Was nicht schlimm ist

In den Timelines freut man sich innig über die endlich wieder länger werdenden Tage, die Sonnenwende, und ich entnehme den Meldungen, dass einige, gar nicht wenige, regelrecht gelitten haben unter der Dunkelheit der letzten Wochen. Das ist dann sicher anstrengend, stelle ich mir vor, es zieht sich immerhin etwas mit dem Lichtmangel, to say the least. Mir ist die Dunkelheit nicht als Schwierigkeit bewusst geworden. Vielleicht habe ich da Glück in der Veranlagung, vielleicht bin ich seelisch besonders winterfest, vielleicht lenken mich nur profanere Probleme gerade zu sehr ab, vielleicht bin ich einfach nicht empfindsam genug für so etwas. Ich finde die Dunkelheit im Winter ganz okay. So schön ist das Großstadtgrau da draußen in diesen Monaten nun nicht, ich muss mir das nicht dauernd ansehen, ich gucke auf Bildschirme und Buchseiten und nur ab und zu denke ich, dass Natur vielleicht auch mal ganz nett wäre. Aber wie immer, wenn man so etwas schreibt, wird es mich im nächsten Jahr vermutlich komplett zerlegen, das ist der Fluch der leicht dahingetippten Zeilen, ich kenne das allmählich gut. Alle schreibenden Menschen kennen das, nehme ich an. Es würde mich irritieren, wenn es nicht so wäre.

Ich lese weiter in der Bernice Morgan, ihre Geschichten aus Neufundland, und stelle fest, dass in den Geschichten kaum etwas passiert, das gefällt mir. In den meisten Büchern passiert mir zu viel, es gibt so oft ein Übermaß an Handlung und die ist mir dann auch noch viel zu dramatisch und zu tragisch. Ich kann das – und bin also seelisch wohl doch nicht so robust – gar nicht ab. Ich finde es ausreichend, wenn jemand merkt, dass die oder der andere sie nicht mehr liebt, wie furchtbar ist das denn, das ist doch schon romanfüllend. Jemand durchlebt einen Tag in seltsamer Stimmung und verliert dadurch den seelischen Anschluss an seine Freunde, das ist eine Geschichte. Jemand erinnert sich schmerzhaft an eine gescheiterte Ehe, mehr nicht. Jemand wird vom Partner verlassen und muss es irgendwie den erwachsenen Kindern mitteilen, die bald zu Besuch kommen, und ich möchte immer darunterschreiben: Ausreichend. Aber ich würde es als eine 1 meinen, als sehr gut so.

Wenn ich noch einmal Geschichten schreiben sollte, was mir im Moment nur begrenzt wahrscheinlich vorkommt, dann nur solche, in denen nichts oder kaum etwas passiert, außer brüchigen Dialogen und Menschen, die aneinander vorbeigehen. Ich finde im Grunde alles zu schlimm.

Was nicht schlimm ist, aber mir zwischendurch vollkommen entfallen war: Ziegenkäse mit Thymian, Honig und gehackten Walnüssen aus dem Ofen. Der Herzdame fiel es wieder ein. Ziegenkäsetaler dazu einfach mit Honig bekleckern, Thymianzweige dazulegen, gehackte Walnüsse drüberstreuen, alles in Alu einpacken, ein paar Minuten bei 200 Grad in den Ofen. Kann man machen. Nicht unbedingt für Kinder, die an Schulessen und ähnliche Geschmacklosigkeiten gewöhnt sind, aber sonst.

Beim Kochen und beim Aufräumen der Küche gehört und als empfehlenswert befunden: „Ich war ein praktisches Mädchen – Das ukrainische Tagebuch meiner Mutter“ (49 Minuten). Vorsicht, die erzählten Berichte enthalten drastische Szenen, im obigen Sinne definitiv zu viel tragische Handlung, und sie ist nicht einmal ausgedacht. So war es eben, damals in der Ukraine, und so ist es teils auch heute wieder. Unvorstellbar grauenvoll war das, ist das. Und bitte, die Warnung ist ernstgemeint.

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4 Kommentare

  1. Guten Morgen,
    das mit dem Ziegenkäse lässt sich auch vorzüglich auf Flammkuchenböden legen. Da noch etwas Schmand drunter. Und für die Jungs findet sich sicherlich auch ein Belag nach Gusto (ich gehe jetzt einfach mal davon aus, dass Flammkuchenböden auch bei Ihnen im Norden käuflich zu erwerben sind!). Dazu noch eine Schüssel Salat und alle sind hoffentlich zufrieden.
    Liebe Grüße
    Eva

  2. „In den meisten Büchern passiert mir zu viel, es gibt so oft ein Übermaß an Handlung und die ist mir dann auch noch viel zu dramatisch und zu tragisch.“
    Arno Schmidt nannte solche Autoren „die Handlungsreisenden“ und lehnte sie ab, und ich bin da wohl auf seiner Seite. Deswegen muß ich jetzt nicht gleich Stifter mögen (den er auch genüßlich zerlegt hat), aber so einige Seiten lange Beschreibungen von irgendeinem Stück Welt, das hat was, wenne s gut geschrieben ist.

  3. Ich hab sie nicht gelesen, sie sind aber gewiß ein wichtiger Kontrapunkt zu Pantoffel-und-Frauamherd-Schmidt. So weit vorn er manchmal in den Büchern war, so rückwärts muß er im Privatleben gewesen sein. („Wird ma’ne gute Literatenfrau abgeben“ in „Kundisches Geschirr“ ist ja schon das Äußerste, was er Frauen als Schöpferisch tätig zuweist.) Wäre interessant, ob sie ihn wirklich so oft anhimmelt, wie ich es aus ein paar wenigen Auszügen kenne.

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