus darauf. Es passiert nicht allzu viel, es wird ein wenig geredet, es wird ein wenig von Insel zu Insel gerudert, es wird ein wenig herumgegangen. Es findet viel Natur und Alltag statt, es sommert betont finnisch. Die Großmutter ist dabei keine übermäßig idyllische Person und auch schon ein wenig gebrechlich, die Enkelin kommt fast ohne kindliche Süße aus, daraus entsteht eine sehr wahrhaftig anmutende Konstellation, alle Kitschrisiken, die sich aus dieser Paarung ergeben, werden souverän umgangen. Am Ende ist man dann dennoch gerührt von dem Ganzen, das ist auch eine Kunst.

Ähnlich wie bei Brakker ist die Sprache klar und leicht, auch dieses Buch hat man schnell durch. Für den nächsten Inselurlaub unbedingt zu empfehlen.