12 von 12

Schon seit Monaten denke ich, man könnte ja mal bei diesem „12 von 12“ mitmachen, also bei diesem Internetding, bei dem alle am 12. des Monats 12 Bilder ihres Tages posten (Sammelstelle hier). Und zwar habe ich das vorzugsweise am 13. gedacht, also immer zu spät. Dann dachte ich, ach, machste das eben nächsten Monat, und in dem Monat wiederholte sich das selbstverständlich. Und das hätte noch jahrelang friedlich so weiter gehen können, hätte mich nicht dieser freundliche Mensch heute an meine Teilnahmeabsicht erinnert. So hing ich also drin.

Den Morgen verbrachte ich dann mit der Rätselfrage, was wohl am besten aufzunehmen sei, wobei meine elegante Art zu denken sehr schön hier symbolisiert wird:

Fragezeichenaufkleber

 

Dann erst einmal zur Arbeit.

Hammerbrookstrasse

Aufgrund der seltsamen Perspektive des Fotos wurde ich auf Twitter gefragt, ob ich wie Superman zur Arbeit fliege. Ich möchte das bejahen.

Kein Bild von der Arbeit im Büro, da sind überall andere Menschen oder Zahlen im Bild, das geht nicht. Dafür der Rückweg von der Arbeit:

S-Bahn Hammerbrook
Dann Jobwechsel, von Zahlen geht es zu Buchstaben. Ich verlege meinen Arbeitsplatz an die Elbe:

Elbausblick

 

Und habe außerdem für den abzuarbeitenden Auftrag einen Assistenten dabei, Sohn I:

Sohn I vor Elbe

Den Assistenten brauche ich, den ich gehe für meine Kolumne beim Hamburg Führer auf die Cap San Diego. In der Kolumne geht es um Hamburg mit Kindern, also muss er mit.

Cap San Diego

Erfreulich, dass er da immer schon mal hinwollte.Als Hamburger Kind muss man da auch mal gewesen sein, keine Frage.

An Bord gesehen: Ein schönes Symbolbild für einen netten Tagesverlauf.

Maschinentelegraf

Außerdem viele, nun ja, Dingse gesehen, die so wirkten, als hätte man sie gerne zu Hause an der Wand hängen.

Makrofon

Dann nach Hause, Feierabend.

Dithmarscher Pilsener
Sohn II steckt grün-weiße Gebilde und singt dazu den norddeutschen Klassiker: „Was ist grün und stinkt nach Fisch“. Er versucht auf diese Art vermutlich zu verarbeiten, dass seine neuen Freundin, in die er schwerst verliebt ist, Fan des falschen Fußballvereins ist.

Werder Bremen-Logo
Sohn I räumt währenddessen auf. Was bedeutet, er schafft Ordnung in einem seiner Sammelalben und lässt um sich herum alles in Chaos versinken.

Sohn I schafft Chaos

Ich suche derweil schon mal nach dem Buch für den Abend. Gutes Buch übrigens, dazu mehr wie immer am Monatsende.

Alles frisch - finnische Erzählungen

Zusammenhänge

Sohn I liest immer mehr und immer schneller, allmählich wird es ihm doch zu dumm, immer auf einen vorlesenden Erwachsenen zu warten, wenn er den einen Satz doch auch mal eben selbst erledigen kann. Und dann den nächsten. Langsam erkennt er auch all die englischen Begriffe und Namen, bei deren Aussprache so ganz andere Regeln als im Deutschen gelten, immer öfter wieder. Okay klingt also beim lauten Lesen nicht mehr wie okai, sondern eben okay. Aber das ist ein eher mühsamer Prozess und in jedem neuen Buch müssen die Namen der Hauptfiguren erst erarbeitet werden. Lucky Luke braucht also etwas, bis er vorne ein gesprochenes A im Namen hat.

Das gilt auch dann, wenn er die Namen im Prinzip kennt. Bei den Büchern zu Star Wars gibt es zum Beispiel einen Luke Sküwalker, der im Kopf erst zum vertrauten Skywalker umgebaut werden muss. Das geht ziemlich fix, das kann man schon raten, das dauert aber immer noch viel länger als bei erfahrenen Lesenden. Darth Vader klingt für Sohn I beim ersten Lesen wie Dart Wader und er ist immer noch nicht ganz über die Frage hinweg, ob in dem Fall das deutsche Wader nicht vielleicht doch richtiger als das englische Vader ist. Was macht die Aussprache mit dem Wort, wie ist es richtig, wie ist es noch richtiger? Ist es ein anderes Wort, wenn man es deutsch ausspricht, oder ist es nur falsch? Wieso sprechen wir diese Wörter eigentlich englisch und nicht deutsch aus, wenn deutsch doch auch geht? Und hat, da kam er ganz nebenbei drauf, dieser Dart Wader am Ende etwas mit Hannes Wader zu tun? Gibt es Zusammenhänge, die es noch zu entdecken gilt? Und warum beantwortet der seltsame Vater des Leseanfängers die Frage nach dem Waderzusammenhang mit dem Satz “Ich bin dein Liedermacher” und bricht dann hysterisch lachend zusammen?

Es ist alles sehr kompliziert.

 

Ein Update bei „Was machen die da“

Und zwar mit einem Projekt, das ich besonders großartig finde. Es klingt wie eine ganz einfache Sache, Menschen aus verschiedenen Kulturen erzählen sich ihr Leben. Es hat wunderbare Folgen, es wird von wunderbaren Leuten gemacht – und es geht um das Erzählen, zu dem wir alle nicht kommen – obwohl wir immer öffentlicher werden.

Hier also ein Interview zu einem Integrationsprojekt, zur deutsch-türkischen Freundschaft und zu sozialem Engagement – bitte klicken sie diesen Link.

Handgelenk mit Peace-Anhänger

 

Kurz und klein

Schillig

Die Herzdame liegt und liest, das ist nämlich der Zweck des Kühlungsbornwochenendes, auch wenn es in Schillig stattfindet.

Herzdame lesend

“Chillig in Schillig”, wie man geradezu zwanghaft kalauern muss. Würde sie das Buch sinken lassen, sie würde das Meer sehen, weswegen sie das tatsächlich alle paar Minuten mal macht. Manchmal galoppieren gerade in dem Moment Pferde über den Strand, dann seufzt sie schwer. Über einen Strand zu reiten, das gehört offensichtlich zu ihren unerfüllten Lebensträumen. Den können wir hier aber auch wieder nicht wahr werden lassen, denn dazu müssten wir aufstehen, und das ist abzulehnen. Niemand hat die Absicht, das Bett zu verlassen.

Außer natürlich um sich wenigstens einmal kurz den Ort anzusehen, was im Falle von Schillig tatsächlich sehr schnell zu machen ist. Hier ist nicht viel – und was da ist, ist im März noch geschlossen. Es ist genau so ruhig, wie wir es an diesem Wochenende haben wollen. Offen sind nur die überall an der deutschen Küste in jedem zweiten Haus zu findenden Outdoorjackboutiquen für die Outdoorjackenpartnerlookrentnerpärchen.

Schillig ist baulich kein Highlight, das lieben wohl nur Menschen mit einer ausgeprägten Vorliebe für die Architektur der Achtziger. Aber der Strand! Der Blick! Der Himmel!

Immer, wenn man sich am Horizont etwas satttgesehen hat und sich doch einmal umdreht, staunt man wieder über die Häuser des Ortes. Man kann es sich einfach nicht recht erklären, das fängt schon bei dem Hotel an, dem einzigen großen Haus des Ortes. Ein sechsstöckiges Gebäude mit angrenzenden Ferienwohnungen. Ein großer Komplex, den man offensichtlich ins Nichts gestellt hat, direkt an den Strand. Links, rechts, davor und dahinter nichts als Fläche. Und wie baut man dann, wenn man nichts als Platz hat? Genau, murkelig und verwinkelt. Man kann es nicht begreifen, was die Architekten damals umgetrieben hat, war es eine Sehnsucht nach Enge und Beschaulichkeit, ich weiß es nicht. Ich kenne diese Bauten auch aus meiner Jugend in Travemünde, diese seltsam hingeduckten Häuser mit den schauderhaften Farben in der Außengestaltung. Schlammbraune, moosgrüne, mattrote Verkleidungen an den Balkonen. Dazu knallblau oder klinikweiß lackierte Metallverstrebungen an den Balkonen und, ganz wichtig, große weiße Betonflächen, die im Laufe der Jahre natürlich grünlich-braun anlaufen. Kein Haus aus den Achtzigern altert würdevoll, es sind alles Pflegefälle, betreuungsintensiv und im Grunde ohne Aussicht.

Das Hotel ist aber innen so restauriert, wie es nur möglich war, die Zimmer sind schön und der Blick! Der Blick ist alles wert. Und wenn man am Fenster steht und auf das Meer sieht, das in der Abenddämmerung ununterscheidbar in den Himmel übergeht, wenn man da zusieht, wie die Farbe ganz langsam aus dem Bild verschwindet und man locker mehr als fünfzig Grautöne am sich auflösenden Horizont abzählen könnte, dann sieht man das Hotel gar nicht.

Schillig

Muscheln

Ungewöhnlich viele Muscheln liegen hier herum, auch sehr schöne. Wenn man so etwas sammelt, das geht hier besser als an vielen anderen Stränden.

Die Herzdame zeigt auf Inseln

Die Herzdame zeigt auf Inseln. Sie hat noch nicht herausgefunden, welche Insel welche ist, das treibt sie um und beunruhigt sie. Sie vergleicht Karten-Apps, Hinweisschilder und Prospekte und wird nicht recht schlau aus dem allen, es lässt ihr einfach keine Ruhe. Mir ist es völlig egal, welche Insel welche ist. Als ich eine seltsam hoch bebaute Insel durchs Zoom-Objektiv genauer betrachtet habe, da war sie ein Containerschiff.

Strandblick

Da hinten liegt eine Insel mit ohne zwei Berge und ja, ich habe Dreck auf der Linse. Schlimm.

Vorsicht Unterwasserbauwerk

Das Lädchen

Leiter

Schillig ist ein Ort mit Aufstiegsmöglichkeiten.

Strand

Hotel

Rechts im Bild das Hotel. Es handelt sich um das Hotel am Strand der Kette Upstalsboom und nein, das ist keine bezahlte Werbung. Das Hotel können wir aber tatsächlich für ein entspanntes Wochenende empfehlen, der Strandblick ab dem dritten Stock ist spektakulär und vor allem auch vom Bett aus zu genießen. Das Essen war gut und laut Herzdame ist der Wellnessbereich klein, aber fein, und man sieht auch aus der Sauna aufs Meer, sagt sie. Ich betrete so etwas ja nicht.

Strand

Stock am Strand

Handschuh am Strand

Strandspaziergänger

Fast alle Menschen gehen hier mit Nordic-Walking-Stöcken herum. Man kommt sich nach einer Weile ganz seltsam vor, wenn man ohne Stock geht.

Welten-Tor

Das war hier für unser kinderfreies Wochenende wirklich eine hervorragende Wahl – wobei nicht zu übersehen ist, dass die Kinder das hier auch toll gefunden hätten. So viel Strand! Direkt vor der Tür! Es ist wirklich großartig.

 

Die Herzdame backt: Käsekuchen

Tisch mit Käsekuchen

Ich habe neun Jahre lang fleißig gebloggt, bis ich einen Sponsor gefunden habe, die Herzdame hat den ersten bereits nach einer Handvoll Kuchenrezepten (siehe ganz unten). Es gibt mir ein wenig zu denken, aber was soll man machen. Wenn ich das gewusst hätte, ich hätte mir natürlich gleich schicke Kleider angezogen und Torten produziert. Aber gut, Ehre, wem Ehre gebührt, das ist nun ihre Leistung.

Herzdame

Es geht in dieser Folge um Käsekuchen, das ist natürlich ein ganz heikles Thema. Den bekommt man so oft in falscher Konsistenz vorgesetzt, zu trocken, zu fest, zu hart am Rand, mit seltsamen Früchten drin, geschmacklich nah an Bauschaum, Käsekuchen ist gar nicht so einfach. Ich bin daher sehr angetan, dass die Herzdame vor einer Weile beim richtigen Käsekuchenrezept gelandet ist, richtig natürlich nur in dem Sinne, dass er mir genau richtig erscheint. Dazu gehört, dass da Dosenmandarinen drin sind, weil das nämlich immer schon so war. Man muss ja nicht alles ändern, nur weil man es ändern kann. Käsekuchen ohne Dosenmandarinen ist Frankfurter Kranz ohne Butter, also irgendwie sinnlos.

Dosenmandarine

Für den Teig brauchen wir:

200 g Mehl
100 g Zucker
100 g Butter
1 Ei
1 P Vanillezucker
1/2 P Backpulver

Und für die Füllung:

750 g Magerquark
150 g Zucker
4 Eier
1 P Vanillezucker
1 P Vanillepuddingpulver
1/4 l Milch
1 Dose Mandarinen

Zuerst soll eigentlich eine Springform eingefettet werden, sagen die meisten Rezepte, die Herzdame macht das anders. Sie deckt den Boden einer Springform mit Backpapier ab, bastelbegabte Kinder können gerne helfen, wie hier im Bild Sohn II. Bei beschichteten Formen muss man auch den Rand nicht unbedingt einfetten.

Springform

Springform

Aus den 200 g Mehl, 100 g Zucker, 100 g Butter, 1 Ei, 1 Packung Vanillezucker und einer 1/2 Packung Backpulver einen Teig kneten, auch dabei können Kinder helfen, das übernimmt Sohn I.

Teigrühren

Aber immer beachten – die meisten Unfälle passieren im Haushalt.

Die meisten Unfälle passieren im Haushalt

Die Krümel mit der Hand einarbeiten, so lange bis alles eine formschöne Kugel ohne Gebrösel ergibt.

Teigkneten

Der Teig kommt in die Springform, dabei einen Rand basteln.

Teig in Springform

Herzdame an Springform

Springform mit Teig

Jetzt die Füllung.

Zutaten

Aus 750 g Quark, 150 g Zucker, 1 Packung Vanillezucker, 1 Packung Vanillepuddingpulver, 4 Eiern und 250 ml Milch die Füllung zubereiten. Hierfür wird Eigelb vom Eiweiß getrennt, das Eigelb kommt direkt in die Käsemasse, das Eiweiß wird zu Eischnee geschlagen und zum Schluss untergehoben. Wenn man etwas Nervenkitzel möchte, kann man ein Kind vier Eier für ein Foto halten lassen, dann die Zutatenliste ggf. noch einmal um vier Eier erweitern.

4 Eier

Bei diesem Vorgang hatte ich eine interessante Erkenntnis. Dieses weiße Ding, dessen Existenz in der Küchenzubehörschublade mir seit Jahren ein Rätsel ist, hat tatsächlich einen Sinn! Und ich habe es nicht gewusst. Es trennt Eier, große Überraschung. Ich habe mich immer nur beim Herumräumen kurz gewundert, was das eigentlich ist. Man lernt eben nicht aus, nicht einmal vor der eigenen Küchenschublade.

DSC_0626

Das Eiweiß wird zu Schnee geschlagen.

Eischnee

Den Eischnee mit dem Rest der Zutaten verrühren.

Käsemasse

Dann diese Masse in die mit Teig ausgelegte Springform gießen.

Teig in Springform

Jetzt braucht man die Dosenmandarinen. Wenn es bei Ihnen wie bei uns zugeht, sind die zu diesem Zeitpunkt allerdings nach diversen Diebstahlsdelikten schon fast alle, weswegen man die Zutatenliste oben vielleicht besser auch um eine weitere Dose Mandarinen erweitert.

Die Mandarinen abtropfen lassen und dann im Teig versenken. Nach System, nach Willkür oder nur auf einer Seite, ganz nach Belieben. Die Grundregel bei uns scheint zu sein, dass an allen Fingern Teig kleben muss.

Mandarinen einpflegen

Mandarinen einpflegen

Teig mit Mandarinen

Dann kommt die Pracht in den Ofen. Bei 180-200 (Umluft 150-160) Grad etwa eine Stunde backen. Dabei wird zum Schluss der Rand dunkel, das soll auch so sein, alles richtig.

Teig in den Ofen

Je nach Ofen muss man aber ziemlich genau hinsehen, damit es nicht zu dunkel wird.

Herzdame vor Ofen

Und nachsehen und abwarten.

Herzdame mit Buch

Zwischendurch einmal die Stäbchenprobe – wenn kein Teig mehr am Stäbchen klebt, ist der Kuchen fertig.

Stäbchenprobe

Wenn er gemäß Farbe und Stäbchen tatsächlich fertig ist, sieht er etwa so aus:

Käsekuchen

Käsekuchen

Und so muss er auch aussehen, so muss er schmecken. Ich hatte beim Bearbeiten der Bilder den Eindruck, man sieht ganz gut, wie er schmeckt.

Käsekuchen anschneiden

Käsekuchen auf Teller

Wenn man den Kuchen nach diesem Rezept macht, wird der Rand nicht zu hart, der Kuchen ist fluffig und doch saftig, er ist genau, wie er gehört. Und er macht natürlich etwas her, das ist sehr kaffeetafelkompatibel und macht schwer Eindruck bei all diesen Kinder-Events, zu denen man einen Kuchen mitbringen soll. Man wirkt damit allerdings etwas streberhaft, das muss man natürlich beachten.

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Dunkeltuten – der Novembereintrag

Während ich die Texte las, die im Zuge der Aktion „Der Rest von Hamburg“ entstanden sind – über sechzig Beiträge immerhin! – dachte ich natürlich ein wenig über Heimat nach. Heimat im Stadtteil, Heimat in einer Straße, das wurde in mehreren Artikeln thematisiert, teilweise sehr schön. Heimat in Norddeutschland, Heimat in Küstennähe, ich dachte so vor mich hin und klickte parallel zu meinen losen Gedanken etwas auf Youtube herum, wie ich es oft tue. Und kam von Lale Andersen über Udo Lindenberg ganz zwanglos zu Torfrock, das ist ja das Schöne an Youtube, diese seltsamen assoziativen Wege. Torfrock muss man nun sicher nicht kennen, wenn man eher aus Bayern oder Hessen und ähnlichen Gegenden kommt. Man erinnert aber, ausreichendes Alter vorausgesetzt, eventuell doch noch ein paar frühe Kracher der Band, etwa den Preßlufthammer-Bernhard. Die Texte waren eher flach witzig, wurden stark norddeutsch verzerrt gesungen und haben hier oben klar Kultcharakter. Auf den Partys meiner Jugend wurde das immer gespielt, auf Stadtfesten und Grillabenden. Auf Hafengeburtstagen. Wenn ich irgendwo den Liedanfang „Bei die Wikingers in Haithabu…“ höre, ist das für mich heute noch ein Heimatklang, so albern das vielleicht klingen mag, so etwas legt man nicht ab. Und dann war da in einem der Texte von Torfrock irgendwo das Wort Dunkeltuten, das hatte ich seit einer halben Ewigkeit nicht mehr gehört. Ich bin sogar ziemlich sicher, es nahezu exakt 25 Jahre nicht gehört zu haben.

Ein Begriff aus der Schiffahrt. Das Wort kann man im positiven und im negativen Sinne gebrauchen. Man kann es sagen, wenn man Feierabend macht und eben ganz friedlich nichts mehr macht, weil man nichts mehr machen muss: „Jetzt ist aber Dunkeltuten.“ Man kann es sagen, wenn man nur noch ins Bett geht, dann ist es ganz entspannt und nett. Ein molliges Wort, küstengemäß etwas herb aber gemütlich. Dunkeltuten. Da wird man besinnlich, da zieht man sich zurück, da ist der Stress vorbei.
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Die Holunderbirnenmission

Ich habe vor längerer Zeit das Dessert „Holunderbirnen“ einmal in einer Zeitungskolumne erwähnt. Damals beschwerte ich mich darüber, dass es so schwer sei, in Hamburg Holundersaft zu bekommen, obwohl der hier doch überall wächst, der Holunder.  Und jetzt gerade ist er übrigens wieder reif. Zu der Kolumne erreichten mich damals ungewöhnlich viele Zuschriften, echte Leserbriefe, so etwas bekommt man als Blogger ja auch nicht jeden Tag, das war sehr erheiternd. Menschen wiesen mich auf  Läden in anderen Städten hin, die diesen Saft führten. Nannten mir die Adresse ihres Großonkels Karl, der diesen Saft immer selbst herstellt und bei dem ich mich ja einmal melden könne. Schlugen mir Holundersaftsatzstoffe vor.  Viele fragten aber auch einfach nach dem Rezept, denn Holunderbirnen, das kennt anscheinen kein Mensch.

Und das ist schlimm. Sehr schlimm.

Holunderbirnen sind nämlich so ungefähr der beste, einfachste und hübscheste Nachtisch, der mir je begegnet ist. Man kann fast nichts falsch machen, man kann die Zutaten in regional und/oder bio erwerben, man kann das Rezept variieren, misshandeln, ausdehnen, eindampfen und neu erfinden – solange man sich an die Grundstruktur hält, so lange wird das auch was. Und schmeckt. Und sieht toll aus.

Mir ist jeder missionarische Eifer  fremd, ich lehne Bekehrungsmaßnahmen kategorisch ab. Jeder soll gefälligst treiben, was immer er möchte, in einem gewissen rechtlichen Rahmen, versteht sich.  Ich mische mich da nicht ein. Aber ich will, dass Sie alle Holunderbirnen machen. Haben wir uns verstanden? Mit Vanilleeis.

Und zwar in etwa so:

Sie nehmen einen großen Topf und lassen 100 Gramm Zucker goldbraun schmelzen. Dann kippen Sie da 400 ml Holundersaft und 400 ml eines anderen, holunderkompatiblen Saftes hinein, zum Beispiel Apfel oder Johannisbeere. Oder Rotwein, den wir hier großmütig als Saft betrachten wollen. Achtung, das spritzt wie Sau und macht tolle Flecken.  Zwei oder drei Nelken hinein, eine Zimtstange. Vanille kann, muss aber nicht. Birnen, wie sie eben passen, geschält und geviertelt.  15 Minuten schwach köcheln lassen, dann ziehen lassen. Mindestens zwei Stunden. Ich habe die Birnen aber auch schon einmal zwei Tage im Topf auf dem Balkon vergessen, da wurden sie nicht schlechter, im Gegenteil.

Und dann zusehen, dass Sie die Hauptspeise hektisch weggefuttert bekommen, damit es endlich Nachtisch gibt.

Los. Sie wollen es doch auch.

Untitled

Untitled

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Das fertige Produkt attraktiv zu fotografieren habe ich nicht in akzeptabler Zeit geschafft. Da ich die Versuchsanordnung (komplett mit Eis) jeweils nach den Fotos aufessen muss, wird das irgendwann zu gefährlich, denn die Herzdame zählt bestimmt nachher die Birnen nach. Stellen Sie sich einfach vor, dass es toll aussieht. Lila bis Purpur, im Licht und angeschnitten auch Pink dabei, granatrote Schatten, es ist der Wahnsinn.