Währenddessen in den Blogs, Ausgabe 12.12.2022

Ein lobender Bericht über eine Weihnachtsfeier, wie originell ist das denn. Ich weiß gar nicht, ob ich mich überhaupt erinnern kann, einen positiven Weihnachtsfeierbericht gelesen zu haben. Geschrieben habe ich gewiss keinen, bei uns gibt es traditionell keine Weihnachtsfeiern. Und wenn es sie gäbe, ich würde vermutlich nicht hingehen. Aber egal.

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Frau Meike über den Wert persönlicher Krisen. Kleines anekdotisches Anhängsel an ihre Ausführungen zum Nachnamen: Ich bin mittlerweile beim dritten Nachnamen angekommen, was bei Männern vermutlich noch eher selten vorkommt, und ich war mit jedem Nachnamen ein anderer Mensch. Weitere allfällige innere Reformen möchte ich aber doch gerne ohne eine weitere Namensänderung hinbekommen.

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Auf die Kaltmamsell verlinke ich im Kontext der aktuellen Neiddebatten, die hat nämlich Schnee. Wir haben wie immer nur Grau mit dünnen, weiß ausgefaserten Rändern. Der Schnee kam neulich bis Wandsbek, zwei Stadtteile weiter, dann gab er auf, wie immer. Das ist aber auch wiederum nicht nur eine persönliche Angelegenheit und scherzhafte Anmerkung, wie man zunächst denken könnte, man muss dabei nämlich im Sinn behalten, dass der jüngere Sohn hier solche Bilder, wie sie die Kaltmamsell so selbstverständlich und aus lässigem Reichtum heraus postet, aus eigenem Erleben nicht kennt. Was wiederum heißt, und es ist ein Aspekt, der erstaunlich wenig beachtet wird, dass ihm der gesamte Assoziationsraum fehlt, den wir alle, also wir in unserem Alter, noch für selbstverständlich halten, und sei es nur aus der Erinnerung an die Kindheit in den 70ern. Das ist erstaunlich tiefgreifend, wenn man darüber nachdenkt. Ich mache die Weihnachtsplaylist an, es läuft der Christmas Waltz, der beginnt mit „Frosted window panes …“ und er kennt das nicht, er hat das Bild nicht. Und so weiter, es zieht sich durch, bis hin zur elementaren Erfahrung des Frierens, mit der etwa meine älteren Geschwister und ich noch etwas vollkommen anderes verbinden als er, der das nur flüchtig und als leichthin überwindbar kennt. Ein Abgrund an vollkommen unverschuldeter Unkenntnis tut sich auf, und wir müssten eine dieser Ski-Familien sein, sollte er das anders lernen, aber alles hat doch Grenzen.

Wie ich schon einmal schrieb, wir müssen eigentlich längst alles umtexten, Regentröpfchen, Grauröckchen.

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Ein interessantes Gespräch über das Buch „Anfänge“ von Graeber/Wengrow. Das Buch passt vermutlich hervorragend hinter das „Sie nannten es Arbeit“ von Suzman, das ich gerade mit Gewinn lese. Ich habe hier auch noch Graebers „Schulden“ herumliegen, das im öffentlichen Bücherschrank stand, aber man kommt ja zu nichts und es stapelt sich alles nur höher. Immerhin aber stapelt es sich dekorativ und auch pflegeleicht, ganz anders als das benutzte Geschirr in der Küche. Vorteil Buch!

Ich bin übrigens, und ich meine das nicht einmal ansatzweise mit irgendeinem Sendungsbewusstsein, vom E-Book völlig weg. Ich möchte definitiv Bücher in der Hand haben, ich möchte Bildschirmpausen haben, ich möchte „in echt“ umblättern können und Lesebändchen und Schutzumschlag und volle Regale, stürzende Stapel und alles. Meine Bildschirmzeit wurde 2022 eher weniger als mehr, es gefällt mir gerade so.

Schrieb er und sah sinnend auf seine Finger, die vom Nachfüllen des Kolbenfüllers wieder einmal schwarzgefärbt und tintenverschmiert waren. Irgendwas ist immer.

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Zur Frage des Bargelds – was ist in der bargeldlosen Zukunft eigentlich mit den Obdachlosen, den Bettelnden? Wie läuft das denn mit denen in den Ländern, die schon bargeldloser sind als wir? Keine Ahnung.

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3 Kommentare

  1. Zur Frage Bettler und Bargeld: In Schweden wird auch von Obdachlosen „geswisht“. Swish ist eine App zum zahlen mit dem Mobiltelefon. Und in China stellen Bettler mit QR-Code zum Zahlen auf.

  2. Wir waren und sind auch keine Skifamilie und Mitte der Nullerjahre hatten unsere Kinder – damals Kindergarten- bis gerade so Grundschulalter – noch keinen Schnee erlebt.

    Wir hatten die Befürchtung, dass sie niemals welchen richtig kennenlernen.

    In Schierke haben wir dann die Lücke sehr, sehr gründlich gefüllt. Mit großem Spaß und völlig jenseits der Welt der wie auch immer Skifahrenden. Mehrere Winter hintereinander, preiswert im Familienappartement der örtlichen DJH-Stätte übrigens.

  3. Ich kann mich auch nur an nette Weihnachtsfeiern erinnern in meiner Berufslaufbahn. Keine spektakulären Partys, aber da ist mein Bedarf für sowas mit Arbeitskollegen auch überschaubar.

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