Das Blog geht etwas nach, pardon. Es hat eben Folgen, wenn man zu Veranstaltungen geht, man kann dann zwar über etwas schreiben, kommt aber zum normalen Zeug nicht mehr, irgendwas ist immer.
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In der S-Bahn gehört:
“Polnisch ist keine Sprache. Polnisch, das sind einfach nur Buchstaben.”
“Na, du musst es ja nicht lernen.”
“Ganz bestimmt nicht!”
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Im Vorübergehen auf dem Weg zu Fridays for Future gehört:
“Gegen was protestiert ihr da eigentlich?”
“Das ist für Klimaschutz.”
“Und da geht ihr dann so mit und schreit dann immer so Klimaschutz, Klimaschutz? Oder wie?”
“Das sehen wir ja dann, was man da so schreit.”
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Im Sinne der im letzten Text erwähnten und selbstverständlich zu bekämpfenden Nachlässigkeit in Bezug auf die Demokratie war ich auch bei Fridays for future, denn seit es Parents for future gibt, kann man da ja auch einfach so hin, auch als unbegleiteter Erwachsener. Die Söhne konnten beide nicht, überhaupt stimme ich mich da mit denen eher ungern ab, denn das ist ihre Sache, ob, wann und wie sie da mitmachen. Ich werde sie da weder hinscheuchen noch abhalten.
Der Älteste auf dieser Demo war ich deutlich nicht, es scheint gar nicht wenig Grandparents for future zu geben. Die Demo fand an einem schulfreien Tag, bei bestem Wetter und zu schönster Reisezeit statt, was auch gleich zum wichtigsten Bemerknis führt – dort waren trotz dieser Umstände zwischen 4000 und 5000 Leute, der Großteil natürlich sehr jung. Und wer irgendwelche Illusionen hat, dass denen die Lust auf solche Demos bald vergehen könnte: Nein. Einen entschlosseneren und besser gelaunten Demonstrationszug habe ich lange nicht erlebt, die wissen, dass sie etwas gewinnen können und müssen und die machen das auch noch jahrelang, wenn es sein muss. Es werden vermutlich eher mehr als weniger Teilnehmer.
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Eine ältere und vermutlich japanische Dame stand am Straßenrand vor einem besseren Hotel und applaudierte grazil dem Zug, der langsam an ihr vorbeizog. So fein und huldvoll lächelnd stand sie da und nahm alles so ausdrücklich wohlwollend zur Kenntnis, die Queen hätte es nicht würdevoller hinbekommen können.
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Und nichts gegen Joan Baez & Co, aber diese Jugend hat dann doch die bessere Musik als meine Generation damals vor Brokdorf und so weiter. Heute gibt es mehr Spaß und mehr Kawumm, ich werde hier gleich einen Song einbauen, der da gespielt wurde:
Solarenergie. Ohne Bewegtbild, dafür aber mit Bass.
Schön war ferner, was am Jungfernstieg mit den schon etwas älteren Zuschauern am Straßenrand geschah, als “Hurra, hurra, die Schule brennt” gespielt wurde, wie sich da Paare, Freundinnen und Freunde hier und da schnell anstupsten und ansahen, weißt du noch, weißt du noch? Erinnerungsselige Grinsegesichter. Wie die Blicke auf die tanzenden Jugendlichen im Laufe des Songs bei manchen doch etwas neidisch wurden, wie der Refrain von manchen tonlos mitgesungen wurde, denn man kann das ja noch, jedes Wort kann man noch, es fällt einem alles wieder ein, wenn man nur die ersten Takte hört. Die singen in dem Lied zwar “Das ist neu, das ist neu”, doch es ist alt, es ist alt. Wie ich, wie wir.
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Und schließlich gefiel mir noch der kurze skeptische Blick der Teilnehmerinnen aus der Großelterngeneration, als alle aufgefordert wurden, sich mal eben hinzulegen, um das Massensterben der Arten zu demonstrieren, dieser skeptische Blick auf die Straße und der mir völlig verständich erscheinende Gedanke: “Da komme ich doch nie wieder hoch.” Nun, Generationen können nicht in allen Aspekten gemeinsam demonstrieren, das ist vollkommen in Ordnung, denke ich.
Falls Sie, egal in welchem Alter, bisher bei keiner dieser Demos waren, aber doch darüber nachdenken, dann möchte ich das ausdrücklich empfehlen. Nicht nur aus inhaltlichen Gründen, das sowieso, aber es ist auch eine schwunggebende Erfahrung und man geht in bester Stimmung nach Hause.
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Fridays for future hier weltweit in Bildern.
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Nach wie vor übrigens fräse ich mich durchs erzählerische Werk von Gabriele Wohmann und bin sehr angetan. Eine manchmal herbe Boshaftigkeit darin, die nie herablassend hämisch wird, ich bin ganz verzückt und hatte eine völlig falsche Vorstellung von ihr. Auch gut, so etwas aufzudecken. Im Moment: “Frauen schauen aufs Gesicht”, Kurzgeschichten.
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Empfehlenswert außerdem “Nordsee” von Tom Blass, eine Meeres-Reportage in der very extended version. Falls Sie gerade einen Urlaub an diesem Meer planen, nehmen Sie das ruhig mit. Ich zitiere mal den Deutschlandfunk: “Wortgewaltig und stimmungsvoll erweitert Tom Blass so unser Wissen um den Kulturraum Nordsee. Dabei ist er nicht nur belesen und neugierig. Seine Sprache ist lebendig, reich an Metaphern, ohne in Kitsch abzugleiten, und sie besitzt ihren eigenen Rhythmus. Kongenial von Tobias Rothenbücher übersetzt, ist dieses Buch ein echter Lesegenuss.”
Jo.
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Und übrigens bin ich der Meinung, dass der Innenminister zurücktreten sollte.
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Sie können hier Geld in den nur virtuell vorhandenen Hut werfen, ganz herzlichen Dank.
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Eindeutig, ganz mit dir: geile Mucke!